Bewertungsfragen

Lösung von Intransparenzproblemen bei Kreditprüfungen

Das Wort Kredit (vom lateinischen credere) impliziert in seinem Kern ein notwendiges Grundvertrauen des Kreditgebers in den Kreditnehmer, insbesondere dahingehend, dass der Kreditnehmer zukünftig leistungsfähig und -willig sein wird. Dies resultiert aus der Problematik, dass Kreditentscheidungen stets unter einem unvollkommenen Informationsstand zu treffen sind. Beispielsweise besteht immer Unsicherheit über Ereignisse, die das Gläubigerrisiko in der Zukunft erhöhen.

Negativauslese

Unvollkommene Informationen gehen in erster Linie auf die asymmetrische Verteilung von Informationen zwischen Kreditgeber und potenziellem Kreditnehmer zurück, wobei sich der Kreditgeber regelmäßig im entscheidenden Informationsnachteil befindet.1) Kreditnehmer mit Eigenschaften oder Absichten, die deren Kreditwürdigkeit beeinträchtigen, haben einen Anreiz, diese bewusst zu verbergen oder zu manipulieren. Im Gegenzug besteht aber auch die Gefahr, dass Kreditnehmer mit guten Eigenschaften ihre Vorzüge nicht ausreichend zeigen können und in eine Risikoklasse mit einer höheren als der angemessenen Ausfallwahrscheinlichkeit eingestuft werden und in der Folge ein vergleichsweise schlechtes Vertragsangebot erhalten. Resultat ist eine Negativauslese aus der Gesamtheit (potenzieller) Kreditnehmer, da solche schlechter Bonität angezogen, solche guter Bonität zu den für sie unangemessen hohen Konditionen hingegen nicht kontrahieren werden.2)

Zur Reduzierung der Wissensunterschiede und Vermeidung der Auswahl unerwünschter Vertragspartner bieten sich unterschiedliche Lösungsansätze an. Zum einen könnte der Kreditgeber versuchen, die Informationsasymmetrie mithilfe von Signaling- und Screening-Maßnahmen zumindest teilweise zu beheben. Signaling bedeutet im engeren Sinne die freiwillige Informationshergabe durch den besser Informierten, hier also den Kreditnehmer, zu der er faktisch von Seiten des schlechter Informierten mehr oder weniger stark motiviert werden kann. Damit entsteht ein Übergangsbereich zum Screening, das die Informationssuche des schlechter Informierten beschreibt.3) Im Rahmen von Kreditbeziehungen lassen sich etwa Kreditsicherheiten als Signaling-Instrument, Kreditprüfungen durch Banken als Screening-Instrument interpretieren. Grundsätzlich sind hierbei die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und dessen Bilanzbonität, die die Entwicklung in der Vergangenheit manifestiert, von vorrangigem Interesse.

Hohe Eigenkapitalquote als Verlustpuffer?

- Zum anderen besteht die Möglichkeit, Informationsdefizite zu akzeptieren und eine Risikokompensation auf anderem Wege zu erlangen. Die nahe liegendste Lösung besteht darin, im Kreditzins eine höhere Risikoprämie einzupreisen, dem Kreditnehmer also höhere explizite Kapitalkosten in Rechnung zu stellen. Diese Alternative scheidet für Kredite an die Unternehmen der Baubranche jedoch in der Regel aus, da die Risikoprämien bereits insofern ausgereizt sind, als eine weitere Anhebung die ohnehin hohe Liquiditätsbelastung der Unternehmungen aus dem operativen Geschäft zu stark erhöhen würde.

- Eine zweite Möglichkeit besteht darin, vom Kreditnehmer eine vergleichsweise hohe Eigenkapitalquote als Verlustpuffer zu fordern. Angesichts der relativ niedrigen Eigenmittelquoten der kleinen und mittelständischen Bauunternehmungen, die nur zirka ein Drittel der Eigenmittelquote im gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt betragen4), ist dieser Lösungsansatz indes ebenfalls nicht realistisch.

