Schwerpunkt: Immobilienaktien

Kurs, Dividende, FFO - was ist der präzisere Erfolgsmesser?

Börsennotierte Aktiengesellschaften haben sich im Gegensatz zu nicht börsennotierten Unternehmen täglich der Bewertung durch den Kapitalmarkt zu stellen. Die Anleger entscheiden somit, ob sie die Geschäftspolitik als erfolgreich und damit wertschaffend einschätzen oder eher negativ sehen. Dies gilt allerdings in erster Linie für die langfristige Entwicklung und alle wissen, dass kurzfristig Kursentwicklungen möglich sind, die sich rational und fundamental nicht erklären lassen. Was könnte also ein präziserer Erfolgsmesser sein als der Aktienkurs?

Momentaufnahmen und Vergleiche

Wer erwartet, die Antwort in einer einzelnen Kennziffer zu finden, muss leider enttäuscht werden. Selbst Unternehmensgewinne sind häufig nicht miteinander vergleichbar und können je nach Bilanzierungspraxis variieren. Um nur ein Beispiel zu nennen: Das Ergebnis von Immobilienunternehmen, die zu "at cost" bilanzieren und Normalabschreibungen ausweisen, bleibt von Bewertungsänderungen des Immobilienbestandes weitgehend unbeeindruckt. Gesellschaften, die hingegen den Fair-Value-Ansatz gewählt haben, müssen Bewertungsänderungen ergebniswirksam ausweisen - mit entsprechend höherer Ergebnisvolatilität.

Um eine Immobiliengesellschaft also tatsächlich realistisch bewerten zu können, müssen mehrere aussagekräftige Kennzahlen zusammen ein stimmiges Bild ergeben.

Aber letztendlich sind Kennzahlen nur eine Momentaufnahme. Erst bei ihrer Betrachtung im Zeitablauf wird deutlich, ob ein Unternehmen langfristig erfolgreich agiert. Bei Immobilienunternehmen ist die Grundlage solider Kennzahlen die Substanz des Portfolios. Bei einer Bewertung wird man daher nicht umhinkommen, sich das Immobilienportfolio genau anzusehen. Inwieweit das untersuchte Unternehmen hier von sich aus Einblicke gewährt, kann schon als erster Hinweis auf die Qualität der Kennzahlen gewertet werden.

Veräußert eine Aktiengesellschaft Immobilien oder andere Gegenstände aus dem Betriebsvermögen, so liegen diese Einzelvorfälle außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Das trifft auch für Immobilienunternehmen zu, deren Kerngeschäft es ist, Bestände zu halten und ertragsorientiert zu bewirtschaften. Unternehmenskennzahlen sind zur Erfolgsmessung um die Gewinne beziehungsweise Verluste aus diesen nichttypischen Geschäftsvorfällen zu bereinigen. Rückschlüsse auf die operative Leistungsfähigkeit des Unternehmens wären sonst kaum möglich. Andererseits sind gezielte Verkäufe zum richtigen Zeitpunkt im passenden Marktumfeld auch eine erfolgreiche Managementleistung. Sie gehören zu einem aktiven Asset Management und sollten Anlegern gegenüber auch umfassend, transparent und zeitnah kommuniziert werden.

Zur Ermittlung der Wertentwicklung des Portfolios können Immobilien nach den internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS entweder zu den Anschaffungs- und Herstellungskosten oder zum Fair Value bilanziert werden. Erfolgt sie nach dem Fair-Value-Prinzip, so wird der zeitnahe Marktwert der Immobilien ermittelt. Wertänderungen fließen dann in das Ergebnis ein und dieses wird entsprechend volatiler. In Aufwärtszyklen lassen sich durch den steigenden Marktwert des Immobilienportfolios und den pro-zyklischen Effekt der Fair-Value-Bilanzierung regelmäßig neue Rekordgewinne verkünden. Den Aufwertungsrunden folgen dann schmerzhafte Wertberichtigungen, die Immobilienunternehmen im Extremfall trotz eines einwandfreien operativen Geschäfts sogar in die roten Zahlen ziehen können, dann meist inklusive einer längerfristigen Vertrauenskrise bei den Anlegern. Im Gegensatz zur Fair-Value-Bilanzierung können Immobilienunternehmen auch konservativ zu Anschaffungs- und Herstellungskosten bilanzieren. Auf unrealisierte Neubewertungsgewinne kann verzichtet werden, um sie später nicht wieder korrigieren zu müssen - mit positiven Auswirkungen auf das Anlegervertrauen.

