Schwerpunkt: Bewertung und Inflation

Ein entscheidungsrelevanter Fair Value für Investment Properties

Sowohl die Bewertung als auch die Bilanzierung von als Finanzinvestition gehaltenen Immobilien gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) wurde in den letzten Jahren zunehmend kritisch hinterfragt.1) Hintergrund der teilweise kontroversen Diskussionen zur Immobilienbewertung waren weniger die Bewertungsmethodik an sich, als vielmehr die im Bewertungsmodell anzusetzenden Parameter.2)

Bestandsaufnahme

Des Weiteren wurde für eine verbesserte Darstellung der Vermögens- und Ertragslage im Jahres- beziehungsweise Konzernabschluss für Investment Properties das Fair Value Accounting als Wahlrecht zwischen der Bewertung nach dem Cost Model (fortgeführte Anschaffungs- respektive Herstellungskosten) und dem Fair Value (beizulegender Zeitwert) nach IAS 40 in den International Financial Reporting Standards (IFRS) vorgesehen.3)Bei der Wahl der Bewertung zum Fair Value, die einheitlich auf den gesamten Bestand an Investment Properties anzuwenden ist, sind jegliche Marktwertänderungen mit den bereits in anderen Beiträgen aufgezeigten Kritikpunkten in den Folgeperioden erfolgswirksam zu verbuchen.4)

Um zum einen eine Vereinheitlichung der Fair-Value-Bewertung nach den IFRS zu erreichen sowie zum anderen die Lücke zum bereits bestehenden SFAS 157 - Fair Value Measurement - nach US-GAAP zu schließen, wurde das Fair Value Measurement Project vom IASB initiiert.5) In diesem Zusammenhang wurde vom IASB im Mai 2009 der Exposure Draft ED/2009/5 "Fair Value Measurement" im Folgenden "ED FVM" genannt - veröffentlicht. Hieraus können sich auch Auswirkungen auf die Bewertung von Investment Properties ergeben. Aufgrund der derzeitigen Marktlage sowie den Erfahrungen aus den letzten Jahren soll diskutiert werden, welcher Bewertungsmaßstab für die maßgeblichen Bilanzadressaten (insbesondere Analysten und Investoren) von Gesellschaften mit einem umfangreichen Bestand an Investment Properties - hauptsächlich bestandshaltende Immobilien-Aktiengesellschaften und REITs - einen entscheidungsrelevanten Fair Value abbildet.

Nach einer kurzen Erläuterung der bilanziellen Grundlagen zur Behandlung von Immobilien nach den derzeit gültigen IFRS sowie den wesentlichen nationalen und internationalen Definitionen zum Verkehrswert beziehungsweise Market Value wird für vergleichende Zwecke der Bewertungsansatz nach IAS 40 und IFRS 5 dargestellt. Danach werden die Änderungen durch das Fair-Value-Mea-surement-Projekt aufgezeigt.

Zur Beurteilung einer entscheidungsrelevanten Fair-Value-Ableitung wird der Nutzen von Fair Values für Analysten und Investoren aufgezeigt. Neben der bereits geäußerten Kritik zur Unsystematik an der erfolgswirksamen Verbuchung der unrealisierten Marktwertveränderungen kann eine weitere unsystematische Behandlung nach IFRS durch die derzeitige Fair-Value-Ableitung bei Investment Properties aufgezeigt werden. Der Beitrag endet nach der Kritik an der Fair-Value-Ableitung für Investment Properties mit einem Lösungsvorschlag.

Das zu diskutierende Fair-Value-Bewertungskonzept spielt bei der Immobilienbilanzierung explizit bei zwei Standards eine Rolle. Dies ist zum einen nach IAS 40 für Investment Properties sowie zum anderen für die zur Veräußerung bestimmten Vermögenswerte nach IFRS 5 relevant. Die Ausprägung von Investment Property (IAS 40) und Non-current Asset Held for Sale (IFRS 5) ist aber gegensätzlich: Ein Investment Property ist zur längerfristigen Ertragsgenerierung (Mieterträge und/oder Wertsteigerungen) für das Unternehmen bestimmt, wohingegen bei einem Non-current Asset Held for Sale die Absicht der Gesellschaft besteht, im Laufe eines Jahres zu veräußern. Beide Male ist jedoch der Fair Value der Bewertungsmaßstab - in letztem Fall allerdings unter zusätzlicher Berücksichtigung des Abzugs von Transaktionskosten.

