Im Gespräch

"Wir sind mit unserer heutigen Position nicht zufrieden"

Herr Buschbeck, der SEB-Konzern gibt sich für das kommende Jahr eine neue Struktur: Viele Geschäftseinheiten werden gebündelt und zentral gesteuert. Was heißt das für das Geschäft in Deutschland und den deutschen Markt- und Markenauftritt?

Der SEB-Konzern reduziert die Zahl der Geschäftsbereiche von sechs auf vier und führt die Backoffice-Bereiche und zentralen Funktionen organisatorisch zusammen. Dadurch wird nicht nur die Kundennähe verbessert. Die neue Konzernstruktur ist ein wichtiger Schritt zu engerer konzernweiter Zusammenarbeit. Davon profitiert auch die SEB in Deutschland. Denn je mehr wir voneinander lernen und Erfahrungen mit anderen Konzerneinheiten austauschen, desto erfolgreicher werden wir auf Dauer sein. Indem wir gemeinsam Produkte entwickeln und Prozesse gestalten, setzen wir unsere Ressourcen noch besser ein als bisher.

Ist eine solche Ausrichtung nicht kontraproduktiv? Kann noch lokal genug gedacht und agiert werden?

Die Ressourcen, die sowohl durch die gemeinsame Entwicklung von Produkten und Gestaltung von Prozessen als auch durch eine konzerneinheitliche IT-Plattform freigesetzt werden, stehen für lokale Besonderheiten zur Verfügung. Aber die stärkere Vernetzung bringt noch einen weiteren Vorteil: Die SEB Bank in Deutschland richtet ihr Produkt- und Dienstleistungsangebot und den Marktauftritt konsequent auf die Bedürfnisse der Kunden aus. In einzelnen Geschäftsbereichen, insbesondere im Firmenkunden- und gewerblichen Immobilienkundengeschäft, erwarten Kunden zusätzlich das Know-how internationaler Spezialisten. Durch die neue Konzernstruktur steht diese Expertise unseren Kunden in Deutschland umfassend zur Verfügung.

Im kommenden Jahr soll eine Entscheidung über die Zukunft der SEB-Aktivitäten hier in Deutschland fallen. Woraus schöpfen Sie in dieser Unsicherheit noch Motivation. In welcher Form wird es die SEB in Deutschland künftig noch geben?

Die neue Organisation des Konzerns ist ein positives Signal für das Privatkundengeschäft in Deutschland. Wir sind jetzt noch stärker als bisher integraler Bestandteil des SEB-Konzerns. Dies ist wichtig für Mitarbeiter und Kunden. Unsere Herausforderung besteht darin, die Erträge und die Profitabilität in Deutschland weiter zu verbessern. Hier sind wir auf einem guten Weg, wie die Ergebnisse der ersten neun Monate 2006 zeigen. Durch die im Juni gestartete Neupositionierung im stark umkämpften Retailmarkt konnten allein im dritten Quartal 2006 über 11000 Neukunden gewonnen werden, 37 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum.

Der Ergebnisbeitrag Deutschlands zum Konzernergebnis sinkt: Wie wollen Sie gegensteuern?

Der Ergebnisbeitrag der SEB Bank zum Gesamtergebnis liegt bei rund zehn Prozent. In den ersten neuen Monaten steigerte der SEB-Konzern das Nettoergebnis im Vergleich zum Vorjahr um 32 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Auch das Nettoergebnis der SEB AG stieg im gleichen Zeitraum deutlich um 16 Prozent auf 116 Millionen Euro.

Wenn man diese Entwicklungen vergleicht, ist zu berücksichtigen, dass die Geschäftserfolge in den boomenden Schwellenländern des Baltikums und das Investment Banking wesentliche Ergebnistreiber des Konzerns waren. Im Investment Banking ist die SEB Bank in Deutschland nur in geringem Umfang tätig.

Welche Geschäftsfelder spielen da für Sie eine besonders wichtige Rolle? Wo sehen Sie das größte Wachstumspotenzial für die SEB Deutschland?

In Deutschland ist die SEB in den Geschäftsfeldern Privatkunden, Firmen- und Immobilienkunden und Asset Management tätig. Wir sehen in allen Geschäftsbereichen Wachstumspotenzial und werden Wachstumschancen gezielt nutzen.

Wo wollen Sie den Hebel ansetzen - auf der Kostenseite über Personaleinsparungen und/oder Outsourcing oder auf der Ertragsseite durch eine Vertriebs- und/oder Produktoffensive?

Die Steigerung der Erträge steht bei der SEB Bank eindeutig im Vordergrund. Daher setzt die SEB Bank seit Jahresbeginn 2006 konsequent eine Wachstumsstrategie um.