Die Aussagekraft des Verhältnisses des Aktienkurses zum Net Asset Value (NAV) wird von vielen Analysten und Investoren immer noch überschätzt. Lange Zeit wurde bei Immobilienaktiengesellschaften mit Aktienkursen deutlich über dem NAV eine besonders gute Managementleistung oder ein sonstiges Wertsteigerungspotenzial angenommen. Bei Kursabschlägen zum NAV ging man davon aus, dass sich der Kurs langfristig wieder an den NAV annähern würde. Schließlich kann ein Mehrheitsaktionär, der die Aktien unter dem Nettoinventarwert eingekauft hat, das Unternehmen auflösen und die Immobilien mit Gewinn verkaufen. Soweit die Theorie.

Kurs und Net Asset Value

Die Praxis zeigt hingegen, dass es kaum Investoren gibt, die versuchen, eine Immobilienaktiengesellschaft unter dem NAV zu übernehmen, um die Immobilien anschließend gewinnbringend abzustoßen. Der NAV zeigt nur den - je nach Immobilienbewertungsverfahren mehr oder weniger stark schwankenden - Nettosubstanzwert eines Unternehmens zu einem bestimmten Bewertungsstichtag an. Aussagen über die Entwicklungsperspektiven sind kaum möglich. Der eigentliche Unternehmenswert berechnet sich wie auch bei anderen Gesellschaften aus den zukünftig erzielbaren Zahlungsüberschüssen, die mit einem risikoadäquaten Zins diskontiert werden. Das Mittel der Wahl ist dabei das Discounted-Cash-Flow-Modell (DCF). Der Haken: Dieses Modell benötigt sehr viele Informationen, die einem Außenstehenden normalerweise nicht zugänglich sind, sondern nur von dem zu bewertenden Immobilienunternehmen selbst zur Verfügung gestellt werden können. Mit dem NAV und dem DCF kommen wir letztlich der Frage nach einem präzisen Erfolgsmesser näher. Erfolg zahlt sich im wahrsten Sinne des Wortes aus. Nur cashorientierte Größen sind objektive Erfolgsmesser.

Funds from Operations

Für Immobiliengesellschaften ist der FFO (Funds from Operations) eine solche cashorientierte Größe. Diese Kennzahl wird vor allem von US-amerikanischen REIT-Analysten verwendet und ist einfacher und schneller zu ermitteln als eine Bewertung nach dem DCF-Verfahren durchzuführen. Der FFO gibt Auskunft über die Stärke und Qualität des operativen Geschäfts und sollte auch Grundlage für die Ausschüttungen von Immobilienaktiengesellschaften sein. Grundsätzlich sollte zu seiner Berechnung der Jahresüberschuss um die Abschreibungen, um die Veräußerungsgewinne beziehungsweise -verluste und die außerordentlichen Aufwendungen und Erträge bereinigt werden. Er spiegelt dadurch im Gegensatz zum Ergebnis sehr viel stärker die reine Vermietungsleistung des Unternehmens wider, also das Kerngeschäft eines Immobilienbestandshalters.

Für den FFO gibt es aber keine einheitlichen Berechnungsvorschriften. FFO-Vergleiche müssen für verwertbare Ergebnisse auf der gleichen Berechnungsgrundlage erfolgen. In einer transparenten Berichterstattung sollte daher das Berechnungsverfahren für den FFO genau angegeben werden. Die Entwicklung dieser Kennzahl im Zeitablauf ist somit ein durchaus geeigneter Erfolgsmesser. Als Basis für Dividendenzahlungen partizipiert auch der Aktionär am Erfolg. Wichtig aus Investorensicht ist, wie eng die Dividende mit dem FFO zusammenhängt. Eine Dividende, die vom FFO losgelöst ist, würde schließlich zu Lasten der Substanz gehen. Je enger hingegen Dividende und FFO miteinander zusammenhängen, desto eher entsprechen die Dividendenausschüttungen der unternehmerischen Leistungsfähigkeit.

Als Fazit ist festzuhalten, dass bei der Einschätzung eines Immobilienunternehmens nicht nur einzelne Kennzahlen stimmen müssen, sondern auch das Gesamtbild. Dazu gehört eine Vielzahl von Faktoren wie die Entwicklung der Mieterträge, die Restlaufzeit der Mietverträge, die Mieterbonität und auch die Qualität der Immobilien, deren Alter und baulicher Zustand, Mietsteigerungspotenziale, die Leerstandsquote, eine ausgewogene Mieterstruktur, das wirtschaftliche Umfeld, eine solide Finanzierungsstruktur und so weiter. Alle diese Faktoren schlagen sich dann letztendlich im erwirtschafteten Cash-Flow nieder. Ein korrekt ermittelter FFO ist in diesem Zusammenhang eine durchaus geeignete Kennzahl. Einen präziseren einzelnen Erfolgsmesser gibt es nicht. Im Idealfall sind bei einem börsennotierten Immobilienunternehmen die Aktionäre dann allerdings auch in Form von Dividenden am Unternehmenserfolg beteiligt, die eng an den FFO gekoppelt sind.

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