Parteienumfrage

Positionen der Parteien im Wahljahr 2009

CDU: Stärkung des selbstgenutzten Wohneigentums

MdB Dirk Fischer, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag

Die aktuellen Herausforderungen an die Immobilienwirtschaft ergeben sich auch aus den wichtigen Themen der Zeit. Die Bewältigung des Klimawandels und die Änderung demografischer Strukturen sowie die Folgen der Finanzkrisen erfordern auch Anpassungsprozesse der Immobilienwirtschaft. Dabei versucht die Politik einen Rahmen zu setzen, die diesen Anpassungsprozess in die gewünschte Richtung begleitet und den Beteiligten die erforderliche Planungssicherheit gibt.

Maßnahmen zur Energieeinsparung weiter fördern

Mit dem integrierten Energie- und Klimaprogramm hat die Bundesregierung seit 2007 ein dickes und ambitioniertes Paket von Maßnahmen auf den Weg gebracht, das dazu beitragen soll, die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 bis 2020 um rund 40 Prozent zu reduzieren. Auch vom Immobiliensektor wird dazu ein wichtiger Beitrag zu leisten sein. Dies dient dem Klimaschutz und der Einsparung knapper fossiler Ressourcen, verringert die Wohnnebenkosten und ist zusätzlich ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des mittelständischen örtlichen Handwerks.

Mit dem Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz, mit der Novellierung der Energieeinsparverordnung und mit der Novellierung der Heizkosten-Verordnung erfolgt die Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Künftige neue Vorhaben dazu sind auch von der Wirksamkeit der bisherigen Maßnahmen abhängig. Eine weitere Anhebung der Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden ist angestrebt. Dabei muss jedoch das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet werden.

Neben der Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen stellt für uns aber das passgenaue Angebot an Fördermitteln ein wichtiges Instrument zur Erreichung der Klimaschutzziele im Immobilienbereich dar. Mit der massiven Ausweitung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms hat die Bundesregierung die Investitionsvoraussetzungen für viele Gebäudeeigentümer deutlich verbessert. Dieses Instrument soll weiter auf hohem Niveau bereitgestellt werden. Zusätzlich wollen wir aber auch den Einsatz erneuerbarer Energien weiter fördern.

Einbezug der Stadtentwicklung

Darüber hinaus werden die Ziele des Klimaschutzes künftig auch stärker in die Stadtentwicklungspolitik einbezogen. Wir wollen Modellvorhaben zur Beschleunigung der Erschließung von Energieeinsparpotenzialen in innerstädtischen Strukturen durchführen und im Rahmen des erfolgreichen CO2-Gebäudesanierungsprogramms weitere Potenziale zur Energieeinsparung und CO2-Minderung mit gebiets- oder quartiersbezogener Wärmeversorgung erschließen.

Der fortschreitende demografische Wandel wird weiter wachsenden Einfluss auf die Wohnungsbaupolitik beziehungsweise die Städtebauförderung haben. Innerhalb der Großstadtregionen, einschließlich ihres Umlandes, leben heute drei Viertel der Bevölkerung. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren stetig gewachsen. Der

Wanderungsprozess in die Städte und ihr Umland hält weiter an und vergrößert die Bedeutung dieser Bevölkerungszentren für wirtschaftliches Wachstum. Prosperierenden Städten und Regionen stehen jedoch solche gegenüber, in denen De-Industrialisierung und demografischer Wandel zu Bevölkerungsabnahme und höherem Altersdurchschnitt der Gesellschaft führen. Die Herausforderung besteht darin, notwendigen Rückbau zur Anpassung der Wohnungsbestände mit Aufwertungsstrategien vor allem in den Innenstädten und Stadtteilzentren zu verknüpfen. Dem wollen wir uns stellen und dazu insbesondere die Instrumente und Angebote der Städtebauförderung weiterentwickeln.

