Aufsätze

Finanzierung des Breitbandausbaus - Möglichkeiten und Rahmenbedingungen

Im Rahmen der Breitbandstrategie des Bundes wurde ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2014 sollen für 75 Prozent der Haushalte Anschlüsse mit Übertragungsraten von mindestens 50 Megabit pro Sekunde (MBit/s) zur Verfügung stehen - bis 2018 wird eine flächendeckende Verfügbarkeit solcher Bandbreiten angestrebt.

Zukunft Internet

Studien zufolge kann eine zehnprozentige Zunahme der Breitbandversorgung eine jährliche Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um bis zu 1,5 Prozent sowie eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität um 1,5 Prozent über die kommenden fünf Jahre bewirken.1) Arbeitsplätze werden gesichert und entstehen neu, die Abwanderung von Bevölkerung kann gemindert beziehungsweise vermieden, mitunter sogar der Zuzug gefördert werden. Lebensqualität und Wohlstand steigen, die Kaufkraft nimmt zu und prägt so das weitere Wachstum regionaler und überregionaler Wirtschaftsbereiche nachhaltig positiv.

Dem Breitbandatlas des Bundes zufolge bieten die vorhandenen Netze mittlerweile für mehr als die Hälfte aller Haushalte (54,8 Prozent) eine Datenübertragung von 50 MBit/s und mehr. Die Breitbandgrundversorgung mit mindestens 1 MBit/s ist mittlerweile für 99,7 Prozent aller Haushalte in Deutschland gegeben. Von den rund 4,2 Millionen Haushalten in ländlichen Regionen können seit Anfang 2012 nunmehr 95 Prozent mit Übertragungsraten von mindestens 1 MBit/s versorgt werden.

Die erforderliche Geschwindigkeit zur komfortablen Nutzung neuer Internetdienste steigt kontinuierlich, beispielsweise durch hochauflösendes Fernsehen, Gesundheitsdienste oder den Austausch umfassender Dokumente. Tatsächlich scheint der Anstieg künftig benötigter Übertragungsraten kalkulierbar. Jakob Nielsen (Technische Universität Dänemark in Kopenhagen) entwickelte das "Law of Internet Bandwidth"2). Diese Ableitung zeigt auf, dass der Bandbreitenbedarf jährlich um etwa 50 Prozent ansteigt.

Eine moderne Breitbandverbindung trägt zum Entstehen neuer Geschäftsfelder bei und erweitert die Interaktions- und Informationsoptionen der Bürger. Breitband ist inzwischen in vielen Anwendungen und Bereichen des täglichen Lebens relevant: beim Online-Banking, in der Verwaltung, in der Medizin und im Bildungsbereich, im Handel und in der Freizeitgestaltung. Die steigenden Bandbreitenbedarfe der Nutzer können nur schwer von der Mobilfunktechnologie allein "aufgefangen" werden. Dennoch steigen die Erwartungen an höhere Dienste-Flexibilität und Mobilität rasant. Infolgedessen sind Festnetz- und Mobilfunkanbieter gleichermaßen gefordert, netzübergreifende Konzepte zu entwickeln. Im Ergebnis wird kurzfristig über einen Technologiemix eine Abdeckung erreicht.

Um dem wirtschaftlichen Aufschwung, den demografischen Herausforderungen und den damit verbundenen Internetdienstleistungen in Zukunft Rechnung zu tragen, richtet sich der Fokus künftig auf leistungsstarke und hochkapazitive Technologien; damit kommt es zu einer kontinuierlich näheren Heranführung der Glasfaser an den Kunden. Ob Kabelnetzbetreiber, DSL- oder Mobilfunkanbieter - ein sukzessiver Ausbau der Netze mit Glasfasertechnologie bis hin zum Kunden wird vielerorts in Ausbauplanungen einkalkuliert oder bereits praktiziert. Doch gerade die Errichtung der langlebigen passiven Infrastruktur erfordert massive Investitionen - allem voran durch notwendige Tiefbauarbeiten.

Vorhandene Instrumente

Gerade in den ländlichen Gebieten lässt sich aufgrund höherer Anschlusskosten und geringer Nachfrage eine Breitbanderschließung über den Markt oft nur schwer erreichen. Hier ist es entscheidend, innovative Finanzierungsformen zu nutzen, um Ausbauprojekte wirtschaftlich nachhaltig und in einem überschaubaren Zeitraum umsetzen zu können.

Die Bundesregierung hat das Thema "Projektfinanzierung" in 2012 unter Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie in den Fokus genommen. In Workshops und Projektgruppen werden unter Beteiligung von Banken, Ländern, TK-Wirtschaft und kommunalen Spitzenverbänden die Möglichkeiten und Hemmnisse einer Breitbandfinanzierung diskutiert. Mittlerweile werden Darlehen und andere Finanzierungen für den Ausbau zum Beispiel durch die KfW Bankengruppe, die Landwirtschaftliche Rentenbank, einige Förderbanken der Länder sowie die Europäische Investitionsbank (EIB) bereitgestellt. Hier wurde durch die gemeinsame Arbeit vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Branchenverbänden, Banken und kommunalen Spitzenverbänden im vergangenen Jahr eine Transparenzoffensive gestartet, die insbesondere die Möglichkeiten der bereits bestehenden KfW-Programme im Breitbandausbau aufzeigt.

