Im Gespräch

"Es kann nicht sein, dass die Kosten eines Bausparproduktes nicht verständlich offengelegt werden"

I&F Der Finanzsektor befindet sich im Umbruch. Wie wirken sich gegebenenfalls die neuen Regelwerke auf den Markt der privaten Baufinanzierung aus? Welchen Nutzen hat der Kunde davon?

Mit dem Vorschlag einer Richtlinie für Wohnimmobilienkreditverträge sollen Verbraucher Zinskonditionen von Immobilienkrediten leichter vergleichen können, über Risiken richtig aufgeklärt werden sowie Kreditvermittler und Banken besser kontrolliert werden. Es ist also zu erwarten, dass zum Beispiel die Ansprüche an die fachliche Qualifikation der im Vertrieb tätigen Mitarbeiter weiter steigen werden. Von dieser Entwicklung kann der Kunde am Ende nur profitieren. Inwieweit die Regeln zur Effektivzinsberechnung in der geplanten Fassung den Vergleich tatsächlich fördern, stelle ich infrage.

I&F Wie viel wissen die Deutschen über die Baufinanzierung? Wo besteht Informationsbedarf?

Es gab hierzu im letzten Jahr von uns eine Untersuchung. Demnach fühlen sich über 80 Prozent der Befragten durchaus gut informiert. Über 90 Prozent bestätigen, dass ihre Kreditkalkulation im Vorfeld richtig war. Informationsbedarf sehe ich nach wie vor in der Aufklärung der Darlehensarten und unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten.

I&F In der gleichen Studie sagen aber auch 65 Prozent der befragten Immobilienkäufer, dass sie zu schlechten Konditionen abgeschlossen haben. Wie passt das zusammen?

Zunächst ein klassischer Widerspruch, der sich nicht einfach erläutern lässt. Hier spielen unterschiedliche Effekte eine Rolle: Beispielsweise publizieren einige Kreditanbieter nach wie vor gern sogenannte Schaufensterkonditionen, die tatsächlichen Abschlusskonditionen für den Kunden sind meist höher. Ein anderer Grund könnte sein, dass die Zinskonditionen stark schwanken. So kann das, was heute ein guter Abschluss ist, bei fallenden Zinsmärkten morgen schon eher als schlechte Kondition gelten und so zu einem negativen Gefühl führen.

Weiter spielt die Auswahl eine Rolle: Wer wenig vergleicht und auch die unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten nicht richtig nutzt, kann vielleicht eine Finanzierung mit einer scheinbar guten Kondition abschließen, aber für seine persönliche Finanzierungssituation gegebenenfalls dennoch die falsche Entscheidung getroffen haben. Merkt der Kunde dies, bewertet er häufig Kreditkonditionen im Nachgang anders.

I&F Gibt es auch bei Baufinanzierungen das Phänomen der "Kaufreue" nach Vertragsabschluss? Was können Anbieter tun, um auch nach Vertragsunterzeichnung noch glückliche Kunden zu haben?

Es muss differenziert werden, ob Besitzer den Kauf einer Immobilie bereuen oder eher ihre Unterschrift unter einem Kreditvertrag, denn nur dann bezieht es sich wahrscheinlich auf den Preis der Finanzierung. Man sollte sich klar machen, dass ein Immobilienkredit eine Verbindlichkeit darstellt und damit eine Verpflichtung ist. Menschen gehen ganz unterschiedlich mit solchen Verpflichtungen um. Ein Kreditanbieter arbeitet seriös, wenn er den Kunden über den Umfang einer Kreditentscheidung informiert: "Stellen Sie sich auch die Frage: Was verändert sich für Ihre persönliche Liquiditätssituation nach einer Kreditentscheidung? Gehen Sie auch Fälle durch, die zunächst nicht naheliegend sind wie zum Beispiel den Rückgang des monatlichen Einkommens?"

I&F Finanzierungsberater empfehlen, sich nicht vom Sollzins blenden zu lassen. Besser sei es, auf den Effektivzins zu achten, weil dieser auch die Bearbeitungs- und Vermittlungsgebühren berücksichtigt. Doch einige Anbieter werben mit Effektivzinsen, die niedriger als ihr Sollzins sind. Lässt der Gesetzgeber zu viel Freiraum bei der Berechnung? Was empfehlen Sie Ihren Portalbesuchern?

Der Effektivzins soll die Gesamtkosten eines Kredits wiedergeben. In der Vergangenheit wurde der anfängliche effektive Jahreszins verglichen. Dieser galt für den Zeitraum der Zinsbindung. Mit Änderung der Preisangabenverordnung im Jahr 2010 muss der Effektivzins für die Gesamtlaufzeit also auch nach der Zinsbindung berechnet werden. Je nachdem, welchen Basiszins man für die Anschlussfinanzierung ansetzt (zum Beispiel variabler Zins), ergibt sich dann eine Verzerrung beim Effektivzins. Ja, dieser kann dann theoretisch niedriger sein als der Sollzins. Der Gesetzgeber hat diesen Fall nicht hinreichend betrachtet, er wird bald nachbessern. In der Praxis ist dieser eben beschriebene Sonderfall eher selten zu sehen. Für eine Gesamtkalkulation der Darlehenskosten sollten immer der anfängliche Effektivzins gegebenenfalls plus einem Sicherheitsaufschlag herangezogen werden.

I&F Wann kommt die Zinswende?

