Im Blickfeld

LBS Baden-Württemberg: Weniger ist manchmal mehr

Auf den ersten Blick macht der Südwesten seinem Ruf als Land der Häuslebauer alle Ehre. Zumindest konnte die LBS Baden-Württemberg bei der Vorlage ihrer Geschäftszahlen für das Jahr 2006 im Brutto-Neugeschäft ein Wachstum von 3,7 Prozent auf 6,54 (2005: 6,31) Milliarden Euro verzeichnen. Dieses Ergebnis verdient insofern besondere Aufmerksamkeit, weil die Brutto-Bausparsumme der öffentlichen und privaten Bausparkassen zusammengenommen im Schnitt um 3,6 Prozent zurückging.

Hauptvertriebskanal waren erneut die Sparkassen und die BW Bank, die Bausparverträge über 4,28 Milliarden Euro (plus 2,8 Prozent) vermittelten und damit 65 Prozent des Abschlussvolumens beitrugen. Darin ist allerdings auch das sogenannte Gemeinschaftsgeschäft in Höhe von 906 Millionen Euro enthalten, das der LBS-Außendienst im Auftrag der Sparkassen akquiriert hat. Mit 2,05 Milliarden Euro steigerte der LBS-eigene Vertrieb seinen Bausparabsatz sogar um 11,2 Prozent.

Im Netto-Neugeschäft kletterte die Summe der eingelösten Bausparverträge um 3,5 Prozent auf 6,14 (5,93) Milliarden Euro zu. Damit hat die LBS in Baden-Württemberg nicht nur ihren Marktanteil von knapp 37 Prozent behauptet, sondern auch die führende Position im "Ländle" verteidigt.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings auch hier: Die Zahl der Bau-spar-Abschlüsse ist im Jahr 2006 brutto um 7,6 Prozent auf knapp 200 000 (216 000) Verträge gesunken, von denen bis zum Jahresende 191 000 (212 000) eingelöst wurden. Positiv ist allerdings, dass sich die Qualität der Abschlüsse deutlich verbesserte. So hatten die abgeschlossenen Verträge im Schnitt eine Bausparsumme von 32 700 Euro, während es im Vorjahr noch 29 100 Euro waren - ein Plus von 12,3 Prozent. Im Netto-Neugeschäft lag die durchschnittliche Bausparsumme bei 32 100 Euro gegenüber 28 000 Euro, was sogar eine Steigerung um 14,5 Prozent bedeutet.

Ursache für diesen Anstieg ist der hohe Anteil von Finanzierungstarifen, die 86,8 Prozent des Bausparabsatzes ausmachten. Vor allem das Produkt Classic F, dessen Mindestbausparsumme 50 000 Euro beträgt, dominierte mit 55 Prozent, gefolgt vom 2006 eingeführten Classic N, dessen Vermittlungsanteil bei 16 Prozent lag. Besonders eifrig verkauften die Sparkassen und die BW Bank zudem den mit maximal 3,0 Prozent relativ hoch verzinsten Classic B, dessen Anteil gemessen an der Stückzahl stattliche 37,2 Prozent betrug. Weil aber die durchschnittliche Bausparsumme nur 11 630 Euro betrug, hat der Tarif am Absatzvolumen nur einen Anteil von 13,2 Prozent.

Dass die Zahl der betreuten LBS-Bausparer in Baden-Württemberg um 2,1 Prozent auf 1,31 (1,34) Millionen zurückging, begründet das Institut unter anderem mit speziellen Tarifvereinbarungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Dabei ist vereinbart worden, dass vermögenswirksamen Leistungen von den Arbeitgebern für Altersvorsorgeprodukte verwendet werden. Folglich fehlen diese überwiegend jungen Kunden der Bausparkasse. Unter den 65 500 Neukunden, die 2006 erstmals einen Bausparvertrag abgeschlossen haben, waren rund 26 000 Bausparer beziehungsweise 40 Prozent jünger als 25 Jahre.

Ein weiterer Grund sind abgerufene Bausparguthaben, die ebenso dazu beitrugen, dass der Vertragsbestand um 3,9 Prozent auf 1,75 (1,82) Millionen Stück sank. Aufgrund der höheren Bausparsummen bei den Neugeschäftsabschlüssen stieg dagegen die Bausparsumme im Bestand um 0,4 Prozent auf 43,25 (43,08) Milliarden Euro.

Zur Entwicklung des Kollektivs: Im fünften Jahr in Folge haben die Spareinzahlungen zugenommen und erreichten mit 1,63 (1,61) Milliarden Euro - plus 1,4 Prozent - einen neuen Höchststand. Demgegenüber sanken die Tilgungsbeiträge aufgrund der seit Jahren abschmelzenden Bestände an Bauspardarlehen um beachtliche 20,5 Prozent auf 0,81 (1,02) Milliarden Euro. Somit ergibt sich für den gesamten Geldeingang ein Minus von 6,6 Prozent auf 2,75 (2,94) Milliarden Euro.