- Als dritte Möglichkeit der Risikokompensation wären dem Kreditinstitut eingeräumte Mitspracherechte anzuführen. Dieser sowie der vorgenannte Lösungsvorschlag, der aus Sicht der kreditnehmenden Bauunternehmung gleichfalls eine Erhöhung der impliziten Kapitalkosten5) bedeutet, gestaltet sich aufgrund der starken Fragmentierung der Baubranche als nicht implementierbar, da er mit zu hohen Transaktionskosten für den Kreditgeber verbunden wäre. Dies wird besonders deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass 90 Prozent der Unternehmen Jahresumsätze bis eine Million Euro und nur 0,5 Prozent der Unternehmen Jahresumsätze von mehr als zehn Millionen Euro erzielen.6)

Somit ist zu konstatieren, dass Banken bei der Kreditvergabe an Bauunternehmungen aufgrund der nicht existenten oder schwachen Kompensationsmöglichkeiten über die expliziten und impliziten Kapitalkosten in besonderem Maße auf Informationen angewiesen sind. Aus regulatorischem Blickwinkel besteht zudem sogar die zwingende Notwendigkeit, darauf zu drängen.

Das Dilemma besteht nun darin, dass Besonderheiten der Baubranche diese insofern notwendige Herstellung der gewünschten Transparenz beziehungsweise Reduzierung asymmetrisch verteilter Informationen blockieren. Zwei branchentypische Eigenheiten, von denen diese spezifische Intransparenz besonders eklatant gefördert wird, sind die Bilanzierung unfertiger Bauten und die Kooperation in Arbeitsgemeinschaften (ARGE).

Bei Betrachtung der typischen Struktur einer HGB-Einzelbilanz einer Bauunternehmung (siehe Abbildung 1) wird deutlich, dass die wichtigste Position die Vorräten bilden, die zum überwiegenden Teil aus den unfertigen Bauten bestehen.7) Sie stellen damit einen Haupteinflussfaktor für die Bilanzbonität dar, weswegen sich auch die Transparenzanforderungen an die Jahresabschlussdaten vor allem hierauf richten.

Intransparenz bei der Bilanzierung

Mit ihrer Verordnung zur Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards hat die Europäische Union neue Regeln für Bilanzersteller und damit letztendlich auch neue Herausforderungen für Kreditprüfer eröffnet.8) Daher ist es für Kreditnehmer wie -geber erforderlich, sich nicht nur mit dem traditionellen deutschen Jahresabschluss, sondern auch dem IAS-/IFRS-Abschluss als Informationsgrundlage auseinanderzusetzen. Die dringende Notwendigkeit dessen ist nicht länger für kapitalmarktorientierte Unternehmungen reserviert.

Der jüngste Entwurf des Standardsetters ist explizit auf kleine und mittelgroße Unternehmen ausgerichtet und macht deutlich, was künftig auch von ihnen erwartet wird.9) Parallel dazu zwingt auf Kreditgeberseite die Veränderung der bankaufsichtlichen Rahmenbedingungen durch Basel II die Banken immer stärker dazu, eine systematische Bilanzanalyse von (potenziellen) Kreditnehmern durchzuführen und deren Ergebnisse möglichst in bankinterne Ratingsysteme einfließen zu lassen.10)

Unterschiedlich hohe Wertansätze während der Projektlaufzeit

Bei der Bilanzierung unfertiger Bauten treten die für den Kreditgeber bedeutendsten informatorischen Unterschiede zwischen beiden Rechnungslegungssystemen auf der Ebene der Bewertung auf, denn hier bestehen mit der Completed-Contract-Methode (HGB) und der Per-centage-of-Completion-Methode (IFRS) zwei Methoden, die zu unterschiedlich hohen Wertansätzen während der Projektlaufzeit führen.

Im Rahmen der Completed-Contract-Methode dürfen Gewinne erst dann bilanzwirksam realisiert werden, wenn der Bau fertiggestellt und abgenommen ist. Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Bauwerk - da es einen eigens erstellten Vermögensgegenstand darstellt - gemäß Paragraf 253 Absatz 1 Satz 1 HGB mit seinen Herstellungskosten bewertet. Da diese nicht sämtliche Kosten beinhalten, die mit dem Auftrag verbunden sind, sammeln sich während der Projektlaufzeit negative Erfolgsbeiträge an, die dann auch das Unternehmensergebnis negativ belasten, obwohl der Auftrag insgesamt mit Gewinn abschließt (Abbildung 2). Die Möglichkeit einer Teilgewinnrealisierung, die zu einer Lösung des Problems beitragen würde, kommt aufgrund der strengen Anwendungsvoraussetzungen im deutschen Recht nur in sehr seltenen Fällen in Betracht, beispielsweise wenn Teilabnahmen für in sich abgeschlossene Teile des Bauwerkes vereinbart wurden.11)

