Im Gespräch

"Das Bausparkassengesetz normiert den Betrieb der Bausparkassen und nicht das Bausparprodukt"

Thomas Happel

Seit 1. Januar 2016 haben die 21. Bausparkassen in Deutschland ein neues Gesetz. Die Novelle war überfällig, denn viele Begrifflichkeiten stammten immer noch aus dem ursprünglichen Gesetzestext von 1972. Nun schafft der neue Rechtsrahmen mehr Klarheit. Darüber hinaus werden den Instituten erweiterte Möglichkeiten beispielsweise bei den Beleihungswerten, der Anlagepolitik oder der Verwendung des Fonds zur bauspartechnischen Absicherung eingeräumt, um den Druck der Niedrigzinsphase ein wenig abzumildern. Thomas Happel von der BaFin hält die erweiterten Geschäftsmöglichkeiten für sinnvoll und rechnet nicht mit dadurch entstehenden zusätzlichen Risiken. Zugleich kündigte er aber für das laufende Jahr eine Intensivierung der Betreuung der einzelnen Häuser an. Die gute Nachricht: Aus seiner Sicht funktioniert das Geschäftsmodell Bausparkasse auch in Zukunft, da der Absicherungsgedanke bei den Verbrauchern tief verankert sei. Zuvor müssen die Institute aber die kommenden Jahre mit niedrigeren Erträgen, weniger Inanspruchnahmen und ohne den Hang zu kurzfristigen Ertragssteigerungen durch Hochrisikogeschäfte überstehen. Red.

I&F Herr Happel, wie würden Sie die Lage der deutschen Bausparkassen und das Umfeld aktuell umschreiben?

Die Kreditwirtschaft steht vor der Herausforderung, dass es in dem aktuellen Niedrigzinsumfeld sehr schwierig ist, auskömmliche Erträge zu erwirtschaften. Davon sind die Bausparkassen besonders stark betroffen, da deren gesamtes Geschäft auf Langfristigkeit ausgerichtet ist und folglich Gegensteuerungsmaßnahmen nur langfristig wirken. Eine kurzfristige Ertragsoptimierung ist kaum möglich. Von daher ist unsere Aufmerksamkeit sowohl gegenüber der Branche insgesamt als auch gegenüber den 21 einzelnen Bausparkassen weiterhin hoch.

I&F Hat diese Aufmerksamkeit aufgrund der besonderen Umstände mit Niedrigzinsphase et cetera zugenommen?

Unsere Arbeit war im vergangenen Jahr geprägt von der Weiterentwicklung der rechtlichen Rahmenbedingungen für das Bausparen insgesamt - Stichwort Novelle des Bausparkassengesetzes. Im laufenden Jahr werden wir uns nun wieder sehr viel stärker den einzelnen Unternehmen im Rahmen der ganz normalen operativen Aufsicht widmen.

I&F Welches sind aus Ihrer Sicht die größten Herausforderungen, die die Branche zu bewältigen hat?

Die größte Herausforderung ist sicherlich das andauernde Niedrigzinsumfeld. Verglichen damit sind die weiteren Aufgaben, vor denen die Bausparkassen stehen, eher gering. Angesichts der sinkenden Ertragsmöglichkeiten müssen alle betriebswirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen ergriffen werden, um die Kosten zu senken. Dazu gehören mit Blick auf die fortschreitende Digitalisierung auch die kostengünstigere Abwicklung der Geschäfte und eine bessere Verzahnung der unterschiedlichen Vertriebswege. Wo es möglich ist sollte sicher auch die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen im Verbund oder im Konzern oder auch darüber hinaus noch weiter verbessert werden. Darunter darf die Qualität der Produkte und der Beratung und des Service insgesamt aber keineswegs leiden - und die Qualität des Risikomanagements natürlich erst recht nicht.

I&F Nun führt das Thema Niedrigzinsen aber auch dazu, dass die Immobilie sehr viel stärker in den Fokus der Anleger gerückt ist, mit positiven Folgen auch für die Bausparkassen, denn das Neugeschäft brummt. Das ist für Bausparkassen teuer. Wie werten Sie dieses Auseinanderdriften von gutem Neugeschäft einerseits und sinkenden Erträgen andererseits?

