Bausparen

"Wir streben einen Marktanteil von 50 Prozent im Bauspargeschäft an"

Am 1. April 2009 haben Sie den Vorstandsvorsitz der LBS Ost übernommen. Zuvor waren sie viele Jahre Chef der Bördesparkasse in Oschersleben. Mit welchen Erwartungen wechselt ein Sparkassenvorstand zur Dienstleistungstochter LBS?

Der Blick eines "Dienstleisters" auf seinen Hauptvertriebspartner ist tatsächlich ein anderer als der, mit dem der Vertrieb seine Produktanbieter wahrnimmt. Für jede Seite ist es aber von Vorteil, seinen Partner möglichst genau zu kennen und seine Sprache zu sprechen. Die LBS kenne ich als Sparkassenvorstand schon sehr viele Jahre, insofern waren mir das Unternehmen und das Bausparen nicht fremd. Natürlich sind die Herausforderungen andere. Eine Sparkasse bietet als Universalkreditinstitut ein breites Produktportfolio in einer Region, während eine Landesbausparkasse als Spezialkreditinstitut wenige Produkte in einem wesentlich größeren Geschäftsgebiet anbietet.

Was erwarten die Sparkassen von ihrer Landesbausparkasse?

Die Sparkassen erwarten, dass das Angebot ihrer LBS im Markt Bestand haben kann. Das heißt, zuerst muss die Qualität - des Produktes und der Beratung - stimmen. Als zweites muss auch der Preis adäquat und wettbewerbsfähig sein.

Aber die Bedürfnisse der Sparkassen gehen über das Produkt hinaus. Gefragt ist eine gelebte Zusammenarbeit, zu der vor allem die intensive Betreuung und Schulung der Sparkassenmitarbeiter durch die LBS gehört. So unterstützen unsere Trainer den Sparkassenvertrieb in den einzelnen Geschäftsstellen.

Die Sparkassen liefern 90 Prozent der Bausparabschlüsse. Wünschen Sie sich einen stärkeren Beitrag des eigenen Außendienstes zum Neugeschäft?

Aus historischen Gründen unterscheidet sich unser Vertrieb von dem der anderen Landesbausparkassen. Als wir vor 20 Jahren gegründet wurden, hatte fast jeder Ostdeutsche die Sparkasse als Hausbank. Heute haben die Sparkassen in unserem Geschäftsgebiet immer noch einen Marktanteil von mehr als 60 Prozent. Deshalb sind unsere 270 Außendienstmitarbeiter, die wie in anderen Bausparkassen als freie Handelsvertreter auf Provisionsbasis arbeiten, eng an die Sparkassen angebunden und arbeiten überwiegend in deren Filialen.

Die Hauptaufgabe des LBS-Ost-Außendienstes ist die Unterstützung des Vertriebsnetzes der Sparkassen durch eigene Akquisitionsanstrengungen, durch Begleitung bei Einführung neuer Produkte und durch die systematische Abarbeitung vorhandener Kundenkontakte.

Alles, was in der Sparkasse passiert, geht in der Regel auch auf Rechnung der
Sparkasse. Deshalb ist es optisch so, dass 90 Prozent der LBS-Abschlüsse in die GuV der Sparkasse laufen, tatsächlich wird aber der Großteil dieses Neugeschäfts von uns begleitet.

Kundenbeziehungen sind für Sparkassen etwas sehr Wertvolles und Pflegebedürftiges. Wie stellen Sie sicher, dass die Sparkassenberater den LBS-Mitarbeitern ihre Kunden anvertrauen?

Die Sparkasse berät ihre Kunden stets selbst, holt sich aber bei Bedarf Unterstützung von der LBS. Ein Beispiel: Im Bereich einer Geschäftsstelle treten 100 Jugendliche ins Berufsleben ein. Unser Außendienst bereitet zusammen mit der Zentrale die Vertriebsaktion vor und führt diese zusammen mit der Sparkasse durch. Wir liefern das Vertriebs-Knowhow in die Sparkasse, die direkte Kundenansprache erfolgt aber durch die Sparkasse. Wir sehen uns als Unterstützer der Sparkassenberater.