Bei der Percentage-of-Completion-Methode dahingegen wird der Projektgewinn bereits während der Laufzeit des Vorhabens gemäß Baufortschritt gezeigt, das heißt das Projekt trägt in stetig wachsendem Maße zu einem positiven Unternehmensergebnis bei (Abbildung 2). Voraussetzung hierbei ist, dass das Ergebnis des Fertigungsauftrages hinreichend verlässlich geschätzt werden kann.12) Das gleiche Bauprojekt führt unter den beiden Rechnungslegungsphilosophien somit zu extrem unterschiedlichen Bilanzansätzen - mit entsprechenden Folgen für eine bilanzgestützte Bonitätsanalyse durch Externe.

Für einen Kreditgeber ergibt sich daraus unmittelbar die Fragestellung, welche der beiden Methoden das Baugeschehen transparenter abbildet und somit eher zur Reduzierung der bilanziellen Intransparenz beiträgt. Diese Transparenz von Jahresabschlussdaten wird in ganz entscheidendem Maße durch die Möglichkeiten zur Bildung und Auflösung stiller Reserven gefährdet, die das zugrunde liegende Rechnungslegungssystem gewährt. In diesem Zusammenhang sind folgende Arten stiller Reserven von Relevanz13):

- Zwangsreserven, die zwangsläufig durch die Anwendung der Bewertungsvorschriften entstehen,

- Ermessensreserven, die beispielsweise auf der Nutzung gesetzlicher Ansatz- und Bewertungswahlrechte und damit auf einer Ermessensentscheidung des Bilanzierenden beruhen und

- Schätzungsreserven, die auf mangelnder menschlicher Voraussicht und einem unvollkommenem Informationsstand bei der Festlegung von Wertansätzen basieren.

Bei der Completed-Contract-Methode nach HGB spielen Zwangs- und Ermessensreserven die dominante Rolle. Stille Zwangsreserven entstehen dadurch, dass der bilanzielle Wertansatz der unfertigen Bauten auf die Herstellungskosten begrenzt ist und somit nicht sämtliche Auftragskosten oder gar anteilige Projektgewinne aktiviert werden dürfen. Zudem kann das bilanzierende Unternehmen in gewissem Rahmen wählen, welche Kostenbestandteile es in die Herstellungskosten einbezieht.14) Ob der Unternehmer die handelsrechtliche Wertuntergrenze oder einen Wert zwischen Wertunter- und Wertobergrenze wählt, liegt insoweit in seinem Ermessen und wird lediglich durch den Grundsatz der Stetigkeit eingeschränkt.

Bei der Percentage-of-Completion-Methode hingegen dominieren Schätzungsreserven, denn diese Methode basiert gerade darauf, dass Schätzungen vorgenommen und Prognosen abgegeben werden müssen. Beispielsweise muss der Baufortschritt zum Bilanzstichtag abgeschätzt werden oder es müssen die bis zum Bauende noch anfallenden Auftragskosten prognostiziert werden. In gewissem Umfang spielen ebenfalls Ermessensreserven eine Rolle, beispielsweise bei der Wahl der Methode zur Bestimmung des Baufortschritts.15)

Als Fazit ist festzuhalten, dass die Bildung und unbemerkte Auflösung stiller Reserven bei der Percentage-of-Comple-tion-Methode gegenüber der Com-pleted-Contract-Methode grundsätzlich eingeschränkt wird und eine Verlagerung der Gewichtung von Zwangs- und Ermessensrücklagen hin zu Schätzungsrücklagen stattfindet. Da in der Zukunft mehr Baufirmen verpflichtend oder freiwillig nach IAS/IFRS bilanzieren werden, dürfte somit auch generell eine Verringerung der Intransparenz zu erwarten sein. Gleichzeitig wird sich der externe Analyst jedoch mit der zunehmenden Problematik der Beurteilung der geschätzten Komponenten der Wertansätze auseinanderzusetzen haben.

