Bausparen und Bausparkassen 2015

"Zinssicherungssystemen wie dem Bausparen wird der wirtschaftliche Boden unter den Füßen weggezogen"

Bernd Dedert

Die relativen Bedingungen aus Kundensicht für das Bausparen waren selten so günstig wie derzeit. Gleichzeitig belasten die Liquiditätsschwemme und die wachsenden regulatorischen Anforderungen die Institute enorm. Das macht die Steuerung zu einer großen Herausforderung. Die Möglichkeiten zu Preiserhöhungen sieht der Autor nur begrenzt. Möglichkeiten des Gegensteuerns liegen auf der Kostenseite, bei der Tarifgestaltung und im Vertrieb. Alle drei will die BKM nutzen: Die Ausweitung des Vertriebs über Plattformen und Makler hat in 2014 schon einen großen Kundenzuwachs gebracht. Neue Tarife haben die Ertragslage stabilisiert. Und ab 2020 sollen zwei Millionen Euro jährlich an Kosten eingespart werden. So kann es gehen. Red.

I&F Wie würden Sie aktuell die Rahmenbedingungen für Bausparen und Bausparkassen umschreiben?

Ich unterscheide mal zwischen der Marktsicht und der Ertragssicht. Zur Marktsicht: Das Neugeschäft der Branche liegt 2014 noch auf einem insgesamt hohen Niveau, auch wenn über alle Bausparkassen hinweg ein Rückgang von rund acht Prozent zu verzeichnen war. Unser Haus konnte nach einem bereits guten Jahr 2013 im vergangenen Jahr noch einmal zulegen. Es wurden 5,1 Prozent mehr Bausparverträge abgeschlossen, die Bausparsumme im Bruttoneugeschäft wuchs um 4,3 Prozent. Ein deutliches Plus von 12,7 Prozent in der Bausparsumme verzeichnete das eingelöste Neugeschäft.

All das wirkte sich positiv auf den Spargeldeingang aus, der insgesamt um 12,8 Prozent zulegte. Die Bausparkasse Mainz (BKM) hat damit das höchste Neugeschäft seit 2008 eingefahren und es wurde die Trendumkehr gegenüber den schwierigeren Jahren mit Marktanteilsverlusten bestätigt.

I&F Was waren die Gründe?

Das war einmal die Einführung einer neuen Tarifgeneration Anfang 2013.

2014 war es nun die Aufgabe, Nachhaltigkeit zu zeigen, sonst wäre der Vorteil der neuen Tarife als Einmaleffekt mehr oder weniger verpufft. Dabei muss man auch aufpassen: Der Anteil des Renditetarifs am Gesamtportfolio liegt nur bei rund zwanzig Prozent. Das belastet zwar mittlerweile die Ertragslage, ist von der Risikolage aber überschaubar.

I&F Das Steuern des Vertriebs und damit des Geschäfts über Tarife ist inzwischen gang und gäbe. Sie haben aber das Problem der Einmaleffekte angesprochen. Hinzu kommt: Gibt es nicht schon viel zu viele Tarife, versteht das der Verbraucher noch?

Ich bin sehr dafür, dass Bausparen einfach und verständlich bleibt. Die Komplexität bei Finanzdienstleistungsangeboten sollte reduziert werden. Das beinhaltet natürlich auch einen Rückgang bei der Produktvielfalt. Das sollte allein schon aus eigenem Interesse geschehen, denn hohe Komplexität steigert immer auch den Verwaltungsaufwand.

I&F Wie erklären Sie sich die hohe Nachfrage nach Bausparen angesichts der Zinslandschaft, sind es also doch Unkenrufe der Branche, die immer wieder vor den Konsequenzen niedriger Zinsen warnt?

Nein, sicherlich nicht. Die nach wie vor hohe Nachfrage erklärt sich vor allem aus dem Sicherheitsbedürfnis der Sparer. Für die Menschen spielt die Garantie, mindestens das eingezahlte Geld wieder zu bekommen, eine große Rolle. Niemand will etwas verlieren. Das Bausparen als sicheres Sparen in Raten erfüllt dieses Bedürfnis. Vergleichbar sichere Sparformen bieten zudem auch keine höheren Zinsen.

Bausparkassen können allerdings noch das Darlehen zu vergleichbar günstigen und sicheren Konditionen on top anbieten. Das ist ein Vorteil. Denn ganz vorsichtig ausgedrückt, werden die Zinsen eher steigen als fallen. Es ist bei einem Bausparvertrag aber egal, ob dies 2017 oder 2019 passiert, denn die Konditionen stehen heute schon fest. Die Option auf das Darlehen hat also einen echten Wert für den Kunden, der in Zukunft günstiger finanzieren kann. Die relativen Bedingungen aus Kundensicht für das Bausparen waren selten zuvor so günstig wie heute.

