Immobilien-Spezialfonds 2017

Enormer Nachholbedarf: Kommunikationsinfrastruktur als sichere und renditestarke Assetklasse

Martin Eberhardt, FRICS, Geschäftsführer, Bouwfonds IM Deutschland, Hamburg

Quelle: Bouwfonds IM Deutschland

Deutschland hinkt beim Ausbau der Infrastruktur für die zunehmende Digitalisierung der Kommunikation hinterher. Aber genau diese wenig zufriedenstellende Tatsache birgt enorme Chancen für Investoren, meint der Autor des vorliegenden Beitrags. Denn die Politik habe zwar angekündigt, zu investieren und tut dies auch bereits. Dennoch scheint sie nicht bereit zu sein, die hohen zweistelligen Milliardenbeträge alleine aufzubringen. Bei ihrer Entscheidung sollten Anleger jedoch nicht allein auf Übertragungsmöglichkeiten via kabellosem Mobilfunk, sondern gezielt auf das Glasfaserfestnetz setzen. Auch Breitband-Satellitenverbindungen seien für ein flächendeckendes Angebot zu langsam und zu teuer. Letztlich sei die richtige Mischung maßgeblich. Das Investitionsrisiko sei gering, da die Eintrittsbarrieren für den Wettbewerb sehr hoch seien. Red.

Deutschlands wirtschaftliche Zukunft hängt immer stärker vom zügigen Ausbau der Telekommunikationsinfrastruktur ab - das haben Politik und Wirtschaft längst erkannt. Der größte Nachholbedarf besteht derzeit beim Ausbau der passiven Kommunikationsinfrastruktur, dem physikalischen Leitungsnetz, über das der Datenverkehr abgewickelt wird. Der hohe Investitionsbedarf eröffnet institutionellen Investoren neue Anlagemöglichkeiten.

Die Übertragung von Daten wurde in den letzten 30 Jahren zu einem der wichtigsten Aspekte des gesamten Lebens. Die Menschheit steckt immer noch mitten in dieser Entwicklung: Die schnelle Akzeptanz und Nutzung von Mobilfunk, Internet, "Big Data" und Cloud-Lösungen durch Privatkunden und Unternehmen steigert die Nachfrage nach Sprach-, Video- und Datenübertragungskapazität weiter. Das Online-Entertainment löst mit seinen 4K, 3D und Virtual-Reality-Angeboten das klassische Fernsehen zunehmend ab und Smart-Home-Anwendungen in den Bereichen Sicherheit, Energieeffizienz und medizinische Betreuung/Pflege verbessern das persönliche Umfeld.

Autonomes Fahren, der Schienenverkehr, Smart-City-Konzepte und der koordinierte Betrieb von Kraftwerken sind ohne eine Anbindung an ausfallsichere und leistungsstarke Datennetze nicht möglich. Ein Großteil der Effizienzsteigerungen in der Industrie findet in der Beschleunigung der Produktionsabläufe und der Logistik durch Vernetzung statt.

Ein Großteil der Ressourcen fließt in passive Infrastruktur

In der Land- und Forstwirtschaft können unter Berücksichtigung von Temperatur-, Feuchtigkeits- und Wetterdaten Dünge- und Pflanzenschutzmittel sparsam eingesetzt und die Erträge optimiert werden. Allein diese Auswahl zeigt, dass es für die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaften entscheidend ist, vorausschauend und angemessen in eine leistungsstarke Telekommunikationsinfrastruktur zu investieren.

Investiert werden muss zunächst in die aktive Infrastruktur. Dazu zählt vereinfacht ausgedrückt alles, was den Transport der Daten auf der passiven Infrastruktur ermöglicht: Server, Hubs, Switches, Router, ISDN-Geräte, Speichermedien et cetera Auf diese aktiven und mit einem Lebenszyklus von drei bis sieben Jahren recht kurzlebigen Komponenten entfällt mit 20 bis 30 Prozent der geringere Anteil der gesamten erforderlichen Netzinvestitionen. Getragen werden diese durch zahlreiche verschiedene einzelne Marktteilnehmer, von der Privatperson bis zum großen Telekommunikationsunternehmen.