Intransparenz infolge der Kooperation in Arbeitsgemeinschaften

Für die Zukunftsfähigkeit der zahlreichen kleinen und mittelständischen Bauunternehmen kann es eine strategische Option sein, dass sie sich der hohen, mit ruinösen Preiskämpfen einhergehenden Wettbewerbsintensität in der Branche entziehen und wirksame Markteintrittsbarrieren zum Schutz vor potenzieller Konkurrenz durch Schaffung von Wettbewerbsvorteilen aufbauen. Unternehmen, die sich differenzieren und so schwer imitierbare Produkt- respektive Dienstleistungsbündel anbieten, die sich etwa durch die Schaffung eines echten Mehrwertes für den Kunden vom Wettbewerb abheben, können solche ökonomischen Marktzutrittsschranken schaffen. Gleiches gilt für Unternehmen, die sich auf wenige Angebote spezialisieren und auf den sonstigen Gebieten, die nicht zu ihrem fokussierten Geschäftsfeld gehören, die der Markt aber gleichwohl in Verbindung damit erwartet, mit anderen Unternehmen vernetzen und kooperieren.

Die Kooperation von Unternehmen zur gemeinschaftlichen Durchführung von Bauprojekten ist daher ein bedeutendes Spezifikum der Branche. Die häufigste Kooperationsform bildet die Bau-Arbeitsgemeinschaft (Bau-ARGE). Typischerweise wird die ARGE für ein konkretes, zeitlich befristetes Projekt initiiert. Die gesellschaftsrechtlichen Beziehungen beschränken sich hierbei auf die kurzfristige Ausstattung der ARGE mit finanziellen Mitteln. Maschinen, Geräte, Material und Personal werden der Kooperation im Rahmen von schuldrechtlichen Verträgen von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellt. Es gibt keine eigenständigen Leitungsorgane, vielmehr erfolgt das Treffen von wichtigen Entscheidungen auf der Ebene der Gesellschafter. In der deutschen Bilanzierungspraxis wird diese Art der Zusammenarbeit als kleine ARGE bezeichnet; Arbeitsgemeinschaften, die diese Merkmale nicht erfüllen, sind große ARGE beziehungsweise ARGE mit Wiederholungsabsicht (Abbildung 3).16)

Das Kernproblem aus Kreditgebersicht besteht darin, dass eine Beteiligung des Kreditnehmers an solchen Kooperationen erhebliche Risikopotenziale in sich bergen kann. Dies gilt insbesondere für die kleine ARGE, die als BGB-Gesellschaft durch die gesamtschuldnerische Haftung der Kooperationspartner gekennzeichnet ist. Hinzu kommt, dass die Verflechtungen zwischen ARGE und ARGE-Partner in der Bilanz intransparent abgebildet werden. Dies rührt hauptsächlich daher, dass gesellschafts- und schuldrechtliche Beziehungen zur ARGE beim ARGE-Partner als undifferenzierte Saldogröße unter den Forderungen beziehungsweise Verbindlichkeiten ausgewiesen werden.17)

Erhöhtes Informationsniveau

Im IFRS-Rechnungslegungssystem beschäftigt sich ein eigenständiger Standard (IAS 31) mit der Bilanzierung von Joint Ventures, unter die auch Bau-ARGE zu subsumieren sind.18) Grundsätzlich ist zu konstatieren, dass sich das Informationsniveau aus Kreditgebersicht im Vergleich zu den deutschen Bilanzierungsgepflogenheiten erhöht. Beispielsweise werden gesellschafts- und schuldrechtliche Austauschbeziehungen nicht mehr als undifferenzierte Saldogröße gezeigt. Es kann sich jedoch ein Zuordnungsproblem der ARGE zu einem der drei Haupttypen ergeben, die IAS 31 unterscheidet: gemeinschaftlich geführte Tätigkeiten, gemeinschaftlich geführtes Vermögen und gemeinschaftlich geführte Unternehmen.

Für jeden der drei Hauptfälle enthält IAS 31 Bilanzierungsvorschriften, die durch unterschiedliche Transparenzgrade gekennzeichnet sind.19) Die Zuordnung der ARGE zu einem der drei Typen erfolgt anhand bestimmter Kriterien wie der Rechtsform und dem Status des Vermögens der Kooperation.20) Da eine klare Abgrenzung in der Praxis jedoch schwierig ist, bestehen für den Kreditnehmer gewisse Zuordnungsspielräume, die sich auf das Informationsniveau des Kreditgebers auswirken.

