Anlagestrategien

Wo opportunistische Anleger jetzt investieren

Etliche opportunistisch agierende europäische Immobilieninvestoren halten derzeit hohe liquide Mittel, die sie in den nächsten Monaten anlegen müssen, um langfristig akzeptable Renditen zu erwirtschaften. Die Mittel stammen vor allem aus bis Mitte 2008 getätigten Immobilienverkäufen oder wurden erst kürzlich allokiert, um von den aktuellen Marktverwerfungen zu profitieren. An welchen Standorten sich Immobilienzukäufe in diesem Jahr am ehesten wieder lohnen, ist jedoch umstritten.

Investoren wünschen sich gerade in Zeiten der Krise, die Risiken möglichst gering zu halten und Immobilien sehr preiswert einzukaufen. Gleichzeitig soll an den Investitionsstandorten eine deutliche Preissteigerung in den nächsten Jahren wahrscheinlich sein. Die zwei europäischen Büroimmobilienstandorte, die diese Bedingungen am besten erfüllen, sind die Niederlande und London.

Niederlande: Schnell aus der Krise

Den Niederlanden macht wie allen anderen europäischen Ländern der zurückgehende Welthandel zu schaffen und die Wirtschaft wird im laufenden Jahr aller Voraussicht nach schrumpfen. Doch das Land weist deutlich bessere Kennzahlen auf als andere europäische Länder. Das niederländische Centraal Planbureau (CPB) erwartet für 2009 einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,75 Prozent. Für den gleichen Zeitraum soll das BIP in der Europäischen Union (EU) nach Angaben der EU-Kommission mit minus 1,8 Prozent mehr als doppelt so stark sinken. Für das Jahr 2010 schätzt die EU-Kommission einen EU-weiten BIP-Zuwachs von 0,5 Prozent. Die Wirtschaft der Niederlande soll laut CPB wiederum besser laufen und doppelt so schnell wachsen.

Vieles spricht deshalb dafür, dass die Niederlande als eines der ersten EU-Länder wieder aus der Krise finden werden. Dabei traf die Krise die Finanzdienstleister der Niederlande ähnlich hart wie die im übrigen Europa. Banken wurden zum Teil verstaatlicht und die Regierung legte einen Garantiefonds auf, der die Kredite absichert, die sich Banken untereinander geben.

Vorteile gegenüber Deutschland: Wenig Schulden, günstige Demografie

Doch einen entscheidenden Vorteil haben die Niederlande nach Ansicht der Wirtschaftsförderungsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland (Germany Trade and Invest - Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing mbH Deutschland) dadurch, dass der Finanzsektor in der niederländischen Wirtschaft keine übermäßige Rolle spielt.

Zudem gibt es starke Finanzreserven im Staatsbudget. Im Jahr 2008 betrug der Finanzsaldo des Staatshaushalts 1,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, während er beispielsweise in Deutschland negativ war. Die positive Bevölkerungsprognose ist ein weiterer Pluspunkt des 16,4 Millionen Einwohner großen Staates. Nach Schätzung des niederländischen Statistikamtes soll die Einwohnerzahl bis 2025 um fünf Prozent zunehmen, die Zahl der Haushalte sogar um elf Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland rechnet das Statistische Bundesamt bis 2025 mit einer sinkenden Bevölkerungszahl und einem Anstieg der Haushaltszahlen von weniger als drei Prozent.

Auch der niederländische Büromarkt profitiert von der vergleichsweise stabilen Wirtschaftslage. Zwar prognostizieren die Experten von CB Richard Ellis für 2009 eine generell fallende Flächennachfrage, sprechen jedoch gleichzeitig von Impulsen, die sich dadurch ergeben werden, dass viele Unternehmen nach neuen, preiswerteren Flächen suchen. Zudem wird 2009 der Anteil sanierungsbedürftiger Büroflächen steigen, was weitere Bewegung am Markt bedeuten könnte.

Für Investoren ergeben sich aufgrund der Rahmenbedingungen

der niederländischen Wirtschaft und des Büromarktes interessante Möglichkeiten. Gegenüber den Büroimmobilien-Höchstpreisen der Jahre 2006/2007 können Anleger heute bis zu 30-prozentige Abschläge erzielen. Vor allem den Einstieg in Amsterdam sollten Investoren prüfen. Der wichtigste Bürostandort der Niederlande verfügt über knapp sechs Millionen Quadratmeter Nutzfläche im Stadtgebiet und 7,4 Millionen Quadratmeter in der gesamten Region. Die Stadt hat nach Brüssel den zweitgrößten Büroflächenbestand innerhalb der Bene-lux-Staaten.

Die Deka-Bank geht davon aus, dass in Amsterdam die Mieten ab 2010 wieder kontinuierlich steigen. Gerade für opportunistisch agierende Anleger lohnt sich deshalb dort das Prüfen von Immobilien. Große Portfolios, die in den vergangenen Jahren gehandelt wurden, können nun wieder stückweise erworben werden.

Einige Private-Equity-Fonds, die in den vergangenen zwei Jahren zwangsweise zu Bestandshaltern geworden sind, benötigen dringend liquide Mittel und versuchen, Büroimmobilienpakete, teilweise mit enormen Preisabschlägen, abzustoßen. Ein weiterer Anreiz für Investoren ist, dass es inzwischen in Holland bei guten Objekten durchaus auch wieder möglich ist, Finanzierungen zu vernünftigen Konditionen zu erhalten.