Das kann pauschal nicht beurteilt werden, sondern man muss sich genau die einzelnen Unternehmen und deren Geschäfte sowie mögliche besondere Risiken und auch die Qualität des Risikomanagements ansehen.

I&F Beunruhigt Sie das große Wachstum der außertariflichen Kreditzusagen, die erst im Nachgang mit einem Bausparvertrag bespart werden?

Grundsätzlich beunruhigt das nicht, sofern die Bonität der Kunden in Ordnung ist und die Beleihungswerte der finanzierten Immobilien den dauerhaft erzielbaren Wert widerspiegeln, also keine Preisblasen finanziert werden. Sofern Bausparkassen Darlehen gewähren, die der Vor- oder der Zwischenfinanzierung von Leistungen der Bausparkasse auf Bausparverträge ihrer Bausparer dienen, ist künftig nach der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie für deutlich mehr Transparenz gesorgt. Unter anderem ist für das Gesamtprodukt aus Vor- oder Zwischenfinanzierungskrediten und Bausparvertrag der effektive Jahreszins für die Gesamtlaufzeit anzugeben

I&F Werden durch den Boom bei Immobilienfinanzierungen Risiken für die Zukunft gelegt, weil sich die Menschen angesichts sehr günstiger Konditionen übernehmen - Risiken für die Verbraucher selbst aber natürlich auch für die finanzierenden Institute?

Die Sorge ist nicht unberechtigt. Die finanzierenden Institute müssen strikt darauf achten, ausreichende Tilgung zu vereinbaren, vor allem bei eher bonitätsschwächeren Kunden. Je schwächer die Bonität ist, desto wichtiger ist es, eine hinreichend hohe Tilgung zu vereinbaren. Denn die Zinsen werden irgendwann mit Gewissheit wieder steigen und dann sollten die Kunden die höhere Zinsbelastung wegen der zwischenzeitlich (hoffentlich) stark gesunkenen Restdarlehen tragen können.

I&F Sind Tilgungsquoten eine Sache der Aufsicht?

Nein. Aber im Rahmen der operativen Aufsicht gilt es zu beobachten, ob sich wie auch immer geartete Risiken bei einem Institut aufbauen können, die in Säule I nicht adressiert sind. Dabei stellt sich im Rahmen der umfassenden Analyse des Zustandes eines Kreditinstitutes nach dem Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) auch die Frage, ob die Risikosituation eines Kreditinstituts im Vergleich mit anderen Kreditinstituten ungünstig ist. Es gibt dann Möglichkeiten, dem Institut gegenüber zu handeln, indem zum Beispiel höhere Kapitalanforderungen festgesetzt werden.

I&F Neben reinen Kostensenkungen passen Bausparkassen als Reaktion auf die niedrigen Zinsen auch die Tarifmodelle an. Ist das der richtige Weg?

Es ist ein Weg, den die Institute schon vor Jahren begonnen haben. Allerdings sind dem natürlich Grenzen gesetzt. Die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge können nicht beliebig in kurzen Abständen an das veränderte Zinsniveau angepasst werden. Einerseits wirkt eine Anpassung der Tarife immer nur langfristig und andererseits müssen die Tarife auch langfristig erfüllbar sein. Bausparen ist auf Kontinuität ausgerichtet! Irgendwann wird das Zinsniveau auch wieder steigen. Niemand kann jedoch derzeit vorhersagen, wie lange die Niedrigzinsphase dauern wird. Wenn die Zinsen steigen, dann werden die Bausparer wieder in stärkerem Maße ihre Bauspardarlehen abrufen. Die Bausparkassen müssen mit ihrer Geschäftspolitik, insbesondere aber auch mit ihrer Gestaltung der Bauspartarife, sicherstellen, dass die heute abgeschlossenen Bausparverträge möglichst bei Erreichen der Zuteilungsvoraussetzungen zugeteilt werden können - auch dann, wenn die Nachfrage nach Bauspardarlehen plötzlich stark steigt.

