Schwerpunkt Bausparen und Bausparkassen

"Wir können voneinander lernen und die jeweilige Expertise gemeinsam nutzen"

I& F Obwohl der Bausparmarkt brummt, setzt sich bei den Bausparkassen die Konsolidierung fort. Seit Übernahme der Postbank durch die Deutsche Bank verfügt die Gruppe über zwei Bausparkassen, die beide ab sofort unter der einheitlichen Marke BHW und mit den gleichen Tarifen antreten. Warum wurden trotzdem (vorerst?) zwei Rechtseinheiten beibehalten?

Uns bietet sich die außergewöhnliche Möglichkeit die Stärken und Potenziale der zwei Bausparkassen im Deutsche Bank Konzern - BHW Bausparkasse AG und Deutsche Bank Bauspar AG - zu vereinen. Denn bereits für sich genommen, waren beide Häuser sehr erfolgreich im Markt unterwegs. Um die unterschiedlichen Stärken bestmöglich zu nutzen, bündeln wir seit Anfang des Jahres die Aktivitäten beider Bausparkassen in einem gemeinsamen Geschäftsfeld und unter dem Dach der Marke BHW.

Beide Häuser sind schon historisch bedingt komplementär aufgestellt und so unterscheiden sie sich zum Beispiel in der Vertriebsaufstellung. Die Deutsche Bank Bauspar fokussiert sich auf den stationären und mobilen Vertrieb der Deutschen Bank. Dagegen sind die rund 3 000 freien Handelsvertreter der Postbank Finanzberatung der wichtigste Absatzkanal für die BHW Bausparkasse. Zusätzlich werden die BHW-Produkte in den 1 100 Postbank Finanzcentern und von namhaften Kooperationspartnern vermittelt.

Aber genau diese Unterschiede ergänzen sich im Kundengeschäft optimal - daran werden wir festhalten. Wir können voneinander lernen und die jeweilige Expertise gemeinsam nutzen.

I& F Was heißt das konkret?

Der erste Schritt in diesem Prozess war die Etablierung eines neuen Geschäftsfeldes Bausparen innerhalb des Deutsche Bank Konzerns. Koordiniert wird dieses Geschäftsfeld von einem gemeinsamen Komitee mit Vertretern beider Bausparkassen.

Bei der intensiveren Zusammenarbeit haben wir uns eine Maxime gegeben: keine spürbaren Auswirkungen auf unser operatives Geschäft. Wir wollen uns am Markt keine Auszeit nehmen, um interne Angelegenheiten neu zu ordnen und haben daher Fragen, wie beispielsweise eine Angleichung von Strukturen im ersten Schritt zurückgestellt. Aktuell besteht die größte Herausforderung darin, trotz eines historisch niedrigen Zinsniveaus, Ertragswachstum zu generieren. Dieser Kernaufgabe haben wir uns im Managementteam angenommen und uns zunächst explizit auf die Themen Markt und Kunde fokussiert.

Auf der Agenda stand daher zunächst die Harmonisierung der bis dahin heterogenen Produkte beider Bausparkassen. Denn während BHW einen Universaltarif hatte, agierte die Deutsche Bank Bauspar schon immer mit einem Trenntarifsystem am Markt. Durch die gemeinsame Produktentwicklung konnten wir die Kompetenzen beider Häuser nutzen und zusammen große Fortschritte erzielen: Seit 1. Januar 2014 haben beide Gesellschaften ein gemeinsames Produktangebot.

Damit eng verbunden war die Frage des künftigen gemeinsamen Markenauftritts des neuen Geschäftsfeldes. Aufgrund der langen Tradition und hohen Bekanntheit empfahl sich dafür die Marke BHW. Dieses wurde durch Befragungen von Kunden sowie Vertriebsmitarbeitern bestätigt. Künftig steht somit die Marke BHW für Bausparen im gesamten Privatkundengeschäft der Deutschen Bank.

