Schwerpunkt: Finanzierung der Kommunen

Die Rolle der öffentlichen Banken in der Kommunalfinanzierung

Traditionell sind Gemeinden, Städte und Landkreise eine wichtige Kundengruppe für öffentliche Banken, da beide nicht nur die gemeinsame Kundenbeziehung verbindet, sondern die öffentliche Hand oft auch Anteilseigner dieser Kreditinstitute ist. Die enge Beziehung zu ihren Eigentümern, denen sie mit Finanzierung und Beratung zur Seite stehen, unterscheidet die öffentlichen Banken jedoch von der übrigen Kreditwirtschaft, wenngleich die Geschäftsbeziehung mit Kommunen aufgrund der sehr hohen Bonität auch für private und genossenschaftliche Wettbewerber einen hohen Anreiz hat. Trotz aller Offerten bleiben dabei die öffentlichen Banken klarer Marktführer, weil sie vor Ort stark verankert sind und großes Engagement sowie regionale Sach- und Fachkenntnis verbinden.

Dieses besondere Vertrauensverhältnis kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass im Jahr 2011 allein Landesbanken (27,5 Prozent) und Sparkassen (19,4 Prozent) knapp 47 Prozent der gesamten Kommunalfinanzierung bereitgestellt haben. Addiert man dazu noch die in der Statistik der Deutschen Bundesbank als "Banken mit Sonderaufgaben" geführten öffentlichen Förderbanken dazu, erhöht sich der Marktanteil noch einmal signifikant um weitere 20 Prozent auf 67 Prozent. Neben dem klassischen Kreditgeschäft stellen die öffentlichen Banken auch erfolgreich alternative Finanzierungsvarianten zur Verfügung, bedarfsgerecht auf die Kundenwünsche zugeschnitten.

Die klare Marktführerschaft dokumentiert, dass die öffentlichen Banken ihren kommunalen Kunden eng verbunden sind und die Geschäftsbeziehung oft viele Jahrzehnte zurückgeht. Dabei sind Vertrauen und gegenseitiges Verständnis stets gewachsen und beide haben partnerschaftlich auch krisenbedingte schwierige Phasen gemeistert. Bei allen Erfolgen stellen die bankaufsichtlichen Maßnahmen zunehmende Herausforderungen dar, die sich auch direkt auf die Zusammenarbeit zwischen Bank und Kommune auswirken können.

Neue Maßstäbe durch Basel III

Die über viele Jahre hinweg sorgfältig entwickelten Regelungen zu Basel II hatten kaum eine Chance, sich zu bewähren, weil die internationale Bankenwelt im Augenblick ihres Inkrafttretens von der Finanz- und Wirtschaftskrise überrollt wurde. Diese Krise hatte den erneuten Ruf nach stärkerer Bankenregulierung zur Folge und mit "Basel III" folgte ein umfangreiches Regelwerk, das darauf ausgerichtet war, nicht nur individuellen Risiken einer Bank vorzubeugen, sondern auch systemische Risiken aufzufangen.

Die rechtswirksame Umsetzung für Europa vollzieht sich über die Rechtssetzungsmechanismen in Brüssel beziehungsweise Straßburg und letztendlich in technischer Umsetzung bei der europäischen Bankenaufsichtsbehörde in London. Der größte Teil der geplanten Vorgaben wird im Rahmen einer europäischen Verordnung erlassen. Dies zeigt die beabsichtigte

Härte in der Sache. Denn im Gegensatz zu einer Richtlinie, die in den Mitgliedsstaaten erst in nationales Recht umzusetzen ist, verbleibt bei unmittelbar rechtswirksamen Verordnungen für nationale Besonderheiten wenig Spielraum, wenngleich gerade auch Deutschland mit seiner mittelständischen Wirtschaft, den großen Konzernen und starken Kommunen darauf angewiesen wäre.

