Schwerpunkt Property Management

Neupositionierung von Problembeständen zwei Fallbeispiele aus Berlin

"Schwierige Wohnbestände" sind vor allem durch hohe Leerstände und einen hohen Grad an Mieterfluktuation gekennzeichnet. Für Wohnungsunternehmen stellt sich in diesen Fällen die Frage, wie sie ihre Vermietung verbessern und den Leerstand reduzieren können. Nach Untersuchungen von Prof. Dr. Volker

Eichener vom Inwis Institut kommen für Problembestände je nach qualitativer Ausgestaltung von Immobilie und Lage, Infrastruktur sowie sozialer Position drei Strategien in Frage: die kombinierte Revitalisierung - bestehend aus technischen Investitionen und Quartiersmanagement -, das Halten des Bestandes unter Erhaltung des preiswerten Wohnraums oder die Deinvestitionsstrategie beziehungsweise der Abriss.

Im Falle einer Revitalisierung spielt die Entwicklung von Konzepten eine wichtige Rolle. Dazu werden Probleme, Chancen und Risiken analysiert, aber auch Stärken und Alleinstellungsmerkmale des Wohnbestandes identifiziert. Anschließend werden Leitbilder und Ziele definiert. Leitbilder, nach denen Quartiere umgewandelt werden sollen, können beispielsweise die eines Szenequartiers, eines Studentenviertels, eines urbanen Erlebniszentrums oder eines multikulturellen Milieus sein. Zur Erreichung dieser vorab definierten Ziele werden dann entsprechende Maßnahmen entwickelt. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, durch professionelles Know-how und entsprechende Anpassungen wie Sanierung, verbesserte Marketing-Aktivitäten oder Umbau und Umwidmung die Problembestände unter vertretbarem Kostenaufwand neu zu positionieren und so eine bessere Vermarktung zu erzielen.

Vom Problemviertel zum Vorzeigekiez

Zwei Beispiele aus dem Bestand der GSW zeigen, wie Problembestände durch erfolgreiche Neupositionierung in "Vorzeigekieze" umgewandelt werden können. Mit ihren derzeit rund 65000 vermieteten und verwalteten Wohnungen in Berlin richtet sich die GSW insbesondere an Mieter im mittleren und niedrigen Einkommensbereich.

Das "Volksparkviertel Lichtenrade" in Berlin ist ein Beispiel für erfolgreiches Wohnanlagen-Branding. Die 2007 von der GSW erworbene Wohnanlage aus heute 865 Wohnungen, 41 Gewerbeeinheiten und 186 Kfz-Stellplätzen wies anfangs eine Leerstandsquote von über 25 Prozent auf. Zielsetzung der GSW war es, den Leerstand deutlich zu reduzieren, eine möglichst geringe Mieterfluktuation zu erzielen und den Anteil an Mietern der "bürgerlichen Mitte" zu stärken. Dazu wurden ein neues Design und ein neues Serviceangebot für die Wohnanlage konzipiert. Im Rahmen einer Umfeld- und Objektanalyse wurden unter anderem Gebäude, Infrastruktur, Lage und Mieten in der Anlage untersucht. Hinsichtlich der Mieter führte die GSW eine Analyse der Bewohnerstruktur sowie eine Zielgruppenbestimmung und -analyse durch und ermittelte die Bedürfnisse der Bewohner. Auf dieser Grundlage wurden für die Wohnanlage eine Marke und ein neues Design kreiert. Die GSW setzte Maßnahmen um, die ein neues Image schaffen und unter den Mietern eine Identifikation mit ihrer Siedlung aufbauen sollten. Dazu gehörten beispielsweise Aktivitäten wie Branding, ein Internetauftritt für die Anlage, Werbe- und Sponsoringmaßnahmen wie auch eine erhöhte Sauberkeit, Sicherheit und eine verbesserte Beleuchtung. Zudem wurden Sondervermietungsaktionen wie Wochenendvermietungen und "Mieter-werben-Mieter"-Aktionen durchgeführt. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor während der Neugestaltung der Wohnanlage war die aktive Einbeziehung der Mieter in den gesamten Prozess. Sie beteiligten sich im Rahmen von Befragungen, Kiezrunden und Veranstaltungen beispielsweise an der Konzeption eines zusätzlichen Serviceangebots und eines neuen Namens für ihre Siedlung, der im Rahmen eines abschließenden großen Namensfestes bekannt gegeben wurde. Die Gesamtkosten für die neue Positionierung des "Volksparkviertels Lichtenrade" setzen sich aus 10000 Euro Konzeptionskosten sowie Investitionen in Produktion, Media und Incentives von 240000 Euro zusammen. Diesen Ausgaben steht eine Reduzierung des Leerstands auf zur Zeit rund neun Prozent gegenüber.

