Aufsätze

Spezielle Bewertungsfragen die Rechnungslegung eines Fußball-Unternehmens

Im Jahre 1963 hat der Deutsche Fußballbund mit der Fußball-Bundesliga den Spielbetrieb der damals sportlich erfolgreichsten 16 Clubs neu organisiert. Ein Struktur-Vergleich der aktuell in der Fußball-Bundesliga und der 2. Bundesliga lizensierten Vereine und Kapitalgesellschaften mit den Verhältnissen der Gründungsmitglieder der Bundesliga im Jahre 1963 wird kaum mehr Übereinstimmendes ergeben.

Die wirtschaftlichen Verhältnisse haben sich von Grund auf verändert. Die Anforderungen an die wirtschaftliche und organisatorische Führung der Clubs haben sich in einem Maße erhöht, dass die Führung durch ehrenamtliche Funktionäre nicht mehr möglich wäre. Das Management musste in allen Bereichen professionalisiert werden, auch die kaufmännische Verwaltung und hier auch die Organisation der Rechnungslegung.

Lizenzspielermannschaften überwiegend ausgegliedert

Zwar nehmen auch heute noch Teilnehmer unmittelbar als eingetragene Vereine am Spielbetrieb teil, die ganz überwiegende Mehrzahl hat die Lizenzspielermannschaften allerdings in Kapitalgesellschaften ausgegliedert. In der Bundesliga überwiegen dabei die Rechtsformen Aktiengesellschaft und KGaA. Aus dem Gemeinwohl verpflichteten Vereinen haben sich Fußball-Unternehmen entwickelt. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass nach wie vor, von zwei Ausnahmen abgesehen, die Anteile dieser Kapitalgesellschaften mehrheitlich von gemeinnützigen Vereinen gehalten werden. Die ausgeschütteten Überschüsse der Kapitalgesellschaften finanzieren damit nach wie vor den Breitensport in den sogenannten Mutter-Vereinen.

Damit schließt sich ein Kreis und es wird der Zweck deutlich: Fußball-Unternehmen stellen eine den Anforderungen angemessene Organisationsform für den Wettbewerb der sportlich erfolgreichsten Mannschaften in dem in Deutschland unangefochten am meisten interessierenden Sport dar. So wie sich die Lizenzspielermannschaften innerhalb der Vereine verselbstständigt haben, gaben sich auch die Teilnehmer der 1. und 2. Bundesliga eine verselbstständigte Organisationsform. Die "DFL Deutsche Fußballliga GmbH" führt heute das operative Geschäft des "Die Liga-Fußballverband e. V." als Zusammenschluss der 36 lizenzierten Vereine und Kapitalgesellschaften der Fußballlizenzligen.

Die ersten vorliegenden Auswertungen für die Gesamtumsatzerlöse der jeweils sportlich qualifizierten Teilnehmer (20 Vereine) in der Bundesliga aus der Saison 91/92 zeigten ein Umsatzvolumen von 230 Millionen Euro. Die letzte Zusammenstellung für die Saison 2006/2007 dokumentiert nunmehr ein Umsatzvolumen der 18 Vereine der Bundesliga von 1 457 Millionen Euro. Diese wirtschaftliche Entwicklung spiegelt sich wiederum in den Organisationsstrukturen der heute sportlich erfolgreichen Fußballunternehmen wider.

Professionalisierung des Managements

Ein Ergebnis der Ausgliederung der Lizenzspielermannschaften aus den Vereinen heraus in Kapitalgesellschaften war zwangsläufig, dass sich diese Unternehmen eine allen anderen am Markt operierenden Kapitalgesellschaften vergleichbare Organisationsform zu geben verpflichtet waren. Die Professionalisierung des Managements war keine Kür, sondern Pflicht.

Die ehemals weiten Freiräume des deutschen Vereinsrechts schrumpften nach Maßgabe des Aktienrechts ganz erheblich. Die Verbindlichkeit von Handelsgesetzbuch und Aktiengesetz für die Führung der Verwaltung, aber auch der Bücher, führten ganz zwangsläufig zu Anpassungsmaßnahmen. Nicht nur, aber ganz besonders zeigt sich dies an den Anforderungen an die Rechnungslegung.

Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, dass die kodifizierten Rechnungslegungsvorschriften für Kapitalgesellschaften auch für diejenigen juristischen Personen gelten, die sich allwöchentlich mit der sportlichen Unterhaltung Hunderttausender von deutschen Fußballfans beschäftigen dürfen. Wenn sich auch der extern adressierte Teil der Rechnungslegung Bilanz, Gewinn-und-Verlust-Rechnung, Anhang und Lagebericht formal aufgrund der identischen Vorschriften von größenmäßig vergleichbaren Kapitalgesellschaften nicht unterscheidet, so weichen die Inhalte teilweise erheblich ab.

Spezielle Bewertungsfragen

Auf der Aktivseite der Bilanzen dominieren nicht technische Anlagen und Betriebs- und Geschäftsausstattungen, sondern Transferentschädigungen und dann, wenn das Fußballunternehmen die Spielstätte selbst errichtet hat, dreistellige Millionenbeträge für ein Fußballstadion. So volatil Transferentschädigungen als immaterielle Wirtschaftsgüter sein mögen, so unveränderlich - wegen ihrer langen Nutzungsdauer - sind die Ansätze für Stadionbauten. Können diese Positionen nicht ausschließlich durch Eigenkapital finanziert werden, erfordert das Einwerben von Fremdkapital oftmals sportliche Anstrengungen.

Wie lassen sich dann Transferentschädigungen für das kreditgebende Institut bewerten, wie Stadionneubauten, für die es kaum alternative Nutzungen und noch weniger andere Nutzer am Ort gibt? Finanzierungsentscheidungen werden sich nur auf der Basis von verlässlichen und aussagekräftigen Planungsunterlagen treffen lassen. Doch nicht nur für die Finanzierungsentscheidung eines Fremdkapitalgebers, bereits zuvor, für die interne Entscheidungsfindung im Unternehmen müssen hinreichende Grundlagen aus der Rechnungslegung des Clubs vorhanden sein.

Fußballunternehmen produzieren keine Waren oder Dienstleistungen noch vertreiben sie solche Güter, für die sich Absatzmengen oder Preise mittels herkömmlicher Methoden langfristig planen lassen. Trotzdem werden in bezahlten Transferentschädigungen und Stadionbauten Hunderte von Millionen Euro gebunden. Diese Investitionsentscheidungen sind nur vertretbar, wenn das Unternehmen innerhalb der internen Rechnungslegung über hinreichend genaue und weit in die Zukunft reichende Planungswerkzeuge verfügt. Nur auf dieser Basis wird dann eine gegebenenfalls notwendige Investitionsentscheidung getroffen werden können.

Sportlich erfolgreiche Lizenzspielermannschaften lassen sich heute nicht mehr nur durch Zuschauereinnahmen und insbesondere nicht nur durch Eintrittskarten, die an einem Kassenhäuschen zwei Stunden vor Beginn des Spieles verkauft werden, finanzieren. Fußballunternehmen müssen deshalb über hochentwickelte und internetbasierte Ticketsysteme verfügen. Der Handel mit Merchandising-Artikeln wird nur zu einem Teil im stationären Handel erzielt. Zunehmend an Bedeutung gewinnen hier elektronische Vertriebswege, die internetbasiert räumlich weit entfernte Fans als Kunden gewinnen lassen.

Leistungsfähige Abrechnungssysteme

Die Verwaltung von Lizenz- und sonstigen Verwertungsrechten erfordern, wie die übrigen Umsatzträger, ein hoch integriertes Abrechnungs- und Buchhaltungssystem. Zur Abbildung dieser heterogenen Geschäftsvorfälle in der Rechnungslegung waren Abrechnungssysteme zu entwickeln, die den Anforderungen von Exaktheit, Nachprüfbarkeit und Anpassungsfähigkeit genügen. Im Ergebnis müssen diese Abrechnungssysteme nicht nur vergangenheitsorientierte Ist-Zahlen für die externe Rechnungslegung zu liefern imstande sein, sondern sie müssen auch hinreichende Basisdaten für Planungssysteme liefern.

