Bausparen 2010

"Überlegenswert wäre, einen Ertragspuffer vorzusehen"

Mit welchen Gefühlen betrachtet die Aufsicht Bausparen 2010?

Bausparen ist gut durch die Finanzmarktkrise gekommen. Das Bausparsystem hat seine Stabilität bewiesen. Die spezifischen Risiken des Bausparens werden gut gemanagt und aufgrund der gesetzlichen Geldanlagebeschränkungen durften die Bausparkassen gar nicht erst in hochriskante Papiere investieren. Ich gehe davon aus, dass die Sparer und Eigenheimfinanzierer dem Bausparen weiterhin vertrauen werden. Um das Produkt "Bausparvertrag" mache ich mir also überhaupt keine Sorgen.

Bei aller Solidität des Bausparens und der Bausparkassen ist es dennoch möglich und auch schon passiert, dass Institute nicht mehr weiterarbeiten können. Was ist falsch gelaufen?

Dass im vergangenen Jahr eine kleine Bausparkasse Liquiditätsprobleme hatte, lässt mich nicht an der Solidität des Produktes Bausparen zweifeln. Diese Bausparkasse hatte ein untypisches, aber dennoch über viele Jahre einigermaßen funktionierendes Geschäftsmodell, denn sie refinanzierte einen relativ hohen Anteil der Baudarlehen außerkollektiv. Dadurch war das Institut für Bausparkassen ungewöhnlich stark auf einen funktionierenden Kapitalmarkt angewiesen. Im Verlauf der Finanzmarktkrise wurde es bekanntlich - auch bei guter Bonität immer schwerer, sich Liquidität zu beschaffen.

Dass es zwischen einer Bausparkasse und einem insolventen Handelsunternehmen mit gleichen Namensbestandteilen keinen gesellschaftsrechtlichen Zusammenhang gibt, wäre den Kapitalmarktteilnehmern in einer normalen Marktsituation sicherlich relativ einfach zu vermitteln gewesen, doch in der anormalen Marktsituation war dies offensichtlich nicht mehr möglich. Die Bausparkasse verlor dann aufgrund ihres Namens immer mehr Vertrauen, sodass sich die Refinanzierung weiter erschwerte. Vor diesem Hintergrund ist es außerordentlich zu begrüßen, dass sich die Branche ohne lange Diskussion dazu durchrang, die Bausparkasse zu stabilisieren, sodass negative Folgewirkungen verhindert werden konnten. Die Branche ist ihrer Verantwortung schnell und konsequent nachgekommen.

Wie hoch darf das außerkollektive Geschäft im Verhältnis zu den Kollektivdarlehen sein, um seitens der Aufsicht als unbedenklich durchzugehen? Hat sich die Ansicht der Aufsicht im Zuge der jüngsten Ereignisse verändert?

Grundsätzlich sehe ich bei Bausparkassen keine besorgniserregenden Entwicklungen. Auch kleinere Bausparkassen haben durchaus funktionierende Kollektive. Und die Liquiditätsrisiken im außerkollektiven Geschäft der Bausparkassen unterscheiden sich nicht grundsätzlich von denen anderer Banken. Hinsichtlich der Fristentransformation zwischen der Aktiv- und der Passivseite sind derzeit keine besonderen Auffälligkeiten zu erkennen. Natürlich achten wir auch bei Bausparkassen besonders auf die Qualität des Risikomanagements der Institute. Dabei ist das Zinsänderungsrisiko schon immer besonders wichtig gewesen. Künftig werden wir - wie bei allen Kreditinstituten - dem Liquiditätsmanagement wohl noch mehr Aufmerksamkeit widmen müssen.

