Innovative Immobilienanlagen

Die Virtualisierung der Immobilien durch Immobilien-Index-Derivate

Seit dem 1. September 2006 können an deutschen Börsen Immobilien-Index-Derivate auch für kleine Summen (ab knapp 15 Euro) gehandelt werden. Goldman Sachs hat ein Zertifikat auf den Immobilienindex IPD UK Annual Index nach der britischen Markteinführung Ende Juli 2006 nun auch in Deutschland lanciert. Somit kann ein deutscher Kleinanleger mit einem Derivat von der Entwicklung des britischen Immobilienmarktes partizipieren.

Der Wert des Derivates hängt von der Entwicklung der Gesamtrendite der Immobilien in Großbritannien ab, wie sie mit dem UK Annual Index auf Basis der Information von mehr als 10 000 Immobilien von IPD gemessen wird. Somit wird synthetisch eine Investition in Immobilien abgebildet ohne direkt Immobilien halten zu müssen, anders gesagt, wird virtuell in den Gesamtmarkt Großbritannien investiert.

In Deutschland wird ein vergleichbarer Index, der Dix Deutscher Immobilien Index, von der DID Deutsche Immobilien Datenbank GmbH, der Tochtergesellschaft von IPD, ermittelt. Bei der Berechnung dieses Indices gehen die Kennzahlen von mehr als 3 400 Immobilien in Deutschland ein, die von großen institutionellen Investoren gehalten werden. Dieses Gesamtportfolio von 60 Milliarden Euro entspricht einer Marktabdeckung von 53 Prozent des relevanten institutionellen Immobilienmarktes in Deutschland. Der durchschnittliche Verkehrswert je Immobilie im Dix beträgt 17 Millionen Euro.

Somit steht dem Kleinanleger mit dem Immobilien-Index-Zertifikat ein Werkzeug zur Verfügung, das auch erst seit kurzem bei institutionellen Investoren eingesetzt wird. Während der Kleinanleger ein Immobilien-Index-Derivat durch ein Zertifikat erwirbt, also Kapital einsetzen muss, um die Immobilienmarktrendite zu erhalten, erwirbt der Institutionelle Anleger ein Derivat in Form eines Swaps. War es institutionellen Investoren früher nur möglich, das Rendite-Risiko-Profil des Immobilienportfolios durch Maßnahmen auf der Objektebene zu beeinflussen, können diese durch Derivate auf Immobilienindizes nun auch kostengünstig das Rendite-Risiko-Profil ganz gezielt beeinflussen.

Risikoabschirmung durch Swaps

So kann das systematische Risiko des nationalen Immobilienmarktes abgeschirmt werden, indem durch ein Immobilienderivat die Gesamtrendite eines Immobilienindexes gegen einen variablen oder festen Zinssatz getauscht wird. Im Portfolio verbleibt dann das unsystematische Risiko der einzelnen Immobilienobjekte. Dies ist die Chance für den Immobilieninvestor A, der überzeugt ist, besser als der Durchschnitt der anderen Marktteilnehmer seine Objekte managen zu können.

Die Gegenseite bei diesem Tausch beziehungsweise Swap ist eine Bank B, die versuchen wird, durch einen weiteren Swap mit einem Marktteilnehmer C ihr eigenes Risiko wieder zu eliminieren (siehe Abbildung 1). Dieser Marktteilnehmer C könnte zum Beispiel ein ausländischer Immobilienfonds sein, der in seinem Portfolio stärker den deutschen Immobilienmarkt gewichten möchte. C erhält die Rendite und das systematische Risiko des deutschen Immobilienmarktes und zahlt im Gegenzug einen variablen oder festen Zinssatz.

Somit wird das Risiko und die damit verbundene Renditemöglichkeit zwischen zwei Parteien für eine bestimmte Zeit getauscht, ohne dass tatsächlich Immobilien den Eigentümer wechseln. Der Investor A zahlt beispielsweise die Dix-Gesamtrendite an die Bank B, die diese Rendite an C weiterleitet. Umgekehrt fließt der Zinssatz von C über B an den Investor A. In den meisten Fällen wird vorab vereinbart, dass diese beiden Geldströme vorab abgeglichen werden und nur die Differenz von dem Schuldner an den Gläubiger fließt.

