Ausland

Das Notariat in Frankreich - Aufgaben und Haftung bei Grundstücksgeschäften

Aktuell gibt es in Frankreich (einschließlich der Überseegebiete) mehr als 9000 Notare und über 4500 Notariate. Die Notare sind als Freiberufler meist in Gemeinschaftspraxen in Form einer SCP (société civile professionelle) zusammengeschlossen. Über deren Gründung, Übertragung und Schließung wacht eine Kommission, die commission de localisation des offices de notaire (CLON), welche ihre Empfehlungen insoweit gegenüber dem Justizminister ausspricht. Die CLON ist mit acht Mitgliedern besetzt, vier davon stellen die Notare, unter anderem den Präsident des conseil supérieur du notariat. Das Tätigkeitsgebiet des Notars ist räumlich nicht eingeschränkt, er darf im gesamten französischen

Staatsgebiet tätig sein (außer den Überseegebieten). Ist er hingegen nur beratend tätig, darf er seine Mandanten auch ins Ausland begleiten. Die Notariate erkennt man an den goldenen Amtsschildern mit dem Emblem der Freiheit als Zeichen der Republik, welches an den Häusern angebracht ist.

Der Notar ist officier public, Träger eines öffentlichen Amtes, und als solcher mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet. Die ordonnance n° 45-2590 vom 2. November 1945 definiert die notarielle Tätigkeit wie folgt: "Les notaires sont les officiers publics, établis pour recevoir tous les actes et contrats auxquels les parties doivent ou veulent faire donner le caractère d'authenticité attaché aux actes de l'autorité publique, et pour en assurer la date, en conserver le dépôt, en délivrer des grosses et expéditions."

Qualifikation und Organisation

Die Selbstverwaltung der Notare ist hierarchisch organisiert: In jedem Département gibt es eine Notarkammer (Chambre des notaires), insgesamt 80 an der Zahl, bei jedem Berufungsgericht (cour d'appel, vergleichbar dem OLG) einen Conseil régional des notaires, insgesamt 33, und beim Justizministerium einen Conseil supérieur du notariat. Die Notarkammern befassen sich unter anderem mit Beschwerden und Schadensersatzforderungen Dritter gegen Notare infolge ihrer Amtsausübung, die Conseils regionals auch mit der Abnahme der Notarexamina und mit Disziplinarmaßnahmen und der Conseil supérieur vertritt den Berufsstand gegenüber staatlichen Stellen. Die Notarkammer von Paris umfasst die Départements Paris, Seine-Saint-Denis und Val-de-Marne mit 705 Notaren und 5000 Mitarbeitern, welche sich auf 246 Notariate verteilen.

Seit 1891 findet einmal jährlich der "Congrès des notaires de France" statt, der sich mit bedeutsamen Fragestellungen und aktuellen Themen beschäftigt und so zur Verbesserung der juristischen Praxis, dem Aufdecken von Gesetzeslücken und der Rechtsentwicklung beiträgt. Seine Vorbereitung dauert bis zu zwei Jahren und die Ausarbeitungen werden in einer entsprechenden Dokumentation zusammengestellt.

Neben diesen Organisationseinheiten sind noch die Cridon (Centre de recherche, d'information et de documentation notariales) von Bedeutung, von denen es fünf in Frankreich gibt, die mit Juristen verschiedener Fachgebiete besetzt sind. Sie sind für die Dokumentation, Informationsbeschaffung und -verteilung wichtig und beantworten Anfragen der Notare zu juristischen Fragestellungen. Die Stellungnahmen eines Cridon haben keinen bindenden Charakter, werden aber in der Regel befolgt.

