Pfandbrief vor großen Herausforderungen

Einen entspannten Präsidenten erlebte der Jahresempfang des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp). Jan Bettink ließ in seiner unaufgeregten Art das Jahr 2015 Revue passieren. Für seine Mitgliedsinstitute sei das Jahr insgesamt zufriedenstellend verlaufen, so das Fazit. Dies sei vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen durch die Niedrigzinsphase, der wieder fragileren globalen Konjunktur und vor allem angesichts des regulatorischen Umfelds nicht selbstverständlich. Dies war aber wohl nicht der alleinige Grund warum Jan Bettink so überaus entspannt war. Neben den zufriedenstellenden Zahlen war es sicherlich auch der 2016 anstehende Abschied von der Berlin Hyp und damit auch der Verbandsarbeit und die persönliche Neuorientierung. Denn Bettink machte auch keinen Hehl daraus, dass 2016 nicht einfacher werde und einige Baustellen auf Verband und Mitgliedsinstitute warteten.

In der Tat ist die To-do-Liste für das Jahr 2016 lang. So wurde das Pfandbriefgesetz zwar gerade frisch um bessere Regelungen für den Sachwalter angepasst und es wurden die Vorgaben des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes implementiert, aber schon steht die nächste Änderung vor der Tür. Es geht hierbei um die Liquiditätssicherung für den Krisenfall. Hier wünscht sich der Verband, nachdem die Initiative vom Finanzministerium ausging, eine Verschiebbarkeit der Pfandbriefkapitalfälligkeit um maximal zwölf Monate. Hintergrund ist, dass viele internationale Wettbewerber ähnliche Optionen für sich nutzen und damit auch leichteres Spiel beim Erhalt des Ratings haben. Dies soll dem Pfandbrief nicht vorenthalten bleiben. Gestritten wird dabei sicherlich über das Thema, ob diese Verlängerungsmöglichkeit auch für ausstehende Pfandbriefe gelten wird oder nur für neu begebene Titel. Hier wird der Verband entweder ein überzeugendes Rechtsgutachten präsentieren oder auf den Bund verweisen, der mit der Änderung des Paragrafen 46 KWG (Nachrangigkeit von Bankanleihen) bereits in bestehende Regelungen eingegriffen hat.

Der Paragraf 46 KWG beschäftigt die Pfandbriefemittenten auch aus einem weiteren Grund. Für die Einbeziehung in die Überdeckung, die in geringem Umfang der Befriedigung der gesetzlichen Auflagen, in der Praxis aber vor allem dem Erhalt eines hohen Ratings dient, sind unbesicherte Anleihen deutscher Kreditinstitute bisher ein beliebtes Instrument. Das mag vielleicht nicht mehr lange so bleiben, denn durch die Neufassung des Paragrafen 46 sind Bankanleihen Bail-in-fähig geworden. Das passt möglicherweise nicht mehr zum Sicherheitsnetz des deutschen Pfandbriefs. Sollte es so kommen, besteht Handlungs- und Ersatzbedarf, denn einen Bestandsschutz für ausstehende Bankanleihen hat der deutsche Gesetzgeber nicht geschaffen sondern auch alte ausstehende Titel dem neuen Regime unterworfen.

Das größte Thema für die deutsche Pfandbriefsolidargemeinschaft wird die mögliche Harmonisierung der europäischen Covered-Bonds-Regeln sein. Es besteht das Risiko, dass Brüssel zu laxe Qualitätsstandards implementieren könnte. Entschieden ist noch nichts, das Konsultationsverfahren läuft noch. Aber die Vorschläge aus Brüssel sind sowohl hinsichtlich des "Ob" als auch des "Wie" der Ausgestaltung einer möglichen Harmonisierung sehr offen. Verband, Pfandbriefbanken, deutsche Aufsicht und deutsche Politik müssen alle Kräfte bündeln um Gefahr vom deutschen Qualitätsprodukt abzuwenden. Ziel ist eine Mindestharmonisierung, die jedem nationalen Segment die Chance bietet, über die Qualität im Wettbewerb zu überzeugen.

Der Pfandbrief selber steht 2016 vor der Herausforderung, im weiter anhaltenden Niedrigzinsumfeld noch genügend Nachfrager zu finden. Die sogenannten Real Money Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen und Versorgungswerke sind kaum noch als Käufer zu finden, die Pfandbriefe gehen an Banken oder Zentralbanken. Die fehlende Nachfrage der klassischen Investoren beispielsweise nach den traditionellen Namenspfandbriefen ist beunruhigend, vor allem wenn die EZB im nächsten Jahr möglicherweise ihre Käufe zurückfährt oder sogar den Exit aus den Ankäufen "andeutet". Diese Problematik zeigt sich schon heute im Primärmarkt, einige Häuser schaffen es nur mit Mühe, das Orderbuch zu füllen. Andere, schwächere Namen, sind kaum noch im Markt zu finden.

Sollten die Zinsen weiter sinken, drohen bei Neuemissionen sogar negative Zinsen. Die Alternative in Form von US-Dollar-Pfandbriefen Gelder aufzunehmen, klappt bislang nur bei sehr bekannten und international etablierten Häusern wie der LBBW. Aber nicht nur auf der Passivseite herrscht Aufregung, der linken Seite der Bilanz droht Ungemach durch Basel IV und mit - um Jan Bettink zu zitieren - unter Umständen weitreichenden Folgen für die Immobilienfinanzierer.

All das muss aber ein anderer Präsident richten. Auch wenn die "Personaldecke" an geeigneten Kandidaten recht dünn geworden ist, so kann der vdp hoffentlich seine Trumpfkarte ziehen. Sie heißt Louis Hagen, der die Münchner Hyp anführende ehemalige Hauptgeschäftsführer des Verbandes. Er ist nicht nur ein ausgewiesener Immobilienfachmann, erfahrener und verbindender Verbandschef, sondern für viele Marktteilnehmer - nach dem endgültigen Wechsel von "El Presidente" Henning Rasche in den Ruhestand - das wohl bekannteste Gesicht des deutschen Pfandbriefs. ber

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