Dieser Swap läuft für eine bestimmte Zeit zwischen einem Jahr und zehn Jahren, so dass für beide Seiten der Endpunkt dieser Transaktion klar definiert ist. Der Verkäufer der Gesamtrendite des Immobilienmarktes, Investor A, kommt somit wieder automatisch in den Immobilienmarkt zurück, wenn er sich nicht dafür entscheidet, den Swap zu erneuern. Hätte Investor A dagegen die direkt gehaltenen Immobilien verkauft, würde die Entscheidung, sich wieder im Immobilienmarkt zu engagieren und das Immobilienportfolio wieder aufzubauen, einen beträchtlichen Aufwand bedeuten.

Abbildung 2 stellt dar, wie der Immobilieninvestor A, der mit der Bank die Immobilienrendite gegen einen variablen Zinssatz tauscht, die allgemeine Entwicklung am Immobilienmarkt "ausschalten kann". Der Investor A bekommt unabhängig von der Entwicklung des Immobilienmarktes einen variablen Zinssatz, den Euribor, und die relative Rendite, die er mit seinem Immobilienportfolio mehr (oder weniger) als der gesamte Immobilienmarkt erwirtschaften kann.

Kosten für Immobilien-Index-Derivate

Natürlich wird auch die Bank für ihre Vermittlungsdienstleistung und ihr Risiko bezahlt. Diese Transaktionskosten sind gerade für den Kleinanleger nicht zu vernachlässigen. Bei dem Zertifikat wird von der Investmentbank eine jährliche Indexanpassung von 2,8 Prozent vorgenommen, die die Rendite des Anlegers schmälert. Der UK IPD Annual Index ist in den letzten drei Jahren jährlich im Durchschnitt um 16,0 Prozent gestiegen, so dass für solche guten Zeiten die Indexanpassung als ein adäquates Eintrittsgeld angesehen werden kann.

Bei längerem Engagement von mehreren Jahren muss überlegt werden, ob die Transaktions- und Managementkosten für den kleinen Investor bei Offenen Immobilienfonds vorteilhafter als bei Derivaten sind. In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass mit Derivaten auf Immobilienindizes, die Rendite des Gesamtmarktes, also das gesamte "systematische Risiko" eingekauft wird, während mit Immobilienportfolios gezielt auch Einzelrisiken, also "unsystematische Risiken" erworben werden, was zusätzliche Chancen bieten kann. Die Vor- und Nachteile sowie die Transaktionskosten bei direkt gehaltenen Immobilien und bei Derivaten auf Immobilien-Indizes werden in Tabelle 1 dargestellt.

- Bei Derivaten sind auch Risiken zu berücksichtigen. Ein Risiko der Derivate auf Immobilien-Indizes ist vom Käufer des virtuellen Immobilienmarktes eingeplant: die Abhängigkeit der Zahlungsströme von der Entwicklung des Immobilienmarktes. Entwickelt sich der Dix positiv, steht der Käufer der Index-Gesamtrendite gut da, hat sich doch seine Vermutung bestätig. Ist die Gesamtrendite jedoch gering, muss der Käufer mit den fest vereinbarten Zinszahlungen, dem Verkäufer des Dix Geld überweisen.

- Ein weiteres Risiko der Immobilien-Index-Derivate bezieht sich auf die Bonität der Gegenseite. In den meisten Fällen ist eine Bank zwischen den beiden Akteuren zwischengeschaltet, die das Risiko übernimmt. Sollte die Dix-Gesamtrendite sehr hoch ausfallen, kann es sein, dass die Gegenseite nicht mehr in der Lage ist, den nun geschuldeten Betrag zu bezahlen. Daher beschränken die meisten institutionellen Anleger die Höhe des eingegangenen Engagements mit einem anderen Unternehmen oder einer Bank.

Dieses Unternehmerrisiko wird bei Derivaten in anderen Anlageformen oft reduziert, indem regelmäßig die ausstehenden Beträge saldiert werden und der Schuldner eine Sicherungseinlage für den zurzeit ausstehenden Betrag leisten muss. Dieser regelmäßige Abgleich ist aber bei Immobilien-Index-Derivaten nicht möglich, solange der Index nur einmal pro Jahr ermittelt wird.