So erfreulich aus Sicht der Bausparkasse das Neugeschäft verlief, so dramatisch ist die Entwicklung im Darlehensgeschäft zu beurteilen. Zwar verkündete der Vorstandsvorsitzende der LBS Baden-Württemberg, Heinz Panter, dass der Rückwärtstrend bei den kollektiven Auszahlungen gestoppt wurde, doch entfiel der Löwenanteil auf Guthabengelder, die offensichtlich während der Phase relativ hoher Guthabenverzinsung und niedriger Hypothekenzinsen nicht abgerufen wurden. Von den an ihre Bausparer ausgezahlten Kollektivmitteln in Höhe von 1,92 (1,82) Milliarden Euro (plus 5,4 Prozent) sind nämlich nur 256 Millionen Euro Bauspardarlehen. Dass deren Zuwachs mit 18,3 Prozent vergleichsweise hoch ist, relativiert sich angesichts des niedrigen Ausgangsniveaus.

Die zunehmende Inanspruchnahme von Bauspardarlehen begründet Panter mit zwei Effekten: So sei der Zinssatz des verstärkt zugeteilten Tarifs Classic M mit nominal 3,95 Prozent wegen des allgemein anziehenden Zinsniveaus wieder wettbewerbsfähig. Wichtiger war allerdings ein Nachlaufeffekt aus der Streichung der Eigenheimzulage zum Jahresende 2005. Die dadurch ausgelöste Welle an vorgezogenen Bauanträgen wurde in der ersten Jahreshälfte abgearbeitet und genehmigt, was zu einer sprunghaften Inanspruchnahme von Baufinanzierungen und Bauspardarlehen - nicht nur bei der LBS Baden-Württemberg - führte. Im zweiten Halbjahr sei die Darlehensnachfrage dann drastisch eingebrochen.

Dies spiegelt sich auch in der Entwicklung des außerkollektiven Kreditgeschäfts der Bausparkasse wider, das um 14, 8 Prozent auf 422 Millionen Euro zurückging. Davon vermittelte der LBS-Außendienst etwa 85 Prozent beziehungsweise 378 Millionen Euro. Gleichwohl ist diese Ermäßigung teilweise auch durch die Sparkassen verursacht, die von der LBS akquirierte Baufinanzierungen in verstärktem Maße auf die eigenen Bücher nehmen, um eignes, fehlendes Kreditgeschäft zu kompensieren. Dabei vermittelte die LBS durch ihren Außendienst im Rahmen des Cross-Selling neben Girokonten, Geldanlagen und Immobilien auch Kredite in Höhe von 498 Millionen Euro an die Sparkassen und die BW Bank. Dies waren 3, 2 Prozent mehr als im Jahr 2005.

Durch das rückläufige Darlehensgeschäft ermäßigte sich der Zinsüberschuss um 1,5 Prozent auf 184,9 (187,7) Millionen Euro, während der Provisionsaufwand durch erneut angepasste Vergütungsstrukturen zugunsten der Sparkassen und BW Bank um 0,7 Prozent auf 86,6 (85,9) Millionen Euro stieg. Den Anstieg des Personalaufwands von 75,1 auf 81,0 Millionen Euro erklärt die Bausparkasse mit Zuführungen zu Pensionsrückstellungen in Höhe von rund fünf Millionen Euro. Ansonsten werden weiter Stellen abgebaut. So sank die Zahl der Mitarbeiter umgerechnet auf Vollzeitstellen und ohne Auszubildende - von 880 zum Jahresende 2005 auf 858 zum Jahresultimo 2006. Bis 2009 ist eine Reduktion auf 775 Beschäftigte geplant. Kräftig gespart wurde beim Sachaufwand, der um 16,6 Prozent auf 55,4 (66,4) Millionen Euro fiel. Als Betriebsergebnis weist das Unternehmen 53,5 (52,0) Millionen Euro aus - ein Plus von 2,8 Prozent.

Für 2007 rechnet die LBS Baden-Württemberg mit einem leicht steigenden Neugeschäft. Als Zielmarkte gab Panter sieben Milliarden Euro Bausparsumme aus. Auch hinsichtlich der Auszahlungen von Bauspardarlehen geben sich die Stuttgarter optimistisch. Zumindest der Januar dieses Jahres war aus Sicht des Neugeschäfts nur vom Januar 2006 übertroffen worden.

Um das geplante Neugeschäft zu realisieren und selbstverständlich auch als Reaktion auf die Ankündigungen der Wettbewerber - vor allem Schwäbisch Hall und BHW - will die LBS ihren Außendienst bis 2009 um etwa zehn Prozent verstärken. Dazu müssen allerdings die Geschäftsgebiete der Mitarbeiter im mobilen Vertrieb verkleinert werden. Davon erhofft sich die Bausparkasse eine Intensivierung der Kundenakquise und -bearbeitung.

Rekrutieren will die Bausparkasse die neuen Verkäufer fast ausschließlich unter ihren Auszubildenden, weil deren Loyalität zur Sparkassenorganisation ausgeprägter sei als bei Externen. Dennoch sank die Zahl der Vertriebsmitarbeiter im vergangenen Jahr von 507 auf 487. Die Abwerbungsbemühungen der Wettbewerber sind also schon spürbar. (Red.)

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