Bei der Fair-Value-Ableitung gemäß IAS 40 wird grundsätzlich auf einen Wert abgestellt, zu dem die Liegenschaft zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht werden kann (IAS 40.5). Dabei ist nicht von einem konkreten Erwerber auszugehen, sondern objektivierend ein hypothetischer Erwerber zu unterstellen. Dieser Wertansatz kann nach IAS 40 als Fair Value in die Bilanz übernommen werden. An der Verlässlichkeit und Entscheidungsnützlichkeit von auf diese Art abgeleiteten Fair Values werden allerdings nicht erst vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise berechtigte Zweifel geäußert.6)

Internationale Wertdefinitionen und Bewertungsverfahren

Der Fair Value nach IAS 40 unterscheidet sich von anderen nationalen und internationalen Begriffsdefinitionen des Verkehrswertes respektive des Market Value nur marginal. Die im vorliegenden Beitrag nicht näher erläuterten Immobilien-Bewertungsverfahren ermitteln im Ergebnis bei gleichen Eingabeparametern einen identischen Wert.7) Dennoch bestehen bei einem Vergleich von unterschiedlichen indirekten Immobilienanlagen offensichtlich Unterschiede bei der Bewertung der einzelnen Immobilien. Dies wird offenkundig, vergleicht man die ausgewiesenen unrealisierten Marktwertänderungen des Immobilienbestandes von bestandshaltenden Immo-bilien-Aktiengesellschaften oder REITs mit Offenen Immobilienfonds.

Die in der Abbildung 1 grafisch aufbereiteten Bewertungsunterschiede, bei unterstellter durchschnittlich gleicher Qualität des Immobilienbestandes in den einzelnen Anlagevehikeln, motivierten in der jüngsten Vergangenheit, zum einen die Behandlung der beizulegenden Zeitwerte sowie zum anderen die hinter dem Fair Value stehende Wertauffassung kritisch zu hinterfragen.8) Die Abbildung 1 verdeutlicht die Wertentwicklung der Immobilienbestände von einer bewussten Stichprobenauswahl von fünf bestandshaltenden Immobilien-Aktiengesellschaften mit der von den fünf größten Offenen Immobilienfonds.

Während die Immobilien-Aktiengesellschaften im Jahr 2007 durchschnittlich negative Marktwertänderungen von minus 4,9 Prozent, 2008 von minus 5,9 Prozent und 2009 noch minus 1,5 Prozent auswiesen, haben die ausgewerteten Offenen Immobilienfonds 2007 positive Marktwertänderungen in Höhe von rund 2,8 Prozent rückläufig bis 2009 mit keiner Wertänderung ausgewiesen. Bei Offenen Immobilienfonds wird oftmals mit einer "Glättung" - aufgrund der nachhaltigen Sichtweise der Sachverständigen - der Immobilienwerte argumentiert.9) So hätten die Gutachter von Offenen Immobilienfonds in der konjunkturellen Hochphase des Immobilienmarktes die Immobilien nicht überbewertet und müssten somit nicht von einem so hohen Niveau wertberichtigen wie bestandshaltende Immobilien-Aktiengesellschaften.

Während Offene Immobilienfonds ihre Immobilienbestände durch sachverständige Gutachter nach deutschen Wertermittlungsmethoden bewerten lassen, engagieren die kapitalmarktorientierten Immobilien-Aktiengesellschaften international tätige Maklerfirmen. Die durch Gutachter ermittelten Immobilienwerte reflektieren nicht unmittelbar das Geschehen am Grundstücksmarkt, wohingegen die Bewerter internationaler Maklerhäuser sich stark an Transaktionspreisen orientieren.