I& F Wie weit können und sollen die beiden Bausparkassen zusammengeführt werden?

Unser gemeinsames Geschäftsfeld verbindet zwei Bausparkassen an zwei Standorten mit ihren jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dabei einen uns insbesondere gemeinsame Ziele. Das schweißt zusammen und wir erleben einen gemeinschaftlichen Bauspar-Gedanken in beiden Häusern - ob in Hameln oder in Frankfurt.

Um enger zusammenzuarbeiten, haben wir zunächst die Managementstrukturen beider Häuser verzahnt. Durch personelle Verflechtungen werden Brücken zwischen den Standorten geschlagen und die Teams der beiden Unternehmen zusammengeführt - weniger im strukturellen Sinne, als vielmehr durch das tägliche Miteinander und einem daraus wachsenden und übergreifenden Teamgedanken. Zudem erfordert eine Fusion von Bausparkassen immer auch eine kostspielige IT-Integration, die sich nur sehr langsam amortisiert. Darum fokussieren wir insbesondere produkt- und vertriebsseitige Maßnahmen.

I& F Wie wird das Geschäftsfeld Bausparen künftig mit zwei Produktgebern, die unterschiedliche Kunden, aber ein kongruentes Angebot und eine gemeinsame Marke haben, gesteuert?

Viele Produktgeber stehen vor der Herausforderung, unter einer Marke und mit einem einheitlichen Produktportfolio unterschiedliche Vertriebskanäle zu bedienen. Deshalb müssen Vertriebskonzepte und Vertriebsunterstützung so gestaltet werden, dass sie zu dem jeweiligen Absatzkanal passen. Das zu gewährleisten, ist einer der Aufgaben des gemeinsamen Managementteams. Dabei kommt uns unsere jeweilige Nähe zu den Vertriebseinheiten der Postbank sowie der Privat- und Firmenkundenbank der Deutschen Bank zugute.

I& F Welche Ziele sind für das Bausparen unter der Marke BHW ausgegeben worden und wann wollen oder sollen Sie diese erreicht haben?

Ziel ist ein nachhaltiges Wachstum in Umsatz und Ertrag. Unser Anspruch ist, einerseits Marktanteile zu gewinnen, andererseits aber auch Werte für die Aktionäre zu generieren. Grundsätzlich gilt: Wachstumsambitionen sollten immer mit Ergebnisambitionen einhergehen.

Das Geschäftsfeld Bausparen hat unter der Marke BHW über vier Millionen Kunden. Die neuen BHW-Produkte werden seit Jahresbeginn in den Vertriebskanälen von Deutscher Bank und Postbank angeboten und sind somit bundesweit für insgesamt 24 Millionen Kunden verfügbar.

Natürlich möchten wir auch durch diese Potenziale weiter wachsen.

I& F In welchem Verhältnis sollen Kosten und Erträge künftig stehen?

Der größere Hebel besteht auf der Ertragsseite, die zurzeit durch das niedrige Zinsumfeld beeinflusst ist. Durch unsere Stärke in der außerkollektiven Finanzierung und der Gestaltung der neuen Tarifgeneration sollte sich die Ertragslage in den kommenden Jahren spürbar verbessern. Wir streben an, die Cost Income Ratio des Geschäftsfeldes mittelfristig in Richtung 60 Prozent zu senken.

Dabei gibt es auf der Kostenseite sicherlich auch noch Potenziale. In den vergangenen Jahren konnten wir bereits etliche Maßnahmen zur Effizienzsteigerung umsetzen: Zum Beispiel die Etablierung von Servicegesellschaften, die mit niedrigeren Faktorkosten dazu beitrugen, den Kostenblock zu verkleinern. Wir haben auch noch Chancen bei der Optimierung und Vereinheitlichung der Aufbaustrukturen, aber in Summe sind die beiden Gesellschaften schon recht gut aufgestellt.

