Schwerpunkt Zukunft des Wohnens

Sanierungsmanagement als Schlüssel für eine erfolgreiche Quartiersentwicklung

Das Ziel ist klar definiert: Als Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel will Deutschland seine jährlichen Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 senken. Auch an der Erkenntnis, dass dem Gebäudebestand dabei eine Schlüsselrolle zukommt, führt kein Weg vorbei. Gehen doch etwa 40 Prozent aller Emissionen des Treibhausgases CO2 in Deutschland auf den Gebäudebestand zurück. Zudem sind private Haushalte für etwa ein Viertel des privaten Energieverbrauchs verantwortlich, der überwiegende Teil davon für Heizung und Warmwasser.

Und da gut drei Viertel des gesamten Gebäudebestands vor Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahr 1978 errichtet wurde, besteht gerade bei der energetischen Sanierung ein wesentlicher Hebel für potenzielle Einsparungen. Nicht nur für den Klimaschutz, sondern auch im Hinblick auf die Kosten. Durch fachgerechtes Sanieren und den Einbau moderner Gebäudetechnik lassen sich die Energiekosten in unsanierten Gebäuden um bis zu 80 Prozent senken. In genau dieser Größenordnung, also um 80 Prozent gegenüber dem Basisjahr 2008, soll nach dem Willen der Bundesregierung der Primärenergiebedarf in Gebäuden bis zum Jahr 2050 sinken.

Gebäudeübergreifende Maßnahmen

Doch Deutschland kommt auf dem Weg zur Energiewende in diesem Punkt gegenwärtig zu langsam voran. Statt der erforderlichen zwei Prozent werden derzeit nur knapp ein Prozent der Gebäude pro Jahr energetisch saniert. Die Ursachen dafür sind vielfältiger Natur. Finanzielle Erwägungen haben dabei sicher eine große Bedeutung. Die Kosten für eine energetische Sanierung sind erheblich. Dies lässt viele Wohnungsvermieter vor entsprechenden Investitionen zurückschrecken, die sie in vielen Fällen erst sehr langfristig über eine höhere Miete und die Aussicht auf eine positive Wertentwicklung wieder einspielen können.

Auch private Eigenheimbesitzer stehen vor einer finanziellen Herausforderung. Selbst wenn die Wirtschaftlichkeitsrechnung unterm Strich zum Ergebnis führt, dass sich die Kosten für eine energetische Sanierung amortisieren, tun sich viele ältere Hauseigentümer mit einem solchen Schritt schwer.

Um die energetische Sanierung von Bestandsgebäuden voranzubringen, reichen Appelle an das ökologische Gewissen und ausschließlich auf Wirtschaftlichkeitsrechnungen abzielende Argumente nicht aus.

Hier kommt das Konzept der energetischen Quartierssanierung und des entsprechenden Sanierungsmanagements ins Spiel. Energetische Quartierssanierung bedeutet im Kern, beim Bemühen um eine verbesserte Energieeffizienz nicht einzelne Gebäude isoliert zu betrachten, sondern den Blick auf ganze Quartiere zu lenken. Eine quartiersbezogene Betrachtung der vielfältigen Möglichkeiten zur Energie- und CO2-Einsparung erlaubt eine optimale Abstimmung der einzelnen quartiers- und gebäudebezogenen wie gebäudeübergreifenden Maßnahmen, um so den effizienten Einsatz der zur Verfügung stehenden Ressourcen zu gewährleisten sowie einen optimalen Nutzen zu erzielen.

Beispielsweise kann ein von mehreren Gebäuden genutztes Mikro-Blockheizkraftwerk in der Klimabilanz besser abschneiden und kostengünstiger sein, als einzelne Anlagen in jedem Haus. Nicht zuletzt lassen sich Material und Leistungen günstiger einkaufen, wenn Maßnahmen wie Dämmung oder der Einbau neuer Fenster für mehrere Einheiten geplant und umgesetzt werden.

Durch die Schwerpunktsetzung auf das Quartier können die Akteure vor Ort aufgrund eines direkten Bezugs zu ihren Lebenswelten und Lebensbedürfnissen leichter in die Entwicklung von Strategien und Maßnahmen eingebunden werden. Das beinhaltet etwa die Verbesserung der städtischen Infrastruktur im Rahmen der energetischen Optimierung, wie beispielsweise eine verbesserte Straßenbeleuchtung.

Zudem kann die energetische Sanierung mit weiteren Zielen der Stadtentwicklung verknüpft werden wie beispielsweise Barrierefreiheit, Baukultur oder die Verbesserung der Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. Wichtige Wechselwirkungen können sich auch im Hinblick auf die große Herausforderung ergeben, Kommunen und Quartiere auf die Folgen des demografischen Wandels vorzubereiten.

Erstens wirkt sich eine verbesserte energetische Qualität grundsätzlich positiv auf die Wertentwicklung von Gebäuden aus. Und zweitens lassen sich gemeinsam mit der Sanierung auch weitere Maßnahmen umsetzen; sei es, Wohnungen seniorengerecht zu gestalten oder die Häuser zu modernisieren und für mögliche Nachnutzer attraktiv zu machen. Nicht zuletzt profitiert die regionale Wirtschaft durch Aufträge im Rahmen der energetischen Stadtteilerneuerung.

