Stadtentwicklung

Konversion als Potenzial

Die deutschen Städte scheinen weitgehend fertig gebaut. Und doch bleibt die Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum gerade in den attraktiven Metropolregionen groß. Viele Städte sind hier im Zwiespalt: Die Nachfrage soll befriedigt werden, zugleich sind aber Freiflächen für den Wohnungsbau rar.

Hinzu kommt, dass die wenigen am Markt verfügbaren Grundstücke zu immer höheren Preisen gehandelt werden. Preisen, die es Entwicklern oft unmöglich machen, darauf bezahlbaren Wohnraum zu realisieren. Ein möglicher Ausweg liegt in Konversionsgrundstücken - also Grundstücken, die noch (oder ehemals) anderen Zwecken dienten als einer Wohnnutzung. Von der alten Fabrik über Tankstellen bis hin zum Supermarkt: Oft lohnt sich ein zweiter Blick, ob auf einem Grundstück künftig gewohnt werden kann.

Zusammenspiel von Gemeinden und Entwicklern

Zwar schrecken viele Entwickler vor den Herausforderungen der Konversion zurück. Dazu zählen je nach Fall fehlendes Baurecht sowie unter anderem der nicht immer einfache Umgang mit unterirdischen Leitungen oder Altlasten im Boden. Je nach Lage kommen noch die für städtische Entwicklungen typischen Themen hinzu: Nähe zu Bahntrassen oder stärker befahrenen Straßen, von denen Lärmemissionen ausgehen. Nun sind aber die genannten Herausforderungen durchaus zu meistern. Mehr noch: Sie müssen im Sinne der Stadtentwicklung lösbar sein, wollen die Kommunen die Wohnungsmarktsituation durch Neubau entspannen.

Bleiben wir bei den vorgenannten Beispielen. Fehlendes Baurecht kann gerade in solchen Kommunen, die einen großen Wohnungsdruck verspüren, durch eine offene Kommunikation und den intensiven Dialog mit der jeweiligen Gemeinde in vorhandenes Baurecht gewandelt werden.

Die Planungshoheit liegt wie in jedem Fall bei den Gemeinden. Sehen sie aber einen bauwilligen Entwickler, sind viele Gemeinden bereit, die erforderlichen baurechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Die Gemeinden können beispielsweise einen neuen Bebauungsplan aufstellen oder den bestehenden ändern. Fügt sich das Bauvorhaben in das nähere Umfeld ein, haben sie auch die Möglichkeit, den meist schnelleren Weg des § 34 Baugesetzbuch zu gehen.

Das zweitgenannte Feld - wenn die Herausforderungen im Boden liegen - lassen sich aus Käufersicht meist bereits im Rahmen der Ankaufsprüfung erkennen. Ein Studium der Nutzungsvergangenheit beziehungsweise ein Blick auf die Akten zeigen häufig bereits mögliche Bodenverunreinigungen auf. Hat ein Bauherr hier entsprechende Erfahrung, kann er den resultierenden Mehraufwand beim Kauf einpreisen oder aber über eine entsprechende Kaufvertragsgestaltung Risiken auf beide Vertragspartner verteilen. Auch hier gilt: Eine enge Abstimmung und eine intensive Kommunikation mit der öffentlichen Hand zahlt sich in der Regel aus.

Ein Beispiel: Vor einigen Monaten hat NCC ein Grundstück in einer süddeutschen Gemeinde erworben, das bis dahin einen Supermarkt beherbergte. Dieser Supermarkt sollte nach den Plänen unseres Hauses und dem Willen der Gemeinde neuen Wohnungen weichen. Vor der Nutzung als Supermarkt hatte sich eine Schreinerei auf dem Grundstück befunden. Dies ließ bereits erste Vermutungen über mögliche Belastungen des Bodens zu, die sich bei näherer Betrachtung und nach dem Abriss des Supermarkts bestätigten.

Verschiedene Herausforderungen

Über mehrere Wochen erfolgte eine umfangreiche Bodensanierung, die über den gesamten Zeitraum vom zuständigen Regierungspräsidium begleitet wurde. Ein unabhängiger, vom Regierungspräsidium empfohlener Gutachter bestätigte abschließend, dass das nunmehr altlastenfreie Grundstück einer künftigen Wohnnutzung offen steht.