Investitionsanreize für seniorengerechtes Wohnen

Zusätzlich muss die seniorengerechte Anpassung des Wohnungsbestandes vorangetrieben werden. Dazu wird die Bundesregierung im Jahr 2009 ein neues Förderprogramm starten. Der Handlungsbedarf ist gegeben. 93 Prozent der älteren Menschen leben in ihrer eigenen Wohnung. Aber lediglich knapp ein Prozent des Wohnraums in Deutschland ist seniorengerecht, also nur etwa 400 000 Wohnungen. Wir wollen hier Investitionsanreize geben.

Die globalen Finanzmärkte befinden sich derzeit in einer Liquiditäts- und Vertrauenskrise, deren Ursache komplex ist. Insgesamt sind negative Effekte auf dem Wohnungsmarkt vor allem von Seiten der rückläufigen Konjunktur zu erwarten. Genau wie alle anderen Bereiche wird auch der Immobilien- und Wohnungsmarkt die realwirtschaftliche Krise zu spüren bekommen. In welchem Umfang letztlich die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft von der Krise betroffen sein wird und wiederum Auswirkungen auf die allgemeine Konjunktur haben wird, lässt sich insgesamt schwer abschätzen.

Da der Wohnungsneubaubedarf unverändert gegeben ist, wird es darauf ankommen, dass dessen Finanzierung auch künftig gesichert ist. Insbesondere die Stärkung des selbstgenutzten Wohneigentums ist für die Union stets ein wichtiges Ziel, wenngleich die Wohnraumversorgung in ihrer Gesamtheit auch durch den Mietwohnungsbau und das genossenschaftliche Wohnen zu gewährleisten ist. Wir hoffen, dass die Einbindung des selbstgenutzten Wohneigentums in die geförderte private Altersvorsorge in den kommenden Jahren ihre positive Investitionswirkung entfaltet und möglichst vielen Bürgern die Verwirklichung ihres Traums von den eigenen vier Wänden ermöglicht. Ergänzend muss die Wohnungsbauprämie auch künftig einen zusätzlichen Beitrag dazu leisten.

FDP: Eigentumsförderung für Schwellenhaushalte

MdB Joachim Günther, Sprecher für Bau und Aufbau Ost der FDP-Fraktion

Der demografische Wandel in Deutschland ist gekennzeichnet durch ein höheres Durchschnittsalter, Bevölkerungsrückgang und Abwanderungen aus einzelnen Regionen. Schrumpfende und wachsende Regionen mit ganz unterschiedlichen Problemlagen bestehen in ganz Deutschland nebeneinander. Dies hat immense Auswirkungen auf die Entwicklung unserer Städte und Gemeinden und damit auf die Anforderungen an eine nachhaltige Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik.

Wir Liberale sind davon überzeugt, dass Wohnungspolitik und Stadtentwicklung entsprechend den Bedürfnissen der Menschen und den regional unterschiedlichen Angebotsbe-dingun-gen unterstützen und fördern und keine Lebensentscheidungen vorschreiben soll. Ziel einer nachhaltigen Stadtentwicklung der FDP ist es, die Kommune als Gemeinschaft der Bürger zu erhalten und gemeinsam mit diesen weiter zu entwickeln. Die Forderungen der FDP lauten deshalb:

1) Die Selbstverantwortung der Bürger zu stärken. Die Förderung soll stärker auf den Menschen und nicht auf das Objekt bezogen erfolgen. Den Bürgern muss der Erwerb von Wohneigentum - insbesondere im Bestand - als einer der sichersten Formen der finanziellen Absicherung im Alter ermöglicht werden.

2) Verstärkt das Bauen im Bestand sowie die Umnutzung leer stehender beziehungsweise vom Leerstand bedrohter Gebäude zu fördern. Dies betrifft insbesondere die neuen Bundesländer. Das bislang sehr erfolgreiche Programm "Stadtumbau Ost" ist im Rahmen der Evaluation entsprechend anzupassen respektive zu ändern. Förderung für Abriss und Aufwertung müssen den demografischen Wandel sowie dessen Folgen und Wirkungen berücksichtigen. Insbesondere sollte jedes Vorhaben auf seine Demografiefestigkeit überprüft werden.

