Im Blickfeld

SEB-Pfandbriefe mit neuer Füllung

Die Schweden geben das deutsche Privatkundengeschäft auf und verkaufen es an die Banco Santander. Vor knapp zehn Jahren hatte sich die Skandinaviska Enskilda Banken AB (SEB) mit der Übernahme der BfG Bank in den hiesigen Markt für Finanzdienstleistungen eingekauft. Seitdem konnten die Skandinavier vor allem im gewerblichen Kreditgeschäft und dem Vermögensmanagement für institutionelle Investoren Erfolge verbuchen, während sie im deutschen Privatkundengeschäft glücklos agierten. 2009 setzte das Privatkundengeschäft seine Verlustbilanz mit 117 Millionen Euro fort. Neue Marketingkampagnen halfen ebenso wenig wie die Umstellungen in den Gebührenstrukturen oder das wiederholte Austauschen der zuständigen Vorstände. Selbst ein Ultimatum, demnach das Deutschlandgeschäft bis 2006 profitabel sein sollte, nützte nichts. Seitdem stand für die Schweden fest, dass sie zumindest das hiesige Filialnetz samt Kunden, Einlagen und Krediten abstoßen wollten. Dass dies nicht wie angestrebt 2008 geschah, ist der Finanzmarktkrise geschuldet.

Gemessen am gesamten Deutschlandgeschäft der SEB entfallen auf das Privatkundengeschäft rund 45 Prozent der Erträge, 60 Prozent der Kosten und 33 Prozent der Ausleihungen. Für den Konzern bedeutet die Transaktion acht Prozent weniger Kreditvergabe und den Verzicht auf sechs Prozent der Erträge. Gleichzeitig entfallen aber für den Konzern elf Prozent der Kosten, wenn man die Zahlen aus 2009 heranzieht. Letztlich war das deutsche Privatkundengeschäft für die Schweden ein Schrecken, den sie jetzt von sich aus beendet haben. Allerdings ist der Preis dafür hoch: Lediglich 555 Millionen Euro zahlen die Spanier für 173 Filialen, in denen rund 2000 Beschäftigte etwa eine Million Kunden, ein Einlagenvolumen von 4,6 Milliarden Euro, risikogewichtete Aktiva von 4,7 Milliarden Euro und Kredite in Höhe von 8,5 Milliarden Euro betreuen.

Für die Skandinavier ist das alles andere als ein gutes Geschäft. Zwar liegt der Kaufpreis über dem allokierten Eigenkapital in Höhe von 420 Millionen Euro, doch generiert der Verkauf für die Schweden unmittelbare Kosten von 375 Millionen Euro, zu denen auch veränderte Finanzierungs- und Absicherungskosten gehören, die den Verkaufserlös überkompensieren. Bis zum Abschluss des Verkaufs erwartet der Konzern einschließlich der Transaktionskosten eine Ergebnisbelastung von 240 Millionen Euro vor Steuern. Dazu kommen aber noch Restrukturierungskosten für das verbleibende Deutschlandgeschäft, die auf 80 Millionen Euro geschätzt werden sowie weitere Belastungen aus der Aktiv-Passiv-Steuerung nach dem Abschluss des Verkaufs. Entsprechend werde auch das Ergebnis für das Jahr 2011 mit schätzungsweise 65 Millionen Euro belastet.

Vor allem auf die Hypothekenpfandbriefe der SEB entfällt ein erheblicher Brocken des Restrukturierungsaufwands. Denn 82 Prozent des verkauften Kreditbestands, also knapp sieben Milliarden Euro, sind private Immobiliendarlehen, von denen ein maßgeblicher Teil zur Deckung der Pfandbriefe diente. So sind die umlaufenden Hypothekenpfandbriefe, deren Volumen sich am 31. März 2010 auf 4,2 Milliarden Euro belief, mit privaten und gewerblichen Immobilienfinanzierungen in Höhe von 5,3 Milliarden Euro gedeckt. Davon sind knapp 74 Prozent respektive 3,8 Milliarden Euro deutsche Wohnungsbaukredite. Wie hoch der Anteil der privaten Baufinanzierungen ist, lässt sich aus den § 28-Angaben der Bank jedoch nicht genau ermitteln. Finanzierungen von Wohnungen und Einfamilienhäusern machen zwei Milliarden Euro aus, Kredite für Mehrfamilienhäuser 1,8 Milliarden Euro.

Durch den Verkauf der privaten Baufinanzierungen fallen diese aus der Deckung der Pfandbriefe, denn mit Santander ist kein Refinanzierungsregister vereinbart. Die abfließenden Privatkundenhypotheken will die SEB durch deutsche gewerbliche Immobilienkredite ersetzen, deren Qualität sehr hoch sein soll. Dennoch verändert sich mit dem Wegfall privater Baufinanzierungen die Granularität und Risikostreuung im Deckungsstock. Gleichzeitig nimmt die Abhängigkeit von Konjunkturzyklen zu. In der Regel sehen das Ratingagenturen kritisch. Bisher muss die SEB 15 Prozent freiwillige Überdeckung bereithalten, um von Moody's ein Rating von Aa 1 zu erhalten. Daher dürfte es für die Bank deutlich schwieriger werden, dieses Rating in Zukunft mit einem reinen gewerblichen Deckungsstock zu erreichen. Noch hält sich Moody's zurück und wartet ab, bis die Darlehen endgültig übertragen wurden.

Vorsorglich kündigt die Bank aber an, bei Bedarf den Deckungsstock auch mit finnischen und schwedischen Gewerbeimmobilienkrediten vom Mutterkonzern aufzufüllen. Ob davon Gebrauch gemacht wird, ist unwahrscheinlich, weil die Kosten für eine solche Transaktion ziemlich hoch sein dürften. Zudem würde sich damit die Zusammensetzung des Deckungspools noch weiter gegenüber der ursprünglichen Struktur verändern. Dass das nicht jedem Pfandbriefinvestor gefällt, weiß auch der Emittent. Deshalb beruhigt die Pfandbriefbank die Anleger mit dem Versprechen, emittierte Pfandbriefe selbstverständlich "jederzeit zu marktfairen Sätzen" zurückzunehmen.

Ob diese Versicherung für Vertrauen sorgt, muss sich aber erst erweisen. Da die SEB jedoch keinen Hypothekenpfandbrief im Jumboformat im Markt hat, werden Spread-Veränderungen kaum sichtbar werden. Letztlich bestätigt auch dieser Fall die seit geraumer Zeit erkennbare Tendenz, dass der gewerbliche Anteil - und damit das Risiko - in den Deckungsmassen der Pfandbriefe zunimmt. L. H.

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