Partner gewinnen

Auch das City Village in Lichterfelde Süd war vor Beginn der Neupositionierung 2007 durch hohe Leerstands- und Fluktuationsraten von je zwölf Prozent gekennzeichnet. Hier herrschten prekäre Verhältnisse vor und Bewohner fühlten sich in zunehmendem Maße von Vandalismus und einsetzender Jugendkriminalität belästigt. Die GSW setzte sich auch hier eine Reduzierung von Leerstand und Fluktuation zum Ziel. Zudem strebte sie eine Erhöhung der Bestandsmieten von 5,45 Euro bis zur Kappungsgrenze von 5,75 Euro pro Quadratmeter an, die durch Erhalt und Aufwertung der bestehenden Anlagen und Gebäude erreicht werden sollte.

Nach einer ausgiebigen Analyse des Quartiers begann die Neugestaltung und Überarbeitung des Außen- und Innenbereichs der Anlage. Zudem wurden Maßnahmen wie die Aufwertung von Sanitäranlagen, eine verbesserte Beleuchtung und die Aufstellung eines Aktivitätenprogramms durchgeführt. Ergänzend wurden zwei Musterwohnungen zur Ansicht für Mietinteressenten eingerichtet. Um die ungünstige Mietersituation zu verbessern, die das Kernproblem für Leerstand und Fluktuation bildete, stellte die GSW diesmal einen Initiator. Dieser hatte die Aufgabe, die Kommunikation unter den Bewohnern zu fördern, um so für ein besseres Verständnis innerhalb der Mieterschaft zu sorgen und Konflikte abzubauen.

In Aktionen und Kiezfeste wurde neben der Mieterschaft auch das Nachbarschaftszentrum Steglitz aktiv eingebunden. Um Lärmbelästigung und Vandalismus durch Jugendgruppen zu unterbinden, wurde zudem ein Sicherheitskonzept aufgestellt. Sicherheitspersonal war in Schwerpunktzeiten acht Stunden täglich im Einsatz, was Kosten von 6 000 Euro brutto pro Monat verursachte. Diesen Kosten stehen allerdings Effekte wie eine Verbesserung des Images aufgrund der gesteigerten Sicherheit und Kosteneinsparungen durch mehr Ordnung, Sauberkeit und die Verminderung von Vandalismusschäden gegenüber. Die Aufstellung von Regeln soll das Zusammenleben erleichtern und Akzeptanz und Zusammenhalt innerhalb der Bewohnerschaft stärken.

Die Kosten für den Neupositionierungsprozess beliefen sich auf 25 000 Euro für die Analyse, 31 000 Euro für die Produktpositionierung und 150 000 Euro für die Produktentwicklung. Mit diesen Investitionen konnte der Wohnungsleerstand von fast zwölf Prozent Ende 2007 auf 4,7 Prozent Ende 2009 gesenkt werden. Zudem passte die GSW die Quadratmetermiete von 5,45 Euro 2007 auf 5,59 Euro 2009 an.

Eine Verbesserung von Wohnumfeld und Wohnsituation kann generell auch durch Mieterworkshops erzielt werden. Dabei sollten sämtliche Interessengruppen, wie zum Beispiel Mieter, Vermieter, Kirchengemeinden, Schulen oder Nachbarschaftszentren, einbezogen werden, um die momentane Situation durch gemeinsames Handeln zu verbessern. Themen und Bereiche des täglichen Wohnens, die nach Ansicht der Interessengruppen im derzeitigen Zustand nicht zufriedenstellend sind, sollten möglichst schon im Vorfeld bestimmt werden und als Programmpunkte in die Workshops einfließen. Dort sollten dann klare Ziele definiert und Fristen sowie Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche vereinbart werden. Der Stand der Erreichung der in den Sitzungen vereinbarten Ziele sollte allen Workshopteilnehmern regelmäßig kommuniziert werden.

Dialog mit den Mietern

Die beiden Beispiele "Volksparkviertel Lichtenrade" und "City Village" zeigen, dass keine Universallösung für eine Neupositionierung von Problembeständen existiert und auch nicht existieren sollte. Vielmehr sind individuelle Konzepte zu entwickeln, welche auf Analysen der Ausgangssituation basieren und nur dadurch am Kern des bestehenden Problems ansetzen. Dennoch gibt es einige Punkte, die generell beachtet werden sollten.

Dazu gehört die Einbeziehung der Bewohner sowie nachbarschaftlicher Interessengruppen in den gesamten Umgestaltungsprozess. Dies ist wichtig, um eine Einstellungsänderung hinsichtlich der Wohnanlage und des Umfelds hervorzurufen. Ziel ist es schließlich, eine Marke für die Siedlung zu entwickeln, mit der sich die Bewohner identifizieren können. Wohnunternehmen sollten zudem auch direkt vor Ort Initiative zeigen. Auf diese Weise können Leerstand und Mieterfluktuation von Problembeständen in vielen Fällen mit einer erfolgreichen Neupositionierung bekämpft werden.

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