Schwerpunkt: Finanzierung der Kommunen

Sicherung der Finanzen und Investitionen in die Zukunft

Die finanzielle Lage der deutschen Städte ist mehr als besorgniserregend:

- Die Kassenkredite haben die schwindelerregende Rekordhöhe von 42,9 Milliarden Euro erreicht. Das heißt: Kommunen mussten in diesem Ausmaß kurzfristig Darlehen aufnehmen, die nichts mit der Finanzierung von Investitionen in die Zukunft zu tun haben, sondern nur dazu dienen, trotz der Ebbe in der Kasse laufende Ausgaben wie Beamtengehälter oder Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose zahlen zu können.

- Noch größer, nämlich 45 Milliarden Euro, ist 2011 die Summe der Sozialausgaben, die Deutschlands Kommunen finanzieren müssen - ohne jede Rücksicht darauf, ob sie zu diesen Zahlungen in der Lage sind.

- Trotz der erfreulich steigenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer erwarten die deutschen Städte 2011 ein Defizit von etwa fünf Milliarden Euro. Das ist weniger als in den beiden Vorjahren, die Situation hat sich also bundesweit gebessert, dies ändert aber nichts daran, dass finanzschwache Kommunen noch tiefer in die Überschuldung sinken werden. Außerdem wird die Investitionskraft der Kommunen sprunghaft zurückgehen, wenn das von der großen Koalition beschlossene Konjunkturpaket II auslaufen wird.

Zwar hat sich die Gewerbesteuer nach dem Einbruch 2009 rasch wieder erholt und wird 2011 bundesweit voraussichtlich auf etwa 39 Milliarden Euro anwachsen. Dies liegt nahe am Wert des Jahres 2008. Die Städte sind aber trotzdem noch nicht über den Berg. Die Altdefizite drücken viele Kommunen gewaltig und neue Herausforderungen warten bereits: Wenn die Schuldenbremse in den Ländern auf Kosten der Kommunen durchgesetzt wird, schränkt dies die Handlungsfähigkeit empfindlich ein. Steuersenkungen würden in dieser Lage die Probleme der Städte noch zusätzlich verschärfen.

Kommunen in struktureller Schieflage

Die Kommunen sind für einen großen Teil der öffentlichen Infrastruktur verantwortlich. Die Herausforderungen durch den demografischen Wandel, im Umwelt- und Klimaschutz, in der Bildung und der Verkehrsinfrastruktur sind gewaltig. Die notwendigen Investitionen können viele Kommunen nur durch eine weitere Verschuldung finanzieren. Oft gelingt dies ausschließlich durch die Aufnahme von Kassenkrediten, die zu diesem Zweck nicht vorgesehen sind.

Zurückzuführen ist die strukturelle

Schieflage der Kommunalfinanzen auch auf erhebliche Aufgabenübertragungen durch den Staat (ohne entsprechende Gegenfinanzierung) und stetig steigende Sozialausgaben. Neben einer weiteren Haushaltskonsolidierung der Kommunen ist daher die Durchsetzung des Konnexitätsprinzips sowie die Neuordnung der kommunalen Aufgaben und des Gemeindefinanzierungssystems dringend notwendig.

München auf niedrigstem Schuldenstand seit 1996

Im Vergleich mit anderen Kommunen geht es München gut, obwohl auch hier die Sozialausgaben steigen. Auch dank einer guten städtischen Politik stehen diesen aber auch vergleichsweise hohe Steuereinnahmen gegenüber. Außerdem betreibt München freiwillig seit 1994 eine konsequente Haushaltskonsolidierung. Das 6. Konsolidierungskonzept (HSK) startet 2012 und sieht zusammen mit der durchgeführten Sonderkonsolidierung einen dauerhaften Einspareffekt von jährlich 100 Millionen Euro ab 2018 vor. Kumuliert erspart das 6. HSK im Zeitraum 2012 bis 2018 eine Summe von über 340 Millionen Euro.

München hat zwar in dürren Jahren Kredite aufgenommen, um die außerordentlich hohe Investitionskraft der Stadt zu erhalten und die Infrastruktur zukunftsfähig zu gestalten: Investitionen in die Kinderbetreuung, den Wohnungsbau oder das Verkehrswesen. In guten Jahren wurden diese Kredite durch hohe Haushaltsdisziplin aber wieder abgebaut. Allein in den letzten sechs Jahren wurde der Schuldenstand mehr als halbiert, Ende 2011 wird er so niedrig sein wie 1996. Dies gelang, ohne städtische Betriebe oder große Vermögenswerte zu veräußern.

Andere Städte haben schlicht ihre Energieunternehmen oder ihre Wohnungsbestände verkauft. Dies wurde knapp zwei Jahrzehnte lang als Patentrezept zur Schuldenreduzierung gefeiert. Nun stellt sich aber heraus, dass Private erstens keineswegs alles besser können und zweitens - sehr überraschend - sich am privaten Profitinteresse statt am Gemeinwohl orientieren, weshalb bundesweit eine Renaissance der Kommunalwirtschaft stattfindet. Und während die Gewinne privater Energieunternehmen in die Taschen der Aktionäre fließen, profitiert in München der städtische Haushalt von den Gewinnen der Stadtwerke.

Mit dem Eigentum an den Stadtwerken bleibt auch der kommunale Einfluss erhalten, um über die kommunale Infrastruktur selbst entscheiden und die Leistungen für die Bürger beeinflussen zu können. Besonders deutlich wird dies im Bereich der erneuerbaren Energien, wo sich die Stadtwerke (SWM) als größtes kommunales Unternehmen in Deutschland das Ziel gesetzt haben, bis 2025 so viel Ökostrom in eigenen Anlagen zu produzieren, dass der gesamte Münchener Strombedarf - immerhin 7,5 Milliarden Kilowattstunden - gedeckt werden kann. Das geplante Investitionsvolumen liegt bei rund neun Milliarden Euro.