Im Mittelpunkt der bankaufsichtlichen Erneuerung stehen Forderungen zur Eigenkapital- und Liquiditätsausstattung, die als direkte Folge der Krise zu betrachten sind. Die Liquiditätslinien, die sich Kreditinstitute gegenseitig gewährt haben, brachen zusammen, weil das Vertrauen im Geldmarkt verloren gegangen war. Somit manifestierten sich Vorschläge zu Liquiditätsanforderungen unter Stressbedingungen.

Auch die Eigenkapitalanforderungen werden durch die Krisenerfahrung verschärft: Zusätzlich zu einem engeren Eigenkapitalbegriff und höheren Mindestquoten scheint sich eine risikounabhängige Höchstverschuldungsquote durchzusetzen, die sogenannte "Leverage Ratio". Die Quote begrenzt das Geschäftsvolumen im Verhältnis zum Eigenkapital einer Bank. Die Risikohaftigkeit des Geschäfts bleibt dabei außer Betracht. Bedingt durch Risiken, die zum Beispiel in zahlreichen Verbriefungstransaktionen nicht deutlich geworden waren, möchte die Bankenaufsicht das Transaktionsvolumen der Banken im Blick behalten.

Diese Haltung mag verständlich sein. Gleichwohl konterkariert eine solche Vorgabe das bankaufsichtliche System, welches ansonsten komplett auf Risikostrukturen aufbaut.

Außerdem wirken sich Anforderungen dieser Art gerade auf Geschäfte mit niedrigen Risiken, wie eben beispielsweise mit der öffentlichen Hand, aus. Darunter leidet daneben auch ganz stark das Mittelstandsgeschäft. Aufgrund der faktisch gegebenen Einstandspflicht der Bundesländer werden deutsche Kommunen mit der Risikoklasse "null" gewichtet. Folglich muss für Kredite an Städte und Gemeinden kein Eigenkapital vorgehalten werden, da es sich um risikolose Aktiva handelt. Sollte nun eine risikounabhängige Quote vorgeschrieben werden, wird ein Anpassungsprozess ausgelöst, an dessen Ende eine Verringerung von Krediten an Kommunen stehen könnte. Am Ende würden Kommunalfinanzierungen dann mit allen anderen (zumeist risikoreicheren) Krediten konkurrieren, die meist zu höheren Margen ausgereicht werden.

Wenn das Risiko keine Rolle mehr spielt, werden Kommunalkredite entweder verdrängt oder nur noch zu höheren Konditionen verfügbar sein. Bei der Umsetzung der Empfehlungen zu Basel III soll die Leverage Ratio zunächst als Beobachtungskennziffer eingesetzt und mit diesen Erfahrungen die endgültigen Anforderungen festgesetzt werden.

Was bedeuten Insolvenzpläne für Staaten?

Die Diskussion um die wachsende Verschuldung europäischer Staaten hat auch einige Befürchtungen hinsichtlich regionaler Gebietskörperschaften aufkommen lassen und die Frage aufgeworfen: Wenn eine geordnete Insolvenz von Staaten in Europa denkbar ist, warum dann nicht bei Kommunen? Und wäre bei der starken Verschuldung einiger Kommunen nicht auch eine Insolvenzfähigkeit von Kommunen eine Lösungsalternative, an der private Gläubiger - wie Banken - zu beteiligen seien?

Auf dem ersten Blick mag ein solcher Gedanke einleuchtend erscheinen. Wenn er aber zu Ende gedacht wird, werden ernste Konsequenzen anderer Art sichtbar, die niemand wollen kann, dem an der Zukunftsfähigkeit unseres Landes gelegen ist. Kommunen sind laut Insolvenzordnung (§ 12 InsO) zum einen von einem Insolvenzverfahren ausgenommen. Darüber hinaus ist sehr fraglich, inwieweit ein Entzug der Verfügungsbefugnis von kommunalen Entscheidungsträgern und deren Übertragung auf einen privaten Insolvenzverwalter in unser demokratisches System passen.