Während wir auf der einen Seite gezielt in Wachstum investieren, sind wir auf der anderen Seite bestrebt, die Kosteneffizienz kontinuierlich zu verbessern. Für weitere Kosteneinsparungen gibt es keine festen Zielvorgaben. Vielmehr geht es uns darum, bei den Mitarbeitern neue Verhaltensmuster herbeizuführen und so eine

Kultur der kontinuierlichen Verbesserung zu etablieren.

Gerade das Retailbanking gilt in Ihrem Haus als eine Schwachstelle. Was können Sie besser als bisher und als die Wettbewerber machen, um hier besser bestehen zu können in Zukunft?

Im Mittelpunkt der Wachstumsstrategie stehen ein leistungsstarker Multikanalvertrieb, ein professionelles Allfinanzkonzept und eine neue Marktstrategie und Markenpositionierung. Zentraler Vertriebskanal bleiben die 175 Filialen in Deutschland. Mit dem Aufbau eines mobilen Vertriebs erweitert die Bank ihren Aktionsradius. Das Internet und die Call-Center werden sukzessive zu Vertriebskanälen ausgebaut. Durch die Partnerschaft mit der Axa-Versicherung positioniert sich die Bank als echter Allfinanz-Anbieter.

Als klarer Wettbewerbsvorteil erweist sich das Alleinstellungsmerkmal der Bank im deutschen Bankenmarkt: Die SEB Bank ist die einzige schwedische Privatkundenbank in Deutschland. Aus deutscher Sicht sind Schweden freundlich, serviceorientiert, flexibel, modern und unkompliziert.

Diese positiven Assoziationen greift die Neuausrichtung bei der Entwicklung eines klaren Profils und einer überzeugenden Identität der SEB Bank in Deutschland auf: Die SEB Bank als der besonders kundenfreundliche schwedische Finanzdienstleister, der für überzeugende Produktaktionen mit klarem Kunden-Mehrwert steht. Die Ausgangslage dafür, sich über einen exzellenten Service vom Wettbewerb zu differenzieren, ist günstig. Seit Jahren schneidet die SEB Bank in Deutschland bei Umfragen durch TNS Infratest zur Kundenzufriedenheit mit Bestnoten ab.

Sind Sie mit den Marktanteilen in den jeweiligen Geschäftsfeldern wie sie sich zur Zeit darstellen zufrieden? Welche Ziele gibt es?

Wir sind mit unserer heutigen Position nicht zufrieden. Wir wollen in allen Marktbereichen wachsen. Wir haben uns selbst ehrgeizige Wachstums-, Ertrags- und Profitabilitätsziele gesetzt.

Was hat für Sie Priorität: die Neukundengewinnung oder die bessere Ausschöpfung der Bestandskunden?

Sowohl die Neukundengewinnung als auch die bessere Ausschöpfung der Bestandskunden sind wesentliche Treiber unserer Wachstumspläne. Neben der hohen Kundenzufriedenheit verfügt die SEB über ein attraktives Kundenpotenzial. Die Herausforderung ist, diese Wettbewerbsvorteile in verstärktes Cross-Selling mit den Bestandskunden umzusetzen.

Großen Wert legen wir auf ein effizientes Churn-Management. Unser Ziel ist, die Abwanderung von Bestandskunden drastisch zu reduzieren. Mit der Neukundengewinnung verbreitert die Bank ihre Kundenbasis und schafft die Voraussetzungen für weiteres ertragsorientiertes Wachstum.

Die SEB hat sich in der Vergangenheit in Deutschland vor allem durch mangelnde Kontinuität ausgezeichnet. Kaum hatte man sich an ein Management gewöhnt, wurde es abberufen. Wird sich das nun endlich ändern?

Der SEB-Konzern verfolgt mit seinem Engagement in Deutschland langfristige strategische Ziele. Eines der Erfolgsgeheimnisse des Konzerns sind lang jährige, vertrauensvolle Kundenbeziehungen, die zum Teil seit Generationen bestehen.

Mit diesem Anspruch begegnet auch die SEB Bank ihren Kunden seit dem Eintritt in den deutschen Markt im Jahr 2000. Im Privatkundengeschäft werden zudem im Einvernehmen mit der Konzernführung umfangreiche Investitionen in die Wachstumsstrategie und die Neupositionierung getätigt. Das zeigt die Kontinuität der Geschäftsaktivitäten in Deutschland. Mein Ziel ist es, die mittelfristigen Geschäftsziele der SEB Bank zu erreichen: Von der SEB Bank erwartet der SEB-Konzern in den nächsten Jahren steigende Erträge und eine kontinuierliche Verbesserung der Profitabiltät.

Was versprechen Sie sich von der Kooperation mit der Axa?

Die Kooperation mit Axa bietet ideale Voraussetzungen, um unsere anspruchsvollen Ziele im Retailgeschäft zu erreichen und uns glaubwürdig als professioneller All-finanz-Anbieter zu positionieren. Wir wollen im Versicherungsgeschäft dynamisch wachsen und unsere Erträge deutlich steigern. Axa gehört zu den führenden und am schnellsten wachsenden Erstversicherungsgesellschaften in Deutschland. Sie hat in Deutschland 4,5 Millionen Kunden mit zirka zehn Millionen Verträgen.

