Neue Kapitalmarktprodukte

Merkmale des Structured Covered Bond der LBB

Als erstes deutsches Kreditinstitut hat sich die Landesbank Berlin an die Strukturierung eines Structured Covered Bond gewagt. Die Veröffentlichung des Vorhabens im März 2007 hat zu kontroversen Diskussionen dieses neuen Anleiheproduktes geführt. Der vorliegende Beitrag soll die Diskussion auf einen bislang noch wenig beachteten Aspekt lenken: den Umgang einer Aaa-Anleihe mit dem deutschen Absonderungsrecht.

Eine Begriffsklärung

Was ist ein Structured Covered Bond? Eine eindeutige, insbesondere gesetzliche Definition dieses Begriffes gibt es nicht. Als Covered Bonds werden unter anderem am Markt - vereinfacht gesagt - Schuldverschreibungen von Kreditinstituten bezeichnet, die mit Immobilienkrediten in voller Höhe gesichert sind und deren Besicherung für den Fall der Insolvenz des Emittenten durch eine besondere gesetzliche Grundlage geschützt ist. Der international renommierte, deutsche Vertreter dieser Anleiheklasse ist der Pfandbrief.

In Ländern, in denen es die erforderliche spezial-gesetzliche Grundlage nicht gibt, haben Banken versucht, die Strukturprinzipien der Covered Bonds auf der Basis des allgemeinen Rechts nachzubilden. Vorreiter war HBOS im Jahr 2003 mit einem 13-Milliarden-Euro-Programm, den HBOS Structured Covered Bonds, einer Mischung aus Covered Bonds und Mortgage Backed Securities (MBS). Seit dieser Emission werden unter Structured Covered Bonds gedeckte Schuldverschreibungen verstanden, die nicht durch Spezialgesetze wie zum Beispiel das deutsche Pfandbriefgesetz geschützt sind, aber dennoch ein Vorrecht der Investoren auf den Sicherheitenpool im Insolvenzfall des Emittenten sicherstellt.

Die Landesbank Berlin (LBB) ist eine aktive Pfandbriefbank, die Pfandbriefe in regelmäßigen Abständen emittiert und mit den Stärken und Schwächen des Produktes vertraut ist. Durch ihre Einbindung in den Sparkassensektor sind ihr gleichfalls die Bedürfnisse und Schwierigkeiten kleiner Kreditinstitute bei der Refinanzierung bekannt. Die günstige Möglichkeit durch die Begebung von Pfandbriefen bleibt diesen kleinen Instituten verschlossen - die geringen Volumina ihrer Immobilienportfolios rechtfertigen den Aufwand nicht, den die Transaktion verursachen würde.

Pool-Pfandbriefe nicht immer eine Alternative

Als Alternative bietet sich den kleinen Instituten noch die Möglichkeit, geeignete Kreditbestände an ein größeres Institut zu übertragen, das gegen die so gesammelten Portfolios dann wiederum einen Pfandbrief emittiert. Auf diese Weise könnten die kleinen Kreditinstitute mittelbar am Pfandbriefmarkt partizipieren. Das ursprüngliche Hindernis - der unverhältnismäßige Zeit- und Kostenaufwand der Übertragung von grundpfandrechtlichen Sicherheiten - sollte das Refinanzierungsregistergesetz von 2005 weitgehend beseitigen, auch wenn es durch die hohen Informationsanforderungen neue Hürden schaffte.

Es blieb nur eine Schwachstelle: Nicht jedes kleine Institut hat Interesse an einer Bilanzverkürzung durch einen Verkauf seiner Kreditforderungen. Welche Struktur bietet also die günstige Refinanzierung auf Basis der Immobiliendarlehen und vermeidet zugleich eine Herabsetzung der Bilanzsumme? Die Idee einer Forderungsleihe (sogenannte Besicherungsvariante), nach Bedarf kombiniert mit einem Refinanzierungsdarlehen (in der sogenannten Refinanzierungsvariante), war geboren.

Aussonderungsrecht versus Absonderungsrecht

"Daheim Nr. 1" basiert auf einem Poo-ling-Gedanken: Die LBB strukturierte eine Anleihe der Landesbank, die unmittelbar (in der Besicherungsvariante) oder mittelbar (in der Refinanzierungsvariante) durch Forderungsportfolios kleiner Kreditinstitute gedeckt ist, die jedoch in Form der Sicherheitengewährung und nicht eines Verkaufs übertragen sein sollten. Aus insolvenzrechtlicher Sicht war damit auch entschieden, dass die Investoren einer solchen Anleihe nicht in den Genuss von Aussonderungsrechten im Falle der Insolvenz der Landesbank oder der beteiligten, kleinen Institute kommen konnten.