Langfristige Investitionen in passive Infrastuktur

Der Großteil der Ressourcen muss dagegen mit 70 bis 80 Prozent in passive Komponenten - man könnte sagen, in die "Immobilien" der Kommunikationsinfrastruktur - investiert werden. Neben Kupfer- und Koaxial-Kabelnetzen, Sendemasten, Datenzentren, Kabelschächten, Verteilerkästen oder ähnlichem betrifft das aktuell vor allem die Glasfasernetze. Diese sind als einzige Technologie dazu in der Lage, das hohe künftige Datenaufkommen bewältigen zu können. Die passive Infrastruktur hat im Gegensatz zur kurzlebigen aktiven Infrastruktur einen ausgedehnten Lebenszyklus von 30 bis 40 Jahren. Die Investitionen in passive Komponenten erfolgen entsprechend langfristig, durch vergleichsweise wenige Marktteilnehmer, die jeweils erhebliche Summen aufbringen.

Bei der passiven Infrastruktur hat Deutschland im internationalen Vergleich noch großen Nachholbedarf. Zwar liegt die Versorgung mit Breitbandanschlüssen in Deutschland nur noch leicht unter dem EU-Durchschnitt aber die verfügbaren Übertragungsgeschwindigkeiten werden durch die zunehmenden Anforderungen der Anwendungen an die Bandbreite in absehbarer Zeit nicht mehr ausreichen (siehe Abbildung).

Der OECD-Durchschnitt ist deutlich höher

Beim Ausbau des Glasfasernetzes hinkt Deutschland so deutlich hinterher, dass man von einem regelrechten Investitionsstau sprechen kann: Mit 4,2 Glasfaseranschlüssen pro 1 000 Einwohner liegt die Bundesrepublik laut International Telecommunication Union (ITU) auf Rang 28 von 31 Ländern. Südkorea ist mit 263,6 Glasfaseranschlüssen je 1000 Einwohner führend, gefolgt von Japan und Schweden mit 199,6 beziehungsweise 149 Anschlüssen. Die USA liegen mit 27,7 Glasfaseranschlüssen je 1 000 Einwohner zwar im Mittelfeld, aber das ist immer noch mehr als sechsmal höher als in Deutschland.

Auch der internationale Vergleich des Anteils der Glasfaserverbindungen an den Breitbandanschlüssen zeigt deutlich, dass Deutschland noch erheblichen Nachholbedarf hat. Nur 1,3 Prozent der aktiven Breitbandanschlüsse sind Glasfaserverbindungen (OECD, 2016). Die Spitzenreiter sind Japan mit 72,6, Südkorea mit 69,4 und Schweden mit 46 Prozent. Selbst der OECD-Durchschnitt ist mit 17,9 Prozent um ein Vielfaches höher.

Politik und Wirtschaft sind sich in zwei Dingen einig: In den kommenden Jahren werden Kupfer- und Koaxialkabel durch Glasfaserkabel ersetzt, die für viele Dekaden die Funktion einer digitalen Autobahn übernehmen werden. Und der Investitionsstau in diesem Bereich muss zügig beseitigt werden. Die Telekommunikationsunternehmen werden die notwendigen Investitionen, die auf einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag geschätzt werden, nicht alleine aufbringen können.

Neue Anlagemöglichkeiten für institutionelle Investoren

Die Politik bietet zwar finanzielle Unterstützung und hat diese jüngst noch einmal aufgestockt. Unter dem Strich bleibt die Summe aber recht bescheiden und die Zusagen sollten den Regionen vorbehalten sein, in denen der Markt alleine nicht dazu in der Lage ist, die nötigen Investitionen aufzubringen. Allen Beteiligten ist klar: Ohne umfangreiche private Investitionen ist der Vorsprung, den viele andere Länder mit ihrer Kommunikationsinfrastruktur bereits haben, nicht mehr aufzuholen.