Bei steigenden Zinsen wird sich die Ertragslage der Bausparkassen auch wieder verbessern. Die Herausforderung für die Bausparkassen besteht daher aktuell darin, sich bestmöglich an die aktuellen Rahmenbedingungen anzupassen, ohne unverhältnismäßig hohe Risiken einzugehen. Derzeit müssen Bausparkassen eine Übergangsphase mit geringeren Erträgen durchstehen. Der falsche Weg ist, mit Hochrisikogeschäften kurzfristige Ertragssteigerungen erzielen zu wollen. Dem tritt die Aufsicht etwa im Rahmen ihrer Aufgabe bei der Tarifgenehmigung entgegen. Tarife sollten mit ruhiger Hand gestaltet werden.

I&F Wie können die Institute diese Übergangsphase bewältigen?

In erster Linie geht es darum, im Rahmen der für Bausparkassen gesetzlich beschränken Geschäftsmöglichkeiten die vorhandenen Ertragsmöglichkeiten besser zu nutzen, bei der Immobilienfinanzierung keine zusätzlichen Risiken einzugehen, den Aufwand zu reduzieren und das Kapital zu stärken. Dazu gehört auch, dass die Eigentümer den Gürtel enger schnallen, also eine maßvolle Ausschüttungspolitik wohlwollend begleiten und notfalls auch mal mit Kapitalerhöhungen helfen.

Die Schwierigkeit hierbei ist die flache Zinsstrukturkurve, die noch dazu äußerst niedrig ist. Dieses Marktumfeld können Bausparkassen mit ihren Bausparprodukten nicht "nachbilden". Es ist nicht möglich, sämtliche Tarife kurzfristig so anzupassen, dass das Sparen auf Bausparverträgen attraktiv und gleichzeitig auch die Inanspruchnahme von Bauspardarlehen aus diesen Tarifen in der derzeitigen Marktzinssituation für die Kunden lukrativ ist.

Bei der Gestaltung der Bausparverträge müssen die Bausparkassen darauf achten, dass die jeweiligen Konditionen auch mittel- und langfristig, also bei steigenden oder auch wieder stärker schwankenden Zinsen, sowohl für die Kunden attraktiv als auch für die jeweilige Bausparkasse wirtschaftlich tragfähig bleiben.

I&F Sollten die Konditionen flexibler gestaltet werden können?

Wir goutieren Überlegungen der Branche, denen zufolge die Zinssicherheit in den Bausparprodukten zwar im Grundsatz erhalten bleibt, eine Nachjustierung der Konditionen im Falle von bestimmten Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber möglich ist. Dementsprechend befassen wir uns mit der Frage, wie Tarife ausgestaltet sein könnten, bei denen sowohl die Guthaben- als auch die Darlehenszinsen weitestgehend fix, aber eben unter bestimmten Voraussetzungen auch variierbar sind.

I&F Bausparkassen müssen die Tarife mit ruhiger Hand an die Marktgegebenheiten anpassen, sagten Sie. Gibt es mittlerweile nicht schon viel zu viele Tarife, kann der Kunde diesen Dschungel noch durchschauen?

Die Produktpolitik ist Aufgabe der Geschäftsleitung, nicht der Aufsicht. Sache der Aufsicht ist die Genehmigung. In diesem Rahmen wird sowohl die Tragfähigkeit jedes einzelnen Tarifs als auch die Tragfähigkeit des gesamten Tarifbestands der jeweiligen Bausparkasse geprüft. Wir stellen uns in diesem Zusammenhang die Fragen: Wie wirken sich diese Tarife auf den Ertrag und auf die Liquidität aus? Wie wirken diese Tarife für die Kunden, also welche Wahlmöglichkeiten haben die Kunden und wie kann sich das auf die "Tragfähigkeit", also die dauerhafte Erfüllbarkeit der Verträge auswirken?

Daneben schauen wir uns auch "die Verpackung", also die Vertragsbedingungen, unter dem Aspekt der Transparenz an. Und wir prüfen auch, ob eine weitgehende Ausgewogenheit zwischen verschiedenen Tarifen einer Bausparkasse gewährleistet ist. Schaufenstertarife, die zwar als Lockmittel angeboten aber nicht wirklich abgeschlossen werden sollen, mögen wir ebenso wenig wie Tarife, die nur für bestimmte Vertriebe konzipiert werden. Eine "Bedarfsprüfung" für einzelne Produkte ist aber nicht unsere Sache, dafür haben wir schlicht kein Mandat.

I&F Gibt es eine offizielle Position zu hohen Einmalzahlungen?