Ausgangspunkt der Aufsicht über Kreditinstitute muss noch stärker als in der Vergangenheit das Geschäftskonzept sein. Die Aufsicht muss noch besser verstehen, womit genau ein Institut Geld verdient und welche Risiken es dabei eingeht. Insbesondere sind die Risikostrategie und das Risikotragfähigkeitskonzept genau zu untersuchen. Künftig muss sich ein Aufseher noch stärker mit der Frage auseinandersetzen, ob die erklärte Geschäftsstrategie eines Instituts auch tatsächlich gelebt wird und ob alle Risiken - zumindest jedoch die wesentlichen - jederzeit erkannt und gesteuert werden und vor allem tragbar sind.

Bezogen auf die Bausparkassen können in Abhängigkeit von Vertrieben und Kundengruppen sehr unterschiedliche Geschäftsmodelle tragfähig sein. Eine Bausparkasse dürfte aber relativ gut beraten sein, wenn sie sich bei der Formulierung ihrer Geschäftsstrategie nachhaltig des Ankers Bausparen, also des klassischen Kollektivgeschäfts, bedient.

Braucht es stärkere Eingriffsmöglichkeiten der Aufsicht?

Seit Sommer 2009 enthält das Kreditwesengesetz Regelungen zur Möglichkeit frühzeitigen aufsichtlichen Eingreifens. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass die Aufsicht auch dann schon mit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr operieren kann und auch soll, wenn die Normen noch nicht verletzt sind, aber die Verletzung droht.

Wir sollen also schon eingreifen können, wenn das sprichwörtliche Kind noch nicht im Brunnen liegt. Wirksame präventive Aufsicht muss natürlich weit vor dem Sturz beginnen, denn während der Flugphase ist nicht mehr viel zu machen.

In der Vergangenheit konnten wir mit "harten Maßnahmen" erst eingreifen, wenn die Normen bereits verletzt waren. Jetzt können wir bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zum Beispiel höhere Kapitalanforderungen festlegen und somit die Verletzbarkeit der Normen selbst beeinflussen. Zu diesen Voraussetzungen zählt zum Beispiel die nicht gewährleistete Risikotragfähigkeit. Aber auch wenn eine Bank bestimmte Risiken nicht oder unzureichend berücksichtigt, kann die Aufsicht höhere Kapitalanforderungen festsetzen. Und wenn ein Institut neue, unerprobte Geschäftsstrategien verfolgt, kann ein höherer Kapitalpuffer für den Fall des Misslingens des Projektes verlangt werden. Zudem sind höhere Kapitalanforderungen dann möglich, wenn bei einem Institut erhebliche organisatorische Defizite festgestellt wurden.

Der Dreh- und Angelpunkt der risikoorientierten Aufsicht dürfte künftig die Analyse des Risikomanagements der einzelnen Banken sein und dabei insbesondere des Risikotragfähigkeitskonzept. Bei Defiziten des Risikomanagements oder der Risikotragfähigkeit ist mit erhöhten Eigenkapitalanforderungen zu rechnen.

Es gibt also bereits stärkere Eingriffsmöglichkeiten und die Banken sollten sich darauf einstellen, dass die Aufsicht sie auch anwendet. Wenn schon seit Sommer 2009 mehr Handlungsspielraum besteht, warum hat die Aufsicht dann nicht reagiert, bevor besagte Bausparkasse im Oktober in eine existenzbedrohende Lage geriet?

Wir haben die betroffene Bausparkasse stets eng begleitet. Diese Bausparkasse hat sämtliche Normen eingehalten. In einigen Bereichen war sie sogar sehr gut aufgestellt. Das Institut hat ein zwar für Bausparkassen eher ungewöhnliches, aber einigermaßen konsequent umgesetztes Geschäftsmodell verfolgt, war anständig organisiert, wurde von einem fachlich geeigneten und zuverlässigen Vorstand geführt und die Risikotragfähigkeit war gegeben. Die Refinanzierungsprobleme und daraus resultierenden Zahlungsschwierigkeiten waren lange nicht absehbar. Als sie recht frühzeitig erkannt wurden, war die Situation als solche nicht mehr abwendbar; vielmehr war dann Krisenmanagement, also Schadensbegrenzung gefragt, was recht gut gelang.