Mit dem ED FVM vom IASB wird das Ziel verfolgt, einen einzigen Standard für sämtliche Fair-Value-Bewertungen einzufügen, den Begriff "Fair Value" einheitlich zu definieren sowie eine Verbesserung der zugehörigen Angabepflichten und eine Konvergenz zu den US-GAAP herzustellen. Insgesamt soll hierdurch der Anwendungsbereich der Fair-Value-Bewertung nicht verändert werden.

Veränderung der Bewertung durch das Fair-Value-Measurement-Projekt

Der Fair Value nach dem ED FVM wird definiert als Preis, den der Bilanzierende bei Verkauf eines Vermögenswertes erhalten würde oder bei Übertragung einer Verbindlichkeit zahlen müsste, wobei eine reguläre Transaktion zwischen Marktteilnehmern am Bewertungsstichtag zugrunde gelegt wird. Abgestellt wird somit auf einen Exit Price.10) Nach dem ED FVM sind alle diejenigen Faktoren mit zu berücksichtigen, die ein Marktteilnehmer bei der Preisfindung würdigen würde, zum Beispiel Zustand, Lage oder Verwertungsbeziehungsweise Nutzungseinschränkungen.11)Im ED FVM werden zur Fair-Value-Ableitung drei mögliche Bewertungsverfahren aufgezählt:

- marktpreisorientierte Verfahren (Market Approach - ED FVM 38a),

- kapitalwertorientierte Verfahren (Income Approach - ED FVM 38b),

- kostenorientierte Verfahren (Cost Approach - ED FVM 38c).

Im ersten Verfahren wird auf Marktpreise oder andere relevante Informationen für gehandelte identische oder vergleichbare Vermögenswerte abgestellt. Im letzteren Fall wird eine Ermittlung regelmäßig über Multiplikatoren, die den beobachtbaren Preis in Relation zu einer immobilien- und objektspezifischen Kennzahl (unter Berücksichtigung der wertbeeinflussenden Parameter wie Lage, Nutzungsart, Größe, Alter et cetera) abbilden, erfolgen (Vergleichswertmethode). Im kapitalwertorientierten Verfahren wird auf DCF-Methoden abgestellt (Schätzwertmethode). Das letzte Bewertungsverfahren, der Cost Approach, stellt auf die notwendigen Wiederbeschaffungskosten ab, welche um Abnutzung sowie technische und ökonomische Überalterung zu bereinigen sind (Sachrespektive Substanzwertverfahren).

Die Verfahren stehen nicht in einer Hierarchie - wie das derzeit gültige Stufenkonzept (siehe Abbildung 2 rechts) - zueinander, sondern sind prinzipiell gleichwertig.12) Für jeden Einzelfall ist zu prüfen, welches Verfahren geeignet erscheint. Grundsätzlich ist das Verfahren zu präferieren, welches die Verwendung beobachtbarer bewertungsrelevanter Parameter maximiert und die von nicht beobachtbaren Parametern minimiert. Dies wird bei den hier betrachteten Investment Properties aufgrund deren Heterogenität insbesondere das Schätzwertverfahren sein. Wie oben erläutert, ist nach dem ED FVM keine Hierarchie der Bewertungsverfahren wie im derzeit gültigen IAS 40 vorgesehen. Die Hierarchie wurde auf die Ebene der Input-Parameter, die in das Bewertungsverfahren eingehen, verlagert. Entsprechend dem oben erläuterten Grundsatz, die Verwendung allgemein beobachtbarer Daten zu maximieren, werden drei Ebenen von Parametern unterschieden (siehe Abbildung 2).13)

Kritik an der Fair-Value-Ableitung bei Investment Properties

Korrekterweise weist das IDW in seiner Eingabe zum ED FVM darauf hin, dass eine Entscheidung über den geeigneten Maßstab zur Bewertung von Vermögenswerten und Schulden nur anhand des Ziels der Finanzberichterstattung getroffen werden kann. Somit tritt zur Würdigung das Ziel der Entscheidungsrelevanz (decision usefulness) in den Vordergrund.14) An dieser Stelle soll in den Raum gestellt werden, was ein Exit Price als Bewertungsansatz für ein Investment Property bei einer Immobilien-AG oder gar einen mit den gesetzlichen Restriktionen des Immobilienhandels versehenen REIT für eine Vorteilhaftigkeit aufweist, wenn das Unternehmen überhaupt nicht beabsichtigt zu veräußern beziehungsweise nicht in vollem Umfang den Immobilienbestand veräußern kann und die zum entsprechenden Bewertungsstichtag herrschenden Transaktionsbedingungen am Markt somit keine wesentliche Bedeutung haben.