Nein, auch das ist Sache der Geschäftsleitung. Aber in der Regel können Bausparkassen gemäß der Vertragsbedingungen unter bestimmten Voraussetzungen hohe Einmalzahlungen zurückweisen. Hier schlagen zwei Herzen in der Brust eines Aufsehers: Einmal das "Solvenzaufseherherz", das für die dauerhafte Erfüllbarkeit der Verträge und folglich für die Stabilität des Unternehmens schlägt. Und andererseits das "Verbraucherherz", das natürlich jedem Kunden gönnt, möglichst viel aus seinem Vertrag heraus zu holen. Die schwierige Aufgabe ist, nicht zu stark auf das eine oder das andere Herz zu hören. Das ist im Bereich der Bausparkassenaufsicht besonders schwierig, da wir im Gegensatz zu "normalen Aufsehern" durch die Genehmigungsnotwendigkeit der Bauspartarife unmittelbar an den Produkten "dran sind".

I&F Erregen "Schlussverkäufe" tendenziell Ihren Argwohn, wenn durch auslaufende Tarife oder zum Jahresende das Neugeschäft über Einmal- oder Sondereffekte gepusht werden soll?

Der Anteil solcher verkaufsfördernden Maßnahmen, die übrigens schon immer zum Bauspargeschäft gehören, ist bezogen auf das gesamte Neugeschäftsvolumen eher klein, scheint mir. Man darf dabei nicht außer Acht lassen, dass gute Abschlusszahlen oftmals auch zunächst die Ertragslage belasten, etwa durch Provisionsaufwand, und die Erträge erst später fließen; ich gehe davon aus, dass die Geschäftsleiter und die Eigentümer der Bausparkassen sich nicht durch kurzfristige Neugeschäftszahlen blenden lassen.

I&F Die europäische Regulierung bevorzugt kurzfristige Kredite: Was heißt das für die typisch deutsche Kultur der Langfristfinanzierung im Allgemeinen und Bausparkassen im Besonderen?

Bislang lassen sich keine Auswirkungen auf die langfristige Kreditvergabe in Deutschland feststellen. Im Gegenteil, die Volumina steigen und die Laufzeiten werden auch nicht kürzer, eher länger. Ob das an der aktuellen Zinssituation, am hohen Wettbewerb und dem großen Interesse vieler Marktteilnehmer an der Immobilienfinanzierung liegt oder die Regulierung insoweit bisher keine Veränderungen bewirkt hat, kann ich heute noch nicht abschließend sagen.

I&F Das heißt, das Geschäftsmodell Bausparkasse ist nach wie vor tragfähig?

Ja, ich glaube schon. Aber derzeit sind die Rahmenbedingungen ungünstig. Das erfordert die bereits erwähnten Anpassungen. Aber das Geschäftsmodell dürfte nach meiner Meinung auch weiterhin funktionieren, denn der Absicherungsbedarf der Verbraucher wird erhalten bleiben. Das Vorsparen - um später einmal ein wenig Eigenkapital für eine Immobilienfinanzierung zu haben - ist ja schon sinnvoll, und irgendwann werden auch die Zinsen wieder steigen. Das Konzept, in jungen Jahren mit geringem eigenem Aufwand einen Bausparvertrag zu besparen - gerne auch induziert durch vermögenswirksame Leistungen - und diesen dann später im Lebenszyklus zur Finanzierung einer selbst genutzten Immobilie einzusetzen, hat sicherlich nicht allein deshalb ausgedient, weil gegenwärtig spezielle Bedingungen herrschen, also Sparen unattraktiv ist und Darlehen billig sind.

I&F Dennoch werden Bausparkassen sehr genau beaufsichtigt: Können Sie mir etwas zu den Ergebnisse der Überprüfung der Auswirkungen der Niedrigzinsen auf die Zinsergebnisse sagen?

Eine solche Zinsumfrage - wie wir sie zuletzt im vergangenen Jahr durchgeführt haben - ist nichts Neues, die machen wir bei den Bausparkassen seit vielen Jahren. Wir als Aufseher möchten Details über die Kollektivstrukturen der einzelnen Institute erfahren. In einer solchen Zinsumfrage werden bausparspezifische Themen abgefragt, die mit einem gewöhnlichen Stresstest, der für alle Kreditinstitute gemacht wird, nicht erfasst werden. Es geht dabei auch nicht um "Durchfallen" oder "Bestehen", sondern um die Generierung von Informationen, die wir insbesondere auch für die Beurteilung der Tarife der Bausparkassen benötigen.