Diese Frage ist schwer zu beantworten, denn die weitere Entwicklung des Zinsniveaus hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel davon, wie sich die Euro-Schuldenkrise weiterentwickeln wird und welche politischen Wege in diesem Zusammenhang noch beschritten werden. Letztes Jahr gab es viele, die schon von einer Zinswende sprachen, sie wurden eines Besseren belehrt. Die jüngste Entscheidung für ein weiteres Rettungspaket, flankiert von der EZB, hat jedenfalls das "niedrige" Niveau der Baugeldzinsen (im Vergleich der letzten zehn Jahre) erst einmal gefestigt.

I&F Wie verhandlungsbereit sind die Baugeld-Anbieter hinsichtlich der Konditionen derzeit? Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Ihren Portalnutzern?

Anbieter von Baufinanzierungen haben zurzeit Hochkonjunktur; allerdings bringen die zunehmenden Vergleichsmöglichkeiten im Internet auch mehr Wettbewerb. Über die Hälfte der Nutzer unseres Vergleichsportals holen sich Angebote bei zwei und mehr Finanzinstituten ein. Die Verhandlungsposition des Nachfragers ist dadurch grundlegend verbessert: Er kann einen Anbieter mit einem vermeintlich besseren Angebot konfrontieren und um Nachbesserung bitten. Er hat die Verhandlungsmacht aufgrund des großen Angebots. Der Nachfrager kann und sollte auf Augenhöhe verhandeln.

I&F Laut Ihrer aktuellen Baufinanzierungsstudie nutzen nur 39 Prozent der Käufer eine Förderung, wie sie die KfW oder die Länder anbieten. Hapert es an der Zielgenauigkeit der Förderinstrumente oder sind die Kunden zu wenig informiert?

Es gibt zahlreiche Förderprogramme, mit denen Staat, Länder und Kommunen den Bau und die Modernisierung von Wohneigentum unterstützen. Hier ist es nicht leicht, den Überblick zu bekommen und das richtige Programm zu finden. Zudem bieten nicht alle Banken aktiv zum Beispiel KfW-Programme an. Daher gilt: Immer nach Fördermöglichkeiten fragen und ein Angebot mit Förderprogrammen anfordern.

I&F Bausparkassen steigern wieder ihr Darlehensgeschäft. Wie attraktiv ist das Bausparen für Eigenheimerwerber?

Es gibt sicherlich Zielgruppen, für die Bausparen sinnvoll ist, auch aufgrund der teilweise staatlichen Förderung. Zudem ist das Produkt scheinbar simpel: "Spare heute und sichere dir einen attraktiven Zinssatz für die Zukunft."

Nimmt man den spitzen Bleistift, wird man allerdings feststellen, dass es auf der Rendite- (Ansparphase) und Gesamtkostenseite keine Vorteile gibt, insbesondere, wenn es nicht zum Hauserwerb beziehungsweise -bau kommt.

Was ich in diesem Zusammenhang kritisiere, ist die fehlende Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Finanzierungsprodukte. Hier muss der Gesetzgeber anpassen. Es kann nicht sein, dass den Kunden die Gesamtkosten eines Bausparproduktes nicht verständlich offengelegt werden.

I&F Welche Rolle spielt Wohn- Riester in der Struktur von privaten Baufinanzierungen? Wie sehr wird dieses Instrument genutzt?

Wer sich eine selbst genutzte Immobilie im Inland anschaffen möchte, kann nach dem Eigenheimrentengesetz, kurz Wohn-Riester, die staatliche Riesterförderung in die Tilgung der Immobilienfinanzierung einfließen lassen. Förderberechtigt sind demnach steuerpflichtige Angestellte, Beamte und Arbeitnehmer, die in der Deutschen Rentenversicherung pflichtversichert sind. Seit November 2008 sind über 700000 Wohn-Riester-Verträge abgeschlossen worden.

Allerdings besteht bei den Kunden eine gewisse Skepsis, da Riester-Produkte nachgelagert besteuert werden. Interessenten sollten zusammen mit ihrem Berater am besten Finanzierungsmodelle mit und ohne Riester genau durchrechnen und dann entscheiden, welche Variante die individuell passende ist. Um die Förderung wettzumachen, sollte das ungeförderte Darlehen in der Regel mindestens einen halben Prozentpunkt besser sein.

I&F Europäische Geldpolitik und intensiver Wettbewerb der Finanzierer halten die Baugeldzinsen sehr niedrig. Deutschlands Konjunktur ist robust, die Arbeitslosenquote niedrig und die Eigenheimpreise stagnieren. Wird die Wohneigentumsquote steigen?

Wir sehen nicht, dass die Eigenheimpreise stagnieren. Ganz im Gegenteil: In fast allen Lagen beobachten wir steigende Preise. Insbesondere im Bereich Neubau, getrieben durch hohe Baukosten und Baulandknappheit. Das Städtebauinstitut ifs prognostiziert beispielsweise, dass die Wohneigentumsquote bis 2025 in den alten Bundesländern um zirka vier Prozentpunkte auf 47 Prozent steigen wird, in den neuen Bundesländern um sechs Prozentpunkte auf 36 Prozent. Dieser Auffassung folgen auch wir, denn eigengenutzte Immobilien sind nun einmal auf mittlere bis lange Sicht krisenfeste Geldanlagen.

I&F Sollten Immobilienmakler auch Baufinanzierungen vermitteln? Wo liegen die Chancen, wo die Risiken? Was erwarten die Kunden?

Es gibt ein Sprichwort: "Schuster bleib bei deinen Leisten". Dies würde ich so auch für die Trennung von Makler- und Finanzierungsgeschäft sehen. Ein schmerzhaftes Beispiel hierfür sind die Schrottimmobilienaffären aus der Vergangenheit, in denen Kunden durch falsche Beratung und Eigeninteresse massiv geschädigt wurden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X