Bei der neuen Partnerschaft steht die wechselseitige Nutzung der Vertriebswege im Vordergrund. Die SEB vertreibt ab 1. Januar 2007 exklusiv Axa-Produkte. Auf der anderen Seite werden über den Axa-Vertrieb die SEB-Produkte angeboten.

Die Kooperation umfasst im ersten Schritt den Vertrieb von Axa-Produkten - Lebensversicherungs- und anderen Vorsorgeprodukten - über ihre Filialen und den mobilen Vertrieb der SEB.

Zu einem späteren Zeitpunkt wird die Angebotspalette um Sach- und Schadensversicherungen einschließlich Restschuldversicherungen erweitert. Mitte 2007 startet Axa mit dem Vertrieb von Bank- und Investmentprodukten der SEB.

Planen Sie weitere Produktund/oder Vertriebskooperation - zum Beispiel im mobilen Bereich?

Auf dem Weg zu mehr Wachstum leisten Kooperationen einen wichtigen Beitrag. Daher werden wir die Zusammenarbeit mit strategischen Partnern wie Axa und der DVAG weiter intensivieren. Neue Kooperationen, die unsere Strategie unterstützen, streben wir an.

Die SEB Deutschland hat sich einen neuen Markenauftritt gegeben - ganz in grün, was ein wenig an die Dresdner Bank erinnert: Was waren die Gründe und wie sind die ersten Erfahrungen? Hat sich dieses Investment gelohnt?

Die Farbgebung entspricht der Corporate Identity des SEB-Konzerns. Das Grün steht für die Eigenschaften, die man mit Schweden verbindet und die auch die SEB Bank in ihrer neuen Identität verkörpert: frisch, positiv, freundlich.

So spiegelt das Grün die Philosophie wider, die hinter der Neupositionierung in Deutschland steht: Als besonders kundenfreundlicher schwedischer Finanzdienstleister entwickelt die SEB Bank

ein klares Profil und eine überzeugende Identität. Damit hebt sie sich vom Wettbewerb positiv ab und steigert die Markenbekanntheit. Mit "Swedish Banking" positioniert sich die Bank als Top-Service-Provider.

Dazu kommt eine neue Vertriebsstrategie: Wechselnde Produktaktionen, die eine schwedische Note haben und überraschend dargeboten werden. Die Angebote bieten einen echten Mehrwert für die Kunden, den es in dieser Form nur bei der SEB Bank gibt.

Erste Kundenbefragungen zur Wirkung des neuen Filialdesigns zeigen, dass die Veränderungen sehr positiv auffallen. Nach Ansicht der Befragten unterscheiden sich die Filialen der SEB Bank deutlich von den Geschäftsstellen anderer Finanzinstitute.

Die große Mehrheit der Kunden (89 Prozent) bewertet das neue Auftreten des Finanzinstitutes als hell und freundlich. Gelobt wird außerdem das Ambiente. Nach Angaben der Befragten strahlt es Modernität (84 Prozent) und Seriosität (82 Prozent) aus. Das frische Grün unterstreicht die schwedische Positionierung.

Auch die Geschäftszahlen belegen den Erfolg des neuen Marktauftritts: Das Midsommar-Fest im Juni bildete den deutlich sichtbaren Auftakt zur neuen schwedischen Welt der SEB Bank. Allein an diesem Aktionstag - dem 23. Juni 2006 - gewann die Bank 3500 neue Kunden.

Braucht die SEB AG nun mit dem Pfandbriefgesetz noch eine eigene Hypothekenbank?

Die SEB Hypothekenbank ist im Oktober 2005 mit der SEB Bank verschmolzen worden. Die Aktivitäten der SEB Hypothekenbank wurden in die Strukturen der SEB AG integriert und fortgeführt. Auch die Emission von Pfandbriefen wird seither von der SEB AG wahrgenommen.

Als erste deutsche Geschäftsbank erhielt die SEB im August von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eine Pfandbrieflizenz und nutzt damit die Möglichkeiten, die sich aus dem neuen Pfandbriefgesetz ergeben. Die Ratingagentur Moody's bewertet die öffentlichen Pfandbriefe und die Hypothekenpfandbriefe der Bank mit der Bestnote "Aaa".

Dadurch, dass die SEB Hypothekenbank in die SEB AG integriert wurde, konnte das Kerngeschäftsfeld Immobilienkunden gebündelt und gestärkt werden. Der SEB-Konzern hat seine Aktivitäten in Europa im kommerziellen Immobilienkundengeschäft zusammengefasst. Sitz des Geschäftsfeldes Commercial Real Estate ist Frankfurt.

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