I&F Zu den Auswirkungen auf die Erträge wollen Sie nichts sagen?

Hierzu kann man keine pauschalen Aussagen treffen.

I&F Welche Folgen hätte ein schneller Zinsanstieg für die Bausparkassen?

Man muss einerseits zwischen den kurz- beziehungsweise den mittel- und langfristigen Effekten unterscheiden und andererseits zwischen der barwertigen und der periodenorientierten Betrachtung.

Die Barwertveränderung, die aus einer Parallelverschiebung der Zinsstrukturkurve resultiert, also den sogenannten "Baseler Zinsschock", schauen wir uns genau an. Bei einem starken und plötzlichen Anstieg sowohl der kurzfristigen als auch der langfristigen Zinsen - also einer Parallelverschiebung der Zinsstrukturkurve - sinkt im Regelfall der Barwert des Zinsbuchs. Mindestens genauso interessant ist aber die Frage, was dann - also wenn die Zinsen auf dem höheren Niveau bleiben - passiert und wie sich das auf die Periodenergebnisse auswirkt. Im Regelfall dürften dann nach einer gewissen Anpassungsphase die Erträge nämlich wieder steigen.

Dies gilt auch und in besonderem Maße für Bausparkassen: Die Ertragslage ist während der Niedrigzinsphase belastet, weil die Bausparkassen wegen der Langfristigkeit ihres Geschäfts die Verzinsung der Bauspareinlagen nicht permanent an die Marktentwicklung anpassen und weiterhin für die Bauspareinlagen nennenswerte Zinsen zahlen. Da die Bausparer aber in der Niedrigzinsphase Bauspardarlehen nur in geringem Umfang abrufen, müssen die Bausparkassen die Bauspareinlagen am Mark anlegen und generieren dabei eher geringe Zinseinnahmen, weil sie der Risikoarmut verpflichtet sind und auf die kurzfristige Verfügbarkeit dieser Geldanlagen achten müssen. Wenn die Zinsen steigen, werden auch wieder mehr Bauspardarlehen nachgefragt werden und dann wird sich die Ertragslage auch wieder verbessern.

I&F Werden die aktuellen Herausforderungen zu einer Konsolidierung der Bausparkassenbranche führen?

Die Branche ist sehr heterogen. Es gibt eine Reihe von kleinen Unternehmen und auch recht große Anbieter, aber keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Größe und Qualität. Ob die Eigentümer mancher Bausparkassen unter betriebswirtschaftlichen Überlegungen ihre Beteiligungsstruktur straffen wollen und werden, entzieht sich der aufsichtlichen Einflussnahme.

I&F Nun sind Übernahmen von Bausparkassen aufgrund des garantierten Kundenbestandschutzes nicht ganz einfach weil sehr langwierig: Ist dieser noch zeitgemäß, wenn sich Rahmenbedingungen immer schneller ändern?

Wenn eine Bausparkasse eine andere Bausparkasse übernimmt, so gelten die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätze, wie insbesondere das Umwandlungsgesetz. Das Bausparkassengesetz stellt jedoch an Bestandsübertragungen weitere, spezielle Anforderungen. So hat die BaFin nach Bestandsübertragungen Änderungen der Bausparbedingungen dann zu genehmigen, wenn dies zur Zusammenführung der Bestände, unter hinreichenden Wahrung der Belange der Bausparer, erforderlich erscheint.

I&F Seit kurzem gilt das neue Bausparkassengesetz: Wie sind die Neuregelungen zu bewerten?

Die letzte größere Novelle des Bausparkassengesetzes fand 1990 statt. Dabei ging es um die Glättung der Wartezeiten in Zeiten steigenden Neugeschäfts und anhaltend hoher Nachfrage nach Bauspardarlehen. Seitdem hat sich allerlei getan. Seit Jahren haben wir mit der Branche über eine Modernisierung des Bausparkassengesetzes geredet. Die jüngste Novelle, das möchte ich betonen, hat nicht etwa den Zweck, den Bausparkassen in der Niedrigzinsphase das Überleben zu erleichtern; vielmehr war der spezialgesetzliche Rahmen an verschiedenen Ecken neu auszuformen.