London: Steigende Renditen, höherer Leerstand

Für London ist dagegen zu erwarten, dass der Aufschwung deutlich später als in den Niederlanden eintritt. Im letzten Quartal 2008 schrumpfte die Wirtschaft nach Angaben von National Statistics Online um 1,5 Prozent. Die Deka-Bank nimmt in ihrem Deka-Immo-bilien-Monitor für die Londoner City an, dass aufgrund der zurückgehenden Nachfrage im Finanzsektor und des hohen Neubauvolumens im laufenden Jahr die Spitzenmieten noch einmal deutlich sinken.

2009 werden dort nach Angaben von Jones Lang Lasalle über 1,4 Millionen Quadratfuß Bürofläche fertiggestellt, 2010 sollen es noch 981 000 Quadratfuß sein. Schon im letzten Quartal 2008 stiegen nach Angaben des Beratungsunternehmens die Renditen auf 6,75 Prozent in der Londoner City und auf 5,25 Prozent in West End. Die Spitzenmieten fielen in der City um 2,5 Prozent auf 58,50 Pfund pro Quadratfuß, in West End sogar um 11,6 Prozent auf im Schnitt 95 Pfund pro Quadratfuß. Der Leerstand wuchs auf 5,6 Prozent in der City und auf 4,7 Prozent in West End.

Trendwende in zwei Jahren erwartet

Ab 2011 rechnet die Deka-Bank wieder mit Mietwachstum. Dass sich der Einstieg in London trotzdem schon in diesem Jahr lohnt, liegt an den massiven Preisabschlägen bei Bürogebäuden: Bis zu 50 Prozent preiswerter als in den Jahren 2006/2007 sind sie jetzt zu haben - das ist ein deutlich höherer Discount als in den Niederlanden.

Zusätzlich vergünstigt der niedrige Pfundkurs die Preise. Auch wenn der Londoner Büroimmobilienmarkt tendenziell eher volatil ist, ist der hohe Preisabschlag deutlich übertrieben. Investoren sind deshalb gut beraten, in den nächsten Monaten verstärkt nach günstigen Einstiegsmöglichkeiten in London Ausschau zu halten - die Preise könnten bald wieder anziehen.

Unabhängig von der Entwicklung der Mieten und des Leerstands haben opportunistische Anleger je nach Investitionsstandort spezifische Erfolgsstrategien. Allgemein für jeden Ort gilt derzeit, dass Investoren im heutigen Marktumfeld ein höheres Interesse daran haben, Immobilien zu erwerben, von denen sie regelmäßige Mietzahlungen erwarten können.

Stabile Zahlungsströme aus Vermietung entscheidend

So sichern sie sich ab gegen eine eventuell länger als erwartet anhaltende Konjunkturflaute, die die Immobilienpreise weiter fallen lassen würde. Ein regelmäßiger Zahlungsstrom gewährt dann zumindest eine Grundsicherung, die zur Bedienung der Darlehen benötigt wird. Projektentwicklungen ohne Vorvermietung sind aus diesem Grund im Moment unattraktiv.

Speziell für die Niederlande gilt, dass dort agierende Investoren entweder ein gutes Vermietungsmanagement mitbringen oder sich diese Expertise durch externe Berater einkaufen müssen. Ansonsten ist es wahrscheinlich, dass sie trotz zu guten Preisen erworbenen Immobilien in den Niederlanden keinen Erfolg haben. Grund ist, dass die niederländischen Büro-Mietverträge in der Regel über drei bis fünf Jahre laufen.

Die Wiedervermietung ist deshalb eine konstante Herausforderung. An den niederländischen Büromärkten liegt durch die kurzen Vermietungszyklen die große Chance darin, in Zeiten einer gut florierenden Wirtschaft schnell von den Vorteilen des Marktes zu profitieren. Wer in den nächsten Monaten dort kauft, kann - sollten die Prognosen zutreffen - in drei oder vier Jahren deutliche Wertsteigerungen realisieren.

Aktives Portfoliomanagement in London eher nebensächlich

Anders ist es dagegen in London: Dort gibt es in der Regel deutlich längere Mietverträge. Investoren können Gebäude mit einem relativ lange gesicherten Cash-Flow einkaufen, die teilweise jedoch zu einem über den derzeitigen Marktbedingungen liegenden Preis vermietet sind. Bei späteren Neuvermietungen bleibt deshalb voraussichtlich nur wenig Spielraum. Erfolg hat hier, wer zum richtigen Preis eingekauft hat. Aktives Portfoliomanagement zu betreiben, ist eher selten möglich.

Neben den allgemein günstigen Einkaufsmöglichkeiten durch die gestiegenen Immobilienrenditen ergeben sich für opportunistische Investoren gute Möglichkeiten durch zu erwartende Notverkäufe, bei denen Immobilien mit einem hohen Nachlass auf den Marktpreis abgestoßen werden. Etliche Unternehmen, die jetzt oder in den nächsten Monaten refinanzieren müssen, werden keine andere Wahl haben, als Immobilien schnell zu verkaufen, um das von Banken verlangte Eigenkapital nachweisen zu können. Diese Einkaufschance werden viele opportunistische Immobilieninvestoren nutzen, für die das laufende Jahr aller Voraussicht nach ein sehr erfolgreiches werden wird.

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