Letztgenannte Schritte sind nicht in jedem Fall erforderlich - schaffen aber Vertrauen für eventuelle weitere Projekte. Dem dritten genannten Punkt - Lärmemissionen - lässt sich ebenfalls auf vielfältige Art begegnen. Lösungen können außerhalb des Grundstücks liegen. Die Errichtung von Lärmschutzwällen oder -wänden ist hier ein Ansatz. Oder sie können auf dem Grundstück beziehungsweise im Gebäude liegen. Neben Lärmschutzfenstern können beispielsweise integrierte kontrollierte Wohnraumlüftungen implizit als Lärmschutz dienen.

Solche Systeme ermöglichen es, den Austausch von Frisch- und Abluft optimal zu steuern. Das Öffnen der Fenster wird dabei überflüssig. Dies hat neben dem Lärmschutzeffekt weitere Vorteile: Die optimale Lüftung beugt der Schimmelbildung vor, zudem erlaubt sie auch eine optimierte Energieversorgung mit Blick auf die Temperierung des Wohnraums. Als Resultat ergeben sich niedrigere Nebenkosten.

Sicherlich gilt: Konversion erfordert in der Regel einen gewissen Mehraufwand. Wenn auf Konversionsflächen neue, bezahlbare Wohnungen entstehen sollen, muss dieser Mehraufwand an anderer Stelle kompensiert werden. Handelt es sich um öffentliche Flächen, die zum Verkauf stehen, kann dies über einen entsprechend niedrigeren Preis erfolgen.

Gewinnmaximierung nicht mehr oberstes Ziel

Kommunen haben ein Interesse daran, dass dem Bedarf nach Wohnraum entsprochen wird. Eine Gewinnmaximierung aus Grundstücksverkäufen ist für viele Gemeinden längst nicht mehr das oberste Ziel, vielmehr spielen städtebauliche Erwägungen eine zunehmend große Rolle. Stimmt das Konzept, entscheidet nicht mehr nur allein der Preis.

Bei privaten Grundstücken stellt sich die Situation anders dar. Private Verkäufer haben in der Regel kein Interesse daran, im Sinne des Allgemeinwohls den Wohnungsbau dadurch zu fördern, dass sie ihre Grundstücke preiswerter abgeben, als es der Markt zulässt. Hier müssen Entwickler und Bauherrn durch eine kostensparende Bauweise gegensteuern - es gibt zahlreiche Ansätze, wie sich Kosten im Bau reduzieren lassen, ohne dass dies zulasten der Wohnqualität geht. So sind beispielsweise über Eck laufende Fenster oder auch runde Fenster unnötig teuer. Architektonisch mögen sie reizvoll sein. Den Wohnwert erhöhen sie jedoch nicht.

Ein weiterer Aspekt ist die Größe der Wohnungen und die Effizienz der Grundrisse. Wenn kleinere Grundrisse den gleichen Komfort und die gleiche Wohnqualität bieten wie größere, lässt sich beim Bau (und für den Nutzer später beim Kauf oder bei der Miete) der Gesamtaufwand reduzieren.

Nach unserer Beobachtung können Grundrisse je nach Fall bis zu 20 Prozent kleiner ausfallen, ohne dass sie an Nutzungsqualität einbüßen. Voraussetzung ist aber, bereits frühzeitig die Abstimmung mit den jeweiligen Architekten und Ingenieuren zu suchen - und die Abstimmung noch stärker auf den Punkt "Kosten" zu lenken, als dies meist ohnehin bereits der Fall ist. Bei Unternehmen, die ihre eigenen Architekten im Haus haben, ist dieser Schritt sicherlich einfacher. Aber auch bei externen Architekten sollte dies möglich sein.

Eine weitere Voraussetzung, die beim Entwickler liegt: Angebotene Grundstücke, die mit Herausforderungen verknüpft sind, erfordern eine intensivere Ankaufsprüfung. Einige Kriterien sind in einem ersten Schritt schnell abgeklopft, andere können erst nach genauerer Betrachtung bewertet werden. Wohnungsentwickler müssen hier entsprechend personelle Kapazitäten vorhalten. Oder aber sie laufen Gefahr, verborgene Perlen unter den Kaufangeboten zu übersehen, weil sie nach einer zu oberflächlichen Prüfung durch das Raster fallen.

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