Schwerpunkt Private Baufinanzierung

Widerruf von Immobilienkrediten - probates Mittel zur Reduzierung der Restforderung der Bank

Verbraucher versuchen aufgrund der niedrigen Zinsen sich von unliebsamen teuren Altverträgen zu lösen. Da bei einer Beendigung des Kreditvertrags vor Ablauf der typischen zehnjährigen Zinsbindung regelmäßig eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung anfällt, wird immer häufiger der sogenannte "Widerrufsjoker" gezogen. Die kurze gesetzliche Widerrufsfrist von vierzehn Tagen beginnt erst dann zu laufen, wenn dem Darlehensnehmer eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erteilt worden ist. In einer Vielzahl von Fällen ist gerade dies nicht geschehen. Gesetzgeber und Rechtsprechung stellen sehr strenge Anforderungen an Inhalt und Form der zu erteilenden Widerrufsbelehrung. Die Belehrung muss umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sein. Beispielsweise die häufig in Belehrungen anzutreffende Formulierung "Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung" ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allein wegen des Wortes "frühestens" fehlerhaft.

Die Banken berufen sich nach einem erklärten Widerruf zwar regelmäßig auf die Verwendung gesetzlicher Musterbelehrungen. Ein Vertrauensschutz zugunsten der Banken kommt jedoch nach der sehr restriktiven und verbraucherfreundlichen Rechtsprechung nur dann in Betracht, falls die Belehrung der jeweiligen Musterbelehrung in jeder Hinsicht vollständig entspricht. Eine vollständige Übereinstimmung ist nur sehr selten anzutreffen. Der Widerruf ist daher mangels ordnungsgemäßer Belehrung in Millionen von Fällen noch möglich, wobei die im Einzelfall erteilte Widerrufsbelehrung im Detail überprüft werden muss.

Für finanzierende Banken und Darlehensnehmer gleichermaßen von entscheidender, wirtschaftlicher Bedeutung sind die Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs. Die weit verbreitete Diskussion konzentriert sich in diesem Zusammenhang auf künftige Vorteile des Verbrauchers in Form von Zinsersparnissen bei einer Ablöse von Altkrediten zu günstigeren Konditionen oder dem Entfallen einer Vorfälligkeitsentschädigung. Hierbei wird jedoch regelmäßig verkannt, dass der Widerruf bereits zu einer deutlichen Reduzierung der aktuellen Darlehensrestforderung der Bank führen kann. In der Rechtsfolge wandelt sich der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis um. Danach steht der Bank ein Anspruch auf Rückzahlung der Nettodarlehenssumme nebst marktüblicher Verzinsung zu. Der Verbraucher kann die gezahlten Raten - ebenfalls marktüblich verzinst - von der Bank zurückverlangen.

Auch wenn Details der oft schwierigen Berechnung der gegenseitigen Verzinsungsansprüche umstritten sind, führt die Saldierung der Forderungen in aller Regel zu einem erheblichen wirtschaftlichen Vorteil für den Darlehensnehmer. Wegen der in der Vergangenheit ständig anwachsenden Differenz zwischen Vertrags- und marktüblichem Zins entsteht ein hoher "Sondertilgungseffekt". Damit lassen sich mit Hilfe des Widerrufs für den Verbraucher Ersparnisse im häufig fünfstelligen Bereich erzielen.

Hierdurch ist nicht nur Darlehensnehmern geholfen, die ihr Eigenheim finanziert haben, nachdem sich das umzuschuldende Restkapital deutlich verringern kann. Auch in Fällen der gescheiterten finanzierten Immobilienkapitalanlage sehen sich Anleger nicht selten offenen Darlehensforderungen in Höhe des zwei- bis dreifachen der realistischen Verkehrswerte ausgesetzt. Es liegt auf der Hand, dass eine Umfinanzierung der vollständigen Darlehensrestforderung oft unmöglich ist. Neben den klassischen Haftungsinstituten müssen daher auch mit Hilfe des verbraucherschützenden Widerrufs die Forderungen der Bank möglichst weitgehend verringert werden. Nachdem die den Anlegern abverlangten Zinssätze in vielen Fällen bereits deutlich über dem seinerzeit marktüblichen Niveau lagen, wirkt sich ein Widerruf besonders vorteilhaft aus.

Ein Widerruf ist nicht nur für Darlehensnehmer interessant, deren Kredite noch offen sind. Auch bei vollständig zurückgezahlten Darlehen kann diese Lösungsmöglichkeit von Altverträgen im Nachhinein zu erheblichen wirtschaftlichen Vorteilen für den Kreditnehmer führen. Wurde der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt, besteht die Widerrufsmöglichkeit nach den gesetzlichen Regelungen grundsätzlich zeitlich unbeschränkt fort. Grenzen werden dem sogenannten "ewigen Widerrufsrecht" durch vereinzelte, obergerichtliche Entscheidungen durch die allgemeinen Grundsätze der Verwirkung gesetzt.

Hiervon abgesehen ändert eine Rückführung des Darlehens anerkanntermaßen nichts an der Widerruflichkeit des Kreditvertrags. Auch in diesen Fällen muss daher das zurückgezahlte Restkapital - zuzüglich eines regelmäßig angefallenen Vorfälligkeitsentgelts - mit dem Saldo der aus einem Widerruf resultierenden, wechselseitigen Rückabwicklungsansprüche verglichen werden. Im Ergebnis stehen dem Darlehensnehmer damit oftmals sogar nicht unerhebliche Rückerstattungsansprüche gegen die Bank zu.

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