Während der vergangenen Monate wurden die bestehenden Finanzierungsmöglichkeiten der KfW durch das Breitbandbüro des Bundes evaluiert. Die Umfrage bei Kommunen, Unternehmen und Banken ergab, dass insbesondere längere Zinsbindungsfristen zu thematisieren sind. Die Umfrage zeigte auch, dass mehr als 30 Banken Finanzierungsangebote für Breitbandausbauprojekte planen. Die Tabelle gibt einen Überblick zu den aktuellen Finanzierungsprogrammen der bundesweit tätigen Förderbanken sowie einzelner Landesförderinstitute, die für den Breitbandausbau genutzt werden können. Die Möglichkeiten der Breitbandförderung in Deutschland hat das BMWi in einem Leitfaden zusammengestellt, der über das Breitbandportal www.zukunft-breitband. de abrufbar ist. Zu den landesspezifischen Förderprogrammen können die Breitbandkompetenzzentren der Länder Auskunft geben. Eine Übersicht der Ansprechpartner ist auf www.breitbandbuero.de/ansprechpartner zu finden.

Direkte und indirekte Faktoren des Projekterfolgs

Auch die Europäische Union hat die Möglichkeiten einer Projektfinanzierung für Breitbandprojekte erkannt und den Versuch unternommen, im Rahmen der Fazilität "Connecting Europe" (CEF) 9,2 Milliarden Euro für den Ausbau von Hoch- und Höchstgeschwindigkeitsnetzen sowie die Implementierung europaweiter digitaler Dienste bereitzustellen. Die geplanten Mittel sollten in Form von intelligenten Finanzierungsinstrumenten wie zum Beispiel langfristigen, zinsgünstigen Krediten, Darlehen oder Projektanleihen vergeben werden und sich damit deutlich von vorhandenen Förderinstrumenten unterscheiden. Letztlich wurde nur eine Milliarde Euro für den Bereich der Telekommunikation bewilligt, die vermutlich ausschließlich für die Förderung digitaler Dienste, nicht aber für den Breitbandausbau eingesetzt werden.

Oftmals bleibt unbeachtet, dass es sich auch bei der auf den breitbandigen Infrastrukturen aufsetzenden Diensten um ein Produkt handelt. Vielmehr werden nur die mit der Infrastruktur potenziell erreichbaren Haushalte betrachtet und nutzbare Technologien keinem entsprechenden Verwertungsmodell gegenübergestellt. Vor diesem Hintergrund ist es entscheidend, die für den passenden Business Case wichtigen direkten und indirekten Faktoren zu berücksichtigen (siehe Abbildung 1).

Es ist davon auszugehen, dass ein Wettbewerb der Infrastrukturen zumeist regional begrenzt in Gebieten mit hoher Einwohnerdichte erfolgt. Ein mittel- und langfristiger Breitbandausbau in Regionen mit geringer Einwohnerdichte ist für den Markt oftmals nur wenig bis gar nicht rentabel. Einen ersten Lösungsansatz für die Verbesserung dieser Situation bietet eine "Bündelung der Nachfrage" etwa durch Gründung von Bürgerinitiativen, die Sammlung von Unterschriftenlisten oder sogar den Abschluss von Vorverträgen. Die Verfügbarkeit belastbarer Aussagen von erreichbaren Kunden, die für einen Hochleistungsinternetanschluss zahlen wollen, ermutigt zum Ausbau und sichert den Kapitalrückfluss. Einige Telekommunikationsanbieter sind bereits dazu übergegangen, feste Zahlen vor dem Baubeginn zu kommunizieren: "mindestens 1 000 Verträge in der Region" oder auch "80 Prozent der Haushalte müssen Vorverträge abschließen, bevor die Umsetzung des Ausbaus beginnt".

Zu den direkten Schlüsselfaktoren gehört zum Beispiel auch eine Analyse der Bedürfnisse und Erwartungen der unterschiedlichen Zielgruppen und des zu erwartenden Kundenstamms. Weitere oftmals zu wenig beachtete Faktoren sind bereits vorhandene oder geplante Telekommunikationsinfrastrukturen sowie die Möglichkeit zur Nutzung von Synergien mit anderen wichtigen Infrastrukturen (beispielsweise Straßenbau, Energienetze) beim Breitbandausbau. Alle Faktoren zusammen prägen eine individuelle Ausgangssituation. Diese ist in Abhängigkeit zu den Wertschöpfungsstufen abzubilden und so auf das angebotene Produktportfolio anzupassen.

Evolutionärer Ausbau

In den vergangenen Jahren wurde insbesondere in der kabelgebundenen Erschließung ein evolutionärer Ausbau vorangetrieben. Hierbei wird zunächst die bisherige Verteilstruktur ertüchtigt. Die nur mit Kupferkabel ausgestatteten Kabelverzweiger werden dafür mit Glasfaserleitungen angeschlossen und veredeln somit die Verbindung bis zum Haus.