I&F Warum sind die Klagen dann dennoch laut und warum nimmt die Aufsicht die Bausparkassen genau unter die Lupe?

Die guten Bedingungen auf der Marktseite kommen den Bausparkassen entgegen, allerdings führen die Niedrigzinsen auch zu erheblichen Ertragsbelastungen. Die Folge ist ein ganzes Bündel an betriebswirtschaftlichen Konsequenzen: Die zinsfesten Bestände mit langen Laufzeiten stehen in den Büchern, egal wie der Markt sich dreht. Viele Sparer verfügen noch über Tarife mit hohen Einlagenzinsen, was die GuV belastet, und Kollektivdarlehen werden aufgrund der momentanen Zinslage weniger genommen, bestehende Darlehen mit auskömmlichen Konditionen für die Bausparkassen werden dagegen vorzeitig getilgt. Das heißt, es entsteht ein Missverhältnis bei den Konditionen auf der Einlagenseite und der Kreditseite, den teuren Einlagenzinsen aus der Vergangenheit stehen vermehrt günstige Darlehenskonditionen gegenüber.

Dann: Angesichts der Zinslage und den Restriktionen des Bausparkassengesetzes gibt es derzeit nur wenige Möglichkeiten, kollektive Überschüsse wieder ertragssteigernd anzulegen. Und schließlich sind da noch die immer höheren Rückstellungen durch niedrigere Abzinsung beispielsweise bei Pensionsverpflichtungen - eine gewaltige Belastung für viele Wirtschaftsunternehmen.

I&F Wie beurteilen Sie in diesem Zusammenhang die gegenwärtige EZB-Politik, vor allem die enorme Liquiditätsschwemme?

Hier stellt sich vor allem die Frage, ob die gewünschten Ziele, nämlich ein Inflationierungseffekt und ein reales Wirtschaftswachstum erreicht werden können. Das Beispiel USA zeigt, dass das funktionieren kann. Nach Jahren extrem niedriger Zinsen und eines Quantitative Easing gibt es dort nun eine Zinserhöhungsdiskussion. Das wird auch in Europa so kommen. Nicht heute und nicht morgen, aber es wird kommen. Das ist positiv.

Derzeit überwiegen allerdings die Belastungen und die Risiken: Zinssicherungssystemen wie dem Bausparen wird der wirtschaftliche Boden unter den Füßen weggezogen. Damit werden Stabilisatoren der deutschen Wirtschaft geopfert, um Staaten, die nicht in der Lage waren, Reformen umzusetzen und sich übermäßig verschuldet haben, vor dem Untergang zu retten. Ich bin ein großer Verfechter der EU als Friedensunion und Deutschland profitiert davon, aber die schnelle flächenmäßige Verbreitung des Euro in der heutigen Breite war eine Übertreibung und die Geldpolitik der EZB für einen zu großen Euroraum ist auch eine Übertreibung.

I&F Welche Folgen hätte ein schneller Zinsanstieg für die Bausparkassen, aber auch die gesamte Kreditwirtschaft?

Ein erratischer Zinsanstieg wäre sicherlich nicht gut. Hier hängt es allerdings von der Dimension ab. Ein Anstieg von einem Prozent ist positiv für alle, selbst ein schneller Anstieg um ein Prozent. Ein sprunghafter Anstieg um mehrere Prozentpunkte in einem kurzen Zeitraum, beispielsweise einem halben Jahr, würde dagegen Probleme mit sich bringen.

I&F Neben den niedrigen Zinsen gibt es aber auch noch weitere Belastungsfaktoren, Unsicherheitsfaktoren für die Bausparkassen, Stichwort Regulatorik: Wo schießen die Verantwortlichen über das Ziel hinaus?

Der administrative Aufwand für alle Institute steigt aufgrund der ausufernden Bürokratie enorm. Zu nennen sind hier vor allem die unglaublich vielen Dokumentations- und Meldepflichten. Daraus resultieren Benachteiligungen für kleinere Spieler am Markt, da diese weder die personellen Voraussetzungen noch die Fixkostendegression größerer Häuser haben. Das heißt, in dieser Intensität sind die Vorschriften ein Eingriff in die Wettbewerbsgleichheit.

I&F Könnte man annehmen, dass hier seitens der Brüsseler und Baseler Verantwortlichen Strukturpolitik betrieben wird?