Mit dem neuen Bausparkassengesetz steht nun ein Rechtsrahmen zur Verfügung, der aufgrund neuer Begrifflichkeiten und einer neuen Struktur für mehr Klarheit sorgt. Der ursprüngliche Gesetzestext stammte aus dem Jahr 1972 und passte schon terminologisch nicht mehr so richtig in die Zeit.

Das Bausparkassengesetz soll den Rahmen für den spezialgesetzlich normierten Betrieb der Bausparkassen und für deren Geschäft bilden. Ziel dabei ist es, den Bausparkassen innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Spezialisierung, die erforderlichen und unter Risikoaspekten vertretbaren Geschäftsmöglichkeiten zu erlauben und gleichzeitig die Sicherheit der ihnen anvertrauten Vermögenswerte und die dauerhafte Erfüllbarkeit der Verträge zu gewährleisten; dafür waren einige Modernisierungen erforderlich. Es obliegt nun vor allem auch den Bausparkassen, neue, vom Gesetzgeber eingeräumte Geschäftsmöglichkeiten in geeigneter Weise umzusetzen.

Noch ein Wort zu dem spezialgesetzlichen Rahmen: Es gilt weiterhin die klare Festlegung des Gesetzgebers auf das Bausparkassengesetz als Spezialgesetz, das den Betrieb der Bausparkassen und nicht etwa das Bausparprodukt normiert. In der Vergangenheit gab es gelegentlich Diskussionen mit einzelnen Bausparkassen oder deren Eigentümern darüber, ob und in welchen Umfang wesentliche betriebliche Funktionen oder die Leitungsmacht durch Beherrschungsverträge oder sonstige Gestaltungen auf Nicht-Bausparkassen ausgelagert werden können. Ich freue mich, dass wir dazu nun Rechtsklarheit haben.

I&F Schafft es auch für die Aufsicht bessere Möglichkeiten?

Wichtig war zunächst die neue Terminologie. Da es gerade in der Bausparkassenverordnung viele Detailregelungen gibt, die die Vorgaben des Bausparkassengesetzes konkretisieren, brauchten wir klare Begrifflichkeiten. Wirklich neue Eingriffsnormen gibt es nicht, da bietet das KWG in Ausformung der CRD IV hinreichend Möglichkeiten.

I&F Können Sie bitte noch einmal detaillierter erklären, wo das neue Gesetz den Bausparkassen das Leben erleichtert?

Zu nennen sind insbesondere die Neuausrichtung des Fonds zur bauspartechnischen Absicherung, die erweiterten Möglichkeiten, sogenannte "sonstige Baudarlehen" zu vergeben, die erweiterten Anlagemöglichkeiten, die Möglichkeit, bei Vorliegen einer entsprechenden Erlaubnis Pfandbriefe zu emittieren sowie die Möglichkeit, selbst genutztes Wohneigentum bis zum Beleihungswert zu finanzieren.

I&F Bei den Zuführungen zum Fonds zur bauspartechnischen Absicherung ist aber auch ein Wahlrecht für die Institute weggefallen.

Der Fonds zur bauspartechnischen Absicherung ist als besonderes Sicherungsinstrument für die Verstetigung der Wartezeiten in Zeiten hoher Zinsen eingeführt worden. Es erscheint auch vor dem Hintergrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus notwendig und richtig, dieses Instrument jetzt auch für die Absicherung kollektiver Erträge nutzbar zu machen. Durch den Wegfall des Wahlrechtes bei der Zuführung zum Fonds ist die ausreichende Dotierung des Fonds wahrscheinlicher geworden. Das sollte im Interesse aller Beteiligten sein.

I&F Aber schafft das Gesetz durch die erweiterten Möglichkeiten nicht auch zusätzliches Risikopotenzial, beispielsweise durch die breiteren Möglichkeiten der Anlage und die ausgeweiteten Möglichkeiten bei der Verwendung der Zuteilungsmasse für sogenannte sonstige Baudarlehen, die nicht mit einem Bausparvertrag unterlegt sind?

