Messeausgabe 2008

Qualität und Preis - unvereinbarer Anspruch an Projektentwickler?

Noch nie waren die Büroimmobilienmärkte so transparent wie heute. Dem steht die naturgegebene Einzigartigkeit jedes Objekts nicht entgegen. Marktkenntnis und Professionalisierung bei Mietern und Investoren haben ein nie da gewesenes Niveau erreicht. Gleichzeitig ist an vielen Standorten ein hoher Leerstand zu verzeichnen. Entsprechend hart ist der Wettbewerb.

Müssten in einem solchen Markt die Preise nicht extrem nachgeben und hochwertige Neuentwicklungen unmöglich sein? In den guten und besseren Segmenten ist dies nicht zwangsläufig der Fall, weder bei den Kaufpreisen noch bei den Mieten. Doch unzeitgemäße Objekte, ob veraltet oder am Bedarf vorbei konzipiert, haben es schwer. Das Verhältnis von Nachfrage und Angebot erklärt das Preisphänomen nur zum Teil.

Teurer Geiz

Das entscheidende Schlüsselwort für Wettbewerbsposition und Preisbildung heißt Qualität. Gemeint sind hier die über solide Standards hinausgehenden Eigenschaften, die dem Nutzer Mehrwert schaffen. Dass eine Immobilie die funktionalen Anforderungen erfüllt, ist heute ebenso selbstverständlich wie solides Handwerk bei der Projektentwicklung. Der hier verwendete Qualitätsbegriff ist sozusagen oberhalb des herkömmlichen angesiedelt. Er gewinnt in der Branche mehr und mehr an Boden.

Investoren und Mieter haben sich längst vom "billig, billig, billig" verabschiedet. Dieses Prinzip kommt auf Dauer zu teuer. Nachhaltige Qualität ist preiswerter und Investoren wie Mieter sind bereit, für "passgenaue" Qualität einen entsprechenden Preis zu zahlen. Das gestiegene Qualitätsbewusstsein ist Teil der Professionalisierung. Der scharfe Wettbewerb führt so nicht zwangsweise zu niedrigeren Preisen, sondern zu höheren Standards, zu stärker an den Bedürfnissen der Mieter und Investoren orientierten Lösungen, kurz: zu intelligenteren Konzepten.

Nachhaltig versus billig

Diese Konzepte verlangen oft höhere Investitionen als bescheidenere Realisierungen. Letztlich sind sie trotzdem wirtschaftlicher. Denn erst sie garantieren Nachhaltigkeit bei der Erreichung von Unternehmenszielen wie Produktions- und Energieeffizienz, Imagebeitrag, Mitarbeiterbindung und gesellschaftlicher Anerkennung, die den Immobiliennutzern wichtig sind.

Es gehört zu den Aufgaben führender Projekt- und Quartiersentwickler, diese Zusammenhänge allen Kunden und Partnern zu verdeutlichen und transparent zu machen. Nachhaltige Konzepte und Professionalisierung der Beteiligten tragen dazu bei, die Ziele von leistungsfähigen Projektentwicklern und anspruchsvollen Investoren zu harmonisieren. Dadurch verlieren Preisverhandlungen an Schärfe. Man einigt sich leichter, wenn Einigkeit über die Ziele besteht.

Auf welchen Feldern spielt sich nun der Qualitätswettbewerb ab? Fünf Determinanten sind von besonderem Gewicht: Innovation, Ökologie und Energieeffizienz, "Humanqualität" zur Mitarbeiterbindung, Urbanität mit einer Reihe von Subfaktoren sowie das Image - Immobilien als Marken für Investoren und Mieter.

Innovationsansprüche und Wirklichkeit

Innovation ist für einen Projektentwickler gleichbedeutend mit der Beantwortung der Frage: Wie erkenne und optimiere ich den Nutzen für meinen Kunden und damit auch den eigenen Projekterfolg? Ein Beispiel dafür, einmal neue Wege zu gehen, ist die "atmende Immobilie". Sie bringt in einem Objekt verschiedene gewerbliche Mieter zusammen, deren Flächenbedarf konjunkturell oder saisonal stark schwankt, und zwar im Optimalfall in gegenläufigen Zyklen.