Der Verdacht liegt nahe. Allerdings bin ich nicht nahe genug an den Diskussionen dran, um wirklich beurteilen zu können, was in den Köpfen dort vorgeht. Man sollte aber auf jeden Fall nicht pauschal annehmen, dass eine große Anzahl an Instituten per se wettbewerbsfeindlich ist. Im Gegenteil: Deutschland ist mit seinem breit aufgestellten, vielgliedrigen Bankensystem besser durch die Krise der vergangenen Jahre gekommen als andere Länder mit einem System nur weniger großer Banken. Oligopolistische Systeme können für Deutschland nicht richtig und auch nicht politisch gewünscht sein. Mit dem Gedankengut der sozialen Marktwirtschaft hat das jedenfalls nicht mehr viel zu tun.

I&F Lässt sich der Aufwand, der einem Haus wie Ihrem aus den Regelungen entsteht, quantifizieren?

Ja, auch wenn noch lange nicht alle Parameter klar umrissen sind. Aber aus der Neuregelung der EU-Einlagesicherung beispielsweise erwarten wir für die BKM eine Änderung des Aufwands von derzeit etwa 300 000 Euro auf künftig rund 800 000 Euro. Zweites Beispiel Bankenrettungsfonds: In den Soffin zahlt die BKM 340 000 Euro ein, künftig müssen wir mit rund einer Million Euro rechnen, die jährlich zu bezahlen sind. Beides entspricht mehr als einer Verfünffachung des Aufwands, ohne dass sich das Geschäftsmodell oder die Risikolage der BKM verändert hat. Und das vom Jahr null auf das Jahr eins, ohne eine wie auch immer geartete Übergangszeit. Das ist den verantwortlichen Stellen wohl nicht bewusst.

Einen weiteren Punkt möchte ich an dieser Stelle auch noch ansprechen, und zwar das BGH-Urteil zum Umgang mit Kreditbearbeitungsgebühren. Verbraucher müssen geschützt werden und dafür ist eine hohe Transparenz wichtig, das steht außer Frage. Aber es kann nicht richtig sein, dass geltendes Recht rückwirkend geändert wird. So wird eine nachhaltige Unternehmensführung unmöglich gemacht. Nichts ist mehr kalkulierbar, nichts ist mehr verlässlich. Im Grunde genommen muss man sich heute schon bei jeder normalen Entscheidung überlegen, was davon in zehn Jahren bei voller Rückwirkung angreifbar sein könnte. Das ist nicht fair.

I&F Haben Sie Rückstellungen bilden müssen?

Auch wenn das Urteil in erster Linie auf Konsumentenkredite abzielt, haben wir Vorsorge getroffen. Auch das ist ein Belastungsfaktor für unsere GuV.

I&F Rechnen Sie damit, dass Spieler, die den Anforderungen nicht gewachsen sind, verstärkt aus dem Markt ausscheiden?

Sicherlich sind die Rahmenbedingungen für Bausparkassen eine Herausforderung, gerade für kleinere Häuser. Allerdings ist die Komplexität bei der Übernahme einer Bausparkasse sehr hoch. Das ist ein Grund, warum wir auch in der jüngeren Vergangenheit nur relativ wenige Übernahmen oder Fusionen gesehen haben.

I&F Intensiver Wettbewerb, wachsender Ertragsdruck durch die niedrigen Zinsen, steigender Kostendruck durch die Regulatorik - wie steuert man unter diesen doch schwierigen Rahmenbedingungen eine Bausparkasse?

Auf jeden Fall sehr vorsichtig. Wir planen mittelfristig keinen Zinsanstieg ein, sondern gleichbleibend niedrige Zinsen. Das belastet zwar, aber positive Überraschungen sind mir lieber als negative. Eine dauerhafte Kompensation über Volumenssteigerungen ist sicherlich schwierig, von daher sind auch die Erwartungen an das Neugeschäftswachstum eher zurückhaltend. Unsere Managementaufgabe ist sicherlich, jetzt schon möglichst viel von zukünftigen Belastungen zu verarbeiten. Wir werden das tun.

I&F Welche Maßnahmen haben Sie konkret ergriffen, um der Entwicklung gegenzusteuern?

Mehrere Maßnahmen: Zum einen haben wir die Tarife der gegenwärtigen Situation angepasst und wir werden dies auch weiter tun. Zweitens: Mit dem Effizienzsteigerungsprogramm "BKM 2020" haben wir ein Ertragssteigerungsprogramm verabschiedet und im Haus kommuniziert, mit dem spätestens ab 2019 pro Jahr zwei Millionen Euro an Ergebnissteigerung generiert werden sollen. Bezogen auf die gesamten Personal- und Sachkosten von rund 25 Millionen Euro entspricht das etwa 8 Prozent. Derzeit läuft der Ideen- und Maßnahmenfindungsprozess. Ab 2016 rechne ich mit ersten Schritten der Umsetzung und Einsparungen im Volumen von 500 000 Euro. Im zweiten Jahr sollen erneut 500 000 Euro folgen, sodass es keinen Big Bang geben wird, sondern eine schrittweise Annäherung an das Ziel von zwei Millionen Euro pro Jahr.