REITs und Immobilien-Derivate

2007 werden aller Voraussicht nach die Real Estate Investment Trusts (REITs) in Deutschland eingeführt. Dies ist zu begrüßen, da REITs sich international als das Standardprodukt für die indirekte Immobilienanlage etabliert haben. Mit den REITs wird dann auch Deutschland dem internationalen Investor diese Investitionsmöglichkeit bieten. Die REITs in Deutschland müssen börsennotiert sein, und es wird erwartet, dass ein Mindestanteil im Streubesitz sein muss.

Dies bedeutet, dass aber diese REITs viel stärker von der Entwicklung des allgemeinen Aktienmarktes als von der Entwicklung des Immobilienmarktes abhängig sein werden. Dies ist auch aus der Erfahrung der Immobilien-Aktiengesellschaften in Deutschland ersichtlich. Die REITs unterscheiden sich von den herkömmlichen Immobilien-Aktiengesellschaften, da sie ihre Gewinne unter bestimmten Umständen (mindestens 90 Prozent des Gewinns wird ausgeschüttet, 75 Prozent der Einkünfte aus Immobilien) unversteuert ausschütten können, so dass diese Gewinne dann beim Anleger mit dessen individuellem Einkommenssteuersatz besteuert werden. Jedoch gleichen sich Immobilien-Aktie und REIT in der Bestimmung des Preises durch die Börse und nicht durch den Wert der Immobilien, die dieser Gesellschaft gehören. So wurden die deutschen Immobilien-Aktiengesellschaften im Sommer 2004 mit einem Kursabschlag von 20 Prozent auf den Inventarwert gehandelt, während es im Sommer 2006 einen Kursaufschlag von 20 Prozent gab.

Tabelle 2 führt die Rendite der drei Kenngrößen Dax, E&G-Dimax und dem Dix für die Jahre 1996 bis 2005 auf. Zusätzlich wird auch die Korrelation zwischen den Kenngrößen für diesen Zeitraum wiedergegeben. Die Renditen verdeutlichen, dass mit Dax-Aktien und mit Immobilienaktien in guten Zeiten viel Geld verdient werden kann (Dax 1997: plus 47,1 Prozent, Dimax 1997: plus 20,0 Prozent) und in schlechten Zeiten viel Geld verloren wird (Dax 2002: minus 43,9 Prozent, Dimax 2002: minus 19,9 Prozent).

Direkt gehaltene Immobilien, dargestellt durch den Dix, haben dagegen eine beständige einstellige Rendite, die bis jetzt noch nie negativ war. Tendenziell scheint es so, dass der Dix leicht höher ist, wenn der Dax einbricht und der Dix leicht niedriger ist, wenn der Dax stark ansteigt. Dieser Eindruck spiegelt sich auch in einer negativen Korrelation zwischen Dax und Dix von minus 0,25 wider. Die Korrelation zwischen Dax und Dimax beträgt dagegen plus 0,59.

Derivate auf einen Immobilien-Index wie den Dix bieten somit eine sehr gute Möglichkeit, das Portfolio schnell und kostengünstig zu diversifizieren. In Großbritannien haben zwölf Investmentbanken von IPD Lizenzen erworben, um Derivate auf den IPD Immobilien-Index herauszugeben, seien es Swaps für die institutionellen Anleger oder Zertifikate für die Kleinanleger.

Somit richtet sich die Hoffung auf zwei Aspekte: Erstens, der Markt für Derivate auf Immobilien-Indizes kommt in Schwung, so dass auch in Deutschland vergleichbare Instrumente wie in Großbritannien zur Verfügung stehen. Zweitens, der Immobilienmarkt an sich in Deutschland kommt auch in Schwung, nimmt sich ein Beispiel an den durchschnittlichen 16 Prozent Gesamtrendite der letzten drei Jahre in Großbritannien und bereitet den Immobilieninvestoren - ob direkt oder virtuell - mehr Freude.

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