Wenn Ihr Außendienst im Wesentlichen von den Sparkassen nach deren Bedarf "angefordert" wird, wie steuern Sie dann Ihren Vertrieb?

Mit den Sparkassen stimmen wir uns über Marktausschöpfungsquoten für das Bausparen ab. Auf dieser Basis wird eine Zielgröße definiert. Wir streben einen Marktanteil von 50 Prozent im Bauspargeschäft an. Um diesen zu erreichen, haben wir zwei Möglichkeiten: erstens die verstärkte Akquisition innerhalb der Sparkassenkundschaft und zweitens der Vertrieb von LBS-Produkten außerhalb der Sparkassenkundschaft. Da die Sparkassen in Ostdeutschland einen sehr komfortablen Marktanteil haben, konzentrieren wir uns zunächst auf diese Kunden. Aktuell haben in unserem Geschäftsgebiet 17,1 Prozent der Inhaber eines Sparkassen- Girokontos auch mindestens ein LBS-Produkt, damit erreichen wir bereits jetzt einen Marktanteil von rund 40 Prozent im Neugeschäft.

Unser Ziel ist es, dass im Schnitt jeder vierte Sparkassenkunde ein LBS-Produkt besitzt. Wenn wir diese Vorgabe erreichen und die zehn Prozent Neugeschäft hinzurechnen, die unser Außendienst akquiriert, werden wir den angestrebten Marktanteil von 50 Prozent erzielen.

Aufgrund der demografischen Entwicklung stehen in Ostdeutschland vielfach Wohnungen leer und der Druck auf die Mieten ist entsprechend groß. Wie willens sind die Ostdeutschen, Wohneigentum zu bilden?

Von Leerstand sind in der Regel qualitativ minderwertige Wohnungen betroffen. Mit dem Stadtumbauprogramm wird bereits seit Jahren daran gearbeitet, das Angebot durch Abriss dieser oft nicht mehr marktgängigen Wohnungen zu bereinigen. Wir beobachten, dass der Wunsch nach hochwertigem Wohnen zunimmt. Viele Eigenheime und Eigentumswohnungen, die in den letzten 20 Jahren entstanden sind, müssen in Zukunft renoviert und modernisiert werden. Es wird also weiterhin Finanzierungsbedarf und damit genügend Geschäftspotenziale für die LBS geben.

Die LBS Ost hat gemessen an ihren Einlagen ein relativ niedriges Finanzierungsgeschäft. Es gibt aber einen Darlehensmarkt, den wir mit unseren traditionellen Vertriebswegen nicht erreichen. Deshalb kooperieren wir über FINMAS, eine Kooperation der ostdeutschen Sparkassen mit der Hypoport AG, im Kreditgeschäft mit Maklern, Bauträgern und Drittvertrieben.

Welche Erfahrungen haben Sie mit dem Maklervertrieb über die Online-Plattform FINMAS gemacht?

Finmas ist eine Vermittlerplattform für Drittvermittler. Diese wählen aus einer Vielzahl von Produkten und Anbietern aus. Daher müssen wir uns mit den Drittvermittlern sehr intensiv auseinandersetzen und den persönlichen Kontakt zu ihnen pflegen. Dabei muss sich jeder Anbieter sehr genau überlegen, ob er kurzfristig mit einer Markteintrittskondition antreten möchte, mit der er aber mindestens zehn Jahre im Bestand belastet ist, oder ob er ein nachhaltiges Angebot macht.

Welcher Vertriebsweg liefert das qualitativ bessere Geschäft, welcher Vertriebskanal ist effizienter?

Wir haben für alle Vertriebswege die gleichen Parameter bei der Darlehensbewilligung hinterlegt. FINMAS liefert das Geschäft auf einem neuen Weg. Dieser ist aber hocheffizient, weil bereits vor Eintreffen der benötigten Unterlagen alle Daten online bearbeitet werden können. Das ist schneller und günstiger, als alle Dokumente in traditionell physischer Form zugeschickt zu bekommen und einpflegen zu müssen. Trotzdem sucht die Mehrheit unserer Kunden den persönlichen Kontakt zum Finanzierungsberater.