Als Fazit bleibt festzuhalten, dass eine zutreffende Beurteilung der Chancen und Risiken aus der Beteiligung an diesen branchentypischen Temporärgesellschaften derzeit äußerst problematisch ist. Die IAS-/IFRS-Vorschriften können zwar in gewisser Weise Abhilfe schaffen, die Intransparenzproblematik jedoch nicht vollständig lösen.

Die vorangehenden Ausführungen haben verdeutlicht, dass die Generierung von transparenten Informationen aus Baubilanzen ein schwieriges und komplexes Themenfeld ist, das die ohnehin existierenden Probleme einer bilanzgestützten Bonitätsanalyse noch verschärft. Zumindest bei den wichtigsten Baubilanzpositionen ist mit der Anwendung der IFRS-Rechnungslegungsvorschriften ein höheres Maß an Transparenz und damit eine Reduzierung der vorvertraglichen Informationsasymmetrie möglich.

Gleichzeitig ergeben sich jedoch neuartige Schätzunsicherheiten im Rahmen der Percentage-of-Completion-Methode sowie Zuordnungsprobleme bei der Bau-ARGE. Es tritt also keine Beseitigung, sondern eine Verkleinerung und Veränderung der Wissensunterschiede und -defizite ein, die eine Fremdkapitalüberlassung gefährden.

Für die Bewältigung der aufgezeigten beziehungsweise neu auftretenden Informations- und Intransparenzprobleme könnte daher auf Branchenspezialisten zurückgegriffen werden, die mit den alternativen Bilanzierungsgepflogenheiten umfassend vertraut sind und die zumindest bei wichtigen Projekten - ob nun in Eigenregie oder in Kooperation durchgeführt - eine Bewertung des Fertigstellungsgrades, der Mängel sowie der Fertigstellungs- und Gewährleistungsrisiken leisten können.

Im angelsächsischen Raum existiert mit dem Quantity oder Building Surveyor21) eine Berufsgruppe, die die dafür erforderliche Expertise mitbringt. In Deutschland gibt es mit dem Deutschen Verband Chartered Surveyors e. V., einer Vertretung der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS, Berufsverband der Surveyors), bereits erste Ansätze. Eine eigenständige Berufsgruppe muss sich jedoch erst noch herausbilden. Hierfür kämen insbesondere unabhängige, spezialisierte Wirtschaftsingenieur-Sachverständige in Frage. Sie könnten als Informationsvermittler zwischen beiden Kontraktpartnern fungieren und zu einer Beseitigung der Intransparenz beitragen.

An dieser Stelle ist jedoch zu bedenken, dass der Quantity Surveyor die Interessen des jeweiligen Auftraggebers vertritt. Das bedeutet, dass sich für die Banken an dieser Stelle ein neues Informationsproblem ergeben wird, wenn die Bauunternehmung den Quantity Surveyor auswählt, zumal sich dieser Berufsstand in Deutschland erst noch die erforderliche Reputation aufbauen muss. Zur Vermeidung dieses Informationsproblems wäre die Beauftragung des externen Gutachters durch den Kreditgeber erwägenswert. Dieser Lösungsansatz wird sich jedoch erst ab einer bestimmten Transaktionsgröße anbieten.

Fußnoten

1) Informationsasymmetrien sind das wesensbestimmende Merkmal sogenannter Agency-Beziehungen, vergleiche bahnbrechend dazu die Arbeiten von Ross (1973) und Jensen/Meckling (1976). Für eine grundlegende Verknüpfung des Agency-Konzepts mit Fragen der Unternehmensfinanzierung vergleiche Myers (1977).

2) Grundlegend zum Phänomen der Negativauslese (adverse selection) vergleiche Akerlof (1970). Für eine aktuelle Einführung im Rahmen bankbetrieblicher Fragestellungen vgl. Hartmann-Wendels/Pfingsten/Weber (2007), S. 100-102.

3) Vergleiche einführend Rudolph (2006), S. 138 f.

4) Eigene Berechnung auf der Datengrundlage der Deutschen Bundesbank (2005).

5) Ausführlich zur Unterscheidung expliziter und impliziter Kapitalkosten und ihrer Einordnung aus agencytheoretischer Sicht vergleiche Süchting (1995), S. 510-513.

6) Eigene Berechnungen auf der Datengrundlage des Statistischen Bundesamtes (2005).

