Immobilie als Asset

Lohnt die gewerbliche Immobilie noch als Kapitalanlage oder gibt es schon eine Immobilienblase?

Dies ist eine immer wieder diskutierte Frage - und gerade jetzt scheinbar auch für Deutschland besonders aktuell. In Zeitungen ist teilweise über eine vermeintliche Immobilienblase im fernen China zu lesen. Aber auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft, der Schweiz, wird von der dortigen Notenbank ganz offen die Frage einer "Blase" diskutiert.

Einigkeit besteht in der Schweiz zumindest darüber, dass die Bewertungen am Immobilienmarkt teilweise als kritisch eingestuft werden können. Bekannt sind auch aktuelle Untersuchungen der Deutschen Bundesbank zum Thema einer potenziellen "Blase", auch wenn deren Schlußfolgerungen bislang keinesfalls als alarmierend einzustufen sind. Dennoch: Darf man da noch in Immobilien investieren oder sollte man nicht sogar jetzt verkaufen?

Das Platzen einer "Immobilienblase" hat für jede Volkswirtschaft in der Vergangenheit sehr langfristige negative Auswirkungen gezeigt. Die Immobilienpreise sanken immer über mehrere Jahre und zum Teil drastisch. Man denke als Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit nur an Japan, die USA oder Spanien. Im Folgenden soll allerdings nicht das Aufspüren von Potenzialen zur Identifikation von Fehlbewertungen und taktische Maßnahmen vertieft werden, sondern ausschließlich die individuellen Entscheidungsparameter eines langfristigen Kapitalanlegers betrachtet werden. Die Komponente "Anlagehorizont" wird dabei wesentlich sein.

Anlagehorizont ein entscheidender Parameter

Stiftungen, oft als das Paradebeispiel eines solchen Anlegers mit extrem langfristigen Horizont genannt, sollen beispielhaft beleuchtet werden. Was sind die Motivationen zur Kapitalallokation, und können Immobilien dabei - auch beim gegebenen Preisniveau - ein wesentlicher Baustein sein? Erlaubt sei ein kurzer Exkurs zum Anforderungsprofil einer für Stiftungen vorteilhaften Kapitalanlage und dem aktuellen Umfeld an den Kapitalmärkten.

Stiftungen sollen das Kapital langfristig erhalten und darüber hinaus angemessene Erträge zu ihrer Zweckverwirklichung erwirtschaften. Dabei wird überwiegend von einem realen Kapitalerhalt ausgegangen, das heißt die Inflationsrate muss mindestens erwirtschaftet werden. Allerdings kann dies eigentlich nicht als Minimalziel akzeptiert sein, da eine Stiftung erst über die Zweckverwirklichung, also die Förderarbeit, einen Beitrag für die Gesellschaft leisten kann. Die punktuelle positive Beeinflussung der Gesellschaft durch Förderleistung war die Intension eines jeden Stiftungsgründers und sollte somit als Messlatte dienen.

Dieses, von der Stiftungsgesetzgebung nicht explizit vorgegebene Ziel, kann vereinfacht mit einem Ertragsziel für die Kapitalanlagen von Inflation plus Aufwand für eine stetige Förderarbeit übersetzt werden. Dabei sollte eine steigende Inflation idealerweise von den Kapitalanlagen - zumindest teilweise - aufgefangen werden. Die Höhe der für die stetige Förderarbeit vorgesehenen Kosten muss jede Stiftung passend zu ihrem Projektportfolio definieren.

Diese Gleichung braucht auch nicht in jedem Kalenderjahr voll erfüllt werden, sollte aber, betrachtet als zum Beispiel gleitende Zehn-Jahresschnitte, annualisiert erreicht werden. Ausfluss der vorgenannten Überlegungen sollte die strategische Aufteilung des Vermögens determinieren und dabei einen Sachwertanteil keinesfalls vernachlässigen.

Nach der groben Definition des Anlageziels nun der Blick auf die Kapitalmärkte. Nicht nur die Versicherungswirtschaft, auch Stiftungen sind extrem von dem niedrigen Zinsniveau betroffen. Deutsche Staatsanleihen, Pfandbriefe und auch qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen können derzeit die Ertragsanforderung einer Stiftung nicht einmal ansatzweise erfüllen.

Experiment mit ungewissem Ausgang

Das Zinsniveau soll hier jedoch nicht weiter diskutiert werden, allerdings den Ursachen, die ausufernden Geldmengen, und möglichen Gefahren daraus kurz Augenmerk geschenkt werden. Die Geldpolitik der "Flutung" der Kapitalmärkte mit immer noch mehr Liquidität stellt ein bisher nicht dagewesenes Experiment mit ungewissem Ausgang dar. Kurzfristig waren die Maßnahmen des "Gelddruckens" allerseits akzeptiert erfolgreich. Ob wir uns damit aber langfristig ein erhebliches Inflationspotenzial eingehandelt haben, darüber divergieren die Meinungen und wird erst die Zukunft zeigen. Jeden Bondanleger sollte dies aber immer im Gedächtnis behalten.

Immobilien wurden schon immer aufgrund ihres berechenbaren Cashflow-Profils als Substitut für Anlagen in festverzinsliche Wertpapiere betrachtet. Wesentliche Unterschiede beziehungsweise Nachteile sind besonders hinsichtlich der Liquidität, damit auch ihrer Bewertbarkeit mangels aussagefähiger zahlreicher Marktpreise und des Aufwandes der Bewirtschaftung zu sehen.