Trotzdem sind die Darlehenszusagen 2009 gesunken. Lassen Ihnen die Sparkassen zu wenig außerkollektives Geschäft?

Der Baufinanzierungsmarkt ist sehr schwierig. Die typische Sparkasse in den neuen Bundesländern hat einen deutlichen Passivüberhang. Das Kreditgeschäft macht in der Regel ungefähr 40 Prozent des Bilanzvolumens aus. Insofern stehen die Sparkassen vor der gleichen Situation wie die LBS Ost.

Es ist in unserem Geschäftsgebiet ausreichend Geld für Bauwillige vorhanden, aber es mangelt an der Nachfrage. Wir haben daher deutlich mehr Fälle, in denen die Sparkasse Finanzierungen aus den eigenen Mitteln durchführt. Deshalb positionieren wir unsere Produkte entweder als Ansparprodukt zur Ablösung der Baufinanzierung der Sparkasse nach Ablauf der Zinsbindungsfristen oder als Versicherung für das Haus. Die erwähnte Zusammenarbeit mit FINMAS wurde erst 2010 aufgenommen.

Wie kommunizieren Sie Ihren Vertriebspartnern die Vorteile der Produktfamilie der LBS?

Ein Bausparvertrag, den wir nicht abschließen, wird bei einem Wettbewerber abgeschlossen. Das bedeutet auch für die Sparkassen immer wieder Kunden- und Potenzialverlust. Deshalb hat die Sparkasse ein ureigenes Interesse, ihre Baufinanzierungen mit einem Bausparvertrag der LBS zu unterlegen. Übrigens ist der Bausparvertrag oft der Türöffner für die Wertschöpfungskette rund um die eigene Immobilie.

Sind Baufinanzierungen in Ostdeutschland risikoreicher als in Westdeutschland?

In der privaten Baufinanzierung hat die LBS Ost nicht mehr Risiken als eine ostdeutsche Sparkasse. Der typische ostdeutsche Bausparer möchte viel schneller schuldenfrei sein als der typische westdeutsche Bausparer.

Aufgrund der geringen Darlehensnachfrage und der hohen Sparneigung hat die LBS Ost einen relativ hohen Wertpapierbestand. Wie stark spüren Sie die Finanz- und Wirtschaftskrise in den Kapitalanlagen?

Wir befinden uns in einer Niedrigzinsphase. 70 Prozent der Wertpapiere, die wir in der Bilanz haben, sind vorher gekauft worden. Daher haben wir hohe stille Reserven in unseren Wertpapierbeständen. Wir benötigen regelmäßige Zinseinnahmen, damit wir unsere Bausparer bedienen können.

Aber es sollte nicht Ziel einer Bausparkasse sein, den wesentlichen Teil ihrer Erträge am Kapitalmarkt zu erzielen.

Deshalb wäre uns ein höheres Zinsniveau lieber, denn steigende Zinsen machen Bauspardarlehen attraktiver. Es würden also Wertpapierbestände abgebaut werden, wenn sich Anlagealternativen für die freien Mittel ergäben.

Die Niedrigzinsphase hält länger an, als von vielen erwartet. Sind die aktuellen Tarifstrukturen im Bausparen noch zeitgemäß?

In der Vergangenheit haben die Bausparkassen Verträge abgeschlossen, die im Vergleich zu heute sehr attraktiv verzinst sind. Diese Bausparer werden wir in der aktuellen Marktlage nicht dazu bewegen können, ihr Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen. Auf die Niedrigzinsphase haben die Bausparkassen mit einer neuen Tarifstruktur reagiert, die eine deutlich niedrigere Guthabenverzinsung, aber auch eine niedrigere Darlehensverzinsung bietet.

Was passiert, wenn die Zinsen noch länger so niedrig bleiben?

