Gespräch des Tages

Deutsche Börse - Separierte REITs

Die Deutsche Börse gibt sich unbeugsam und rückt trotz vehementer Proteste der Immobilienwirtschaft nicht von ihrem Vorhaben ab, für die steuertransparenten Immobilien-Investmentgesellschaften - Real Estate Investment Trusts (REITs) - ein eigenes Segment und spezielle Indizes zu schaffen. Nachdem der Bundestag am 22. März dieses Jahres per Gesetz die neue Assetklasse rückwirkend zum 1. Januar 2007 zugelassen hat, wird davon ausgegangen, dass bis Ende 2008 immerhin 20 Immobiliengesellschaften mit deutschem REIT-Status an der Börse notiert sein werden. Denn bei vielen Gesellschaften laufen die entsprechenden Vorbereitungen bereits auf Hochtouren - teilweise sogar schon seit Herbst 2006.

Die deutschen REITs sollen einerseits zusammen mit allen an der Frankfurter Börse gehandelten ausländischen REIT-Vehikeln in einem sogenannten All Share Index geführt werden. Darüber hinaus wird die Deutsche Börse einen RX REIT Index bilden, in den nur die 20 REIT-Gesellschaften aus dem Prime Standard aufgenommen werden, die gemessen an der Free-Float-Marktkapitalisierung und der Liquidität die größten Volumina aufweisen. Mit diesem Branchenindex könnten auch die potenziellen REITs und die im Investmentbanking tätigen Institute bestens leben, lassen sich doch darauf hervorragend Investmentprodukte wie Derivate und Indexfonds aufsetzen. Um den RX möglichst rasch zu füllen, weicht die Börse sogar ihre eigenen Regeln auf und will die neuen REIT-Gesellschaften bereits vom zweiten Handelstag an aufnehmen. Sobald der Index gefüllt ist, werde die Wartefrist freilich wieder auf die üblichen 30 Handelstage erweitert. Zusammensetzung und Gewichtung der beiden Indizes werde quartalsweise überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Dass bereits etablierte Grundstücksgesellschaften mit REIT-Status - vorerst - in den Auswahlindizes Dax, Mdax und Sdax verbleiben dürfen, kann jedoch nicht als Erfolg der künftigen REITs gewertet werden, denn der harschen Kritik von Immobilien- und Kreditwirtschaft an einem separaten REIT-Segment kommt die Börse lediglich mit einer schwammigen "Übergangsregelung" entgegen, die offensichtlich beruhigen soll. An der Sache will die Deutsche Börse aber nicht rütteln lassen. Völlig zu Recht befürchten deshalb vor allem große deutsche Immobilienunternehmen, dass sie mit REIT-Status am Kapitalmarkt weniger wahrgenommen werden als ohne REIT-Status. Denn, so wird argumentiert, viele Investoren und Funds haben Vorgaben, nur Aktien von Unternehmen zu erwerben, die bestimmten Indizes wie zum Beispiel dem Dax angehören.

Dem hält die Deutsche Börse allerdings entgegen, dass gerade ein separater Index, die Aufmerksamkeit der Anleger für deutsche REIT-Werte erhöhe und für die Investoren mehr Transparenz schaffe. Dem ist nicht zu widersprechen. Andere Branchenindizes haben ihren Nutzen für den Anleger längst - auch international bewiesen. Ins Leere läuft allerdings das Argument, dass eine Vermischung mit anderen Aktiengesellschaften problematisch sei, weil die REITs auf Unternehmensebene nicht der Körperschaftssteuer unterliegen, dafür aber auf Anlegerseite voll versteuert werden. Gerade diese steuerliche Behandlung dürfte REIT-Aktien speziell für Ausländer interessant machen, können sie doch oft günstige Doppelbesteuerungsabkommen nutzen.

Auch der Hinweis, ein Investor müsse sich der Möglichkeit bewusst sein, dass die Kurse der REIT-Aktien extrem anfällig sind, wenn ein Anleger bewusst oder unbewusst mehr als zehn Prozent der Anteile erwirbt und folglich die Steuervergünstigung entfällt, ist leicht entkräftet. So kann jede REIT-Gesellschaft in ihren Statuten festschreiben, wie nicht REIT-konformes Anlageverhalten zu sanktionieren ist. Investoren werden sich diese Regelungen sehr genau ansehen, bevor sie eigenes oder für Dritte verwaltetes Geld anlegen. Und wenn die Deutsche Börse zudem Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen REIT-Gesetzgebung zu erkennen glaubt, dann ist anzumerken, dass dies einerseits ein Wesensmerkmal staatlicher Souveränität ist und nicht nur REITs betrifft, andererseits bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber sich doch noch zu einigen Verbesserungen entschließt - zum Beispiel auch Wohnungsbestände als REIT-fähig zuzulassen.

Wer demnächst deutsche REITs an den Markt bringen will, wird in seinen Planungen die Vor- und Nachteile eines eigenen Börsen-Segments zu berücksichtigen wissen. Starten wird der RX jedenfalls mit dem ersten REIT, der die Bedingungen dafür erfüllt. Erst dann wird es auch den All Share Index geben. Optimistische Prognosen zum Marktpotenzial deutscher REITs reichen bis etwa 100 Milliarden Euro im Jahr 2010. Allerdings gibt es auch Analysten, die nur von etwa 2,5 bis 3,0 Milliarden Euro Marktvolumen ausgehen. Im Sinne der Assetklasse sei deshalb davor gewarnt, den deutschen REIT mit euphorischen Kursfantasien zu "verheizen", so wie seinerzeit im New-Economy- und Biotech-Boom. Doch so verständlich es ist, wenn die Deutsche Börse Dax, Mdax und Sdax von unberechenbaren "Sonderlingen" sauber halten will, in wenigen Jahren wird sich der REIT-Markt etabliert und nachhaltige Werte die "Eintagsfliegen" verdrängt haben.

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