7) Unfertige Bauten werden als unfertige Erzeugnisse beziehungsweise unfertige Leistungen unter den Vorräten bilanziert. Sie können durchaus die Hälfte der Bilanzsumme ausmachen, sofern sie nicht mit den erhaltenen Abschlagszahlungen saldiert werden, vergleiche zum Beispiel Rogler/Jacob (2000), S. 2407 und Jacob/Stuhr (2006), S. 116 f.

8) Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards.

9) Zum aktuellen exposure draft vergleiche IASB (2007).

10) Vergleiche stellvertretend aktuell Gramlich (2007).

11)Vergleiche dazu zum Beispiel Kohl (1994), S. 134-140 und die dort angegebene Literatur.

12) Im Bilanzschrifttum hat sich die herrschende Meinung herausgebildet, dass bei Fertigungsaufträgen, die sich über mindestens einen Bilanzstichtag erstrecken, eine hinreichend verlässliche Schätzung der erforderlichen Parameter grundsätzlich möglich ist, vergleiche dazu stellvertretend Adler/Düring/Schmaltz (2006), Abschnitt 16: Fertigungsaufträge, Rn. 53.

13) Vergleiche zum Beispiel Heinhold (1998), S. 674.

14) Vergleiche zur Wertunter- und Wertobergrenze nach deutschem Handelsrecht zum Beispiel Ellrott/Brendt (2006), Paragraf 255 HGB Rn. 340 bis 355.

15) Vergleiche zu den einzelnen Methoden zum Beispiel Stuhr (2007), S. 128-130 mit weiteren Nachweisen.

16) Vergleiche zum Beispiel Jacob/Heinzelmann/ Klinke (2003), S. 1300 mit weiteren Nachweisen.

17) Vergleiche dazu Stuhr (2007), S. 152-154 und Seiten 184 f.

18) Vergleiche dazu zum Beispiel Brune/Mielicki (2003), S. 34 f.; Pähz (2005), S. 122 f. und S. 159 sowie Baetge/Klaholz/Harzheim (2007), Rn. 11.

19) Für eine Darstellung der Bilanzierungsvorschriften für die drei Haupttypen wird verwiesen auf Stuhr (2007), S. 156 f. und S. 163-167.

20) Vergleiche zu diesen Kriterien Stuhr (2007), S. 147-150 mit weiteren Nachweisen.

21) Ein Quantity Surveyor befasst sich im Auftrag des Bauherrn mit dem Management von Kosten und Qualität über sämtliche Lebenszyklusphasen eines Bauwerkes. Building Surveying ist eine Spezialrichtung des Chartered Surveying, die sich gezielt an den Objekten orientiert. Vergleiche dazu Winter (2000), S. 63-74 und Kulick (2003), S. 44-46.

Literaturverzeichnis

Adler, Hans/Düring, Walther/Schmaltz, Kurt (2006), Rechnungslegung nach internationalen Standards, Kommentar, bearbeitet von Hans-Friedrich Gelhausen, Jochen Pape, Joachim Schindler, Wienand Schruff, Loseblatt-Ausgabe, Stuttgart, Stand Dezember 2006.

Akerlof, George A. (1970), The Market for "Lemons". Quality Uncertainty and the Market Mechanism, in: Quarterly Journal of Economics, Vol. 84, S. 88-500. Baetge, Jörg/Klaholz, Eva/Harzheim, Thomas (2007), IAS 31 - Anteile an Joint Ventures (Interests in Joint Ventures), in: Baetge, Jörg/Wollmert, Peter/Kirsch, Hans-Jürgen/Oser, Peter/Bischof, Stefan (Hrsg.), Rechnungslegung nach IFRS - Kommentar auf der Grundlage des deutschen Bilanzrechts, Loseblatt-Ausgabe, Band 2, Stuttgart, Stand Juni 2007.

Brune, Jens W./Mielicki, Ulrich (2003), (Bau-)Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften, in: Baumarkt + Bauwirtschaft, 102. Jahrgang, Heft 11, S. 32-35.

Deutsche Bundesbank (2005), Ertragslage und Finanzierungsverhältnisse deutscher Unternehmen eine Untersuchung auf neuer Datenbasis, in: Monatsberichte, 57. Jahrgang, Nr. 10, S. 33-71.