Da Bausparen von der Schwankung des Zinsniveaus lebt, würde eine anhaltende Niedrigzinsphase die Bausparkassen tatsächlich vor Probleme stellen. Deshalb sollte darüber diskutiert werden, den für alle Bausparkassen verbindlichen Fonds für bauspartechnische Absicherung sowohl unter dem Aspekt der Höhe seiner Dotierung als auch seinen Verwendungsoptionen zu überdenken.

Ist das Bausparen von staatlichem Wohlwollen abhängig?

Die Sonderkonjunkturen im Bausparneugeschäft der Jahre 2003 und 2008 zeigen, dass das Produkt von staatlicher Förderung stimuliert werden kann und umgekehrt auch Einbußen erleidet, wenn ungünstige politische Beschlüsse gefasst werden. Die gegenwärtige Förderlandschaft für das Bausparen ist angemessen. Auch ist das Bausparen in der Bevölkerung positiv besetzt und wird als essenzieller Bestandteil der Finanzierung gesehen.

Setzt die Förderung die richtigen Anreize?

Wer heute auf seinen Rentenbescheid blickt, wird feststellen, dass mit der staatlichen Rente der Lebensstandard in Zukunft nicht zu halten ist. Daher überlegen viele, was sie persönlich tun können, um im Alter Sicherheit zu haben. Eine wesentliche Möglichkeit, Kosten zu sparen, ist das schuldenfreie Wohneigentum. Unser Geschäftsmodell befördert diese persönliche Investition der sicheren Altersversorgung.

Bausparen ist für Jugendliche und Berufsanfänger interessant, weil der Staat das Bausparen mit acht Prozent Wohnungsbauprämie kräftig fördert. Dennoch mündet kaum einer dieser Bausparverträge in einer Baufinanzierung, sondern häufig verliert die Bausparkasse den Kunden wieder. Wie kann die Kundenbindung verstetigt werden?

Dass die jungen Bausparer ihren Wunsch nach Wohneigentum zurückstellen und zunächst nicht weiter so intensiv verfolgen, hat verschiedene Ursachen. Zum einen wird von ihnen Mobilität verlangt. Zum anderen sind die Einkommensgrenzen für die Wohnungsbauprämie seit Jahren nicht angehoben worden. Wer also ein paar Jahre im Berufsleben steht, verdient auch mehr und überschreitet dann schnell die Voraussetzungen für die Prämiengewährung. Der Bausparvertrag bietet zwar immer noch eine attraktive Verzinsung, doch sehen sich die Kunden auch nach anderen Sparmöglichkeiten um oder verwenden das angesparte Guthaben anderweitig.

Zukünftig werden aber die jungen Menschen frühzeitiger mit dem Thema Altersvorsorge konfrontiert werden. Dies bewirkt dann, dass der Bausparer besonders im Riester-Segment jünger wird.

Wie spüren Sie die Einschränkungen der energetischen Förderprogramme?

Energetische Sanierung macht einen großen Teil unseres Geschäfts aus. Die KfW-Förderung ist zweifellos ein wichtiger Baustein, aber es wird auch viel ohne diese Zinssubvention, zum Beispiel über Bausparen, finanziert. Im übrigen bieten die staatlichen Programme auch weiterhin ein breites Förderspektrum, das wir in unsere Beratungen einbinden.

Sind die gesetzlichen Regelungen für Bausparkassen noch aktuell?

Die gesetzliche Grundlage des Bausparens ist sinnvollerweise immer wieder nachjustiert worden, ohne aber an den Prinzipien zu rütteln. Eine Generalrevision des Gesetzes muss es aus heutiger Sicht nicht geben. In der Finanzmarktkrise haben sich die Bausparkassen als Garant für Stabilität und Sicherheit erwiesen. Das Spezialbankprinzip hat sich auch in der jüngsten Vergangenheit eindrucksvoll bewährt. Derzeit wird an einer größeren Regelungsdichte für die Finanzwirtschaft gearbeitet. Welchen Sinn würde es machen, krisenbewährte Regeln abzuschaffen?

Noch keine Bewertungen vorhanden


X