Die Ausbildung zum Notar dauert mindestens sieben Jahre. Nach einem 4-jährigen, erfolgreich abgeschlossenen Jurastudium schließt sich ein weiteres Jahr entweder an der Universität oder bei einem Centre de formation professionelle notarial (CFPN) an. Im Anschluss ist eine 2-jährige Stage bei einem Notar und Besuch einer CFPN zu absolvieren bevor man den Status notaire assistant erreicht. Auch Quereinsteiger aus anderen juristischen Berufsgruppen ist der Zugang zum Notariat eröffnet, sofern sie ausreichende Berufserfahrung nachweisen können (zum Beispiel Rechtsanwälte, Jura-Professoren, Gerichtsvollzieher).

Die Ernennung zum Notar erfordert eine zusätzliche Ausbildung im Hinblick auf die Führung eines Notariats. In der Praxis liegen zwischen Abschluss der Ausbildung und Ernennung zum Notar mindestens drei bis fünf Jahre, meist sogar ein wesentlich längerer Zeitraum. Die Ernennung erfolgt zum angestellten oder selbstständigen Notar, sei es als notaire individuel oder associé. Der Kandidat kann als Nachfolger eines Notars oder als Teilhaber benannt werden oder sich auf eine freie oder neu geschaffene Stelle bewerben. Die Schaffung neuer Stellen erfolgt restriktiv. Für die Anzahl der Notariate gilt ein numerus clausus.

Die Notare werden vom Justizminister ernannt. Die Ernennung erfolgt außer in Alsace-Moselle, wo eine Altersgrenze von 70 Jahren gilt, auf Lebenszeit. Die Notare können sich in einer Bürogemeinschaft, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (welche in Frankreich eine juristische Person ist) oder einer GmbH, AG beziehungsweise einer KGaA zusammenschließen. Zudem besteht die Möglichkeit, als angestellter Notar tätig zu sein. Anwaltsnotare gibt es in Frankreich nicht.

Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 24. Mai 2011 ist die Staatsangehörigkeit als Zugangsvoraussetzung zum Notariat aufzuheben. Dies hat Frankreich mit Dekret n° 201 161309 vom 17. Oktober 2011 umgesetzt, sodass auch EU-Bürgern der Zugang zum Notariat in Frankreich eröffnet ist.

Tätigkeiten

Das Haupttätigkeitgebiet des Notars ist die Beurkundung von Verträgen und die Beratung seiner Mandanten. Als Generalist ist er in Frankreich nicht nur im Beurkundungsverfahren ein allumfassender Ratgeber in Rechts- und Steuerfragen. Er ist - wie auch in Deutschland (vergleiche § 14 Abs. 1 S. 2 BNotO) unparteiisch und trägt für die Erstellung eines ausgeglichenen Vertragsinhalts Sorge. Schwerpunkt der notariellen Tätigkeit ist das Immobilienrecht, welches per Mai 2011 mit 49 Prozent zum Umsatz beigetragen hat, gefolgt vom traditionellen Erb- und Familienrecht mit 26 Prozent. In Paris ist der Immobilienanteil wesentlich höher und dürfte sich in einer Größenordnung von drei Vierteln des Umsatzes bewegen.

Das französische Erbrecht kennt, ebenso wie das deutsche Recht, neben dem privatschriftlichen das notarielle Testament, wobei Ersteres bei Weitem überwiegt. Bei beiden Arten von Testamenten kann über den Notar deren Eintragung in das "fichier central des dispositions de dernières volontés" (FCDDV) betrieben werden. Es gibt Auskunft über Existenz und Datum der Hinterlegung eines Testaments sowie den verwahrenden Notar und erleichtert so das Auffinden des Letzten Willens. Bei beiden Formen des Testaments ist dieses dem Notar im Erbfall vorzulegen, der für die Vollstreckung von Testamenten verantwortlich ist.