Ellrott, Helmut/Brendt, Peter (2006), § 255 HGB, in: Ellrott, Helmut/Förschle, Gerhart/Hoyos, Martin/Winkeljohann, Norbert (Hrsg.), Beck´scher Bilanz-Kommentar - Handels- und Steuerbilanz - §§ 238 bis 339, 342 bis 342e HGB mit EGHGB und IAS/IFRS-Abweichungen, 6. Auflage, München 2006. Gramlich, Dieter (2007), IFRS-Rechnungslegung, bankinternes Unternehmensrating und Wandel der Finanzkommunikation, in: Heyd, Reinhard/Keitz, Isabel von (Hrsg.), IFRS-Management, München 2007, S. 177-195.

Hartmann-Wendels, Thomas/Pfingsten, Andreas/Weber, Martin (2007), Bankbetriebslehre, 4. Auflage, Berlin/Heidelberg 2007.

Heinhold, Michael (1998), Stille Rücklagen, in: Busse von Colbe, Walther/Pellens, Bernhard (Hrsg.), Lexikon des Rechnungswesens - Handbuch der Bilanzierung und Prüfung, der Erlös-, Finanz-, Investitions- und Kostenrechnung, 4. Auflage, München/Wien 1998, S. 674-677.

IASB - International Accounting Standards Board (2007), Exposure Draft of a Proposed IFRS for Small and Medium-sized Entities, London.

Jacob, Dieter/Heinzelmann, Siegfried/Klinke, Dirk Andreas (2003), Besteuerung und Rechnungslegung von Bauunternehmen und baunahen Dienstleistern, in: Jacob, Dieter/Ring, Gerhard/Wolf, Rainer (Hrsg.), Freiberger Handbuch zum Baurecht, 2. Auflage, Bonn 2003, § 18, S. 1201-1314.

Jacob, Dieter/Stuhr, Constanze (2006), Finanzierung und Bilanzierung in der Bauwirtschaft - Basel II neue Vertragsmodelle - International Financial Reporting Standards, Wiesbaden 2006.

Jensen, Michael C./Meckling, William H. (1976), Theory of the Firm. Managerial Behavior, Agency Costs, and Ownership Structure, in: Journal of Financial Economics, Vol. 3, S. 305-360.

Kohl, Steffen (1994), Gewinnrealisierung bei langfristigen Aufträgen - Eine kritische Analyse zur Anwendung des Realisationsprinzips in Handels- und Steuerbilanz, Düsseldorf 1994.

Kulick, Reinhard (2003), Auslandsbau - Internationales Bauen innerhalb und außerhalb Deutschlands, Wiesbaden 2003.

Myers, Stewart C. (1977), Determinants of Corporate Borrowing, in: Journal of Financial Economics, Vol. 5, S. 147-175.

Pähz, Nicole (2005), Rechnungslegung von Bauunternehmen nach HGB und IFRS im Vergleich, Aachen 2005.

Rogler, Silvia/Jacob, Dieter (2000), Bilanzierung unfertiger Bauten bei Bauunternehmen, in: Betriebs-Berater, 55. Jahrgang, S. 2407-2409.

Ross, Stephen A. (1973), The Economic Theory of Agency. The Principal´s Problem, in: American Economic Review, Papers and Proceedings, Volume 63, S. 134-139.

Rudolf, Andreas/Suter, Daniel (1999), True and fair view bei der langfristigen Fertigung - ein Widerspruch? - Completed-Contract-Methode CCM versus Percentage-of-Completion-Methode POCM, in: Der Schweizer Treuhänder, 73. Jahrgang, S. 527- 542.

Rudolph, Bernd (2006), Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarkt, Tübingen 2006.

Statistisches Bundesamt (2005), Fachserie 14, Reihe 8, 2003, Finanzen und Steuern - Umsatzsteuer, Wiesbaden 2005.

Stuhr, Constanze (2007), Kreditprüfung bei Bauunternehmen, Wiesbaden 2007.

Süchting, Joachim (1995), Finanzmanagement - Theorie und Politik der Unternehmensfinanzierung, 6. Auflage, Wiesbaden 1995.

Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, L 243 vom 11. September 2002, S. 1-4.

Winter, Christoph (2000), Das Berufsbild des englischen Quantity Surveyors - derzeitige englische und zukünftige deutsche baubetriebswirtschaftliche Ausbildung, in: Jacob, Dieter (Hrsg.), Aktuelle baubetriebliche Themen - Sommer 1999, Freiberger Arbeitspapiere, Heft 2/2000, Technische Universität Bergakademie Freiberg 2000, S. 63-74.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X