Unvertretbar erscheinende zusätzliche Risiken sehe ich durch die genannten Möglichkeiten nicht; vielmehr halte ich die erweiterten Geschäftsmöglichkeiten für sinnvoll und vertretbar. Denn die Ausweitung der Geschäftsmöglichkeiten ist einerseits moderat und andererseits eng an das Risikomanagement geknüpft, das im Rahmen des Bausparkassengesetzes nun noch intensiver von der Aufsicht geprüft wird. So dürfen Bausparkassen Zuteilungsmittel nur dann und erst nach Genehmigung durch die BaFin für die Gewährung von "sonstigen Baudarlehen" verwenden, wenn die Liquidität nachhaltig gesichert erscheint.

I&F Das Gesetz lässt nun aber auch 100-Prozent-Finanzierungen zu, was bislang in Deutschland nicht erlaubt war. Kann man das vertreten?

Eine 100-Prozent-Finanzierung ist nur bei der Finanzierung selbst genutzten Wohneigentums möglich. Das ist eine entscheidende Einschränkung.

I&F Was ist mit der stärkeren Möglichkeit zu Aktieninvestments?

Auch das erscheint vertretbar, weil die relative Bedeutung der Aktienanlagen inklusive Investmentanteilen mit maximal fünf Prozent der gesamten Zuteilungsmasse immer noch recht niedrig gehalten ist.

I&F Machen das Pfandbriefprivileg und die breiteren Kreditvergabemöglichkeiten Bausparkassen nicht ein Stück weit gewöhnlicher? Was unterscheidet sie nun noch von "normalen" Banken?

Der Gesetzgeber hat 1972 das Gesetz bewusst nicht als Produktgesetz ausgestaltet, sondern als allgemeines Organisationsgesetz für Unternehmen, die das Bausparkassengeschäft betreiben dürfen. Erlaubt wurden aber auch weitere Aktivitäten rund um die Finanzierung selbst genutzten Wohneigentums. In der jüngeren Vergangenheit hat sich der relative Anteil des reinen Bausparens am Finanzierungsvolumen der Bausparkassen verringert, da die Institute ihre Aktivitäten stärker auf die umfassende Finanzierung selbst genutzten Wohneigentums mit unterschiedlichen Instrumenten ausrichten. Wenn man das Spezialbankprinzip also nicht nur auf das Kernprodukt Bausparvertrag bezieht, sondern die Möglichkeit einer umfassende Betreuung der Kunden der Bausparkassen im Hinblick auf die Finanzierung selbst genutzten Wohneigentums für sachgerecht hält, dann ist die Ausweitung der Refinanzierungsmöglichkeiten durch Pfandbriefe keineswegs systemfremd. Außerdem ist die Vergabe sonstiger Baudarlehen auf den Gesamtbetrag aus Bauspardarlehen und Vor- und Zwischenfinanzierungsdarlehen begrenzt; das dient auch zur Wahrung des Spezialbankprinzips. Schon der Gesetzgeber hat also Vorsorgemaßnahmen getroffen, damit der Geschäftsbetrieb einer Bausparkasse auf das Bauspargeschäft ausgerichtet bleibt.

I&F Wie unterscheidet sich die Aufsicht über Bausparkassen vom Verbraucherschutzmandat der BaFin hinsichtlich des Bausparens? Kann es hier zu Überschneidungen kommen?

Um Interessenkonflikte mit der laufenden Solvenzaufsicht zu vermeiden, wurde die Zuständigkeit für kollektiven Verbraucherschutz in der BaFin bei der Wertpapieraufsicht zentralisiert. Die Bausparkassenaufsicht ist im wesentlichen Solvenzaufsicht und wir verstehen das Bausparkassengesetz als spezielles Bankaufsichtsrecht mit dem Ziel, die dauerhafte Erfüllbarkeit der Bausparverträge sicherzustellen. Das gilt auch für den sehr speziellen und einzigartigen Genehmigungsvorbehalt für Bauspartarife. Aus meiner Sicht gewährleisten wir aber in besonderem Maße den Schutz der Verbraucher, wenn wir im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten dafür sorgen, dass die Bausparkassen voraussichtlich in der Lage sind, ihre Verträge dauerhaft zu erfüllen.

Zur Person

Thomas Happel Abteilungsleiter, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Bonn

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