I& F Welche Unterschiede gibt es zwischen den beiden Bausparkassen und wie soll eine einheitliche Unternehmenskultur entwickelt werden?

Aus den unterschiedlichen Historien beider Unternehmen haben sich naturgemäß auch verschiedene Kulturen entwickelt. So blickt BHW, gegründet im Jahr 1928, auf eine lange Geschichte als eigenständige Bausparkasse zurück, die allerdings auch schon Erfahrungen damit hat, in einen großen Bank-Konzern integriert zu werden. Die Deutsche Bank Bauspar ist hingegen wesentlich jünger und war als Tochtergesellschaft schon immer stark mit der Konzernmutter

verbunden. Aber im Kern machen beide Einheiten schon lange das Gleiche: Erfolgreiche Bausparprodukte entwickeln und am Markt platzieren. Das eint beide Organisationen. Das gemeinsame Managementteam macht diese Gemeinsamkeiten erlebbar. Die erfolgreiche Einführung des neuen Produktspektrums und die gemeinsame Marke lassen darüber hinaus ein gemeinsames Bewusstsein, ein "Wir-Gefühl", entstehen.

I& F Wie überwindet oder verhindert man Lagerdenken?

Es liegt in der Natur des Menschen, bei neuen Entwicklungen zunächst vorsichtig zu sein und zu sondieren. Umso wichtiger ist es für das Management, Unsicherheiten so schnell wie möglich zu beseitigen. Dabei sollten natürlich kulturelle Unterschiede berücksichtigt, aber auch Verbindendes betont und so eine gemeinsame Identität gestiftet werden. Letztlich bieten sich allen Beteiligten ja auch ganz neue Perspektiven. Seit Mitte des vergangenen Jahres ist für uns diese Phase des gegenseitigen Kennenlernens abgeschlossen und der Blick konsequent nach vorne gerichtet.

I& F Warum braucht es zwei identische Bauspartarife in beiden Instituten?

Das braucht es nicht, aber wir hatten die Möglichkeit bei einer gemeinsamen Produktentwicklung das Beste aus unseren zwei Bausparwelten einfließen zu lassen. Das Ergebnis sind Produkte, die bereits ausgezeichnet wurden und es unseren Kunden ermöglichen, schneller und günstiger als jemals zuvor ihren Traum von den eigenen vier Wänden wahr zu machen. So können wir beispielsweise Kunden mit fester Finanzierungsabsicht einen jährlichen Sollzins ab 1,0 Prozent anbieten. Zudem wollen beide Bausparkassen nachhaltig zusammenarbeiten. Da ist es nur sinnvoll, dass wir unseren jeweiligen Kunden einheitliche Tarife bieten. Die Tarife müssen aber ins jeweilige Kollektiv passen.

I& F Wie reagierte die BaFin darauf, dass zwei Institute ein identisches Tarif-Tableau zur Genehmigung einreichten?

Der Genehmigungsprozess verlief reibungslos und unterschied sich nicht spürbar von den Prozessen, die wir in Vorjahren getrennt voneinander durchlaufen haben.

I& F Waren die Vertriebe vor der Tarifumstellung spürbar emsiger?

Innerhalb des Bausparmarktes ist immer wieder zu beobachten, wie im Zuge von Produktumstellungen in einer Art Schlussverkauf außerordentliche Wachstumsraten generiert werden, die jedoch nicht nachhaltig sind. Wir haben es verstanden, diese Effekte zu vermeiden und unsere Vertriebspartner parallel und bereits frühzeitig für die neue Produktpalette zu begeistern.

I& F Womit erklären Sie die aktuell große Beliebtheit des Bausparens und wie lange wird der Boom noch anhalten?