Auch ist es Aufgabe der Notare, den dem deutschen Erbschein vergleichbaren acte de notorité auszustellen, mit welchem sich der beziehungsweise die Erben als solche legitimieren. Zudem erstellt er die für die Erbschaftssteuer erforderliche déclaration de succession im Falle von Vermögen über 50000 Euro. Diese ist innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Eintritt des Erbfalls vorzulegen. In der Praxis wird auch innerhalb dieses Zeitrahmens die Entscheidung über Annahme respektive Ausschlagung der Erbschaft getroffen, auch wenn das Gesetz insoweit eine längere Frist vorsieht. Ist Immobilienvermögen vorhanden, so erstellt der Notar eine sogenannte attestation immobilière und beantragt die Eigentumsumschreibung beim Grundbuchamt. Das gemeinschaftliche Testament ist dem französischen Recht unbekannt. Der Erbvertrag (pacte sur succession future) ist grundsätzlich verboten.

Jeder Schenkungsvertrag (donation) bedarf zu seiner Wirksamkeit ebenfalls notarieller Beurkundung. Diese ist vom Notar persönlich vorzunehmen und darf nicht auf einem Mitarbeiter übertragen werden. Die Handschenkung ist allerdings formfrei zulässig. Bei Scheidungen erstellt der Notar den état liquidatif über das gemeinsame Vermögen, welcher im Falle von Immobilienvermögen obligatorisch ist. Können sich die Ehegatten nicht über die Vermögensaufteilung einigen, so bestellt das Gericht im Falle einer streitigen Scheidung über die jeweilige Notarkammer einen Notar, der die Aufteilung nach ausgesprochener Scheidung vorzunehmen hat.

Die Aktivität der Notare im Gesellschaftsrecht ist weniger bedeutsam als in Deutschland. In Deutschland sind dem Notar durch den Urkundszwang bei bestimmten Geschäften bedeutende Aufgaben bei Kapitalgesellschaften und bei Umwandlungen zugewiesen. So ist etwa der Gesellschaftsvertrag einer GmbH oder Aktiengesellschaft notariell zu beurkunden (§ 2 GmbHG, § 23 Abs. 1 S. 1 AktG). Bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist auch die Geschäftsanteilsabtretung notariell zu beurkunden (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Bei der Aktiengesellschaft ist im Regelfall über die Niederschrift der Hauptversammlung ein notarielles Protokoll aufzunehmen (§ 130 AktG). Bei Umwandlungen (Verschmelzungen, Spaltungen, Formwechsel, Vermögensübertragung) ist nach dem Umwandlungsgesetz die notarielle Beurkundung vorgeschrieben. Die notarielle Beurkundung ist ein Element der Richtigkeitsgewähr und führt zu einer Entlastung der Gerichte, sodass ihr volkswirtschaftlicher Nutzen nach den vorliegenden statistischen Erhebungen erheblich ist.

Bei Gründung von Gesellschaften ist in Frankreich im Gegensatz zum deutschen Recht die Mitwirkung eines Notars nicht erforderlich, sofern keine Immobilien in die Gesellschaft eingebracht werden. Die Handelsgesellschaften (sociétés commerciales), zu denen nicht nur Kapitalgesellschaften sondern auch OHG und KG gehören, erlangen Rechtspersönlichkeit mit Eintragung in das Handelsregister (RCS, Registre du commerce et des sociétés), welches beim jeweiligen Handelsgericht geführt wird. Die im Rahmen des Anmeldeverfahrens vorzulegende Satzung bedarf nicht der notariellen Beurkundung; Unterschriftenproben der gesetzlichen Vertreter in beglaubigter Form werden nicht verlangt.

Allerdings haben die Notare die Vertretungsberechtigung der handelnden Personen bei Beurkundungen peinlich genau zu prüfen, da sie nicht als "Dritte" gelten, die sich allein auf die Registereintragungen verlassen können (Art. L. 123-9 Code de Commerce, für Deutschland § 21 BNotO). Hinzu kommt, dass das französische Recht keine "Prokura" kennt. Da auch in Frankreich die gesetzlichen Vertreter einer Gesellschaft üblicherweise weiteren Personen Vertretungsvollmacht (délégation du pouvoir oder mandat) erteilen, obliegt es dem Notar, deren Wirksamkeit zu überprüfen. Auch Umwandlungen können ohne Beteiligung eines Notars erfolgen.