Die Planung künftiger Aufwendungen eines Fußballunternehmens wird sich regelmäßig in drei Bereiche gliedern lassen: Personalaufwand, Aufwendungen für die Errichtung, den Betrieb und Unterhalt der Spielstätte sowie die übrigen Betriebs- und Verwaltungskosten eines Unternehmens. Die Kosten für das kickende Personal ließen sich prinzipiell exakt im Vorhinein auf die Dauer der Vertragslaufzeiten, die bei Neuabschluss in der Regel drei bis fünf Jahre betragen, bestimmen. Unwägbarkeiten bestehen in variablen Gehaltsbestandteilen, die in der Praxis allerdings ganz wesentliche Anteile an der Gesamtvergütung ausmachen - entsprechenden sportlichen Erfolg vorausgesetzt.

Die Kosten der Finanzierung eines Stadions sind idealerweise langfristig mit den Financiers verhandelt. Liquiditätsabflüsse für die Tilgungsleistungen sind bekannt. Doch es handelt sich dabei regelmäßig um Unikate. Unterhaltskosten ohne Erfahrungswerte zu kalkulieren, auch dies ist eine sportliche Herausforderung. Da mag wenigstens die Planung der übrigen Kosten sich nicht von den Anforderungen in anderen Unternehmen unterscheiden.

Erfolgsabhängige Umsätze

Ganz anders verhält es sich umsatzseitig. Hochdotierte Sponsoringverträge enthalten regelmäßig wesentliche vom sportlichen Erfolg abhängige Bestandteile. Noch wesentlich stärker ist die Abhängigkeit zwischen Höhe der Einnahmen und sportlichem Erfolg bei den Zuschauereinnahmen aus Bundesligaspielen und nochmals gesteigert bei den Einnahmen aus nationalen und internationalen Pokalwettbewerben.

Geld schießt keine Tore - diese nobelpreisverdächtige Erkenntnis trifft mit Sicherheit nur für das auf Festgeldkonten geparkte Geld zu. Bedauerlicherweise ist die Umkehrung dieser Aussage auch nicht immer eine Erfolgsgarantie. Unstrittig ist aber, dass Qualität, und die kostet nun mal mehr, eine größere Erfolgsgarantie gewährt. So wie jedes Unternehmen in der Zusammensetzung und Qualität ihrer Produkte nicht stehen bleiben kann, vielmehr diese permanent entwickeln und verbessern muss, ist bei einer Fußballgesellschaft eine permanente Verbesserung der sportlichen Leistungsfähigkeit ihrer Mannschaften ein Muss.

Dauerhafte Sicherstellung einer ausreichenden Liquiditätsversorgung

Kein Club einer führenden Profiliga beschränkt sich nur auf die Entwicklung junger Spieler, kein Club, der über die finanziellen Mittel zu verfügen hofft, verzichtet auf Transfers bereits erfolgreicher Spieler. In der Volkswirtschaftslehre wird der Zielkonflikt zwischen den verschiedenen Zielen moderner Wirtschaftspolitik üblicherweise in einem magischen Viereck dargestellt. Ein ebensolches lässt sich auch für ein Fußballunternehmen definieren.

An einem Eckpunkt wird sicherlich der sportliche Erfolg stehen. An einem weiteren die Bewahrung der Liquidität, an einem dritten eine positive Kapitalrendite und schließlich, nicht außer Acht zu lassen, am vierten Eck die Attraktivität und eine die Identität des Clubs wahrende Führung des Unternehmens. So wie die Ecken eines Vierecks miteinander verbunden sind, ist auch die Erreichung dieser Ziele eng verknüpft und voneinander abhängig.

