Offene Immobilienfonds: es stand Schlimmeres zu befürchten

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Für die offenen Immobilien-Publikumsfonds stellt die Covid-19-Pandemie die größte Herausforderung seit der Finanzkrise 2008/09 dar. Und die haben sie bekanntlich gar nicht gut überstanden: Infolge akuter Liquiditätsprobleme kollabierten damals sage und schreibe 18 Produkte mit einem Gesamtvermögen in Höhe von 26 Milliarden Euro, die im Anschluss mehr schlecht als recht abgewickelt werden mussten.

Umso bemerkenswerter ist, wie geräuschlos die Assetklasse bislang durch die nun mittlerweile rund 16 Monate währende Pandemie manövriert. So sind Meldungen über Liquiditätssorgen oder erhöhte Rückgabeverlangen absolut Fehlanzeige - selbst für die vor der Einführung des KAGB 2013 aufgelegten Fonds ohne Kündigungsfristen. Stattdessen fließen ihnen die Gelder der Kleinanleger weiter üppig zu: Im vergangenen Jahr lagen die Netto-Mittelzuflüsse bei respektablen 7,8 (2019: 10,4) Milliarden Euro, im ersten Quartal 2021 kamen laut BVI schon weitere 2,2 Milliarden Euro hinzu. Entsprechend auskömmlich ist mit 17,2 (2019: 20,2) Prozent die durchschnittliche Liquiditätsquote.

Gänzlich entziehen können sich die offenen Immobilien-Publikumsfonds den Auswirkungen der Pandemie aber natürlich trotzdem nicht. Gut veranschaulicht wird dies durch das jüngste Rating update von Scope. Nachdem im vergangenen Jahr bereits 12 der 15 von Scope gerateten Immobilien-Publikumsfonds herabgestuft worden waren, folgten nun sechs weitere Downgrades um jeweils einen Notch. Aber, kein Grund zur Panik, wie Scope-Expertin Sonja Knorr bei der Vorstellung des Updates betonte: "Im Mittel liegt das Rating nun bei a-, was aus Anlegersicht noch immer eine gute risikoadjustierte Rendite erwarten lässt." Zudem lobte sie ausdrücklich die geringe Volatilität und konservativen Kreditquoten der Fonds.

Der Hauptgrund für die Herabstufungen sei die zuletzt vielerorts gesunkene Performance. Erzielten die 15 Fonds 2019 durchschnittlich noch 3,2 Prozent, so waren es 2020 nur mehr 2,1 Prozent. Für das laufende Jahr erwarten die Analysten nun ein weiteres Abschmelzen auf 1,5 Prozent. "Vor allem jene Fonds mit größerem Bestand an Hotelimmobilien und Shoppingcentern müssen Einnahmeeinbußen und Wertkorrekturen hinnehmen", so Knorr. Nichtsdestotrotz sollten Negativrenditen zumeist verhindert werden können, auch dank voraussichtlich stabiler Mietrenditen von durchschnittlich 3 Prozent.

Nach vorne gerichtet bleibe die konjunkturelle Entwicklung das Zünglein an der Waage: "Stärke und Nachhaltigkeit der wirtschaftlichen Erholung im zweiten Halbjahr haben maßgeblichen Einfluss auf die Vermietungsaktivitäten, insbesondere bei Projektentwicklungen, mögliche Mieteinnahmeausfälle und Immobilienbewertungen der Fonds", so Knorr. Die durchschnittliche Vermietungsquote war im vergangenen Jahr spürbar um 1,7 Prozentpunkte auf 94,3 Prozent gesunken. Der seit 2011 anhaltende Aufwärtstrend wurde damit vorerst beendet.

Trotzdem stand zu Beginn der Pandemie Schlimmeres zu befürchten. Dafür sprach vor allem die Ankaufspolitik in den Jahren vor Corona, in denen viele offene Immobilien-Publikumsfonds fleißig im Einzelhandels- und Hotelbereich zugekauft hatten. Infolge dessen haben die von Scope analysierten Fonds in diesen beiden Corona-geplagten Segmenten aktuell einen Anteil von stolzen 31 Prozent. Offensichtlich wurden hier also gute Lösungen mit den Mietern gefunden, doch auch die üppigen Staatshilfen - insbesondere in Deutschland, wo im Mittel 35 Prozent der Fondsobjekte liegen - haben mit Sicherheit einen wesentlichen Anteil an der robusten Entwicklung dieser über 60 Jahre alten Anlageklasse. ph

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