Darüber hinaus umfasst die notarielle Tätigkeit auch die Beratung der Kommunen auf den Gebieten des öffentlichen Bau- und Planungsrechts.

Immobilienrecht

Wie bereits erwähnt liegt der Tätigkeitsschwerpunkt der Notare im Immobilienrecht. Alle Urkunden und Rechte, welche im Grundbuch eingetragen werden sollen, bedürfen laut Code Civil (CC) zu diesem Zweck der notariellen Beurkundung (Art. L. 710-1 CC, Art. 4 Décret n° 55-22 vom 4. Januar 1955), wie der Grundstückskaufvertrag. Für einige Akte ist die Beurkundung darüber hinaus sogar Wirksamkeitserfordernis, insbesondere bei der Hypothekenbestellung (Art. L. 2416 CC), Subrogation (Art. L. 1250 n° 2 CC) und Löschung (Art. L. 2441 CC). Umgekehrt ist die Erteilung einer Vollmacht zwecks Hypothekenbestellung zulasten einer zum Vermögen einer Gesellschaft gehörenden Immobilie in nur privatschriftlicher Form zulässig (Art. L. 1844-2 CC).

Eintragungen im Grundbuch haben keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Wirkung. Die Eintragung bewirkt Drittwirksamkeit und Rangwahrung. Das französische Recht kennt kein Abstraktionsprinzip, ein Recht entsteht beziehungsweise geht mit Abschluss des entsprechenden Vertrags über.

Auf Basis der von den Notaren zur Verfügung gestellten Verkaufszahlen veröffentlicht die Notarkammer Paris vierteljährlich einen Preisspiegel für Häuser und Wohnungen, die älter als fünf Jahre sind. Dieser basiert auf der auch von staatlichen Stellen anerkannten Datenbasis BIEN (Base d'informations economiques notariales), die unter anderem zur Ermittlung des Index "Notaires - INSEE" (INSEE ist mit dem Statistischen Bundesamt vergleichbar) bezüglich der Entwicklung der Immobilienpreise in der Ile de France herangezogen wird. Diese Datenbasis erfasst alle Assetklassen, ist aber nicht allgemein zugänglich.

Außerhalb von Paris und der Ile de France werden die entsprechenden Informationen in der Datenbank "PERVAL" zusammengestellt. Basierend auf diesen Informationen gibt es Notare, die Wertermittlungen vornehmen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, über seinen Notar eine Bewertung einer Immobilie von den bei der Notarkammer angesiedelten Gutachtern vornehmen zu lassen. Auch organisieren die Notare über ihre Notarkammer (freiwillige) öffentliche Versteigerungen, meist von Wohnraum und kleineren Ladenlokalen. Diese finden bei der Pariser Notarkammer jeden Dienstag statt.

Die wichtigsten Aufgaben des Notars ergeben sich aus der ordonnance von 1945. Neben der Beurkundung gehört hierzu die Verwahrung der Originale (minutes) für einen Zeitraum von 100 Jahren. Eine Bank erhält als Inhaber der Darlehensforderung eine vollstreckbare Ausfertigung des Originals, der Käufer einer Immobilie eine beglaubigte Abschrift des Kaufvertrags (copie authentique, expedition), welche ihm als Eigentumsnachweis dient.

Eintragungen im Grundbuch dürfen ausschließlich von Notaren beantragt werden. Grundlage sind, neben Urteilen und Urkunden der Verwaltungsbehörden, nur die von französischen Notaren erstellten Urkunden (Art. L. 770-1 CC). Zwecks Dematerialisierung der Korrespondenz mit den Grundbuchämtern besteht seit 2006 die Möglichkeit, Eintragungen online zu beantragen, mittels des Systems "Télé@ctes". Dieses Kommunikationsmedium steht den Notaren aktuell wahlweise zur Verfügung und ist (noch) nicht obligatorisch. Die Nutzung setzt die Einhaltung diverser Formalia bereits im Stadium der Erstellung der Urkunde voraus.