I&F Gehört zu den geplanten Maßnahmen auch der Abbau von Mitarbeitern?

Wir werden natürlich alles in Betracht ziehen. Kündigungen sind nach derzeitigem Stand nicht geplant, aber die natürliche Fluktuation und Altersteilzeitregelungen oder die Rente mit 63 wollen wir nutzen.

I&F Kostensenkungen sind die eine Seite, wie steht es mit Ertragssteigerungspotenzial?

In Zeiten, in denen der BGH gerade die Kreditbearbeitungsgebühren gekippt hat und Verbraucherschützer gegen jede Form von Bankgebühren vorgehen, fordert die Bundesbank die Institute auf, sich unabhängiger vom Zinsgeschäft zu machen und an der Gebührenschraube zu drehen. Das ist schon eine verrückte Situation. Natürlich schauen wir uns unsere Preise an und prüfen Möglichkeiten, aber ich halte den Spielraum für begrenzt. Was helfen kann, sind tendenziell steigende Zinsen.

I&F Die BKM hat im Jahr 2014 sehr stark auf die Neukundenakquise gesetzt, vor allem durch den Maklervertrieb: Ist das auch schon eine Antwort auf die gegenwärtige Situation? Und das kostet doch auch Geld?

Wir beteiligen uns nicht an einem Provisionswettlauf, somit bleibt eine direkte Belastung der GuV begrenzt aus. Aber die BKM verzeichnete über Jahre einen sinkenden Kundenbestand, dem wollten wir entgegenwirken. Mit Erfolg, wie die Zahlen 2014 zeigen.

I&F Wie ist das gelungen?

Vertriebstaktische Maßnahmen gehören ebenso zum Programm wie der Einsatz von Vertriebssteuerungsgeldern in Richtung Neukundengewinnung. Dadurch hat vor allem die Ausschließlichkeitsorganisation (AO) deutlich mehr Neukunden akquiriert. Daneben wurde der Vertrieb um neue Vertriebspartner wie Plattformen und vor allem Makler erweitert. Und schließlich haben wir die gesamte Organisation verstärkt auf Kundenzufriedenheit und die Zusammenarbeit mit den Vertrieben ausgerichtet.

I&F Insgesamt betrachtet sinken die Sparquoten aber immer weiter ab. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung und wird sich das irgendwann auch auf die Bausparkassen niederschlagen?

Die stetige Erosion der Sparquote ist extrem negativ. Einer Studie zufolge kann die Hälfte der amerikanischen Haushalte bei einem Einkommensausfall kaum einen Monat überbrücken. Das zeigt, geringe Sparquoten sind eine Keimzelle von Instabilität. Menschen brauchen Rücklagen, für die eigene Sicherheit aber auch im Sinne der Volkswirtschaft. Die Effekte aus höherem privatem Konsum rein zulasten der Sparquote sind zwar positiv, aber allenfalls kurzfristiger Natur. Deutschland tut sich wie Europa auch erfahrungsgemäß schwer, nach einem Konjunktureinbruch schnell wieder auf Wachstum umzuschalten. Es dauert länger als beispielsweise den USA. Von daher gilt es unbedingt, dieses Konjunkturrisiko zu verhindern. Das geht nur über Nachhaltigkeit, und dazu trägt eine relativ stabile Sparquote bei.

Auch das Bausparen ist ein Sicherungsmechanismus. Es hat in den vergangenen fünfzig Jahren für stabile Verhältnisse an den Wohnungsmärkten gesorgt. Durch den Eigenkapitalanteil an den Finanzierungen kam die Spirale aus sinkenden Preisen, steigendem Verkaufsdruck und weiter sinkenden Preisen hierzulande nie richtig in Gang, anders als beispielsweise in Spanien oder den USA. Deswegen ärgert und beunruhigt es mich, wenn die geldpolitischen, regulatorischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für das Bausparen immer schwieriger werden.

I&F Braucht es mehr staatliche Anreize, um die Sparquote wieder zu erhöhen?