Aussonderungsrechte bleiben den Gläubigern vorbehalten, die aufgrund dinglicher Rechte geltend machen können, dass der betroffene Gegenstand nicht Teil der Insolvenzmasse ist. Gewährt ein Schuldner einem Gläubiger nur eine Sicherheit an einem Gegenstand (im Gegensatz zur Übertragung in Form eines sogenannten True Sale), so gehört dieser Gegenstand im Falle der Insolvenz des Schuldners zur Insolvenzmasse. Der Gläubiger hat jedoch einen Anspruch auf vorrangige Befriedigung aus diesem Gegenstand. Das deutsche Insolvenzrecht kennt damit zwei Arten des Insolvenzvorrangs: Neben dem Aussonderungsrecht, das dazu führt, dass der Gegenstand als solches bereits nicht zur Insolvenzmasse gehört, auch noch das Absonderungsrecht, das die bevorzugte Befriedigung aus dem betroffenen Gegenstand sicherstellt.

Beide Rechte gewähren also "insolvenzfeste" Ansprüche der jeweiligen Gläubiger. Im Falle der Aussonderung erhält der Gläubiger den betreffenden Gegenstand als solchen von dem Insolvenzverwalter und ist anschließend darin frei, wie er mit ihm weiter verfahren möchte. Diese Freiheit besitzt der Gläubiger eines Absonderungsrechts nicht. Er ist auf die Verwertung des Gegenstandes durch den Insolvenzverwalter angewiesen und hat anschließend Anspruch darauf, den daraus erzielten Erlös abzüglich der Gebühren des Insolvenzverwalters bis zur Höhe seines Anspruchs gegen den Schuldner ausgezahlt zu erhalten.

Für das angestrebte Aaa-Rating der Anleihe der Landesbank bedeutete diese notwendige Konsequenz weiteren Strukturierungsaufwand: Die Anleihestruktur muss geeignet sein, den drohenden Zeitverlust aufzufangen, der durch das Warten auf die Verwertung des Insolvenzverwalters entstehen kann. Die Struktur muss ferner auch die dem Insolvenzverwalter zustehenden Gebühren abdecken. Die "Daheim Nr. 1"-Anleihe berücksichtigt daher die Insolvenzverwalterkosten bereits bei der Ermittlung der notwendigen Übersicherung. Der potenzielle Zeitverlust bei der Realisierung der Anleihesicherheiten im Falle der Insolvenz eines beteiligten Kreditinstituts wird durch ein gestuftes System von Ratingtriggern und steigenden Anforderungen an die Sicherheitenstruktur adressiert.

Nicht mit Pfandbriefen vergleichbar

Wer die Frage beantworten möchte, ob die Anleihe wirtschaftlich betrachtet dem Investor eine vergleichbare Sicherheit wie ein Pfandbrief bietet - und diese Frage stand zunehmend im Zentrum der öffentlichen Diskussion -, darf also nicht bei einer rein insolvenzrechtlichen Betrachtung stehen bleiben. Rein insolvenzrechtlich steht das Aussonderungsrecht des Pfandbriefes gegen das Absonderungsrecht der "Daheim Nr. 1"-Anleihe. Um das von Moody's angekündigte Aaa-Rating nachvollziehen zu können, muss man sich daher die Mühe machen, die Sicherheitenstruktur der Anleihe näher zu analysieren.

Die "Daheim Nr. 1"-Anleihe sieht eine Vielzahl von Sicherungsmechanismen vor, die entweder bei einer Verschlechterung des Ratings der LBB oder bei der Verschlechterung des Ratings eines als Sicherheitsgeber beteiligten Kreditinstitutes eingreifen. Die Refinanzierungsvariante hat dabei gegenüber der Besicherungsvariante den Vorteil, dass sie drei potenzielle Liquiditätsebenen enthält:

(1) die primäre Haftung der LBB für die Anleihe,

(2) die Liquidität aus den Rückzahlungen des beteiligten Kreditinstitutes auf das ihm gewährte Refinanzierungsdarlehen und

(3) die zur Besicherung dieses Refinanzierungsdarlehens abgetretenen Kundendarlehen.

Bei der Besicherungsvariante fehlt die zweite Ebene, weshalb die Struktur für diese Variante strengere Maßstäbe vorsieht (unter anderem den Aufbau einer Barreserve) als für die Refinanzierungsvariante. Von den vielfältigen Sicherungsmechanismen auf den unterschiedlichen Ebenen sollen hier nur die wesentlichsten dargestellt werden.

Fällt das Rating der Landesbank Berlin auf ein festgelegtes Niveau, muss sie eine Barreserve auf einem Treuhandkonto einrichten, die einen vollen Jahreszins auf den Teil der Anleihe abdeckt, der durch die "Forderungsleihe" besichert ist (sofern die gesamte Anleihe auf der Besicherungs- und nicht auch auf der Refinanzierungsvariante basiert: einen vollen Jahreszins). Durch diese Barreserve werden zeitliche Verzögerungen im Falle einer Insolvenz der LBB abgefedert.

Für den durch die Finanzierungsvariante abgedeckten Teil der Anleihe ist eine solche Reserve nicht im gleichen Maße erforderlich. Denn hier steht Liquidität aus den Zahlungen der teilnehmenden kleinen Kreditinstitute auf die ihnen gewährten Darlehen zur Verfügung, die ab Erreichen desselben Ratingtriggers auf ein Treuhandkonto laufen. Guthaben auf diesem Konto dürfen der Landesbank Berlin nicht mehr ausgezahlt werden, sobald sie Zahlungen an Investoren nicht mehr planmäßig leistet.