Die Notare trifft eine umfassende Prüfungspflicht hinsichtlich der Rechtslage der betroffenen Immobilie und sie sind verantwortlich für Wirksamkeit und Durchführbarkeit des Inhalts der von ihnen erstellten Urkunden. Dies gilt prinzipiell unabhängig davon, ob der Mandant neben dem Notar auch einen Rechtsanwalt zwecks Vorbereitung und Verhandlung der Verträge eingeschaltet hat.

Die Situation der Immobilie betreffend Eigentum und Belastungen verfolgt der Notar 30 Jahre zurück. Die insoweit erforderlichen Unterlagen fordert er beim Grundbuchamt an respektive werden sie unter den Notaren ausgetauscht. Es müssen die gesamten Kaufverträge und die sonstigen das Eigentum betreffenden Dokumente durchgesehen werden. Dieser Prüfungszeitraum ist auf die Verjährungs- beziehungsweise Ersitzungsregel des Art. L. 2272 Abs.1 CC zurückzuführen. Der Notar ist somit der Garant für die Richtigkeit des Grundbuchs. Das illustriert auch die Eintragung einer Hypothek. Die Hypothekenbestellungsurkunde wird, anders als der Kaufvertrag, nicht dem Grundbuchamt übermittelt. Vielmehr erhält dieses lediglich einen formalisierten Eintragungsantrag (bordereau), aus welchem sich lediglich die für die Eintragung erforderlichen Informationen ergeben. Eintragungen im Grundbuch genießen anders als in Deutschland keinen öffentlichen Glauben.

Diverse Besonderheiten bezüglich des Grundbuchrechts gelten in Alsace-Moselle. Das Grundbuch (livre foncier) wird dort wie in Deutschland bei den Amtsgerichten geführt, wohingegen es (conservation des hypothèques) im übrigen Frankreich bei der jeweiligen Direction Générale des Impôts (Steuerbehörde) angesiedelt ist.

Das Grundbuchamt darf in Deutschland Anträge der Beteiligten (§ 13 GBO) nur dann eintragen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Eintragung geprüft sind und ihr Vorliegen festgestellt ist. Das Grundbuchamt hat dabei alle in Betracht kommenden Vorschriften zu beachten. Kommt das Grundbuchamt aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu der Überzeugung, dass eine Eintragung das Grundbuch endgültig unrichtig machen würde, hat es den Eintragungsantrag zurückzuweisen. Hat es aufgrund solcher Anhaltspunkte berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit der Eintragungsunterlagen, so muss es durch eine sogenannte Zwischenverfügung auf die Beseitigung seiner Bedenken hinwirken. Der französische Grundbuchbeamte nimmt keine materielle Prüfung vor, er weist Eintragungsanträge nur bei Formfehlern oder offensichtlicher Unrichtigkeit (réfus de dépot) oder bei Widersprüchen respektive Ungenauigkeiten (réjet de formalité) zurück.

Umfassende Prüfung der Immobilie

Neben der Prüfung der Rechtslage nimmt der Notar eine umfassende Due Diligence des Objekts vor, wobei der Fokus auf der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben liegt. Hierzu gehören insbesondere einredefreie Baugenehmigungen, planungsrechtliche Aspekte (urbanisme), die meist Sicherheitsanforderungen nach sich ziehen, Nutzung (usage), Umweltrecht, Steuern, Teileigentumsregelungen und nicht zuletzt die Bau- und Gebäudeversicherungen. Es obliegt auch dem Notar, der Gebäudeversicherung den Hypothekengläubiger anzuzeigen, sodass dieser im Schadensfalle die Versicherungsleistung erhält.