Wirtschaftliche Rahmenbedingungen

Auch bei der Refinanzierung geht man neue Wege: In Zusammenarbeit mit der Stadtsparkasse München wurde der MÖkosparbrief aufgelegt. SWM-Kunden investieren ihr Geld in Münchens ökologische Zukunft. Die angelegten Mittel werden von der Stadtsparkasse München als Kredit an die SWM ausgereicht und dort ausschließlich in die Ausbauoffensive Erneuerbare Energien investiert.

Mit über 35 Prozent der laufenden Einzahlungen ist die Gewerbesteuer Münchens wichtigste Einnahmequelle. Handlungsspielräume im Haushalt und weiterhin hohe Investitionskraft wird es nur geben, wenn die Münchener Wirtschaft weiterhin prosperiert. Vor dem Hintergrund der sich verschärfenden Finanz- und Staatsschuldenkrise stehen die Zeichen aber auf Sturm. Die massiven staatlichen Maßnahmen zur Bankenrettung und zur Konjunkturbelebung haben 2008 einen Zusammenbruch des Geld- und Bankensystems verhindert. Strukturell haben genau diese Maßnahmen die Unterfinanzierung der Staaten aber verschärft. Europa, und hier vor allem die durch die Schuldenkrise am stärksten betroffenen Staaten wie Griechenland, Irland, Spanien, Portugal und Italien, versucht sich aus der Krise zu sparen. Dies führt zu einem Teufelskreis aus Einsparungen, einbrechender Wirtschaftsleistung und sinkenden Steuereinnahmen. Für Deutschland fallen wichtige Exportmärkte weg. Dies wird auch München treffen.

Ein Ende dieser Abwärtsspirale kann nur durch energische politische Maßnahmen erreicht werden. Dazu gehört eine Stärkung der Binnennachfrage. Die Staatseinnahmequote am BIP in Deutschland, die zu den niedrigsten in der OECD gehört, muss erhöht werden. Durch eine Stärkung der staatlichen und privaten Nachfrage ist es möglich, in der Wirtschaft einen Teil des wegbrechenden Exportgeschäftes aufzufangen. Eine nachhaltige und zukunftsorientiert ausgerichtete Politik erfordert in Deutschland massive Investitionen in den Bildungssektor, den Ausbau der öffentlichen Infrastruktur und die Sicherung sozialer Leistungen.

Die deutschen Kommunen haben dabei eine sehr wichtige Aufgabe zu erfüllen. Dies wird am Beispiel Münchens sehr deutlich. Im Stadthaushalt 2012 betragen die geplanten Ausgaben für gesetzliche Sozialleistungen mit 644 Millionen Euro rund 14 Prozent der Gesamtausgaben. Umlagen aus der Bezirksumlage, Gewerbesteuerumlage und Krankenhausumlage summieren sich auf insgesamt 714 Millionen Euro, fast 15 Prozent der gesamten Auszahlungen. Allein diese von der Stadt nicht zu beeinflussenden Ausgaben machen also rund 1,4 Milliarden Euro und damit rund 30 Prozent der laufenden Ausgaben aus.

Trotzdem wird München die Ausgaben für Investitionen auf hohem Niveau halten: Vorgesehen sind 588 Millionen Euro im Jahr 2012, insgesamt 3,4 Milliarden Euro von 2011 bis 2015. Der Löwenanteil entfällt wie auch schon in den vergangenen Jahren auf Kinderbetreuung und Schulen, Straßen- und Brückenbau sowie Wohnungsbau.

Der Landeshauptstadt München war es in den vergangenen Jahren möglich, diese hohen Investitionsquoten weitgehend ohne Fremdfinanzierung zu schultern und den Schuldenstand in den letzten sechs Jahren sogar zu halbieren. In Abhängigkeit von der Konjunktur (und da vor allem der Gewerbe- und Einkommensteuereinnahmen), deren weiterer positiver Verlauf fraglich ist, ist es denkbar, dass zur Sicherung der kommunalen Leistungen und der Infrastruktur künftig wieder verstärkt Kredite eingesetzt werden müssen.

Insolvenzunfähigkeit

Dazu wird weiterhin ein funktionierender Kommunalfinanzierungsmarkt zur Verfügung stehen. In der Vergangenheit gab es hierbei vor allem mit öffentlich-rechtlichen Banken und deutschen Hypothekenbanken eine hervorragende Zusammenarbeit, sodass auch unter erschwerten Bedingungen in den Finanzmärkten künftig keine Schwierigkeiten bei der Kreditversorgung erwartet werden. München beobachtet die Märkte aufmerksam und wird sich wenn nötig auch alternativen Finanzierungsformen, wie zum Beispiel der Emission von Stadtanleihen, mit denen bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen gesammelt wurden, nicht verschließen. Leider ist der Markt für die damals besonders begehrten effektiven Stücke nahezu ausgetrocknet. Die Begebung von Anleihen steht daher aktuell nicht im Vordergrund.

Unzweifelhaft werden die gute Bonität der Stadt und die gesetzlich geregelte Insolvenzunfähigkeit deutscher Kommunen die Kreditversorgung sichern, auch ohne auf ein Rating von zweifelhaften Ratingagenturen zurückgreifen zu müssen. Allerdings ist der beste und damit auch der billigste Kredit derjenige, den die Kommune nicht aufnehmen muss.

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