Immobilienbranche im tiefen Corona-Blues

Michael Voigtländer Quelle: IW Köln

Die Corona-Krise drückt immer stärker auf die Stimmung der deutschen Immobilienmarktakteure. So schmierte der gemeinsam von ZIA und IW ermittelte „Immobilienstimmungsindex“ im zweiten Quartal 2020 dramatisch ab: Die Branche beurteilt ihre aktuelle Geschäftslage nur noch mit 30 von 100 möglichen Punkten – der bisherige Tiefstand lag im Vorjahresquartal bei 72. Auch die Erwartungen für die kommenden zwölf Monate sind mit vier vergebenen Punkten sehr schlecht. Insgesamt erreicht das Immobilienklima, das die aktuelle Lage und Erwartungen zusammenfasst, nur noch knapp 17 von 100 Punkten. „Auf dem Immobilienmarkt wird immer offensichtlicher, welchen wirtschaftlichen Schaden die Corona-Krise angerichtet hat", sagt IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer.

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Besonders sind der Büromarkt und der Einzelhandel von der Krise betroffen. Auf dem Büromarkt brach die Bewertung der Geschäftslage auf 27 Punkte ein. Im Einzelhandel gab über ein Drittel der Befragten an, stark von sinkenden Umsätzen betroffen zu sein. Obwohl die Läden wieder offen haben, blickt die Immobilienbranche hier pessimistisch in die Zukunft: 60 Prozent erwarten fallende Mieten, 72 Prozent sogar fallende Preise. Beide Segmente – Büro und Handel – haben darüber hinaus mit Mietausfällen zu kämpfen. Die Bundesregierung erlaubt derzeit, Mietzahlungen bis zu zwei Jahre lang auszusetzen, ohne dass der Vermieter dadurch dem Mieter kündigen darf. Alle befragten Einzelhandelsvermieter gaben an, dass sie von Mietstundungen betroffen sind, knapp ein Viertel davon stark. Die Bürovermieter erleben ebenfalls viele Stundungen – ein Viertel sind davon stark betroffen, weitere 62 Prozent schwach.

Auch die gewerblichen Immobilienfinanzierer blicken mittlerweile sehr pessimistisch auf ihre aktuelle und künftige Geschäftslage: Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) von JLL und ZEW ist im zweiten Quartal 2020 um 37,8 Punkte zurückgegangen. Mit einem Minus von 56,7 Punkten handelt es sich um den tiefsten Stand des DIFI seit Beginn der Umfrage 2011. „Corona und die damit verbundenen vielfältigen gesamtwirtschaftlichen Folgen haben den DIFI ungebremst fallen lassen. Dabei stehen die Teilsalden aller Nutzungsarten im Minus. Insgesamt ergibt sich das pessimistischste Gesamtbild der letzten zehn Jahren”, so Anke Herz, Team Leader Debt Advisory JLL Germany. Allerdings, betont Herz, gebe es keine Liquiditätskrise, Finanzierungen seien verfügbar. „Solides Produkt ist bei den Banken immer noch begehrt und wird, wenn auch zu einem niedrigeren Auslauf zu höheren Preisen finanziert.“ Opportunistisches Produkt finde alternative Finanzierer, die verstärkt in den Markt kommen - sofern man bereit und in der Lage ist, den Preis zu zahlen.

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