In der Praxis wird der Darlehensvertrag in Frankreich, auch wenn er anders als die Hypothekenbestellung nicht beurkundungspflichtig ist, notariell beurkundet. Dieser enthält gleichzeitig die Bestellung der Hypothek (die Grundschuld ist dem französischen Recht unbekannt) und gegebenenfalls weiterer Sicherheiten, wie beispielsweise die Kontenverpfändung. Der Darlehensvertrag wird als vollstreckbare Urkunde ausgefertigt und stellt somit einen persönlichen und dinglichen Vollstreckungstitel dar. Eine ausdrückliche Vollstreckungsunterwerfung seitens des Darlehensnehmers findet weder statt noch ist sie erforderlich. Die Hypothek wird für die Dauer des Kredits zuzüglich einem Jahr im Grundbuch eingetragen (Art. L. 2434 Abs. 2 CC).

Der Verkauf einer Immobilie wird klassischerweise wie folgt abgewickelt: Verkäufer und Käufer schließen einen Vorvertrag in Form einer promesse synallagmatique oder unilaterale de vente, in der Regel in notarieller Form. Die Due Diligence der Immobilie wird bereits in dieser Phase vom Notar vorgenommen, von einer Veröffentlichung im Grundbuch wird meist abgesehen, da die Frist bis zum Kaufvertragsabschluss relativ kurz ist. Der Käufer leistet eine Anzahlung (maximal in Höhe von zehn Prozent des Kaufpreises), welche vom Notar als Sequester verwahrt wird und welche bei Nichtzustandekommen des Kaufs als Strafzahlung zugunsten des Verkäufers verfällt.

Mit Unterschrift des Kaufvertrags wird der Käufer Eigentümer des Objekts. Zwecks Drittwirkung veranlasst der Notar die Publikation des Verkaufs im Grundbuch. Der Käufer überweist den Kaufpreis auf das Notaranderkonto seines Notars, welcher ihn bei Vorliegen aller Voraussetzungen an den Notar des Verkäufers weiterleitet. Etwaige Belastungen des Grundstücks werden abgelöst und zur Löschung gebracht. Auch dafür trägt der Notar Sorge.

Das Gesetz gewährt dem Verkäufer zur Sicherung seines Kaufpreisanspruchs ein gesetzliches Privileg (erstrangige Hypothek). Wird dieses innerhalb einer Frist von zwei Monaten zur Eintragung beim Grundbuch angemeldet, so erhält es den Rang vom Tag des Kaufvertrags. Kommt der Käufer seiner Zahlungspflicht nicht nach, so hat der Verkäufer das Recht, die Auflösung des Kaufvertrags zu verlangen (action résolutoire). Diese gesetzlich vorgesehenen Sicherungsmechanismen sind in der Praxis kaum von Bedeutung, da Eigentumsübergang und Kaufpreiszahlung am gleichen Tag Zug um Zug über die Notare abgewickelt werden. Gleichzeitig erfolgt im Regelfall die Unterzeichnung des Darlehensvertrags, da das Darlehen der Kaufpreisbelegung dient und die Bank insoweit durch das privilège de prêteurs de déniers grundpfandrechtlich gesichert werden kann, welches wesentlich kostengünstiger ist als die Vertragshypothek, da die taxe de publicité foncière nicht anfällt.

Vor Beurkundung holt der Notar einen Grundbuchauszug ein, der nicht älter als zwei Monate sein darf. In Deutschland ist eine Einsicht in das elektronische Grundbuch vorgeschrieben (§ 23 BeurkG). Dabei wird regelmäßig ein Ausdruck des Grundbuchs vorgenommen. Reicht der französische Notar seine Urkunde zur Veröffentlichung beim Grundbuchamt ein, so beantragt er gleichzeitig einen neuen Grundbuchauszug, aus welchem auch bereits sein Eintragungsantrag ersichtlich ist. Darüber hinaus ersieht man etwaige Eintragungen, welche in der Phase seit dem letzten Grundbuchauszug erfolgt sein könnten.