Dass diese Zielkonflikte nicht immer gelöst werden können, zeigen aktuelle Nachrichten aus ausländischen Profiligen, von denen bislang immer angenommen wurde, dass die Ertragskraft der dort agierenden Clubs das inländische Niveau weit überschreiten. Ganz offensichtlich gilt dies auch und insbesondere für das Ausgabenniveau. Anders wären die aktuellen Nachrichten aus der englischen Premier-League nicht möglich. Auch in süd- und südwesteuropäischen Profiligen scheint es nicht für alle Vertreter immer möglich zu sein, die Einnahmen auf das Ausgabenniveau anzuheben.

In Deutschland sind Fälle solchen Ausmaßes bisher nicht bekannt geworden. Woran mag dies liegen? An der Qualität der Rechnungslegung der deutschen Fußballunternehmen, den Sanktionen, die im Handelsgesetzbuch, im Aktiengesetz und im Strafgesetzbuch kodifiziert sind? Sicherlich, doch möglicherweise nicht nur. Denn wären alleine die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür ausschlaggebend, spektakuläre Zusammenbrüche von Profiunternehmen in anderen Sportarten wären nicht erklärbar. Für die lizenzierten Teilnehmer an der Bundesliga und 2. Bundesliga gibt es seit 40 Jahren ein strenges und ständig weiter verfeinertes Kontrollsystem, welches eine weitere Anforderung an die Rechnungslegung der Fußballunternehmen darstellt.

Voraussetzung für die Lizenzierung durch die DFL, und dies gilt vom deutschen Meister bis zu dem 18. der 2. Bundesliga (und im Übrigen auch für Aufsteiger in die 2. Bundesliga), ist die erfolgreiche Absolvierung einer detaillierten Prüfung der Ist- und der Planzahlen und dies im halbjährlichen Turnus durch ein unabhängiges Gremium der DFL. Wichtigstes Ziel dieses Kontrollsystems ist die dauerhafte Sicherstellung einer ausreichenden Liquiditätsversorgung des einzelnen Clubs, um ein Zusammenbrechen und damit dem Ausfall während des laufenden Spielbetriebs sicher zu verhindern.

Vorbeugende Kontrolle

Was für deutsche Kapitalgesellschaften erst vor Kurzem eingeführt wurde, eine vom Unternehmen unabhängige und auch die testierenden Abschlussprüfer bewusst kontrollierende Untersuchungsstruktur, die spektakuläre Zusammenbrüche von Unternehmen verhindern sollen, die durch namhafte Wirtschaftsprüfer geprüft, gleichwohl unvermittelt in Schieflage geraten. Was in der deutschen Wirtschaft allgemein erst nach einigen und erheblichen Vorfällen etabliert wurde, gibt es für Fußballunternehmen schon seit vielen Jahren.

Trotz all dieser Erfordernisse einer spezifizierten Rechnungslegung, der Fußball bleibt bei diesen Unternehmen immer im Vordergrund. Jedes Unternehmen wird in allererster Linie durch seine Produkte symbolisiert. Bei der Nennung einer Automarke treten bei dem Interessierten aktuelle oder historische Modelle vor das geistige Auge. Dies gilt natürlich auch für ein Fußballunternehmen. Kein Fan wird an etwas anderes als die Spieler der aktuellen Mannschaft, den Trainer, sollte es momentan sportlich nicht so erfolgreich laufen, vielleicht noch Vertreter früherer Spielergenerationen, sicherlich jedoch nie - und das ist ihm im Übrigen auch nicht vorzuwerfen -, an Bilanzkennzahlen, Ertragskoeffizienten und Liquiditätsgrößen denken.

Ohne eine den besonderen Erfordernissen eines Fußballunternehmens entsprechende Rechnungslegung ist ein finanziell stabiles Fußballunternehmen nicht vorstellbar. Ohne wirtschaftliche Stabilität können sportliche Erfolge nicht erreicht werden. Die Rechnungslegung einer Fußball AG hat dem Folge zu leisten und erbringt damit seinen notwendigen Beitrag zum sportlichen Erfolg der Mannschaft.

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