3) Das Programm "Stadtumbau West" und den städtebaulichen Denkmalschutz mit mehr Mitteln auszustatten. Das langfristige Ziel ist eine Förderung nach Bedarf und nicht nach Himmelsrichtungen.

4) Kosten- und energiesparendes Bauen durch die Senkung bürokratischer und gesetzlicher Hürden sowie insbesondere durch die Senkung von Steuern und Abgaben.

5) Konzentration der Fördermittel in der Eigentumsförderung auf die Schwellenhaushalte.

6) Unterstützung der Kommunen durch den Bund sowohl durch eine gezielte Förderpolitik als auch durch Maßnahmen zu interkommunaler und regionaler Abstimmung und Kooperation, um Wechselwirkungen in den Stadt-Land-Beziehungen besser berücksichtigen und zum Beispiel ein Überangebot an Infrastruktur vermeiden zu können.

7) Nachhaltige Stadt- und Raumentwicklung muss auch den spezifischen Bedürfnissen von Familien und älteren Menschen Rechnung tragen. Vor allem gilt es, innerstädtisches oder innenstadtnahes Wohnen für alle Generationen und Lebensphasen zu erleichtern und zu fördern.

8) Wegen der Alterung der Gesellschaft ist die Versorgung mit ausreichend altersgerechtem Wohnraum sowie Betreuungs- und Pflegeangeboten eine zentrale Zukunftsaufgabe. Die Entwicklung eines Programms zum altersgerechten Umbau nach dem Vorbild oder in Kombination mit dem CO2-Gebäudesanierungsprogramms ist zu prüfen.

9) Flexible Angebote zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Daseinsvorsorge in sehr dünn besiedelten Räumen müssen geschaffen sowie dezentrale Systeme und alternative Technologien zur Energie-, Wasserver- und Abwasserentsorgung genutzt beziehungsweise ihre Nutzung ermöglicht werden.

10) Angesichts der vielfältigen Herausforderungen sowie der Weiterentwicklung der Aufgaben der städtebaulichen Programme des Bundes erscheint uns eine Erhöhung der Fördermittel erforderlich.

CSU: Marktkräfte aktivieren

MdB Klaus Hofbauer, Verkehrs- und baupolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag

Die Herausforderungen der Vergangenheit in Deutschland waren geprägt von einem starken Wohnraummangel. Durch eine intensive Neubautätigkeit und durch Investitionen in den Mietwohnungsbau flankiert von staatlichen Maßnahmen konnte dieser weitgehend gelöst werden. Einen deutschlandweiten Wohnungsmangel gibt es in dieser Form nicht mehr. Seit der deutschen Wiedervereinigung haben sich die Wohnungsmärkte in Deutschland völlig unterschiedlich entwickelt.

Stabilitätsfaktor Eigenheim

Während in weiten Teilen Ostdeutschlands, aber auch zunehmend in peripheren Lagen Westdeutschlands ein Wohnungsüberhang besteht, gibt es in den boomenden Wirtschaftsregionen, vor allem in Süddeutschland weiterhin einen großen Wohnraummangel. Alle Untersuchungen zur demografischen Entwicklung zeigen, dass diese gespaltene Situation sich in Zukunft sogar noch verschärfen wird.

Konsequenterweise wurde die Aufgabe des Wohnungsbaus im Rahmen der Föderalismusreform I daher vom Bund an die Länder übertragen. Die Wohnraumversorgung basiert auf den drei Säulen: selbstgenutztes Wohneigentum, Mietwohnungsbau und genossenschaftliches Wohnen.

Selbstgenutztes Wohneigentum ist für uns ein Stabilitätsanker in den Städten. Es fördert die Mitverantwor-tung der Bürger und ist wichtiger Bestandteil einer Bürgergesellschaft. Das selbstgenutzte Wohneigentum ist für die Bürgerinnen und Bürger auch die beliebteste Form der privaten Altersvorsorge. Auf unsere Initiative hin konnten wir das Gesetz zur "Verbesserten Einbeziehung der selbstgenutzten Wohnimmobilie in die geförderte Altersvorsorge" beschließen.

