Immobilien-Spezialfonds 2008

Wirkungen der Finanzmarktkrise auf institutionelle Immobilienanlagen

Die internationale Finanzkrise zieht immer weitere Kreise. Im europäischen Markt für institutionelle Immobilieninvestments hat sie bereits deutliche Spuren hinterlassen. Marktumfeld und Komposition derjenigen, die in diesem Markt aktiv sind, haben sich genauso verändert wie die Strategie der Investoren - an die Stelle des Beta tritt das Alpha.

In fünf Boomjahren kannten die Anfangsrenditen an den europäischen Immobilienmärkten nur eine Richtung: abwärts. Permanent steigende Immobilienpreise ließen die Wirkung eines erfolgreichen Immobilien- und Mietermanagements in den Hintergrund treten schließlich konnten Investoren ohnehin kaum etwas falsch machen, konnten den Markt schlichtweg kaufen. Genau das taten vor allem die massiv fremdkapitalfinanzierten Finanzinvestoren, die in den vergangenen Jahren einen großen Teil der Marktteilnehmer stellten und auf die Arbitrage aus günstiger Fremdfinanzierung und Immobilienrenditen setzten.

Ende der rekordhohen Preissteigerungen

Diese Leveraged Investors waren bereit, Preise zu zahlen, die weit über das hinausgingen, was langfristig orientierte traditionelle Investoren - wie Versicherungen oder Pensionskassen - aufbringen konnten beziehungsweise wollten. Preise, die sich längst als nicht nachhaltig und irrational erwiesen haben. Doch die rekordhohen Preissteigerungen der letzten Jahre haben ein abruptes Ende gefunden; auf das Ansteigen der Kapitalwerte allein kann nicht mehr gesetzt werden.

Im aktuellen Marktumfeld sind diejenigen Investoren wieder dominant, die durch aktives Immobilienmanagement Werte generieren. Edgar Zoller, Immobilienchef der Bayern-LB, hat diesen Trend vor kurzem treffend zusammengefasst: "Wir kamen von buy and hold, waren jüngst stark getrieben von buy and sell und müssen nun zu buy and do."

Die Finanzkrise hat das Hauptaugenmerk von Banken und Investoren wieder auf die immobilienwirtschaftlichen Beurteilungskriterien gelenkt. Diejenigen Investoren, die den Cash-Flow eines Objektes hinsichtlich Erwerb und Exit ausschließlich unter Annahmen des Financial Engineering betrachten, sind im Markt nicht mehr aktiv. Zudem stellen die Banken intensivere und detailliertere Untersuchungen an, bevor ein Kreditantrag bei wesentlich höherem Eigenkapitaleinsatz die Zusage erhält. Waren vor zwei Jahren 80 Prozent Leverage und mehr fast üblich, liegt das Niveau heute wieder zwischen 50 und 60 Prozent und nur in Ausnahmefällen auch einmal bei 70 Prozent.

Je besser sie die Langfristigkeit der laufenden Erträge gewährleisten können, umso leichter tun sich die Investoren bei der Finanzierung. Zunehmend interessant sind zudem Konzepte, die auf Portfolioeffekte zielen, was die Sicherheitsleistungen gegenüber den Banken angeht - zum Beispiel, indem den Banken durch eine Finanzierung auf Gesamtportfolioebene quasi der gleiche Diversifikationsvorteil geboten wird wie den Investoren.

Für bestehende, aber auch neue Produkte wird eine ganzheitliche Finanzierung erwartet:

- Wie wird das Portfolio gemanagt?

- Ist die Zinssicherung auf einen Durati-on-Ansatz abgestellt?

- Werden Leerstände oder Mieterrepositionierungen in der Asset-Management-Strategie angemessen berücksichtigt?

Diese Fragen an sich sind nicht neu, haben aber infolge der Finanzkrise erheblich an Bedeutung gewonnen. Marktteilnehmer, die über mehrere Jahre bewiesen haben, dass sie diese Prinzipien umsetzen und das Immobilien-Asset-Management auch in sehr unterschiedlichen Marktzyklen beherrschen, haben auch im aktuellen Marktumfeld deutliche Vorteile, wenn es darum geht, Finanzierungszusagen zu erhalten.

Attraktive Renditeprofile mit niedrigem Fremdkapital

Insbesondere Investoren mit niedrigem Fremdkapitaleinsatz können nun wieder attraktive Renditeprofile erzielen - also gerade jene Käufer, die in den vergangenen Jahren des Income Arbitrage zum Teil aus dem Markt gedrängt wurden oder nicht zum Zug kamen. Durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit der fremdkapitalgetriebenen Anleger bewegen sich diese Asset Manager jetzt in einem Umfeld, in dem der Wettbewerb um attraktive Immobilieninvestitionen abgenommen hat. So waren zum Beispiel die mit wenig Fremdfinanzierung operierenden Offenen Immobilienfonds mit Gesamtinvestitionen von mehr als 700 Millionen Pfund im ersten Halbjahr 2008 die größte Käufergruppe am Londoner Markt.

Dabei haben die eingeschränkte Liquidität auf den Fremdkapitalmärkten, die schwierigere Syndizierung auf Bankenseite und die Bemühungen um die Vermeidung von Klumpenrisiken für einen messbaren Rückgang der Transaktionsgrößen gesorgt. Spektakuläre Portfoliotransaktionen mit Volumina von mehreren hundert Millionen Euro gehören vorerst der Vergangenheit an. Aktuell bewegen sich die meisten Transaktionen im Bereich bis 100 Millionen Euro.