Treuhandkonto

Zudem hat die Landesbank ab diesem Trigger der Ratingagentur Informationen zu liefern, die eine strengere Überwachung gestatten sollen. Bei einer weiteren Verschlechterung der Bonität der LBB muss diese sowohl die Überwachung der bei den kleinen Kreditinstituten vorhandenen Datenqualität als auch das Monitoring der Bonität dieser Institute an den Sicherheitentreuhänder beziehungsweise an von diesem bestimmte Dienstleister abgeben.

Sollte die LBB tatsächlich in die Insolvenz geraten, wird grundsätzlich die Verwertung der gestellten Sicherheiten zulässig. Die Verträge erlauben den (weiterhin solventen) Sicherheiten gewährenden Kreditinstituten, in diesem Falle ihre Kunden anzuschreiben und sie anzuweisen, nur noch auf ein Treuhandkonto zu zahlen. Wollen diese Kreditinstitute dies vermeiden, müssen sie ihre Kreditforderungen aus dem Pool "zurückkaufen". Verwertungserlöse werden vom Treuhänder dann nach Möglichkeit so verteilt, als sei eine Insolvenz nie eingetreten, das heißt die Investoren sollen zu den vereinbarten Zeitpunkten Zins- und Rückzahlung erhalten. Die Struktur trifft auch Vorsorge für den Fall, dass sich das Rating der Kreditinstitute verschlechtert, die (mittelbar oder unmittelbar) Sicherheiten gewährt haben. Zu berücksichtigen ist dabei aber stets, dass die LBB in jedem Fall für die Rückzahlung von Zins und Tilgung der Anleihe haftet und die Anleihegläubiger also anders als bei einer MBS-Transaktion nicht ausschließlich auf die Liquidität aus dem Sicherheitenpool angewiesen sind.

Fällt das Rating eines solchen Unternehmens auf eine bestimmte Stufe, muss es regelmäßig Informationen zur Verfügung stellen, die im Interesse der Investoren eine detaillierte, fortlaufende Kreditanalyse sicherstellen sollen. Bei einer weiteren Verschlechterung der Bonität hat das Kreditinstitut die Wahl, entweder die von ihm abgetretenen Kundendarlehen gegen Bar-Ersatzsicherheiten oder liquide Wertpapiere, deren Eignungskriterien genau festgeschrieben sind, auszutauschen oder seine Kunden anzuschreiben und anzuweisen, Zahlungen künftig nur noch direkt an den Sicherheitentreuhänder zu leisten.

Wählt das Kreditinstitut die letzte Variante, wird der Zahlungsstrom auf diese Weise deutlich vor einer Insolvenz eines dieser Kreditinstitute umgelenkt. Aus den Kundenzahlungen wird eine Barreserve in Höhe eines halben anteiligen Anleihe-Jahreszinses aufgebaut, um etwaige Liquiditätsengpässe im Falle der Insolvenz des Kreditinstituts überbrücken zu können. Spätestens ab dem Zeitpunkt der Insolvenz kann das Kreditinstitut keine Auszahlung von Geldern von diesem Treuhandkonto mehr verlangen - auch nicht des Überschusses über den Reservebetrag hinaus. Die so aufgebaute Barreserve steht gegebenenfalls neben der oben beschriebenen Barreserve im Falle einer Verschlechterung des LBB-Ratings.

Dem Kreditinstitut kann selbstverständlich ab einem bestimmten Zeitpunkt auch die Servicing-Funktion entzogen werden. In diesem Falle würde ein Er-satz-Servicer eingesetzt. Ferner werden die Anforderungen an den Forderungspool strenger. Die beschriebene Sicherheitenstruktur ist im Falle der Finanzierungsvariante insoweit noch etwas komplexer, als hier zusätzlich der Anspruch der Landesbank gegen das Kreditinstitut auf Rückzahlung des Refinanzierungsdarlehens an den Sicherheitentreuhänder verpfändet ist.

Mischprodukt zwischen MBS und Pfandbrief

Die Daheim Nr. 1 Anleihe stellt damit, wie alle sogenannten Structured Covered Bonds ein Mischprodukt aus einer MBS-Transaktion und einem Covered Bond dar. Wie die MBS muss sie ohne besondere gesetzliche Grundlage auskommen und daher umfangreiche Sicherungsmechanismen vorsehen. Anders als die MBS und eher vergleichbar zu dem klassischen Covered Bond basiert sie aber nicht auf der Isolierung von Cash-Flows aus Forderungsportfolios in einem Special Purpose Vehikel (SPV). Sie ist vielmehr eine auf besondere Weise gesicherte Anleihe einer operativ tätigen Bank, die sich lediglich einige bewährte Techniken des in Deutschland seit Jahren entwickelten Verbriefungsmarktes zunutze macht.

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