Dieses Eigenheimrentengesetz ist ein wichtiges Instrument zur Schaffung von Wohneigentum. So kann das in einem Riester-Vertrag angesparte Kapital als Eigenkapital für den Erwerb einer Wohnimmobilie genutzt werden. Besonders Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen werden damit in die Lage versetzt, Eigentum zu erwerben. Unser Ziel ist es aber, die bürokratischen Hemmnisse im Zusammenhang mit der nachgelagerten Besteuerung zu beseitigen.

Am bewährten System der Bausparfinanzierung werden wir festhalten. Die aktuelle Lage an den internationalen Finanzmärkten hat die Solidität und Stabilität dieses bewährten Systems deutlich vor Augen geführt. Mit großer Aufmerksamkeit beobachten wir dagegen die Folgen der Finanzkrise auf Immobilienfinanzierungen. Bisher konnten wir aber noch keine negativen Auswirkungen auf solide finanzierte Bauprojekte feststellen. Es wurde uns aber berichtet, dass die finanzierenden Banken die Bonität und die Eigenkapitalbasis inzwischen sehr restriktiv prüfen.

Regionale Ausweitung des Mietwohnungsneubaus

Viele Projektfinanzierungen von Finanzinvestoren mussten bereits zurückgestellt werden. Wir sind aber überzeugt davon, dass solide Projekte mit einer fundierten Ertragsprognose auch in schwierigen Zeiten verwirklicht werden können. Die Zeit des lockeren Gel-des, die auch zu den Auswüchsen auf den Immobilienmärkten in den USA oder im Nahen Osten geführt hat, ist endgültig vorbei.

Ein großes Problem sehen wir in dem faktischen Zusammenbruch der Neubautätigkeit im Mietwohnungsbau. Trotz der demografischen Veränderungen werden wir auch in Zukunft einen Neubaubedarf haben. Das Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung hat bis 2020 einen durchschnittlichen Wohnungsneubaubedarf von jährlich 226 000 Wohnungen ermittelt. Viele Investoren schrecken aber angesichts zunehmend gespaltener Märkte vor einem Neubau zurück. Die Prognosen zeigen aber sehr deutlich in welchen Regionen auch in Zukunft Bevölkerungszuwachs und Wirtschaftswachstum stattfindet.

Bürokratieabbau als Investitionsimpuls

Die demografischen Veränderungen führen auch zu veränderten Bedürfnissen der Bewohner. Nur im Neubau lassen sich die Kriterien des barrierefreien Wohnens und der Energieeffizienz optimal umsetzen. Auch die Bedürfnisse an den Zuschnitt der Wohnungen haben sich verändert. Die größte Herausforderung ist es aber, die Wohnungsbestände an die Herausforderungen der Zukunft anzupassen.

Der Bund unterstützt dies durch geeignete Förderprogramme. So stellen wir von 2006 bis 2009 insgesamt 6,9 Milliarden Euro für das CO2-Gebäudesanierungsprogramm zur Verfügung.

Dieses Programm erfüllt in idealer Weise gleich mehrere wichtige Ziele auf einmal. Neben dem Klimaschutz entlastet es die Mieter und Hauseigentümer von Heizkosten und liefert einen gewaltigen Beschäftigungsimpuls für das arbeitsintensive Bauhandwerk und die Baustoffindustrie.

Wegen der großen Nachfrage haben wir die Fördermittel im Rahmen unseres Impulsprogramms zur Wachstumsstärkung und Beschäftigungssicherung noch einmal aufgestockt. Der energetische Standard einer Wohnimmobilie wird in Zukunft eines der wichtigsten Kauf und Mietkriterien werden. Da das verfügbare Einkommen, das für die Warmmiete oder zur Kredittilgung zur Verfügung steht begrenzt ist, kann der Vermieter oder Verkäufer nur durch eine Begrenzung und Reduzierung der Heizkosten seinen Anteil an der Kaltmiete oder das Verkaufspreisniveau sichern oder sogar erhöhen.