Von Total Return zu laufenden Renditen

Infolge der Krise hat sich auch das Renditeprofil von Immobilieninvestitionen verändert. Während in den letzten fünf Jahren die Gesamtrendite einer Immobilieninvestition durch "Yield Shift", also eine Werterhöhung aus der Veränderung der Anfangsrenditen, gekennzeichnet war, steht heute wieder der Beitrag aus einer laufenden Rendite im Vordergrund. Nachdem sich die hohen Total-Return-Erwartungen in den vergangenen drei Jahren per heute als nicht erzielbar erwiesen haben, sind die Anfangsrenditen inzwischen auf ein Niveau zurückgekehrt, das auf Fünf-Jahres-Sicht dort liegt, wo es aufgrund des Risikoprofils dieser Assetklasse auch liegen sollte: zwischen der Rendite aus Anleihen und Aktien, den zwei Assetklassen, deren

Eigenschaften die Immobilie kombiniert.

Zugleich müssen institutionelle Investoren, was den Cash-Flow angeht, in einem von nachlassender Wachstumsdynamik gekennzeichneten Marktumfeld deutlich stärker auf die Ausfallwahrscheinlichkeiten auf Mieterseite achten und dafür sorgen, dass diese Risiken in ihrem Portfolio überschaubar bleiben und aktiv gemanagt werden.

Von der derzeit zugenommenen Risikoaversion können Investoren profitieren, indem sie nach qualitativ hochwertigen Immobilien mit Risikofaktoren - zum Beispiel anstehenden Kündigungsoptionen oder Mietanpassungen - Ausschau halten, die vom derzeit sehr konservativen Markt teilweise falsch bewertet werden. Investoren, die über langjährige Erfahrung in den jeweiligen Investitionsmärkten verfügen und in der Lage sind, diese Risiken zu beurteilen, können dies ausnutzen und die mit dieser Strategie verbundenen Risiken über Investments in langfristig vermietete Immobilien mit defensiven Qualitäten ausgleichen.

Trotz einer relativ guten Marktliquidität können sich aufgrund der derzeitigen Verunsicherungen in den nächsten zwölf Monaten zudem profitable Gelegenheiten durch möglicherweise "erzwungene Verkäufe" - beispielsweise von britischen Fonds oder spanischen Banken

- ergeben. Allerdings dürfte das Thema Notverkäufe von hoch fremdfinanzierten Portfolios weniger bedeutend sein als häufig behauptet wird, da es sich abzuzeichnen scheint, dass die Banken hier einen besonnenen Ansatz verfolgen und sich auch zu leichten Erhöhungen der Fremdfinanzierungsquote bereit zeigen, solange gewährleistet ist, dass die Zinslast aus der Immobilie gedeckt ist.

Neue Chancen für Asset Manager, die einen opportunistischen Ansatz verfolgen, bieten sich im "Distressed Debt"-Bereich durch die hier zu beobachtenden Fehlbewertungen. Auch hier verfügen die erfahrenen Asset Manager mit ihrer Expertise in der Immobilienanalyse und der Identifizierung von Bewertungsanomalien über erhebliche Vorteile gegenüber den "Financial Engineers", die in den vergangenen Jahren zwar häufig ihr Können im Verpacken von Strukturen unter Beweis gestellt haben, in einem von Zins- und Kapitalmarkteffekten getriebenen Umfeld jedoch praktisch ohne Expertise im klassischen Real Estate Management auskommen konnten.

Gute Investitionsmöglichkeiten für umsichtige Anleger

Investoren, die aktuell investieren wollen, stehen nun vor der Entscheidung, in bestehende Portfolios, die noch für Beteiligungen offen sind, zu investieren oder sich neuen Produkten, die sich innerhalb des Korrekturzyklus frisch aufstellen können, zuzuwenden. Die Kernfrage, die sich hier stellt, ist, inwieweit das veränderte Marktumfeld in den zugrunde liegenden Bewertungen der bestehenden Portfolios bereits reflektiert ist.

Aufgrund der unterschiedlichen Zyklen und Treiber der aktuellen Korrektur in den einzelnen europäischen Immobilienmärkten ist ein differenziertes Vorgehen erforderlich. So können Investoren den Analysen von Invesco zufolge mit einer Übergewichtung des bereits stark korrigierten britischen Marktes in den nächsten zwölf Monaten vom aktuellen Preisniveau profitieren, bevor ein Nachlassen der Verunsicherung und eine steigende Investitionstätigkeit die aktuellen Vorteile reduzieren.

Investitionen in die übrigen europäischen Märkte hingegen sollten noch vorsichtig und selektiv erfolgen. Büroinvestitionen sollten auf Kosten von Einzelhandels- und Logistikinvestitionen übergewichtet werden. In einigen Märkten wie beispielsweise Spanien sollten Investitionen in einer generellen Betrachtung des Marktes noch verschoben werden, um aus dem sich abzeichnenden Anstieg der Anfangsrenditen Kapital zu schlagen. Insgesamt bieten die europäischen Immobilienmärkte trotz der jüngsten Entwicklungen und der möglicherweise in den kommenden Monaten noch weiter andauernden Unsicherheiten weiterhin gute Investitionsmöglichkeiten. Die Analysen lassen in mindestens 60 Prozent der abgedeckten europäischen Märkte über eine fünfjährige Halteperiode von heute an betrachtet attraktive Gesamtrenditen erwarten.

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