Wie stark muss die Aufsicht bei der Geldanlage der Bausparkassen eingreifen?

Das Bausparkassengesetz von 1972 regelt die Geldanlagen der Bausparkassen sehr restriktiv. Die Aufsicht muss lediglich die Einhaltung dieser Vorschriften kontrollieren, was kein Problem ist. In den letzten Jahrzehnten gab es immer wieder Überlegungen einzelner Bausparkassen und der Verbände, die Geldanlagemöglichkeiten durch weite Auslegung oder auch durch Änderung des Gesetzes auszudehnen. Solche Diskussionen sind durchaus sinnvoll, denn es kann immer wieder neue Produkte geben, die bei vertretbarem Risiko die Erträge aus der Geldanlage erhöhen oder auch bei der Steuerung des Unternehmens helfen. Die Finanzmarktkrise hat jedoch gezeigt, dass die Aufsicht in der Vergangenheit mit ihrer tendenziell kritisch-restriktiven Haltung absolut richtig lag.

Das außerkollektive Geschäft der Bausparkassen, also die mit Bausparverträgen unterlegten Vor- und Zwischenfinanzierungen, ist tendenziell gewachsen, während das kollektive Darlehensgeschäft stagniert. Jetzt war es im Zuge der Finanzmarktkrise notwendig, eine Bausparkasse aufzufangen, weil sie für ihr außerkollektives Geschäft keine ausreichende Refinanzierung hinbekam. Wie kapitalmarktunabhängig ist Bausparen tatsächlich noch? Welche Schlussfolgerungen zieht die Aufsicht aus dieser Entwicklung?

Das Bausparen ist von seiner Idee her vom Kapitalmarkt entkoppelt. Die Bausparkassen sind dies jedoch nicht zwingend. Den Bausparkassen und auch der Aufsicht ist klar, dass Bausparkassen spezifisch zu steuern und zu beaufsichtigen sind. Die theoretische Analyse der neuen Tarife, die sogenannte "präventive Tarifkontrolle", reicht dafür schon lange nicht mehr. Vielmehr brauchen auch Bausparkassen, wie "normale" Kreditinstitute, neben der reinen "Kollektivsteuerung" eine "Gesamtbanksteuerung", bei der alle Risiken der Bausparkasse, einschließlich des Kollektivgeschäfts, analysiert und gesteuert werden.

Hätten die Bausparkassen aufgrund der Strukturen der letzten zehn Jahre mehr Probleme, wenn die Inanspruchnahme der Bauspardarlehen heute deutlich höher wäre?

Das glaube ich nicht. Auch wir haben uns und den Bausparkassen die Frage gestellt, was passiert, wenn die Inanspruchnahme der Bauspardarlehen steigt. Vor allem aber haben wir zusammen die Folgen sinkender und steigender Zinsen, veränderten Neugeschäfts sowie die Auswirkungen sich stark verändernden Kundenverhaltens analysiert. Schon vor einigen Jahren, als Stresstests noch exotisch waren, haben wir die Bausparkassen gebeten, ihre Kollektivsimulationen zu stressen. Das heißt, alle Institute bekamen die gleichen Prämissen und sollten auf dieser Basis ihre Kollektiventwicklung simulieren. Das Ergebnis war tendenziell beruhigend, was auch daran lag, dass die Bausparkassen bereits mit neuen Tarifen auf die veränderte Zinslandschaft reagiert hatten.

Ist in der Tarifstruktur weniger mehr?

Ja. Dem Kunden dürfte eine überschaubare Anzahl von Tarifen, die vor allem verständlich sind, am liebsten sein. Zumindest sieht man in der Praxis, dass Bausparkassen mit relativ wenigen Tarifen nicht schlechter fahren als Institute mit einer breiten Tarifpalette. Spielereien braucht das Bausparen nicht. Besonders kreative Tarife erhöhen nach meinem Eindruck weder die Kundenzufriedenheit noch den Ertrag und schon gar nicht die Marktdurchdringung.