Mit dem Haushalt 2009 haben wir ein Förderprogramm für seniorengerechtes Wohnen aufgelegt. Bisher gibt es zu wenige Wohnungen, die für Senioren geeignet sind. Diese wachsende und auch kaufkräftige Bevölkerungsgruppe wird zunehmend nach geeignetem Wohnraum nachfragen. Unser Politikansatz basiert auf Fördern und Aktivierung von Marktkräften, nicht auf Verbote und Vorschriften.

Nur zusammen mit den betroffenen Hauseigentümern und Mietern können notwendige Anpassungen und Veränderungen erreicht werden. Die Entwicklung in den neuen Bundesländern zeigt uns deutlich, welche Folgen der demografische Wandel in Zukunft auch in den alten Bundesländern bringen wird. Es ist eine große Herausforderung für die Politik diesen Wandel aktiv zu gestalten.

Nutzung privaten Know-hows

Auch die Wohnungswirtschaft erkennt zunehmend die Bedeutung einer aktiven Stadtentwicklungspolitik, um die Werthaltigkeit von Immobilien zu erhalten. Mit geeigneten Förderprogrammen unterstützt der Bund diese Politik vor Ort. Damit die Städte und Gemeinden die Aufgaben und Herausforderungen besser bewältigen können, unterstützt der Bund die Herstellung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen mit seinen Programmen zur Städtebauförderung. Wir setzen uns ausdrücklich für die Fortführung des erfolgreichen Grundprogramms zur Städtebauförderung ein.

Die zunehmende Zersplitterung der Städtebauförderung durch Unterprogramme lehnen wir ab. Dies schränkt die notwendige Flexibilität ein und führt zu erhöhter Bürokratie bei der Abwicklung der Programme. Statt neuer Programme sollten die bestehenden Programme aufgestockt und erweitert werden.

Bei den Laufzeiten von neuen Städtebauförderungsprogrammen ist die Langfristigkeit von Stadtentwicklungsprozessen zu berücksichtigen. Nur im Dialog mit betroffenen Eigentümern und Bürgern können geeignete Stadtentwicklungsmaßnahmen entwickelt werden. Wir halten es für besonders wichtig, dass das Know-how der privaten Eigentümer einbezogen wird. In der Städtebauförderung sehen wir in Zukunft folgende Förderschwerpunkte:

- Stadtumbau: Die Städte müssen auf den Bevölkerungsrückgang und den Leerstand mit neuen Anpassungsstrategien reagieren. Neben Ostdeutschland wird dies zunehmend auch in westdeutschen Städten und Gemeinden zum Thema.

- Soziale Stadtentwicklung: Benachteiligte und abgehängte Stadtteile sollen vor allem durch ganzheitliche Lösungsstrategien und eine Aktivierung der in den Quartieren vorhanden Potenziale in die Lage versetzt werden, einen Wiederanschluss an die Entwicklung der Gesamtstadt zu finden.

- Stärkung der Innenstädte und Ortskerne: Besonders im ländlichen Raum, aber auch in den Randlagen der größeren Städte, müssen die Ortskerne als attraktive Wohn- und Arbeitsstandorte und als Motor der regionalen Entwicklung gestärkt werden.

Es muss grundsätzlich eine Entbürokratisierung, Deregulierung und Flexibilisierung der Programme erfolgen, um deren Effizienz zu verbessern. Der Verteilungsschlüssel sollte in Zukunft angeglichen werden und sich an den Aufgaben orientieren.