Als entscheidungsrelevante Informationen der Bilanzadressaten - insbesondere für Analysten und Investoren - ist der Fair Value in der Bilanz beziehungsweise als Angabe in den Notes anzusehen, um das wirtschaftliche Reinvermögen des Unternehmens (Net Asset Value - NAV) ableiten zu können.15) Allerdings ist sorgsam zu prüfen, welche Interpretationen aus dem angewandten Bewertungskonzept gewonnen werden können. Wird der Fair Value aus dem Absatzmarkt (Exit Price) abgeleitet und bilanziell angesetzt, bildet der ermittelte Saldo aus Vermögen abzüglich Schulden den Liquidationswert des Unternehmens ab. Hierdurch wird vernachlässigt, dass unter der Voraussetzung einer Unternehmensfortführung gegebenenfalls ein höherer Nutzen aus dem Vermögen gezogen werden könnte.

Auch nach Ansicht des IDW ist insbesondere für nicht-finanzielle Vermögenswerte der Value in Use (Nutzungswert) entscheidungsrelevanter als der Fair Value, falls von Going Concern ausgegangen werden kann.16) Der Value in Use ist der Barwert der geschätzten künftigen Cash-Flows, die aus der fortgesetzten Nutzung eines Vermögenswerts oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit und deren Abgang am Ende der Nutzungsdauer erwartet werden können. Der Nutzungswert gibt den Kenntnisstand und die Erwartungen des bilanzierenden Unternehmens sowie unternehmensspezifische Faktoren wieder, die nur für das bilanzierende Unternehmen zutreffen können.

So vertritt auch das IDW den Standpunkt, dass der Fair Value nicht generell als Exit Price definiert sein sollte. Die Fair-Value-Ableitung als Exit Price ist auch nach Auffassung des IDW nur geeignet, sofern das Management die Veräußerung eines Vermögenswerts tatsächlich beabsichtigt.17) Hierfür ist jedoch ohnehin das Bilanzierungs- beziehungsweise Bewertungskonzept nach IFRS 5 vorgesehen.

Gleiche Ansicht vertritt Castedello, dass die Beschränkung der Fair-Value-Konzeption ausschließlich auf Exit-Preise als problematisch einzuschätzen ist, und merkt an, dass deren praktische Relevanz noch nicht abgesehen werden könne.18) Hier sei neben der prinzipiellen Unsystematik zwischen den Bewertungsansätzen nach IAS 40 und IFRS 5 auf drei für die Immobilienwirtschaft relevante Punkte eingegangen:

- Ergebnisvolatilität: Das Geschäftsmodell und somit das Ergebnis von bestandshaltenden Immobilien-Aktiengesellschaften ist aus der Bestandshaltung grundsätzlich sehr stabil; die hohe Ergebnisvolatilität durch hohe Schwankungen unrealisierter Marktwertänderungen in den vergangenen Jahren ist sicherlich mit für die hohen Discounts bei Immobilien-Aktiengesellschaften zum NAV verantwortlich.

- Ableitung NAV: Als wirtschaftliches Reinvermögen unter Going-Concern- Gesichtspunkten ist der NAV häufig Bewertungsmaßstab von Analysten und Investoren bei bestandshaltenden Immo-bilien-Aktiengesellschaften. Beim Ansatz von Exit-Preisen als Fair Value wird das Reinvermögen unter Liquidationsgesichtspunkten betrachtet.

