Das Fußballstadion weiterdenken!

Dass die Fußballer aus Paderborn die Bundesliga nach vier Spieltagen kurzzeitig anführen würden, hätte vor wenigen Wochen niemand für möglich gehalten. Der Zuschauerandrang in Paderborn dürfte entsprechend anhalten und dem Aufsteiger ein volles Haus bescheren. Ein volles Haus dürfte es aber auch dann noch häufiger geben, wenn der sportliche Erfolg nachlassen sollte.

Denn der Aufsteiger hat das kleinste Stadion der Bundesliga. Nur 15 000 Zuschauer fasst die sogenannte Benteler Arena. Zum Vergleich: Das Stadion in Stuttgart bietet über 60 000 Menschen Platz, in Dortmund gar 80 000. Dabei gilt: Nicht nur für das Ambiente, auch aus immobilienökonomischer Sicht ist die Zuschauerkapazität einer der zentralen, erfolgskritischen Punkte.

Denn der Spielbetrieb ist eine der wichtigsten Einnahmequellen aus der Sonderimmobilie Fußballstadion. Die Einnahmen speisen sich aus dem klassischen Ticketing - also dem Dauerkarten- und Einzelkartenverkauf. Sie speisen sich aber auch immer mehr aus ehemaligen Randbereichen wie beispielsweise VIP- und Businesslounges (Hospitality genannt).

Vor diesem Hintergrund überrascht es wenig, dass viele Clubs ihr Stadion um- oder ausbauen möchten, um die Ertragschancen hier besser ausschöpfen zu können. Einer aktuellen Studie unseres Hauses zufolge wollen oder müssen vor allem Clubs in der 3. Liga in Sachanlagen und Infrastruktur investieren. Insgesamt plant dort jeder zweite Club Umbauten.

Diese Entwicklung ist richtig. Fußballclubs tun gut daran, die Chancen der Sonderimmobilie Stadion stärker zu beleuchten. Dabei gilt allerdings: Neben dem Spielbetrieb gibt es noch zahlreiche weitere Einnahmequellen, welche in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Immobilie stehen (zum Beispiel die Namensrechte oder auch Drittveranstaltungen wie Konferenzen oder Konzerte).

Zugleich liegen Chancen und Risiken eng beieinander, denn die Kosten- und Einnahmestrukturen hängen in hohem Maße vom sportlichen Erfolg eines Clubs ab. Im Falle eines Abstiegs kann dies je nach Club eine Halbierung der Einnahmen bei gleichbleibenden Kosten für Unterhalt, tagtäglichen Betrieb und ähnliches zur Folge haben.

Und: So richtig es ist, das eigene Stadion auf den Prüfstand zu stellen, so sehr herrscht doch oft ein noch zu enges Verständnis vor. Das Stadion wird als Mittel zum Zweck (Spielstätte) begriffen, und es wird mehr oder weniger nebenbei mitverwaltet.

Dabei muss das Stadion innerhalb der jeweiligen Vereins- und Gesellschaftsstruktur als relevante Größe separat betrachtet werden. Das Stadion kann und sollte aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung aktiver in die Zukunftsgestaltung und -planung der jeweiligen Clubs integriert werden.

Christine Unterhitzenberger, Manager, Ernst & Young Real Estate GmbH, Stuttgart

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