Sollten Bausparkassen für sie ungünstige Tarife kündigen?

Das hängt zunächst von den Vertragsbedingungen ab. Aber auch wenn Kündigungen ungünstiger Tarife rechtlich möglich sind, sollte jede Bausparkasse dennoch sehr sorgfältig prüfen, ob dies auch sinnvoll ist. Dies gilt auch für die Verweigerung von Vertragsänderungen. Nicht alles, was rechtlich möglich ist, wird von den Kunden auch als "fair" empfunden. Gerade Bausparkassen sollten immer besonders sorgfältig abwägen zwischen dem kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Nutzen und dem möglichen Vertrauensschaden.

Welche Auswirkungen hat Wohn-Riester aus Ihrer Sicht auf das Bausparen?

Wohn-Riester hat das Bausparneugeschäft offensichtlich beflügelt. Ich habe den Eindruck, dass eine neue, stabile Sparerschicht gewonnen werden konnte und neue "Altersvorsorgesparer" nachwachsen werden.

Welche Bedeutung misst die BaFin der Vertriebskraft und Vertriebssteuerung bei der Beurteilung der Geschäftsstrategie von Bausparkassen bei?

Eine sehr hohe: Bausparen ist auf kontinuierliches Neugeschäft, also einen stetigen Geldzufluss angewiesen. Dieses spezifische Risiko rechtfertigt bekanntlich das Spezialbankprinzip. Ich halte daher den Vertrieb weiterhin für einen der entscheidenden Risikotreiber im Bausparen.

Trotzdem: Der Bausparvertrieb verändert sich. Stützten sich die Bausparkassen in der Vergangenheit vor allem auf ihre Ausschließlichkeitsvertreter und die Konzernmutter beziehungsweise die Verbundmitglieder, so wird sich jetzt verstärkt in Vertriebe eingekauft, werden Vertriebskooperationen geschlossen und Bausparprodukte finden sich immer öfter auf Internet-Plattformen. Diese neuen Vertriebswege sind jedoch wesentlich schwieriger zu steuern. Wie denkt ein Aufseher über diese Entwicklung?

In der Tat hat sich hier das Wettbewerbsumfeld geändert. So nutzt es wenig, wenn eine Bausparkasse auf eine große und gut sortierte Kundendatei zugreifen kann, ihr aber der Vertrieb fehlt, um dieses Potenzial auszubeuten. Es ist sehr schwer, einen neuen Bausparvertrieb aufzubauen. Eine Bausparkasse kann sich entweder in einen Finanzvertrieb einkaufen oder sie schließt ein Vertriebsabkommen. Sie kann aber auch versuchen, mit relativ kleiner Mannschaft einen alternativen, eigenen Vertriebsweg zu eröffnen. Die frühere Auflage, eine Bausparkasse müsse einen eigenen Vertrieb haben, hat sich nicht bewährt. Nehmen wir beispielsweise eine Bausparkasse mit einem kleinen Handelsvertreter-Außendienst und einem externen Vertrieb, über den aber der Löwenanteil des Neugeschäfts vermittelt wird. Bricht der Haupt-Vertriebspartner weg, kann das Institut diesen Verlust an Vertriebsleistung gar nicht so schnell durch den Ausbau der eigenen Ausschließlichkeitsorganisation kompensieren.

Deshalb achtet die Aufsicht seit einiger Zeit verstärkt darauf, welche Möglichkeiten der Vertriebssteuerung eine Bausparkasse hat und wie sie diese nutzt. Wir schauen uns sehr genau an, ob Vertriebsvereinbarungen vorliegen, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass dauerhaft hinreichende Vertriebsaktivitäten entfaltet werden. Außerdem legen wir gesteigerten Wert darauf, dass die Bausparkassen ihre Vertriebe nicht nur hinsichtlich der Produktionsmenge, sondern auch bezüglich der Qualität steuern.