Für institutionelle Investoren ergeben sich durch diese Konstellation neue Anlagemöglichkeiten. Vor allem in unterversorgten Gebieten mit ausreichender Größe und Bevölkerungsdichte können sie in den Auf- und Ausbau der passiven Kommunikationsinfrastruktur investieren. Die Refinanzierung der Investitionen erfolgt durch die Vermietung und Verpachtung der Kabel, Sendemasten und Datenzentren an die Telekommunikationsunternehmen. Das Investitionsrisiko ist gering, da die Eintrittsbarrieren für den Wettbewerb durch die Stellung als lokaler beziehungsweise regionaler Alleinanbieter und durch ein stark reguliertes Umfeld sehr hoch sind.

Die Verträge mit den Betreibern können mit überdurchschnittlich langen Laufzeiten abgeschlossen werden. Die Kommunikationsinfrastruktur gehört inzwischen zur unverzichtbaren Grundversorgung und die Erträge sind entsprechend stabil und konjunkturunabhängig. Als Investitionsziele eignen sich vor allem Infrastruktureinrichtungen mit einer guten Wettbewerbsposition und Wertsteigerungspotenzial durch Verbesserung der Netzwerkperformance und/oder der Ausweitung der Breitband-Abdeckung. Mehrere kleinere Netzwerke im fragmentierten deutschen Markt können unter Nutzung von Skaleneffekten konsolidiert werden, um den Exit-Wert des Infrastrukturnetzes zu maximieren.

Glasfasernetze bei Anlage am stärksten gewichten

Der Auf- und Ausbau von Glasfasernetzen sollte bei Investitionen am stärksten gewichtet werden. Die Technologie erlaubt verlustfreie Übertragungen in großen Bandbreiten über große Entfernungen und ist dadurch auch bei weiter zunehmendem Datenvolumen zukunftssicher. Der mobile Datenverkehr steigt zwar ebenfalls weiter an, die Mobilfunkanlagen werden aber ihrerseits immer an leistungsfähige Langstreckenglasfasernetze gebunden sein.

Aber auch wenn die Bandbreiten und die Nutzung des Mobilfunks mit dem nächsten Übertragungsstandard erneut deutlich zunehmen werden, wird die mobile Datenübertragung das Glasfaserfestnetz nicht ersetzen. Dieses kann erheblich günstiger betrieben werden und ermöglicht ein Vielfaches an Übertragungsgeschwindigkeit. Breitband-Satellitenverbindungen sind für ein flächendeckendes Angebot ebenfalls zu langsam und zu teuer, um Glasfasernetze zu ersetzen.

Eine Substitution der Glasfasertechnologie durch andere Alternativen ist in den kommenden Jahrzehnten sehr unwahrscheinlich. Selbst wenn es die technologischen Voraussetzungen hierfür schon heute geben würde, so würde es viele Jahrzehnte dauern, bis sich ernstzunehmende Alternativen zur Glasfasertechnologie durchsetzen könnten. Die Glasfasertechnologie selbst ist hierfür der beste Beweis: Das physikalische Prinzip der Refraktion, die die optische Datenübertragung über Glasfaserkabel ermöglicht, wurde bereits vor langer Zeit entdeckt. Erst heute, gut 150 Jahre später, ist der Zeitpunkt erreicht, an dem das Kupferkabel seine Vormachtstellung als Medium der Datenübertragung verlieren wird.

Der Autor Martin Eberhardt FRICS, Geschäftsführer, Bouwfonds IM Deutschland, Hamburg
Martin Eberhardt , FRICS, Governing Council Member, RICS, und Mitglied des Präsidiums, ZIA Zentraler Immobilienausschuss e.V., Hamburg

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