Die Sparquote ist in den vergangenen Jahren gesunken, obwohl die Förderungsbeiträge beispielsweise bei der Riesterrente nicht verändert wurden. Von daher glaube ich nicht, dass ein Anstieg der Fördermaßnahmen zu einem Umdenken führen würde. Vielmehr müssen über die Geldpolitik Zinsbedingungen geschaffen werden, die das Ansparen von Geld wieder interessant machen.

I&F Der Anteil an Wohnriester-Verträgen an der gesamten Bausparsumme ist bei der BKM niedriger als bei anderen Bausparkassen, warum ist das so?

Wohnriester ist sozialpolitisch ein sinnvolles Produkt und ich freue mich, dass es in den vergangenen Jahren von vielen Bausparkassen sehr gut verkauft wurde. Man darf aber auch nicht außer Acht lassen, dass der Aufwand durch die Komplexität des Produktes für die Anbieter hoch ist. Der betriebswirtschaftliche Nutzen ist also sehr überschaubar, sodass wir hier eine gewisse Zurückhaltung üben.

I&F Wie lief es insgesamt auf der Finanzierungsseite?

Angesichts der Zinslage war die Nachfrage nach Finanzierungen natürlich hoch. Dabei standen bausparunterlegte Kredite im Vordergund, die die Kunden ohne Vorsparprozess sofort abrufen können. Die Neuzusagen bei den außerkollektiven Finanzierungen stiegen um 24 Prozent, hinzu kommen noch Prolongationen.

I&F Die angesprochenen außerkollektiven Darlehen wachsen seit Jahren und werden für die Branche immer bedeutender. Ist das noch Bausparen im klassischen Sinne?

Ich würde es als notwendige Ergänzung bezeichnen und nicht als Widerspruch zum Bauspargeschäft. Das außerkollektive Geschäft macht uns unabhängiger von den Zinsmechanismen des Kollektivs und damit flexibler und stabiler.

I&F Ist das Bausparkassengesetz noch zeitgemäß?

Das Gesetz wird derzeit hinsichtlich Erweiterungen und Anpassungen an die Rahmenbedingungen überprüft. Da noch keine konkreten Ergebnisse vorliegen, fällt es mir schwer, hier einen Kommentar abzugeben. Fakt ist, das Gesetz hat in der Vergangenheit zur Stabilität des Systems beigetragen. Von daher bin ich gegen eine generelle Aufweichung. Aber es gibt sicherlich Möglichkeiten der Flexibilisierung, sei es bei der Refinanzierung oder sei es auf der Produktseite und bei den Kapitalanlagen.

I&F Warum ist die Kündigung von voll besparten oder seit zehn Jahren zuteilungsreifen Verträgen notwendig und rechtmäßig?

Dieser für die Kunden sicherlich unerfreuliche Schritt ist dem gegenwärtigen Umfeld geschuldet. Die hohen Verzinsungen, die in früheren Jahren zugesagt wurden, sind heute nicht mehr marktgerecht. Das belastet die Bausparkassen sehr stark und nicht nur die Institute, sondern über das Kollektiv alle Bausparer. Von daher kündigen Bausparkassen einem kleinen Teil von Kunden, die das Gesamtsystem einseitig ausnutzen und damit belasten. Die von Ihnen erwähnten Kündigungen beruhen auf klaren BGH- und OLG-Urteilen.

I&F Wofür werden die Darlehen derzeit in Anspruch genommen, hat sich hier die Nutzung verschoben?

Die Verteilung bei uns im Haus liegt nach wie vor bei etwa einem Drittel Neubau, einem Drittel Kauf einer gebrauchten Immobilie und einem Drittel Modernisierung und Sanierung. Wir versuchen derzeit, das Thema energetische Sanierung stärker zu besetzen. Hier werden wir in Kürze mit einem externen Partner ein neues Angebot platzieren. Derzeit läuft die Testphase und die ersten Erfahrungen sind gut.

I&F Wie sieht die Bausparkasse der Zukunft aus?

Es ist eine um die Gesamtkompetenz der Baufinanzierung erweiterte Bausparkasse, mit einer Aufstellung, die sowohl mobile Vertriebe umfasst als auch einen verstärkten Online-Vertrieb. Hierfür ist eine leistungsfähige IT unerlässlich, über die wir verfügen. Darüber hinaus erwarte ich, dass sich die Profile der einzelnen Institute künftig stärker unterscheiden werden. Es mag Anbieter geben, die verstärkt auf den Preis setzen, während andere das Thema Servicequalität in den Vordergrund stellen. Letzterer ist auch unser Weg, den wir mit unserem Claim "Mehr Service. Mehr Sicherheit." zum Ausdruck bringen.

Zur Person Dr. Bernd Dedert Sprecher des Vorstands, Bausparkasse Mainz AG, Mainz
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