DIE LINKE:

Recht auf Wohnen in die Verfassung

MdB Heidrun Bluhm, Bau- und wohnungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag

Im Mittelpunkt der Wohnungs-, Immobilien- und Städtebaupolitik der LINKEN steht das Bedürfnis der Menschen nach einer bezahlbaren Wohnung, die den heutigen Wohnstandards entspricht. Für DIE LINKE ist Wohnen ein Menschenrecht. Zuerst müssen diese Grundrechte verwirklicht sein, bevor die Menschen sich um alle anderen Dinge des täglichen Lebens kümmern können.

Die Wohnung ist seine Zuflucht, in der er sich und seine Familie geborgen und behütet fühlt und Kraft für alle seine weiteren Aktivitäten sammelt. Das Wohnen zählt daher zu einer Aufgabe der Daseinsvorsorge des Staates für seine Bürgerinnen und Bürger. Alle anderen tangierenden Bereiche ordnen sich dieser Aufgabe unter. Für DIE LINKE gehört qualitätsvolles Wohnen und ausreichender Wohnraum für die Familien fest in das Grundgesetz verankert.

Schonung der Ressourcen

Konkreter bedeutet dies für den Staat: Ein sozialer Mietwohnungsbau muss für eine ausreichende Versorgung mit Wohnraum für alle Menschen in diesem Land sorgen. Der Arbeitsmarkt verlangt Mobilität und Familien verändern ihre Größe im Laufe eines Familienlebens. Deshalb ist es nicht allen Menschen möglich, Wohneigentum zu erwerben und in diesem ein Leben lang zu wohnen. Auch die Bürgerinnen und Bürger, die aus eigenem Einkommen kein Wohneigentum schaffen können, müssen adäquat versorgt werden.

Darüber hinaus ist durch die staatliche und kommunale Verantwortung zu gewährleisten, dass der Flächenverbrauch natürlicher Ressourcen nur in dem Maße in Anspruch genommen wird, wie es für die Erbringung dieser Daseinsvorsorge unbedingt erforderlich ist. Die Stadt der kurzen Wege, behinderten- und altengerecht mit umfassendem und attraktivem ÖPNV-Netz zur Vermeidung von wachsendem Individualverkehr ist für einen nachhaltigen Städtebau unabdingbar. Lernen, arbeiten und kulturelle sowie sportliche Aktivitäten sollen im näheren Wohnumfeld möglich sein.

Wohnumfeld und Wohnungsbau müssen den klimatischen und energetischen Erfordernissen von heute und in der Zukunft Rechnung tragen. Der energieeffiziente Umbau unserer Gesellschaft ist eine große Zukunftsaufgabe, die gerade im Gebäudebereich mit mehr Nachdruck angegangen werden muss. Dort sind die größten Potenziale der Energieeffizienz und -einsparung zu finden. Mieten und Mietnebenkosten dürfen sich nur parallel zu den Lohn- und Einkommenssteigerungen erhöhen. Preise für Strom, Gas, Wärme oder Wasser gehören unter staatliche Preiskontrolle und sind in ihren Kostenkalkulationen im Hinblick auf die tatsächlichen Herstellungs- und Beschaffungskosten transparent zu machen. Die Aufgaben der Daseinsvorsorge dürfen nicht dem Markt unterworfen werden und gewinnorientiert privatisiert werden, sondern sind kostendeckend an die Mieterinnen und Mieter weiter zu geben.

Verhinderung von Segregation

DIE LINKE steht nicht gegen den Willen vieler Bürgerinnen und Bürger, sich und ihren Familien Wohneigentum zu schaffen. Auch diese Wohnform wird begrüßt. Das genossenschaftliche Wohnen oder die Siedlerverbände sind allerdings Wohnformen, die für DIE LINKE mehr Beachtung und Unterstützung verdienen, da hier Solidarität gelebt wird. Wohneigentum für den eigenen Gebrauch und die eigene Versorgung der Familien ist eine dritte Priorität.

Für DIE LINKE ist jedoch von elementarer städtebaulicher Bedeutung, dass die unterschiedlichen Wohnformen nicht separiert und voneinander getrennt werden, sondern in gemischten städtischen Quartieren verwirklicht werden. Nur so können Segregation und Ghettoisierung dauerhaft überwunden werden. Eine fortschreitende soziale Spaltung unserer Städte wollen wir verhindern. Lebenschancen - etwa die Qualität der Bildungseinrichtungen und die soziale und kulturelle Infrastruktur - dürfen nicht vom Wohnort abhängen.