Die Insolvenzfähigkeit von Kommunen würde bedeuten, die kommunale Selbstverwaltung durch Aufgabenentzug und Beschränkung der Eigenverantwortung kommunaler Entscheidungsträger sowie die Verfügungsgewalt demokratisch legitimierter Strukturen zu durchbrechen. Zudem müsste eine insolvenzfähige Kommune in einem solchen Verfahren auch die volle Entscheidungshoheit über ihre kompletten Einnahmen und Ausgaben erhalten. Die deutsche föderale Finanzverfassung lässt dies aber gar nicht zu. Im Rahmen der Finanzausgleichssysteme hat sich eine Kultur vertikaler und horizontaler Umverteilung etabliert. Dies gilt für die Einnahmen-, wie auch für die Ausgabenseite. Eine echte Entscheidungshoheit wäre für Kommunen nur bei vollständiger Separierung der Gebietskörperschaften möglich.

Für die Kreditwirtschaft würde sich der Zwang zur Bonitätsanalyse ergeben, für die es keine Kapazitäten gibt, die aber zu mehr Bürokratie, weniger Kundenservice und höheren Kosten führt. Bezogen auf die Finanzierungskosten für Kommunalfinanzierungen müssten Eigenkapital-, Risiko- und also auch deutlich höhere Betriebskosten kalkuliert werden.

Ein weiteres Kapitel würde mit der Sicherheitenfrage eröffnet. Fraglich wäre, welche grundpfandrechtliche Belastung von kommunalem Grundvermögen möglich wäre. Zudem würden sich gleichzeitig auch Bewertungsfragen stellen. Hinsichtlich der bankseitigen Refinanzierungsmöglichkeiten im Rahmen von kommunalen Pfandbriefen würde die Deckungsstockfähigkeit von Kommunalfinanzierungen zur Disposition stehen. Die Folge wären Kostenerhöhungen aufgrund höherer Refinanzierungskosten.

Diese Überlegungen legen den Schluss nahe, dass eine neue Art der Risikobetrachtung von deutschen Kommunen auf Seiten der Banken aufgrund der finanzverfassungsrechtlichen Verflechtung weder erforderlich noch für die Kundenbeziehung und die Kommunen vorteilhaft ist.

Ein Lösungsbeitrag dafür könnte eine konsequente Kommunalaufsicht und eine hohe Verantwortlichkeit auf Länderseite sein, wo die Stabilität der kommunalen Finanzkraft ebenfalls eine wichtige Zielgröße sein muss. Dazu gibt es bereits eine Reihe von Beispielen, wie die Hilfsprogramme der Länder, die stark verschuldeten Kommunen wieder Wege in geordnete Finanzstrukturen ermöglichen.

In Niedersachsen hat die Landesregierung unter der Bezeichnung "Zukunftsvertrag Niedersachsen" ein Konzept zur kommunalen Entschuldung erarbeitet, das die Kommunen mit konkreten Anforderungen in die Pflicht nimmt. Das Land speist dazu ein Budgetteil aus dem Landesetat und teils aus dem Vorwegabzug des kommunalen Finanzausgleichs. Als Anspruchsvoraussetzungen werden bei einer Kommune eine unterdurchschnittliche Steuerkraft, weit überdurchschnittliche Kassenkredite sowie der Nachweis erheblicher Konsolidierungsbemühungen betrachtet. Dafür erhalten besonders strukturschwache Kommunen zur Wiederherstellung ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit eine

Entschuldungshilfe bis zu 75 Prozent der Kassenkredite, sofern sie auch die Bereitschaft haben, ihre Strukturschwäche zum Beispiel durch die Fusion mit einer anderen Gemeinde zu beheben. Gleichzeitig können Kommunen auch die Entschuldungshilfe beantragen, sofern die dauernde Leistungsfähigkeit ohne Fusion wiederhergestellt werden kann. Niedersachsen hat das Projekt auf 20 Jahre angelegt.

