Unternehmen und Märkte

Steigende Wohnungspreise, aber keine Blase

Steigen die Wohnungsmieten in Deutschland zu stark und droht gleichzeitig bei den Kaufpreisen eine Blase? Diese Frage genießt derzeit ein hohes Maß an medialer Aufmerksamkeit. Dazu hat die Entdeckung der Immobilie als Geldanlage für Privatpersonen beigetragen. Deshalb untersuchte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) jüngst die aktuellen Entwicklungen und Tendenzen auf den Wohnungsmärkten. Seit geraumer Zeit ist das BBSR bemüht, eine Verbesserung der Markttransparenz bei Immobilienpreisen durchzusetzen. Dazu werden die Preisdaten sämtlicher Miet- und Kaufinserate aus Zeitungen und Internetportalen für Wohnungen und Einfamilienhäuser analysiert, um anhand dieser eine Angebotsstruktur wiedergeben zu können. Jüngst hat das BBSR deshalb die Entwicklung der Immobilienpreise und Transaktionen insbesondere in regionaler und zeitlicher Perspektive untersucht.

Hierbei hat sich ergeben, dass die Auswirkungen der Finanzmarktkrise 2007/2008 auf dem Grundstücksmarkt deutlich zu spüren waren und einen Rückgang von neun Prozent verursachten. In den Jahren 2009 und 2010 nahmen die Transaktionen jedoch wieder zu und stiegen um acht beziehungsweise elf Prozent. Die Marktaktivitäten haben hierbei im gesamten deutschen Raum wieder deutlich zugenommen. Es wurde jedoch beobachtet, dass Eigenheime im Neubau weiterhin eher im suburbanen Raum verwirklicht werden, während in Kernstädten die Eigentumswohnung bevorzugt wird. Die Transaktionen von Baugrundstücken für den Geschosswohnungsbau jedoch liegen seit Jahren auf einem niedrigen Niveau. 2010 betrug der Anteil lediglich sieben Prozent an allen Wohnungsbaulandverkäufen.

Bestandsimmobilien allerdings erfreuen sich größerer Beliebtheit. Sie werden in Deutschland deutlich häufiger umgesetzt als noch unbebaute Grundstücke. Im Zeitraum von 2007 bis 2010 wurden die meisten Transaktionen von gebrauchten Eigenheimen in wirtschaftlich und demografisch stagnierenden Regionen getätigt. Wachsende Kreise verzeichnen dagegen durchgehend unterdurchschnittliche Transaktionszahlen. Hier ist stattdessen die Nachfrage nach Eigentumswohnungen stark gestiegen.

In Kernstädten wurden mit 4,8 Transaktionen von Eigentumswohnungen je 1 000 Einwohner etwa doppelt so viele Verkäufe realisiert wie in den Umlandkreisen. Mit 749 Euro je Einwohner verzeichnen die Kernstädte hier einen weit überdurchschnittlichen Umsatz.

Eigenheimpreise zeigten sich selbst in der Finanzkrise relativ stabil, jedoch haben sich gebrauchte Häuser 2010 im Bundesdurchschnitt spürbar verteuert, während das Preisniveau von gebrauchten Eigentumswohnungen vorerst stagnierte. Seit 2010 zogen die Preise für den gesamten Eigentumswohnungsmarkt jedoch spürbar an, da die Preise für Neubauwohnungen deutlich gestiegen sind.

Was das Preisniveau ebenfalls beeinflusst, ist die regionale Wirtschafts- und Bevölkerungsentwicklung, so das Bundesinstitut. Während Erwerber von gebrauchten Eigenheimen in schrumpfenden bis stabilen Regionen lediglich 140 000 bis 145 000 Euro für ihr Haus zahlen, müssen Erwerber in wachsenden Regionen dagegen durchschnittlich rund 277 000 Euro aufbringen. Auch die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im Weiterverkauf weisen nach den Ergebnissen der Studie auf die großen regionalen Unterschiede in Deutschland hin. Besonders das Preisgefälle von Kernstädten zu ländlichen Räumen ist hierbei außerordentlich hoch.

Aufgrund gegenwärtiger Unsicherheiten in der europäischen Wirtschaft um die Zukunft des Euros, der Angst vor Inflation und der begünstigenden Niedrigzinsphase sind Wohnimmobilien bei Unternehmen und Privatinvestoren ein gefragtes Anlageobjekt. Die durchschnittlichen Kaufpreise für Eigentumswohnungen korrelieren hierbei sichtlich mit den Mietniveaus in einer Region. In dynamischen Wachstumszentren wie München, Rhein-Main und der Rheinschiene in Nordrhein-Westfalen führen die Nachfrageüberhänge nach Wohnungen zu dermaßen überdurchschnittlichen Preisniveaus, dass sich diese teilweise selbst auf das Umland auswirken. Die ländlichen Regionen hingegen zeigen in der Regel deutlich unterdurchschnittliche Kosten.

Es ist jedoch zu vermerken, dass steigende Mieten die Situation auf vielen Wohnungsmärkten weiter angespannt haben. Die Attraktivität der Wohnimmobilie als Kapitalanlage hat dafür gesorgt, dass 2011 die Transaktionstätigkeiten für Eigentumswohnungen besonders in Großstädten zugenommen haben. Gegenüber dem Vorjahr stiegen die Transaktionen laut Studie um rund 14 Prozent bei Neubau- und neun Prozent bei gebrauchten Eigentumswohnungen. Damit lagen die Transaktionen von gebrauchten Eigentumswohnungen 2011 um 35 Prozent

höher als im Jahr 2007. Bei dem Erwerb von Eigenheimen hat sich 2011 in Großstädten jedoch eine rückläufige Tendenz gezeigt. Diese werden wegen der günstigeren Preisniveaus weiterhin tendenziell außerhalb der Großstädte gekauft.

Rückblickend lässt sich für das Jahr 2011 keine Preisblasenbildung am Wohnimmobilienmarkt erkennen. Allenfalls im Bereich der neuen Eigentumswohnungen zeigten sich deutlichere Preissprünge von knapp 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Da vor dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 die Preise von neuen Eigentumswohnungen zirka 20 Prozent tiefer lagen als 2011, ist zu erkennen, dass eine stetige und deutliche Preissteigerung auf dem Markt der neu gebauten Wohnungen vorhanden ist. Die deutlich häufigeren Transaktionen von gebrauchten Eigentumswohnungen jedoch verzeichnen relativ geringe Preissteigerungen von zuletzt 3,5 Prozent - hierbei ist das Preisniveau von 2007 im Durchschnitt noch nicht wieder erreicht. Ebenfalls in ruhigen Bahnen verläuft die Preisentwicklung auf dem Markt der Eigenheime. In der Gesamtschau scheint die Furcht vor einer generellen Immobilienblase zumindest in nächster Zeit unbegründet.

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