Schwerpunkt: Revitalisierung von Einzelhandelsimmobilien

Restrukturierung am Praxisbeispiel der Bilderbogenpassage in Neuruppin

Am Praxisbeispiel der Bilderbogenpassage Neuruppin wurde von der IPH Handelsimmobilien GmbH eine Revitalisierung nach den vier Stufen Bestandsaufnahme, Analyse, Konzeption und Umsetzung durchgeführt. Diese werden im Nachfolgenden konkreter erläutert und stellen einen groben Ablaufplan dar.

Die Bestandsaufnahme

Die Stadt Neuruppin liegt zirka 80 Kilometer nordwestlich von Berlin entfernt und hat rund 62000 Einwohner. Der Hauptgeschäftsbereich ist im historischen Zentrum angesiedelt und steht im starken Wettbewerb zu einem Einkaufszentrum mit rund 63000 Quadratmetern Geschäftsfläche am Stadtrand Neuruppins.

Die Bevölkerungsentwicklung in der Fontanestadt Neuruppin ist für die Jahre 2008 bis 2030 rückläufig (minus 16,7 Prozent).1) Bis zum Jahr 2025 wird sich der Anteil der 19- bis unter 64-Jährigen um 9,1 Prozent verringern und der Anteil der 65- bis 79-Jährigen um 5,6 Prozent erhöhen.2)

Das Gebäudeensemble der Bilderbogenpassage weist unterschiedliche Geschosshöhen von Flachbauten bis zu vier Ebenen sowie unterschiedliche Baujahre auf. Die letzte Sanierung fand 1997 statt. Denkmalschutzthemen (unter anderem Ensembleschutz) erschweren die Auflagen für bauliche Veränderungen. Auf einer Gesamtfläche von rund 7500 Quadratmetren sind Einzelhandel, Praxen und Büros sowie Wohnraum anzutreffen. Die Leerstandsquote lag zum Zeitpunkt der Bestandsaufnahme bei rund 28 Prozent. Die Wegeführung in und durch die Passage zeigt zusätzlichen Handlungsbedarf auf. Die Bestandsmieter lassen einen Warendruck und Platzmangel erkennen.

Die Analyse

Nach der Bestandsaufnahme folgte eine vertiefende und fundierte Markt- und Standortanalyse. Vorhandene Unterlagen und die vorgenommene Dokumentation des Bestandes wurden gesichtet und "zerlegt", erkennbare Lücken durch die Markt- und Standortsanalyse sowie eine Bewertung geschlossen. Während der Analyse fanden regelmäßig Abstimmungsgespräche mit den Behörden statt. Die Schwerpunkte der Analyse wurden in den Bereichen Einzelhandel, ärztliche Versorgung, stationäre Pflege und spezialisiertes Wohnen gelegt.

Zum Ende der Analyse fand die Auswertung in Form einer standort- und objektspezifischen SWOT-Analyse statt. Aus den hieraus abgeleiteten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken wurden strategische Handlungsoptionen für die Bilderbogenpassage gefolgert: Investitionen in eine wirtschaftlich tragfähige Immobilie mit klarer Positionierung am Markt versus kurzfristiger Verkauf der Bestandsimmobilie. Die strategischen Handlungsempfehlungen nach Nutzungsarten empfahlen

- für den Einzelhandel eine Flächenoptimierung der Passage mit einem nahversorgungsrelevanten Angebot für die umliegenden Anwohner sowie

- eine Fokussierung auf Wohn- und Sozialeinrichtungen für die älter werdende Bevölkerung im Innenstadtbereich Neuruppins.

Die Konzeption

Auf Basis der Markt- und Standortanalyse folgt eine wirtschaftlich tragfähige Konzeption. Eine große Rolle bei der Entwicklung und Ausarbeitung der Konzeption spielt das optimale Verhältnis von Zeit und Kosten. Ein regelmäßiger Abgleich mit dem "Machbaren" vor Ort ist daher unerlässlich. Es folgt die Erstellung eines Grob-Layouts und Baukostenrahmens auf Basis der Analyse. Abstimmungsgespräche mit Ankermietern (Mietvertragsoptimierung), Behörden (Änderung Bebauungsplanes) und mit ortsansässigen Fördervereinen (Image) signalisieren dabei Handlungsbereitschaft und schaffen Vertrauen. Zuletzt gilt es zu entscheiden, ob externe Berater oder eigene Projektmanager vor Ort operativ tätig werden.

Bei dieser Passage zeigt die Konzeption einen Flächenzugewinn von 18 Prozent auf. Die relevanten Flächenzugewinne bestehen durch die Verlagerung des Einganges der Passage, die Bebauung derzeitiger Freiflächen sowie die Schaffung von marktgerechten Flächen durch Zusammenlegung.

Im historischen Druckereigebäude besteht aktuell der größte Leerstand. Dieser wird durch die Planung von rund 50 "altengerechten" Wohnungen und Abstellräumen über eine Fläche von vier Etagen beseitigt. Die wirtschaftlichen Eckdaten der Konzeption weisen eine Steigerung der Nettokaltmieten von rund 58 Prozent auf.

Jeder Konzeption sollte eine zügige Umsetzung folgen. Nach gemeinsamer Klärung der finanziellen Rahmenbedingungen wurde mit Beginn der Umsetzung ein Centermanagement eingesetzt. Zeitgleich wurde das kaufmännische Objektmanagement neu aufgestellt und eine Supervision technisches Objektmanagement installiert. Das Centermanagement fungiert hierbei als Projektleiter und legt den Fokus auf Mietvertrags- und Nachtragsverhandlungen (der aktuelle Vermietungsstand liegt zwischenzeitlich bei 90 Prozent bei einer Laufzeit von mindestens fünf beziehungsweise zehn Jahren), das laufende Objektmarketing, die Klärung der Wegerechte und Sanierungsthemen und führt einen regelmäßigen Abgleich mit den Anforderungen von Projektentwicklern und Endinvestoren durch.

Im Bereich der Supervision des technischen Objektmanagements stehen die Minimierung von Investitionsrisiken, das Controlling der Haustechnikerdienste und Drittdienstleister, die Optimierung der Betriebskosten sowie die Verifizierung des fortgeschriebenen Baukostenrahmens eine große Rolle.

Hinzugezogen wurde ferner eine Planungsgesellschaft, deren Schwerpunkt auf den Bebauungsplanänderungen hinsichtlich der Bebaubarkeit, optimaler Ausnutzung der Flurstücke und der Realisierung der Nutzungsart Wohnen im ehemaligen Druckereigebäude liegt. Ferner unterstützt die Planungsgesellschaft bei der Konkretisierung und Fortschreibung des Baukostenrahmens und der Fortschreibung der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Die Vorbereitung des Verkaufs kennzeichnet die aktuelle Phase der Umsetzung. Die Ansprache von Projektentwicklern und Investoren führte bereits zu konkreten Verhandlungen, sodass ein Verkauf mit nachhaltiger Rendite in Kürze erfolgen kann.

Fußnoten

1) Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg.

2) Quelle: Bertelsmann Stiftung: Wegweiser Kommune 2009/Amt für Statistik Berlin-Brandenburg.

Der Beitrag basiert auf einem Vortrag des Autors auf dem 2. CoRE Handelsimmobilientag in München.

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