Braucht der eine weniger Fläche, benötigt der andere gerade mehr und umgekehrt. Von einer solchen "Mietersymbiose" profitieren alle Beteiligten. Derartige Synergieeffekte sind natürlich nicht nur beim Flächenbedarf möglich, sondern auch bei anderen Merkmalen. Das können Kunden- oder Lieferantenbeziehungen, sich horizontal oder vertikal ergänzende Produkte und Dienstleistungen, Know-how oder Logistik sein. Einfach gesagt: Die Mieter passen zueinander und sind sich gegenseitig nützlich.

Ökologie und Energieeffizienz

Eine andere Aufgabe für Projektentwickler resultiert aus der zunehmenden Flexibilisierung von Strukturen in zahlreichen Unternehmen. Letztendlich müssen sie eine enorme Flexibilität entwickeln, um schneller auf Herausforderungen des Marktes reagieren zu können, und entwickeln so die Fähigkeit, "aus dem Stand" Projekte zu starten. Mitarbeiter wechseln zwischen Aufbau- und Projektorganisation. Es versteht sich, dass ein dynamisches Organigramm ganz erhebliche Anforderungen an die gesamte Infrastruktur von Gebäuden, insbesondere die Variabilität der Flächen stellt. Letztere müssen auf der einen Seite kleinteiliger werden, auf der anderen Seite wird mehr Raum für Begegnungen und Projektteams benötigt.

Ökonomie und Ökologie waren nie Gegensätze, von gelegentlichen Zielkonflikten abgesehen. Diese Einsicht gewinnt umso mehr an Bedeutung, je exorbitanter die Energiepreise steigen und je brennender die Klimaproblematik wird. Dabei greift die Reduzierung der Ökologie auf Energie und Klima zu kurz. Gerade im Bausektor bedeutet Umweltschutz auch Gesundheitsschutz und Lebensqualität für die Menschen, die in den Gebäuden arbeiten. Neben der großen architektonischen Linie ist eine Fülle von Details ins Auge zu fassen. Das reicht von intelligenten Energiekonzepten (Erdwärme, Rückgewinnung) über ausschließlich ökologische Baustoffe bis zur Verwendung von Material aus der Region, um die Belastung der Umwelt durch Transporte zu verringern.

Die Erfahrung der Vivico Real Estate in der Umsetzung dieser Dinge - beispielsweise im Münchner Arnulfpark - zeigt, dass in Diskussionen mit Mietern hier offene Türen eingerannt werden. Das Thema Ökologie und Energieeffizienz selbst wird uns dauerhaft begleiten. In den nächsten Jahren werden wir eine zunehmende Zertifizierung in diesem Bereich sehen, die von Immobiliennutzern und Investoren gleichermaßen gefordert werden wird.

Humanqualität und Urbanität

Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind anspruchsvoll. Qualifizierte Kräfte an das eigene Haus zu binden, ist für innovative, kreative Unternehmen zu einer existenziellen Aufgabe geworden. Das gilt für alle Branchen und Firmengrößen. Entsprechend intensiv sind die Anstrengungen, optimale Arbeitsbedingungen und ein attraktives Arbeitsumfeld zu schaffen.

Dazu gehören eine leichte Erreichbarkeit, die Nachbarschaft anderer Top-Unternehmen, gute Verkehrsanbindungen, Einkaufsmöglichkeiten, aber auch Service und Dienstleistungen im Quartier. Architektur und die detaillierte Gestaltung der Innenwelt spielen eine große Rolle. Räume haben "Atmosphäre", die das Kommunikations- und Arbeitsklima mit prägt. Das gilt auch für das städtische Umfeld: Nicht nur die High Potentials der "kreativen Klasse", aber sie besonders, verlangen Urbanität.

Stadt- und Quartiersentwickler müssen in großen Zusammenhängen und komplexen Einheiten denken. Als Quartiersentwickler verfolgt Vivico das Ziel, auf riesigen Flächen Urbanität zu schaffen. Dazu ist die gesamte vielschichtige Materie ins Visier zu nehmen und das aus verschiedenen Blickwinkeln, von der Vogelschau bis zur Froschperspektive. Nur dann können Qualitätsquartiere entstehen. Ausgangspunkt aller Überlegungen sind auch hier die Wünsche und Bedürfnisse der Bürger und die von ihnen bewirkten großen Trends.