Ein wesentliches positives Element sei jedoch nicht vergessen: Das Inflationsrisiko kann über eine häufig marktübliche Indexierung der Mietzahlungen zumindest zeitverzögert vollständig eliminiert werden. Eingedenk des zuvor angesprochenen globalen Experiments der Notenbanken ein heute vermutlich weit unterschätzter Faktor. Dies mag allerdings nicht für alle Marktsegmente gleichermaßen gelten. Nach den durch Notenbanken administrierten Zinsen sind staatlich administrierte Mieten im Wohnbereich auch für Deutschland denkbar. Als sogenannte Mietpreisbremse sind Anfänge auch in Deutschland schon sichtbar.

Anspruchsvolle Investmentanforderungen

Dennoch erfüllen Immobilieninvestments im Wesentlichen das anspruchsvolle Ertragserfordernis für Stiftungen: Planbarer laufender Ertrag, Inflationsschutz und damit langfristiger realer Kapitalerhalt, besonders auch bei extremen Ereignissen des vergangenen Jahrhunderts. Die Umsetzung ist dabei heute sehr differenziert möglich: Das klassische Direktinvestment, die Kollektivanlage des Fonds, aber auch die Immobilienaktie beziehungsweise REITs seien genannt.

Die vorgenannten Überlegungen wurden nur kurz angerissen, wesentliche und vor allem grundsätzliche Betrachtungen sollen jedoch der zeitlichen Einordnung der Immobilieninvestition gewidmet sein. Ist ein Marktzyklus für eine Stiftung hinsichtlich der strategischen Asset Allokation wirklich wesentlich? Ist der aktuelle Marktzyk-lus mit in den letzten fünf Jahren vor allem an den deutschen Top-7-Standorten gestiegenen Kaufpreisen nicht irrelevant? Sollte der zeitliche Horizont nicht längerfristig ausgerichtet sein?

Intakte Mechanik

Werden die Büromieten der sogenannten Top-7 Standorte in Deutschland betrachtet, so verdoppelten sich laut öffentlich zugänglichen Statistiken die Spitzenmieten von 1980 bis zu den Spitzenwerten etwa Mitte der neunziger Jahre. Danach erfolgte ein Abschwung; die Spitzenmieten gaben knapp ein Drittel nach und es brauchte mehr als zehn Jahre um in die Nähe, aber nicht über die alten Werte zu gelangen. Wieder folgte ein Abschwung, und heute liegen die Werte noch unterhalb der Mietspitzen aus den neunziger Jahren beziehungsweise der ersten Dekade dieses Jahrhunderts. Fazit zur Mietpreisentwicklung: Ausgeprägte Zyklik, keine Blase!

Das Spiegelbild zu der Mietpreisentwicklung ist die Nettoankaufsrendite von Büroimmobilien aus den deutschen Top-7-Standorten. Die Kennziffer lag 1980 bei etwa 5,0 Prozent und schwankt bis heute - unterschiedlichen Datenquellen zufolge - relativ stabil zwischen 4,5 Prozent und 5,7 Prozent. Aktuelle Werte liegen bei etwas unter fünf Prozent. Sieht so eine Fehlbewertung oder eine Blase aus? Wohl kaum! Die Mechanik der Kaufpreisanpassung analog zur Mietpreisentwicklung scheint intakt zu sein.

Votum für langfristiges Investment

Jawohl, Marktzyklen sind auch bei Immobilieninvestments sichtbar und der aktuelle Zyklus ist weit fortgeschritten. Büroimmobilien werden - im Gegensatz zu Wohnimmobilien, bei denen Privatanleger ein größeres Gewicht haben - vermutlich auch von mehrheitlich "rationalen" Investoren nachgefragt. Dennoch gab es auch hier Trends und Überlagerungen - es sei an die Hausse von vor allem angelsächsische geprägten Investoren zu Anfang des Jahrtausends erinnert. Dennoch sind Immobilien, gerade angesichts der Vergleichsrenditen aus dem Bereich der festverzinslichen Wertpapiere, unter langfristigen Gesichtspunkten nicht überteuert. Bei Berücksichtigung des teilweisen Schutzes gegenüber einer steigenden Inflation ist dies noch zu betonen.

Dieses eindeutige Votum für ein langfristiges Investment in Büroimmobilien - gerade auch in den Top-7-Standorten - setzt allerdings einiges voraus: Die direkte Anlage in Immobilien erfordert für eine ausreichende Streuung - bei Immobilien selbst, aber auch über Assetklassen hinweg - ein entsprechendes Anlagevolumen. Das entsprechende Know-how der Immobilienauswahl und Betreuung muss im Hause vorhanden sein. Im Zweifel liegt das Erfolgsrezept auch eher in der Beschränkung des Risikos (beziehungsweise des Ertrages), und damit die Konzentration auf Core-Immobilien.

Immobilien sind kein Modethema

Ein wesentliches Missverständnis sei ebenfalls adressiert: Die rechnerische Nettoankaufsrendite liegt immer über der mittelfristigen zu erwartenden Rendite. Immobilien verursachen neben Erträgen auch Kosten (Renovierung/Instandhaltung und Ähnliches). Für kleinere Stiftungen erlaubt eine indirekte Anlage über Fonds eine sinnvolle Asset Allokation. Weitere Abstriche bei der Rentabilität sind durch Kosten der Kollektivanlage zu beachten.

Sofern eine kurzfristige Sichtweise maßgebend ist, bietet sich die Anlage in Immobilienaktien an. Im Vordergrund muss immer der zeitliche Planungshorizont einer Stiftung stehen. Immobilien sind kein Modethema sondern essenzieller Baustein der strategischen Asset Allokation zur planvollen Zweckverwirklichung. Transaktionskosten erfordern langfristiges Handeln, sodass Marktzyklen eine untergeordnete Rolle spielen. Die Auswahl der Immobilie nach Nutzungsart, Standort, Zustand, Mietverträgen et cetera ist wesentlicher.

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