Hilfe vom Staat

Manche Themen wie zum Beispiel Verkehr und Energieversorgung bedürfen einer übergeordneten gesamtstädtischen/regionalen Strategie, um zielgerichtet auf der Quartiersebene umgesetzt werden zu können. Eine reine Quartiersbetrachtung kann hierbei nur eine begrenzte Wirkung entfalten. Interessant ist die Quartiersebene hingegen als Versuchsfeld für Pilotprojekte, um die dabei gewonnenen Erfahrungen dann auf die gesamte Stadt oder Region anzuwenden.

Mit dem Programm "Energetische Stadtsanierung - Zuschüsse für integrierte Quartierskonzepte und Sanierungsmanager" (Programm Nr. 432) fördert die KfW im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) seit November 2011 Städte und Gemeinden bei der Planung und Durchführung von Maßnahmen der energetischen Sanierung im Quartier. Mittlerweile wird im Rahmen des Programms bundesweit an mehr als 250 Konzepten gearbeitet, bei den ersten Quartieren beginnt nun die Umsetzung.

Das Programm fördert die Entwicklung umfassender Sanierungskonzepte zur Steigerung der Gebäudeenergieeffizienz und der damit einhergehenden Minderung von CO2-Emissionen in einem abgegrenzten Quartier sowie den Anschub entsprechender Maßnahmen. Neben der Erstellung eines integrierten Konzeptes können Kommunen für die Beschäftigung eines Sanierungsmanagers für maximal drei Jahre einen Betrag von bis zu 150 000 Euro erhalten. Sie müssen lediglich den Eigenanteil von 35 Prozent tragen, der bei einer Haushaltsnotlage bis auf fünf Prozent gesenkt werden kann.

Die Umsetzung der konkreten Sanierungsmaßnahmen erfolgt auf Kosten der einzelnen Immobilienbesitzer. Dabei haben sie die Möglichkeit, Förderungen in Anspruch zu nehmen, etwa in Form kostengünstiger KfW-Kredite oder durch Zuschüsse aus unterschiedlichen Programmen von Land, Bund und EU. Ein weiterer Vorteil für Kommunen: Das Programm lässt sich mit anderen Fördersystemen verzahnen, etwa dem Programm "Soziale Stadt", sodass hier die Möglichkeit besteht, die energetische Quartierssanierung mit anderen wichtigen Aufgaben der Stadtentwicklung zu verbinden.

Dem Sanierungsmanagement kommt beim Quartierskonzept eine Schlüsselrolle zu. Im Sinne eines neutralen Kümmerers vor Ort trägt es dafür Sorge, die entwickelten Konzepte in konkrete Maßnahmen zu überführen. Es koordiniert die Umsetzungsplanung und bringt die einzelnen betroffenen Akteure wie Immobilieneigentümer, die Kommunalverwaltung, aber auch lokale Handwerksbetriebe und Finanzinstitute zusammen. Das Sanierungsmanagement ist Anlaufstelle und berät bei technischen oder organisatorischen Fragen, wie etwa der Beantragung von Fördergeldern.

Ganz entscheidend ist die tagtägliche Überzeugungsarbeit vor Ort, um Immobilieneigentümer zu motivieren, in die energetische Verbesserung ihrer Objekte zu investieren. Neben der direkten Ansprache über Informationsveranstaltungen, Briefe oder Hausbesuche gehört hierzu auch der intensive Dialog mit wichtigen Multiplikatoren vor Ort wie Vereinen, Verbänden oder den Kirchen und mit den lokalen Medien.

Die Bewältigung der Energiewende stellt unsere Gesellschaft vor eine große Herausforderung. Soll dieser komplexe Prozess gelingen, muss noch viel geleistet werden. Eine höhere Energieeffizienz im Gebäudebestand ist ein wichtiger Faktor dabei. Um sie zu erreichen, sind erhebliche Investitionen sowohl von der öffentlichen wie auch der privaten Seite erforderlich.

Umso mehr kommt es deshalb darauf an, sich auf die Maßnahmen mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis zu konzentrieren. Durch eine entsprechende Planung für ganze Quartiere lassen sich dabei die vielfältigen möglichen Ansätze zur Energieeinsparung und -effizienz sowie der Energieversorgung miteinander verzahnen und damit kosteneffizientere Ergebnisse erzielen als mit isolierten Einzelmaßnahmen. Darüber hinaus birgt das Agieren auf Quartiersebene erhebliches Potenzial für Kommunen, weitere städtebauliche Themen anzugehen, wie etwa mehr altersgerechten Wohnraum zu schaffen und die Attraktivität der Standorte zu erhöhen.

Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Quartiersanierung ist eine stimmige Planung in Verbindung mit einem guten Management. Denn neben der Überwindung vieler technischer und bürokratischer Hürden muss im Laufe der Durchführungsphase vor allem immer wieder Überzeugungsarbeit geleistet werden. Hier kommt das Konzept der integrierten energetischen Quartierssanierung ins Spiel. Durch einen von Anfang an auf eine erfolgreiche praktische Anwendung gedachten Prozess und eine professionelle Begleitung und Kommunikation vor Ort können die städtebaulichen Vorhaben zu einem gelungenen Abschluss gebracht werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X