Einen etwas anderen Weg ist das Land Sachsen-Anhalt gegangen. Das Hilfsprogramm unter dem Namen "Stark II" wird dort von der Investitionsbank Sach-sen-Anhalt, dem Förderinstitut des Landes angeboten. Grundgedanke ist hier die Vereinbarung zwischen Kommune und dem Land über eine Teilentschuldung, der eine Verpflichtung zu Konsolidierungsmaßnahmen gegenüberstehen muss (Konsolidierungspartnerschaft). Konkret werden Tilgungszuschüsse zur Verfügung gestellt, darüber hinaus sind Laufzeitverkürzungen der Restdarlehen von zehn auf fünf Jahre vorgesehen. Die verbindliche Vereinbarung der Konsolidierungspartnerschaft wird Bestandteil des Darlehensvertrages. Die Begleitung der Konsolidierung wird von der Kommunalaufsicht regelmäßig geprüft.

Neue Instrumente - ein kleiner Teil der Lösung

Auch wenn für zahlreiche Kommunen gerade die mittelfristige Entschuldung das Problem ist, wird häufig auch die Frage gestellt, über welche Instrumente die künftige Finanzierung mit Neukrediten sichergestellt wird. Das bedeutet nicht, dass wirksame Instrumente nicht in die Verschuldungsstruktur einer Kommune eingegliedert werden sollten. Das gilt für alternative Beschaffungsvarianten in den unterschiedlichen Erscheinungsformen: Öffentlich Private Partnerschaften (ÖPP) ebenso wie derivative Instrumente, wenn sie verantwortungsvoll und nach intensiver Chancen-/Nutzenkalkulation eingesetzt werden.

Infrastrukturfinanzierungen im Rahmen von Öffentlich Privaten Partnerschaften ziehen ihre Vorteile aus dem Lebenszyklusansatz, der gewährleistet, dass eine öffentliche Infrastrukturmaßnahme von der Planung und dem Bau über die Finanzierung bis zum Betrieb gegebenenfalls auch zur Verwertung betrachtet, kalkuliert und in einem permanenten Controlling-Prozess gehalten wird. Im Zeichen zunehmend nachhaltiger Betrachtungsweise kann man darauf nicht genug Wert legen.

Allerdings eignet sich nicht jede Maßnahme für einen solchen Ansatz, sondern nur dann, wenn sie unter wirtschaftlichen Maßstäben einen belastbaren rechnerischen Vorteil bringt. Vor allem ist sie regelmäßig keine zusätzliche Kapitalbeschaffung, es sei denn, es handelt sich um eine Maßnahme, bei der Refinanzierungsbeiträge von privaten Nutzern (zum Beispiel Gebühren bei mautfinanzierte Brücken) zu erwarten sind. Auch Derivate können hilfreiche Instrumente sein, die zur Zinssicherung und Senkung von Kosten beitragen können. Sie erfordern jedoch ein präzises Risikomanagement, einhergehend mit einer sorgfältigen Risikoeinschätzung. Ein solches Instrument ist wie ein Messer: Man kann damit hervorragend schneiden, muss jedoch Sorge tragen, dass man sich nicht durch unsachgemäße Anwendung verletzt.

Aber auch der beste Instrumentenkasten wird allenfalls die Kostenstruktur einer Kommune verbessern können. Ein weiterhin hohes Maß an Finanzbedarf wird bleiben. Dieser wird und muss vom Bankensektor gedeckt werden. Die Marktteilnehmer sollten sich jedoch auf mögliche erhöhte Konditionen einstellen, wenn die Anpassungsprozesse aus den bankaufsichtlichen Anforderungen (zum Beispiel Basel III) greifen. Ratingprozesse wären insofern in diesem Prozess wenig förderlich, auch wenn die eine oder andere Privatbank bereits mit gewissen Grundstrukturen arbeitet. Dies führt nur zu einer noch weiteren Verteuerung der Finanzierung.

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