Wie lange kann eine Bausparkasse ohne Neugeschäft auskommen?

Prinzipiell kann das ein recht langer Zeitraum sein, wenn gleichzeitig die Nachfrage nach Bauspardarlehen gering ist. In so einem Fall muss jedoch schnell ein Pfad in eine veränderte strategische Zukunft geebnet oder das geräuschlose Verschwinden des Unternehmens vom Markt sichergestellt werden.

Wie gesagt: Das Neugeschäft beziehungsweise ausbleibendes Neugeschäft ist weiterhin ein entscheidender Risikotreiber. Aber es gibt auch andere Risiken des Bausparens, die möglicherweise größere Aufmerksamkeit erlangen müssen - zum Beispiel das Ertragsrisiko. Es lohnt sich durchaus, darüber nachzudenken, wie die Sicherungsmechanismen des Bausparens noch weiter verbessert werden können. Überlegenswert wäre, einen Ertragspuffer vorzusehen, der zum Beispiel eine Teilmenge des Fonds zur bauspartechnischen Absicherung sein könnte. Damit könnten Ertragsdellen, die aus bauspartechnischen Entwicklungen resultieren, ausgeglichen werden.

Der Fonds zur bauspartechnischen Absicherung ist jedoch ursprünglich entwickelt worden, um die relativ hohe Darlehensnachfrage auch bei rückläufigen Bausparguthaben bedienen zu können. Heute sitzen die Bausparkassen aber auf enormen Guthabenbeständen. Viele Verträge sind zuteilungsreif, doch nur wenige Darlehen werden abgerufen. Muss der Fonds in der aktuellen Situation noch so umfangreich befüllt sein?

Wir sollten nicht vergessen, dass Bausparen in den achtziger Jahren und auch schon davor erhebliche Probleme hatte. Es gab immer wieder Situationen, in denen relativ viele Bausparer ein Bauspardarlehen haben wollten, aber nur relativ wenige Bausparer nachwuchsen. Dieses Risiko besteht weiter, auch wenn es im Moment nicht akut ist. Deshalb wäre es grob fahrlässig, so zu tun, als gäbe es dieses "Wartezeitproblem" nicht mehr. Trotzdem sollte man überlegen, ob man den sonstigen Risiken, denen das Bausparen heute ausgesetzt ist, nicht noch besser Rechnung tragen kann.

Sehen Sie in der Ausweitung der außerkollektiven Darlehen ein steigendes Risiko?

Über das Refinanzierungsrisiko sprachen wir bereits. Dieses erfordert ein gutes Liquiditätsmanagement. Möglicherweise kann aber aus hohen außerkollektiven Darlehen auch ein höheres Adressenausfallrisiko entstehen. Bisher sind die Kreditausfälle der Bausparkassen jedoch niedrig, sowohl bei kollektiven als auch bei außerkollektiven Darlehen.

Das ist natürlich keine Gewähr, dass das auch künftig so bleibt. Im Konjunkturzyklus wird auch der eine oder andere private Häuslebauer in Zahlungsschwierigkeiten geraten, aber aus diesen Risiken wird für die Bausparkassen hoffentlich keine existenzielle Bedrohung entstehen. Bisher hat sich die private Eigenheimfinanzierung auch deswegen immer als vergleichsweise risikoarm erwiesen, weil Privatkunden eher an sonstigen Ausgaben sparen, als ihr Haus oder ihre Eigentumswohnung zu gefährden.

Gerade für Bausparkassen spielt nach meiner Einschätzung immer noch die gewachsene und vor allem unmittelbare Kundenbeziehung eine Rolle, innerhalb derer - zumindest der klassische Bausparer - seine langfristige Sparfähigkeit unter Beweis gestellt hat. Ein Potenzial für generell steigende Risiken in der Kreditwirtschaft haben jedoch die aufgrund des Wettbewerbsdrucks geringen Margen in der privaten Baufinanzierung.