Gebühren

Für seine Tätigkeit im Rahmen der Vorbereitung, Verhandlung und Erstellung der in der Anlage zu Art. 19 Dekret vom 19. August 1978 genannten Urkunden erhält der Notar Gebühren (émoluments). Deren Höhe richtet sich nach dem Geschäftswert (Kaufpreis, Kreditbetrag, Hypothek) der jeweiligen Transaktion und ist per Verordnung geregelt. Für sonstige Tätigkeiten, insbesondere Beratung unabhängig von einer Beurkundung, kann das Honorar zwischen Notar und Mandant frei ausgehandelt werden.

Darüber hinaus obliegt es dem Notar, für Rechnung des Staates die im Rahmen einer Transaktion anfallenden Gebühren und Steuern zu berechnen, zu vereinnahmen und weiterzuleiten, wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer, die Gebühr des Grundbuchbeamten, impôt sur la plus value (Wertzuwachssteuer) bei Privatpersonen und die taxe de publicité foncière (Registersteuer). Letztere fällt als größte Kostenposition mit 0,715 Prozent bei Hypothekenbestellungen und mit 5,09 Prozent bei Kaufverträgen für Gebäude älter als fünf Jahre beziehungsweise mit 0,715 Prozent für sonstige Fälle ins Gewicht. Demgegenüber beträgt das Notarhonorar 0,45375 Prozent (inklusive Darlehensvertrag) respektive 0,825 Prozent zuzüglich Mehrwertsteuer von zurzeit noch 19,6 Prozent (21,1 Prozent ab 1. Oktober 2012).

Lassen sich beide Vertragsparteien durch Notare beraten, so erhöhen sich die Kosten der Transaktion dadurch nicht. Vielmehr werden die Gebühren zwischen den Notaren geteilt. Im Regelfall sind Käufer und Verkäufer sowie Darlehensnehmer und Darlehensgeber durch eigene Notare vertreten. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der durch den Notar vorzunehmenden umfassenden Due Diligence der Immobilie und den dem Verkäufer obliegenden Informationspflichten verständlich. Die beteiligten Notare wirken bei der Vorbereitung der Urkunde zusammen, wobei nur einer von ihnen beurkundet. Dies ist in der Regel der Notar des Käufers beziehungsweise des Kreditgebers. Die Notarkosten (frais de notaire), welche auch die Steuern und Grundbuchgebühren umfassen, müssen spätestens bei Beurkundung gezahlt werden. Für die deutschen Notare sind die Gebühren vom Bundesgesetzgeber verbindlich vorgegeben. Es gilt das System der Wertgebühr. Gebührenvereinbarungen sind dem Notar verboten (§ 17 BnotO und § 140 S. 2 KostO).

Haftung

Für Fehler in Ausübung seines Amtes ist der Notar nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen haftbar und gegenüber seinen Mandanten schadensersatzpflichtig. Dieser Anspruch verjährt innerhalb von fünf Jahren ab Kenntnis oder Kennenmüssens der schadensbegründenden Tatsachen. Es bedarf des Nachweises eines schuldhaften Handelns (faute), eines Schadens und der haftungsbegründenden Kausalität.

Jeder Notar ist verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen, Art. 13 Décret vom 20. Mai 1955. Diese Versicherung wird vom Conseil supérieur du notariat für alle Notare als Gruppenversicherung abgeschlossen. Es ist somit stets der Bestand der Versicherung sichergestellt. Die anteiligen Beiträge werden von den Notarkammern bei den Notaren erhoben. Auf diese Versicherung können auch ausgeschiedene Notare für die Zeit ihrer Tätigkeit zurückgreifen.

