Zinskommentar

Weiterhin beste Finanzierungsbedingungen

Eigentlich ist der Monat April ja für einige Überraschungen und Kapriolen gut, zumindest auf der Wetterseite. Doch so stabil wie der warme Frühling zeigte sich Anfang des Monats auch die Europäische Zentralbank, die keinen Anlass sah, an der Zinsschraube zu drehen. Sie beließ die Leitzinsen im Euroraum unverändert bei 0,25 Prozent. Und das, obwohl die Inflationsrate für den Euroraum im März auf 0,5 Prozent gesunken ist und sich somit weiter von der Zielvorgabe von 2,0 Prozent entfernt hat. Doch die Verantwortlichen in der Notenbank glauben nicht an das Deflationsgespenst und sehen gegenüber dem Vormonat keine erhöhten Risiken. Demzufolge ist es nachvollziehbar, das man noch keine weitere Intervention für notwendig hält, von der ohnehin umstritten ist, ob sie überhaupt noch nachhaltig Wirkung entfalten könnte.

Stattdessen setzte EZB-Präsident Mario Draghi die Politik der verbalen Interventionen fort. So betonte er erneut, die EZB werde mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln die Deflation im Keim ersticken. Manch einer sieht die EZB nun schon in größerem Stil Staats- oder Bankanleihen aufkaufen. Beim letzten Zusammentreffen des EZB-Rats wurde nach Aussage von Präsident Draghi zwar nicht über die Einzelheiten eines solchen Programms diskutiert, Berichten zufolge hat die Europäische Zentralbank ein solches Szenario aber bereits intern mit einem Kaufvolumen von einer Billion Euro durchgespielt.

Gegen einen schnellen Einsatz solch unkonventioneller Maßnahmen spricht allerdings die konjunkturelle Entwicklung in der Eurozone, die sich im ersten Quartal des laufenden Jahres dank einer steigenden Binnennachfrage moderat erholt hat. Dieser Trend könnte sich nach Ansicht der Ratsmitglieder in nächster Zeit fortsetzen. Sollte das der Fall sein, werden auch die Verbraucherpreise wieder anziehen. Noch gehen die Währungshüter im kommenden Jahr von einer Teuerungsrate von 1,3 Prozent und von 1,5 Prozent im Jahre 2016 aus.

Für Immobilienkäufer, die in den kommenden Wochen und Monaten ein Finanzierungspaket schnüren müssen, sind das gute Nachrichten. Kredite für das neue Eigenheim oder Anschlussfinanzierungen bleiben in der Nähe ihrer historischen Tiefststände. Im März kostete ein klassisches Hypothekendarlehen mit zehn Jahren Zinsbindung durchschnittlich 2,44 Prozent - und ist damit nur noch 0,13 Prozentpunkte vom Allzeittief entfernt. Und wer sorgfältig die Angebote vergleicht und gut verhandelt, kommt sogar noch 0,2 oder 0,3 Prozentpunkte billiger ans Baugeld, teilweise sogar für unter zwei Prozent.

Sollte sich die EZB in den kommenden Monaten doch noch zu einem Ankauf von Anleihen entschließen, würden die Hypothekenkredite noch günstiger. Denn die quantitative Lockerung hätte das Ziel, direkt die langfristigen Zinsen zu senken. Im Gegensatz dazu wirkt die klassische Leitzinssenkung erstens nur indirekt auf die Finanzmärkte, zweitens mit zeitlicher Verzögerung und drittens setzt sie bei den kurzfristigen Zinsen an. Auf längere Sicht ist ein Anstieg des Zinsniveaus aber sehr wahrscheinlich. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble rechnet laut Medienberichten beispielsweise damit, dass die zehnjährigen Renditen für Bundesanleihen bereits in einem Jahr von rund 1,5 Prozent auf über zwei Prozent steigen könnten. Ein solcher Anstieg der langfristigen Anleihen ist in der Regel mit höheren durchschnittlichen Zinsen für eine Baufinanzierung verknüpft.

Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist und bleibt der Finanzsektor. Zwar ist die Bankenunion, die sowohl die einheitliche Aufsicht über 128 europäische Großbanken als auch die Abwicklung von gestrandeten Marktteilnehmer regelt, gerade erst festgezurrt worden. Einige Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wollen die Details der Richtlinie aber dahingehend verwässern, dass in Zukunft in Ausnahmefällen weiterhin Bankenrettungen durch Nationalstaaten möglich sind. Hintergrund der Vorstöße sind unter anderem Befürchtungen, dass nach Abschluss des Bilanz- und Stresstests der EZB eine Reihe von Banken zusätzliches Kapital benötigen und nicht parallel abgewickelt werden sollten, um Panikreaktionen der Anleger zu vermeiden. P.O.

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