Welche Anforderungen stellt die Aufsicht an die Fusion von Bausparkassen?

Wir fordern, dass bei der Übernahme einer Bausparkasse die Kollektive so schnell wie möglich zusammengelegt werden. Dies ist erforderlich, um einem "Austrocknen" alter Bausparergemeinschaften vorzubeugen. Dabei gibt es jedoch regelmäßig nachvollziehbare Probleme, wenn eine Bausparkasse noch eine kleine Kohorte alter oder außergewöhnlich konstruierter Bausparverträge im Portfolio hat, die IT-technisch schwer ins Kollektiv integriert werden können. Es wäre sicherlich sinnvoll, an dieser Stelle den Interessenausgleich zwischen Unternehmen und Bausparern neu zu diskutieren.

Die Konsolidierung am Bausparmarkt setzt sich fort. Welche Hürden/Probleme sieht die Aufsicht bei der Zusammenführung/Konsolidierung von Bausparkollektiven?

Wir müssen darüber nachdenken, wie die Zusammenführung von Bausparkollektiven erleichtert werden kann. Nach meinem Dafürhalten bräuchte man zweierlei Maßnahmen: Erstens müssten in den Bausparverträgen die Bedingungen möglichst genau genannt werden, bei denen Tarifänderungen möglich sind. Zweitens sollte man über eine Änderung des Bausparkassengesetzes nachdenken: Nach dem geltenden Bausparkassengesetz können bestehende Tarife mit Genehmigung der Aufsicht nur geändert werden, wenn dies zur Wahrung der Belange der Bausparer erforderlich ist - zweckmäßig oder hilfreich reicht nicht.

Da eine solche Genehmigung ein massiver Eingriff in bestehende Verträge ist, kommt sie also nur in Frage, wenn ein Bausparkollektiv wirklich kurz vor einem Zusammenbruch steht. Ich halte es für sinnvoll, diese Bedingung etwas weicher zu formulieren und genau auf den Wortlaut der Vereinbarung in den Verträgen abzustimmen. Dies könnte Kollektivzusammenführungen erleichtern, die noch nicht zwingend erforderlich sind, aber zur Stabilität des Systems beitragen und somit im Interesse sowohl der betroffenen Bausparer als auch der jeweiligen Bausparkasse liegen.

Ist die IT bei Bausparkassen ein Thema für die Aufsicht?

Auf jeden Fall wird die IT-Thematik für die Kreditwirtschaft insgesamt immer wichtiger. § 25a Absatz 1 KWG, der Nukleus moderner, risikoorientierter Aufsicht, enthält explizit einen Hinweis auf die Notwendigkeit einer angemessenen technisch-organisatorischen Ausstattung des Instituts und ein IT-Notfallkonzept. Dies wird in den MaRisk konkretisiert. Insbesondere die großen Rechenzentren stellen ein erhebliches operationelles Risiko dar. Um dieses Risiko kümmert sich die Aufsicht verstärkt und natürlich auch in Bezug auf die Bausparkassen.

Welche Gebühren sind im Bausparen gerechtfertigt und welche nicht? Welche Bedeutung haben Abschlussgebühren für die Stabilität der Bausparkollektive?

Bevor ein Bauspartarif angeboten werden kann, muss ihn die BaFin genehmigen. Die Aufsicht hat sich also mit Leistungen und Gegenleistungen in der Tarifstruktur zu befassen. Dazu gehören Sparbeiträge und Tilgungsbeiträge, die für das kollektive Funktionieren erforderlich sind, aber auch die Zins- und Gebührenabreden. Dabei gibt es aber keine bestimmten Höchst- oder Mindestbeträge, sondern wir schauen uns die Simulationsrechnungen der Bausparkassen an.