Mehr Attraktivität durch Rückkehr in die City

Fakt ist, dass immer mehr Menschen - wieder - dort arbeiten und wohnen wollen, wo Leben herrscht, das Kulturangebot groß ist, Restaurants und Cafés an belebten Plätzen einladen, die Kinder die passende Schule in der Nähe besuchen können, die medizinische Versorgung gut ist und sie beim Weg von und zur Arbeit nicht - wie der durchschnittliche Pendler - jährlich 30 Tage auf Straße und Schiene zubringen müssen.

Diesem Trend können sich führende Unternehmen nicht entziehen, wenn sie ihre besten Kräfte binden möchten. Die Bedeutung eines urbanen Standorts wird zunehmend erkannt. Es gibt signifikante Beispiele für die Rückkehr von Firmen vom Rand in die City. So hat sich Price-waterhouse-Coopers in Frankfurt am Main für den Tower 185 entschieden, der zwischen Messe, Hauptbahnhof und Bankenviertel entsteht.

Die einst starke Bewegung von innen nach außen hat dagegen entschieden an Bedeutung verloren. Dabei ist durchaus nüchternes Kalkül im Spiel: Wie viel spart der Umzug aufs Land an Immobilienkosten, wie viel kostet er an Mitarbeiterkompetenz, an Motivation, Kreativität, an Effizienz? Und nicht zuletzt: Eine erstklassige Adresse stiftet für das Ansehen des Unternehmens in der Öffentlichkeit, bei seinen Kunden und für die Mitarbeiteridentifikation größten Nutzen. Wenn nicht nur die Adresse, sondern auch die Immobilie Markencharakter hat und auf das Unternehmensimage einzahlt, umso besser.

Immobilien als Marke

Der Mensch sieht nur, was er weiß, stellt Egon Friedell in seiner Kulturgeschichte der Neuzeit fest. Eine Immobilie mag über hervorragende und zu einem Interessenten passende Merkmale verfügen - ihre Qualität muss erkannt werden. Das ist infolge der beschriebenen Emanzipation der Mieter und Investoren in Sachen Qualität mehr und mehr der Fall. Unterstützt und gestärkt werden kann dieser Prozess durch eine dezidierte Markenstrategie. Die im Konsumgüter- und Investitionsgüterbereich seit langem erfolgreiche ganzheitliche Markenpolitik lehnt die Immobilienbranche für ihre Produkte bisher weitgehend ab. Dieser Widerstand dürfte unter dem Druck des Marktes und durch die Einsicht in den Nutzen der Markenpolitik auch für Immobilien allmählich weichen. Zumal bereits bewiesen wurde, dass das funktioniert, etwa bei der Positionierung des Potsdamer Platzes in Berlin.

Immobiliengesellschaften sollten ihre Objekte als Produkte verstehen und über Markenbildung Investoren, Mietern und deren Kunden ermöglichen, in der Masse des Marktes Qualität zu erkennen. Im besten Fall stellt die Marke Einzigartigkeit her. Die bisher beworbenen Attribute wie Lage, Preis und Flächeneffizienz stünden in der Kommunikation dann nicht mehr an erster Stelle. Markenbildung in der Immobilienbranche kann mehr als den Bekanntheitsgrad erhöhen.

Pflege und Nutzen des Images

Eine echte Marke reduziert das Risiko bei Kauf respektive Anmietung, gibt so Sicherheit, schafft Kontinuität und Vertrauen. Ein anderer Elementarfaktor der Marke ist ihr ideeller Nutzen für den Mieter oder Käufer. Der daraus mögliche Imagetransfer kann zum handfesten materiellen Vorteil werden.

Ein Beispiel dafür ist das Projekt "Arnulfpark" in München. Dort entsteht unweit des Hauptbahnhofs auf 18 Hektar ein Standort für Unternehmen und innerstädtisches Wohnen. Durch die nach den Elementen Erde, Feuer, Luft und Wasser benannten Quartiere erhält dieses Projekt ein unverwechselbares Gesicht. Architektur und Ausstattung nehmen diese Leit idee auf.

So mischen sich im Arnulfpark architektonische Innovationen wie "fliegende Gärten" (Quartier Luft) mit alternativen Energiekonzepten, etwa Erdwärme und Solarstrom. Als Vermarktungshilfe ist das Konzept der "Marke Arnulfpark" mustergültig aufgegangen. Jetzt gilt es, das positive Image zu pflegen und weiterzuentwickeln - eine nie endende Aufgabe. Stillstand wäre Rückschritt.

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