Mit diesem Konzept konnten schnellstmöglich und mit verhältnismäßig geringem finanziellem Aufwand viele Haushalte erreicht werden. Der Nachteil: Die verbesserte Anbindung wirkte sich nicht auf alle Anschlüsse hinter dem Verteilpunkt aus. Auch die TV-Kabelbranche nutzt mit dem neuen Standard DOCSIS 3.0 ein ähnliches Konstrukt. Aufgrund des steigenden Bandbreitenbedarfs kann in einem nächsten evolutionären Schritt die Verbindung zwischen Verteilpunkt und Haus nunmehr durch Glasfaser erfolgen.

Die erste Ausbaustufe wäre damit der sogenannte Fibre to the Curb (FTTC)-Ausbau, das bekannte Produkt "VDSL", die zweite Ausbaustufe die Glasfaser bis ins Haus, Fibre to the Building (FTTB). Die FTTC- Va riante bietet einen kurzfristigen Erfolg, ohne eine langfristig notwendige Investition zu konterkarieren.

Dort wo Glasfaser bis ins Haus (FTTB) verlegt wird, sind in der Regel keine Konkurrenzinfrastrukturen zu erwarten. In Konkurrenzstufe III dürfte sich hingegen ein Wettbewerb zwischen den Koaxial-Kabel- und DSL-Anbietern ergeben. Aber auch in diesem Wettbewerbsumfeld stehen die wirtschaftlich einträglichen Gebiete im Vordergrund. Handelt es sich bei dem ausbauenden Unternehmen respektive dem Investor um einen Akteur mit "langem Atem", so hat er die Möglichkeit, dieser Konkurrenzsituation auszuweichen. Findet das evolutionäre Konzept keine Anwendung, kann eine Netzplanung und -umsetzung unabhängiger von den bereits gegebenen Strukturen erfolgen. Die voraussichtlichen Anschlussquoten und vermeintlichen Einnahmen des Netzes können unter Berücksichtigung der oben genannten direkten und indirekten Faktoren kalkuliert werden.

Rahmenbedingungen

Im Breitbandausbau entfaltet sich eine "öffentlichprivate Gemeinsamkeit". Privatwirtschaftliche Investoren, Telekommunikationsunternehmen, Kommunen und andere öffentliche Träger wollen in der Regel eine absehbare Refinanzierung mit angemessener Rendite. Auch wenn die Glasfaserleitungen tendenziell an Wert gewinnen und Branchenexperten vom "IT-Gold" sprechen, sind auch rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung einer Projektfinanzierung zu berücksichtigen. Während die öffentlichrechtlichen Investoren durch Clusteransätze und Mischkalkulationen versuchen, Projekte grundsätzlich auf lange Sicht finanzierbar und wirtschaftlich rentabel entstehen zu lassen, ist die Aufgabe der Privatwirtschaft die Optimierung des kurzfristigen Gewinns und somit das schnellstmögliche Besetzen der wirtschaftlich einträglichen Gebiete. Hier besteht ein Zielkonflikt.

Nicht zuletzt ist es Ziel der Breitbandstrategie des Bundes, auch die regulatorischen Rahmenbedingungen investitionsfreundlich zu gestalten. In den vergangenen Wochen sorgte die anstehende Entscheidung der Bundesnetzagentur zum Einsatz der neuen Vectoring-Technologie für Aufregung in der Telekommunikationsbranche. Diese erweiterte VDSL-Technologie soll als schnell zu implementierendes Konkurrenzprodukt zum Beispiel zu den TV-Kabelnetzen fungieren. Technische Bedingung hierfür ist jedoch der exklusive Zugang zu Kabelverzweigern und daran angeschlossene Haushalte. Die hierfür vorgesehene Änderung der Regulierungsverfügung, welche den Zugang zum Teilnehmeranschluss regelt, sieht vor, demjenigen Betreiber einen Exklusivzugang zu Verteilerstrukturen zu ermöglichen, der die Vectoring-Technologie zuerst zum Einsatz bringen kann.

Darüber hinaus ist vorgesehen, der Deutschen Telekom AG, dem Antragsteller auf Änderung der Regulierungsverfügung, unter besonderen Voraussetzungen die Netzhoheit in bestimmten Gebieten zu gewährleisten. Wettbewerber erhalten dann einen regulierten Zugang auf Vorleistungsebene, ein sogenanntes Bitstromprodukt. Vor diesem Hintergrund nimmt das Verfahren und die damit einhergehende Diskussion bereits im Vorfeld einer noch abschließend zu verabschiedenden Entscheidung Einfluss auf Planungs- und Finanzierungsvorhaben von Anbietern und Investoren.

Fußnoten:

1) Czernich u. a. (2009), "Broadband Infrastructure and Economic Growth" (Breitbandinfrastruktur und Wirtschaftswachstum).

2) Nielsen, Jakob (1998), "Nielsen's Law of Internet Bandwidth".

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