Diese müssen plausibel machen, dass die Tarife auch bei ungünstigen Entwicklungen tragfähig bleiben, um die Erfüllbarkeit der Verträge zu gewährleisten. Das wiederum erfordert unter anderem auch, dass eine Bausparkasse voraussichtlich dauerhaft die notwendigen Erträge generieren kann. Wir achten auch darauf, dass die Tarife so gestaltet sind, dass sich mit ihnen die Erträge erzielen lassen, die es voraussichtlich erlauben, die im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss anfallenden Provisionen zu zahlen. Vor diesem Hintergrund hat sich die Abschlussgebühr in der Vergangenheit bewährt.

Es hat auch schon den Fall gegeben, dass eine Bausparkasse minderwertige Objekte finanziert hat und damit vielleicht nicht in Schieflage, aber so doch in die Schlagzeilen geraten ist, weil Bausparer sich über den Tisch gezogen fühlten. Welche Rolle spielt die Bewertung der beliehenen Immobilien bei der Aufsicht über Bausparkassen?

Selbstverständlich müssen die Bausparkassen die Grundsätze zur Bewertung von Immobilien beachten. Der Jahresabschlussprüfer hat darüber zu berichten; die Jahresabschlussprüfungsberichte sind insoweit unsere erste Erkenntnisquelle. Wenn wir den Eindruck haben, dass etwas schief läuft, ordnen wir auch schon mal eine Sonderprüfung an.

Mit welchem Bauchgefühl betrachtet die Aufsicht das Auslandsgeschäft der Bausparkassen?

Ich hoffe, dass die Bausparkassen gut genug über die jeweiligen Märkte, in denen sie mit ihren Tochtergesellschaften aktiv sind, Bescheid wissen. Es kann auch für Bausparkassen vernünftig sein, im Ausland Erfahrungen zu sammeln. Sie müssen nur aufpassen, dass sie auch einen Totalausfall der Investitionen verkraften können. Und für Bausparkassen ist besonders wichtig, nicht mit Unternehmen zusammenzuarbeiten, deren Kollaps zu einem irreparablen Reputationsschaden auch für ihre Geschäftspartner führen könnte.

Ich denke dabei insbesondere an Unternehmen, die so etwas ähnliches wie kollektives Bausparen anbieten, aber die spezifischen Risiken nicht steuern können; solchen Unternehmen sollte weiträumig aus dem Weg gegangen werden.

Welche Auswirkungen hätte die Ausweitung des Bausparens auf andere Zwecke - Stichwort Bildungsbausparen - aus aufsichtsrechtlicher Sicht?

Ich bin immer für Diskussionen über die Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen zu haben. Über die Erweiterung des Zwecksparens auf Bildungssparen habe ich aber bislang noch nicht gesprochen. Nicht klar ist mir, wie in diesem Falle die Besicherung der Darlehen aussehen könnte.

Sie können sich stärker in Geschäftsmodelle und -prozesse einmischen. Sie plädieren dafür, über veränderte gesetzliche Regelungen nachzudenken. Auf was müssen sich die Bausparkassen seitens der Aufsicht einstellen?

Ich glaube nicht, dass Bausparen im Gesamtbild des Finanzdienstleistungswesens zu besonders hohen, jedoch zu sehr speziellen Risiken führt. Daher wurden Bausparkassen schon in der Vergangenheit aufsichtlich relativ eng begleitet und dies wird auch so bleiben. Mit den "kollektiven Lageberichten" der Bausparkassen, die aufgrund einer Vereinbarung mit der Branche erstellt und uns zur Verfügung gestellt werden, erhalten wir einen guten Einblick in die bauspartechnischen Zusammenhänge. Schwerpunkt der Aufsicht auch über Bausparkassen wird künftig noch stärker als in der Vergangenheit die Analyse der Risikomanagementsysteme unter besonderer Berücksichtigung der Risikotragfähigkeit sein.

Über mangelnde Zuneigung der Aufsicht muss sich die Bausparbranche also nicht beklagen?

Sicher nicht.

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