Neben dieser Individualhaftung besteht die Solidarhaftung aller Notare Frankreichs für von ihren Berufskollegen verursachte Schäden. Diese kollektive Gesamthaft kennt keine andere Berufsgruppe und sie dürfte einmalig sein. Diese funktioniert über ein abgestuftes System auf regionaler (Caisses régionales de garantie) und nationaler (Caisse centrale de garantie mit Sitz in Paris) Ebene, welches durch jährliche Umlagen finanziert wird. Die Einnahmen werden bei der Caisse nationale zentralisiert. Diese übernimmt in Schadensfällen die Verteilung der Gelder und koordiniert und kontrolliert die Tätigkeit der Regionalkassen. Sie unterliegt der Kontrolle des Conseil supérieur du notariat.

Die Caisses régionales versichern sich ebenfalls. Auch insoweit schließt der Conseil supérieur du notariat den Versicherungsvertrag ab. Diese Solidarhaftung deckt Schäden, die von der Individualversicherung nicht gedeckt sind, also insbesondere vorsätzliches Handeln und die Unterschlagung fremder Gelder, Wertpapiere oder Wertgegenstände.

Verursacht ein Notar in Ausübung seiner Tätigkeit bei seinem Mandanten einen Schaden, so greift zunächst seine Berufshaftpflichtversicherung. Deckt diese den Schaden nicht oder nicht vollumfänglich, so tritt die jeweilige Caisse régionale de garantie und sofern erforderlich die Caisse centrale de garantie ein. Sollten auch diese den Schaden nicht decken können, so haftet die Gesamtheit aller französischen Notare persönlich.

In der Praxis wird der Geschädigte seinem Notar im Schadensfalle schriftlich eine Zahlungsaufforderung übermitteln, welche dieser an die zuständige Kammer respektive den zuständigen Conseil régional weiterleitet.

Im Rahmen der mit der Versicherungsgesellschaft regelmäßig stattfindenden Termine wird dieser potenzielle Schadensfall dann erörtert. Die meisten Schadensfälle werden außergerichtlich geregelt. In der Regel gelangen daher lediglich Forderungen vor die Gerichte, die einer Grundlage entbehren. Schadensfälle sind verhältnismäßig selten und seit vielen Jahren trotz der gestiegenen Zahl der Notare stabil. Kommt es doch einmal zum Schadensfall, so betrifft dieser primär das Immobilienrecht.

Gelder der Caisses régionales und Caisse centrale müssen bei der Banque de France oder der staatlichen CDC (Caisse des Dépôts et Consignations) hinterlegt werden. Auch Kundengelder, die der Notar erhält, müssen auf sein (Notaran-der-)Konto bei der CDC eingezahlt werden.

In Deutschland haftet der Notar gemäß § 19 BNotO für Amtspflichtverletzungen. Er muss eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen, mit einer Mindestversicherungssumme von 500000 Euro pro Schadensfall. Allerdings ist eine Haftungsbegrenzung auf eine Million Euro pro Jahr zulässig. Den Notarkammern obliegt es, ergänzende Haftpflichtversicherungen abzuschließen, mit einer Mindestversicherungssumme von 250000 Euro für vorsätzliche Schädigungen und 500000 Euro für sonstige Pflichtverletzungen pro Schadensfall (§ 67 III Nr. 3 BNotO). Da diese Beträge in vielen Fällen unzureichend sind, werden vielfach Sonderversicherungen abgeschlossen.

Monopolstellung mit besonderen Pflichten

Die Monopolstellung des französischen Notars im Immobilienrecht ist mit umfassenden Prüfungspflichten in Bezug auf die Immobilie verbunden. Dem korrespondiert eine unlimitierte Haftung. Die sorgfältige Analyse der rechtlichen Situation der Immobilie ist essenzielle Voraussetzung für die Eintragungen im Grundbuch und die Gewähr für deren Richtigkeit. Das Zusammenspiel zwischen Notaren und Grundbuchämtern gewährleistet den reibungslosen Ablauf der Immobilientransaktionen.

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