- REIT-Status: Für den G-REIT nimmt die Fair-Value-Bewertung eine ganz besondere Rolle ein, da sein steuerfreier Status an bestimmte Kriterien geknüpft ist, deren Beurteilungsmaßstab die IFRS-Jahres- respektive Konzernabschlüsse oder gegebenenfalls Überleitungsrechnungen bilden. Insofern kann für einen deutschen REIT die Volatilität der Ergebnisse aufgrund von unrealisierten Marktwertänderungen - abgeleitet am Absatzmarkt - und somit einer Reduzierung des Eigenkapitals zu Strukturbrüchen in den Vermögenswerten führen, die zu Strafzahlungen oder sogar zum Verlust des REIT-Status führen können.

Insofern ist die eingeschränkte Entscheidungsnützlichkeit von aus Transaktionsdaten abgeleiteten Fair Values für Immobilienbestände zu bemängeln, die der längerfristigen Generierung von Mieten und/oder Wertsteigerungen dienen. Der für Analysten und Investoren bei bestandshaltenden Immobilien-Aktiengesellschaften entscheidende NAV (ermittelt aus den Quartals- respektive Jahresabschlüssen mit der Bewertung der Vermögenswerte zum Fair Value) wird nach dieser Ableitung unter Liquidationsgesichtspunkten dargestellt.

Lösungsvorschlag und Ausblick

Die nach IAS 40 als Investment Properties klassifizierten Liegenschaften stehen dem Unternehmen längerfristig zur Erzielung von Mieterträgen und/oder Wertsteigerungen zur Verfügung. Eine Veräußerungsabsicht besteht demnach nicht, da ansonsten eine Klassifizierung gemäß IFRS 5 als "Non-current Assets Held for Sale" geboten wäre. Aus Transaktionsdaten abgeleitete Werte entsprechen sicherlich nicht der Vorstellung eines Fair Value von Investment Properties. Daher erscheint es bei der Ableitung eines für Analysten und Investoren entscheidungsrelevanten Fair Value bei Investment Properties sinnvoll zu sein, bilanziell einen "Floor" in Höhe des eigenen Nutzungswertes (Value in Use) der Gesellschaft vorzusehen.

Die Fair-Value-Ableitung sollte sich somit als Wertuntergrenze am Nutzungswert des Assets bei der bestandshaltenden Immobilien-Aktiengesellschaft orientieren. In der Immobilienbewertung bleibt der Zähler (Cash-Flow) für diese Liegenschaften prinzipiell im Detailplanungszeitraum unbeeinflusst von der Marktlage, da die Mietverträge meist eine längere Laufzeit mit fixierten Mietzahlungen haben.19)

Veränderungen in der Bewertung von Investment Properties resultieren somit im Wesentlichen aus der Modifikation des Nenners (Kapitalisierungszinssatz). Bei niedrigen Kapitalmarktzinsen und der Möglichkeit eines hohen Leverage sinkt tendenziell der Kapitalisierungszins und somit steigen die Immobilienwerte. Gegensätzliches entsteht bei höheren Renditeerwartungen und gegebenenfalls niedrigeren Leverage-Möglichkeiten. Hieraus ergeben sich die am Markt auftretenden Preisschwankungen für Immobilien. Der Kapitalisierungszinssatz für die Value-in-Use-Bewertung würde entweder entsprechend der individuellen objektspezifischen Kapitalkosten oder der Kapitalkosten des Unternehmens beide Male als Weighted Average Cost of Capital (WACC) - abgeleitet werden.

Die vorgeschlagene Mehrdimensionalität der Wertableitung ist den IFRS nicht unbekannt. Der für den Werthaltigkeitstest relevante IAS 36 "Impairment of Assets" sieht als Vergleichsmaßstab den Recoverable Amount (erzielbarer Betrag) vor. Darunter ist der höhere Wert aus beizulegendem Zeitwert abzüglich Veräußerungskosten (Fair Value Less Costs to Sell) und Nutzungswert (Value in Use) zu verstehen. Diese Vorgehensweise impliziert einen Vergleich des Werts eines Vermögensgegenstands oder einer zahlungsmittelgenerierenden Einheit für das Unternehmen aus der fortgesetzten Nutzung mit dem Wert, der im Falle einer Veräußerung am Markt erzielbar wäre. Da beide Optionen im Sinne einer Investitionsentscheidung grundsätzlich jederzeit offen stehen, ist der höhere von beiden Werten relevant.