Der soziale Stadtumbau

Der soziale Stadtumbau ist das zweite damit zusammenhängende Thema. Gegenwärtig wird Städtebau als Sanierungsprogramm für die Wohnungswirtschaft begriffen. Dabei werden auch Innenstädte perforiert und preiswerte Wohnungen vernichtet. Ein reines Abrissprogramm wird weder den ökonomischen und ökologischen Erfor-dernis-sen gerecht, noch wird es dem demografischen Wandel erfolgreich begegnen. Wohnungswirtschaft und Städtebau sind eng miteinander verflochtene Bereiche und können keinesfalls nur aus finanzieller wohnungswirtschaftlicher Sicht gelöst werden.

Moderne und auf den zukünftigen Wandel vorbereitete Städte brauchen die kommunale und die private Initiative der Immobilienbesitzer. Ein breiter demokratischer und transparenter Prozess der Leitbilddis-kussion aller Beteiligten muss der städtischen Planung vorausgehen.

Die aktuelle Förderpraxis von Bund, Ländern und Gemeinden unterstützt jedoch fast ausschließlich die Wohnungswirtschaft oder die Bereinigung sozialer Brennpunkte. Förderprogramme werden nach dem Gießkannenprinzip angewendet. Gegenwärtig sind sie weder flexibel anwendbar noch geeignet, die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre - die weite Privatisierung der Daseinsvorsorge und den drohenden Klimawandel - zu lösen.

Kein Handel mit Wohnungen

DIE LINKE antwortet: Die Städte leben von der sozialen Durchmischung der Menschen. Junge, Alte, Reiche und Einkommensschwache, Migranten sowie Kranke und Menschen mit Behinderungen sollen zusammen leben. Ghettoisierung und soziale Ausgrenzung sind zu überwinden.

Wohnungen müssen für alle Menschen bezahlbar sein und in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Vor allem Betriebs- und Nebenkosten müssen gesenkt werden. Die Mietentwicklung muss an die allgemeine Einkommensentwicklung gekoppelt sein. Wohnung darf keine Handelsware sein. Wohngeld muss vor Wohnarmut schützen, deshalb muss es regelmäßig an die Wohnkostenentwicklung angepasst werden. Wohnungs- und Obdachlosigkeit müssen überwunden werden. Das Recht auf Wohnen ist ein Grundrecht und gehört in die Verfassung.

Wohnungspolitik ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge ersten Ranges. Kommunale und genossenschaftliche Wohnungsgesellschaften gewährleisten Kostentransparenz, bürgerschaftliche Mitbestimmung und Standards der Versorgung vor Ort.

Städte sind der Motor des Klimawandels. Stadtumbau in Ost und West ist eine große Herausforderung und Chance für ökologische und soziale Standards in der Stadtentwicklung.

Erneuerbare Energien, flexible öffentliche Verkehrssysteme und energieeffizientes Bauen auch im Bestand müssen gefördert werden. Dabei sollte die Förderpraxis von Kreditvergaben auf Zuschüsse umgestellt werden, um die Kosten der Sanierung abzufedern und einer Mietsteigerung zu begegnen.

Verschuldete Kommunen können sich dem Stadtumbau nur zuwenden, wenn über Generalentschuldung der finanzielle Spielraum für sie wieder hergestellt wird. Sie werden ihrer Vorbildfunktion nur dann gerecht, wenn kommunale Gebäude am sozialen und ökologischen Stadtumbau teilnehmen.

Jede Region soll mit ihren Besonderheiten und Stärken gleichberechtigte Zukunftsperspektiven erhalten und gleichwertige Lebensverhältnisse für die Menschen vorhalten sowie stabiler Teil der Europäischen Gemeinschaft werden.

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