Bausparen war nie aus der Mode. Durch die Krisen im Finanzsektor hat es seine Solidität mehrfach unter Beweis gestellt. Bausparen steht für Zinssicherheit - gerade in Zeiten niedriger Zinsen - für Stabilität und vor allem für eines: die eigenen vier Wände. Für 70 Prozent der Deutschen sind diese ungebrochen das Sparziel Nummer eins. Die aktuell niedrigen Zinsen haben darüber hinaus zweierlei bewirkt. Erstens: Immer mehr Menschen können und wollen sich Wohneigentum leisten und die Immobilie hat gegenüber anderen Kapitalanlagen an Attraktivität gewonnen. Zweitens: In der Folge ist die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Häusern und damit auch der Bedarf an Finanzierungen gestiegen. Dabei spielte das Bausparen aber schon immer eine wichtige Rolle und kann eine jede Immobilienfinanzierung auf ein festes und zinssicheres Fundament stellen.

I& F Erzeugen die äußerst niedrigen Zinsen auf Bauspardarlehen wohlmöglich falsche Anreize und wecken Erwartungen, die nicht erfüllbar sind?

Wichtig ist, dass die Finanzierungskonzepte transparent und leicht verständlich sind und die Vermittler den Kunden entsprechend seiner individuellen finanziellen Situation beraten.

Durch die Kombination von Hypothekenkredit und Bauspardarlehen lassen sich die niedrigen Finanzierungszinsen von heute für 20 bis 30 Jahre festschreiben. Damit besteht für den Kunden nicht die Gefahr, dass nach fünf oder zehn Jahren eine Anschlussfinanzierung gefunden werden muss, die dann möglicherweise außerhalb des Budgets liegt. Bausparen bedeutet Planungssicherheit.

I& F Wie ist es um die "pädagogische" Funktion des Bausparens bestellt, Spardisziplin zu üben, für die es ja auch die staatliche Förderung gibt?

Die staatliche Förderung des Bausparens dient mehreren Zwecken. Zunächst sollen die Kunden darin bestärkt werden, dass Sparen sinnvoll ist. Das zweite Ziel ist es, die Bildung von Wohneigentum zu unterstützen. Schaut man sich an, wie häufig Bausparen tatsächlich in die Eigenheimfinanzierung, in Kauf und Modernisierung von Wohnraum eingebunden wird, dann gibt es nur ein Fazit: Die staatliche Förderung wirkt. Natürlich ist es nicht von der Hand zu weisen, dass in Zeiten des Niedrigzinses viele Menschen mehr Lust auf Konsum haben, als ihr Geld zu geringeren Renditen anzulegen. Der deutsche Baufinanzierungsmarkt hat aber seine Stärke in der Vergangenheit immer auch daraus bezogen, dass die Kunden eine gewisse Eigenkapitalbasis hatten.

Vermögensbildung ist ein hohes Gut, dass nicht durch eine Entwertung des Kapitals - zum Beispiel durch zu niedrige Zinsen - gefährdet werden sollte. Es ist die Aufgabe der Politik, hier die nötigen Anreize zu setzen.

I& F Kaum jeder zehnte neu abgeschlossene Bausparvertrag in der Gruppe ist riestergefördert. Sind Sie damit zufrieden, oder ist die Eigenheimrente zu kompliziert und zu unflexibel, um mehr als ein Nischenprodukt zu sein?

Der Wohn-Riester ist ein Erfolg. Im Vergleich von Riester-Produkten liefert die Eigenheimrente die nachhaltigste Performance. Denn der Wohn-Riester unterstützt die für die Deutschen wichtigste Säule der privaten Altersvorsorge: die schuldenfreie Immobilie. Die jüngsten "Modernisierungsarbeiten" der Bundesregierung beim Wohn-Riester haben geholfen, die Nutzbarkeit der Förderung zu erweitern und die Beratung zu vereinfachen. Im Geschäftsfeld Bausparen konnten wir im vergangenen Jahr unser Neugeschäft bei Wohnriester-Verträgen um über 20 Prozent steigern. Ich finde, das spricht für dieses Produkt und es spricht ebenso für das Bausparen.

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