Damit könnte auch die Unsystematik behoben werden, dass sowohl nach IAS 40 als auch nach IFRS 5 der Absatzmarkt den Bewertungsmaßstab bilden. Eine Glättung oder nachhaltige Betrachtung ist nicht erforderlich. Durch eine gegebenenfalls in den Notes vorzunehmende Angabe wird den Bilanzadressaten transparent dargelegt, ob die Gesellschaft zumindest aus kurz- oder mittelfristiger Perspektive die Immobilie einer besseren Verwertung als der Generierung von Mieten und/oder Wertsteigerungen - nämlich der Veräußerung zuführen könnte/sollte. Ist der Exit Price höher als der Value in Use ist eine weitere Halteabsicht im Unternehmen unter der Berücksichtigung der Wiederanlagealternative zu rechtfertigen. Eine nicht hinreichend objektivierte Bewertung führt zu einer subjektiv geprägten und damit aus Sicht der Adressaten häufig auch intransparenten Bewertung. Dies führt auch nach Kirsch zwangsläufig dazu, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die IFRS-Rechnungslegung mit einem ernsthaften Vertrauensproblem zu kämpfen hat.20)

Die entscheidungsorientierte Fair-Value-Ableitung und die bereits geforderte erfolgsneutrale Behandlung von unrealisierten Marktwertänderungen bringt Immobilien-Aktiengesellschaft und REITs eine erhöhte Transparenz durch objektiv nachvollziehbare Werte und entscheidungsrelevante Information für Analysten und Investoren, wie hoch das tatsächliche Reinvermögen der Anteilseigner tatsächlich ist, und erleichtert außerdem den Performancevergleich unterschiedlicher Immobilienanlagevehikel. Diese Kombination bringt Vertrauen in die Bilanzierung und somit unmittelbar Sicherheit in die Bewertung der betroffenen Gesellschaften.

Der Beitrag gibt ausschließlich die persönliche Ansicht des Autors wieder.

Fußnoten

1) Bieger, PiR 2008, S. 394-399; Küting, K. (2009).

2) Vergleiche Altmeppen, H./Bauer, F. (2009), S. 774-776.

3) Vergleiche Beck, M./Rehkugler, H. (2009), S. 488-494; Beck, M. /Rehkugler, H. (2009), S. 331-370.

4) Beck, M./ Rehkugler, H. (2009), S. 488-494; Mattner, A./Rehkugler, H./Beck, M. (2009), S. 24.

5) Fischer, D. T. (2010), S. 82-84; Castedello, M. (2009), S. 914 - 917.

6) Vergleiche u. a. Klinger, F./ Müller, M./ Schrader, N. (2008), S. 644-645; Niehaus, H.-J. (2008), S. 1170-1174.

7) Vergleiche Beck, M. (2005), S. 219.

8) Vergleiche Breuer, W. (2009), S. 28.

9) Vergleiche Altmeppen, H./Bauer, F. (2009), S. XX; Ehrenberg, B. (2009): S. B4.

10) Vergleiche auch IDW (2009), S. 1044.

11)Vergleiche Castedello, M. (2009), S. 914.

12) Vergleiche Castedello, M. (2009), S. 916. Der Hinweis auf die Verwendung bei materiellen Vermögenswerten (ED/2009/5 Nr. 38 c) weist dennoch auf zumindest teilweise gesehene Einschränkungen in der Eignung einzelner Verfahren hin.

13) Vergleiche ED 2009/5, Nr. 45 ff.

14) Vergleiche IDW (2009), S. 1044.

15) Breuer, W. (2009), S. 28; auch Beck, M./Rehkugler, H. (2009), S. 488-494.

16) Vergleiche IDW (2009), S. 1044.

17) Vergleiche IDW (2009), S. 1045.

18) Vergleiche Castedello, M. (2009), S. 917.

19) Vergleiche Altmeppen, H./Bauer, F. (2009), S. 775.

20) Vergleiche Kirsch, H.-J. (2009), S. I.

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