Bausparen und Bausparkassen 2017

Wohneigentum bleibt die Nummer eins für die Vermögensbildung

Dr. Rüdiger Kamp, Vorsitzender des Vorstands, LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin - Hannover

Wenn es um das Leben in den eigenen vier Wänden geht, steht Deutschland im europäischen Vergleich schlecht da. Gerade einmal 43 Prozent beträgt hierzulande die Wohneigentumsquote, in Ländern wie Spanien oder Italien sind es knapp 80 Prozent. Ein nach Ansicht des Autors unbefriedigender Zustand. Unter Verweis auf zahlreiche Studien untermauert er die hohe Bedeutung des Wohneigentums für private Haushalte, insbesondere mit Blick auf das Ziel einer nachhaltigen Vermögensbildung. Eine besondere Rolle komme in diesem Zusammenhang auch der staatlichen Förderung zu: Im Rahmen der Vorsparprozesse fordert er nach Jahren der Zurückhaltung eine signifikante Anhebung von Einkommensgrenzen und Fördersätzen bei der Wohnungsbauprämie. Das Produkt Bausparen sieht er unter Verweis auf das Neugeschäft seines Hauses im Übrigen gut gerüstet für die Zukunft. Dass es die Bausparer mit dem Aufbau von Eigenkapital ernst meinen, verdeutlicht dabei der Blick auf die durchschnittliche Bausparsumme, die 2016 um knapp zehn Prozent angestiegen ist. Red.

Eine Untersuchung der Europäischen Zentralbank zur Vermögensbildung privater Haushalte hat vor vier Jahren einiges Aufsehen erregt. Demnach haben deutsche Haushalte im Durchschnitt deutlich weniger Vermögen zur Verfügung, als es in so manchen Krisenländern im Süden Europas der Fall ist. Diese auf den ersten Blick erstaunliche Tatsache erschließt sich schnell, wenn man die Zusammensetzung der Vermögenswerte betrachtet: Rund die Hälfte des gesamten Privatvermögens in der EU entfällt auf selbstgenutztes Wohneigentum.

Das verdeutlicht die überragende Bedeutung der eigenen vier Wände für das Vermögen privater Haushalte - und erklärt gleichzeitig die vergleichsweise schlechte Position Deutschlands im Vermögensvergleich. Denn nach wie vor ist Deutschland eine "Mieterrepublik" mit einer Wohneigentumsquote von nur 43 Prozent, der niedrigsten im Vergleich aller untersuchten EU-Länder. Aufgrund dieser extrem niedrigen Wohneigentumsquote sind die Haushalte hierzulande relativ "arm", auch wenn es wegen der steigenden Immobilienpreise in Deutschland in jüngster Zeit leichte Vermögenzuwächse gegeben hat.

"Wohneigentümer sparen sich reich"

Den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Wohneigentum und privatem Vermögen verdeutlicht auch eine Untersuchung des Instituts Empirica. "Wohneigentümer sparen sich reich" - auf diese einfache Formel lassen sich die Ergebnisse der Experten bringen. Erfolgreicher Vermögensaufbau ist somit nicht allein eine Frage des Einkommens, sondern hängt in erster Linie von der Bereitschaft ab, für Wohneigentum zu sparen.

Wie die Untersuchung von Empirica ergab, bauen Wohneigentümer am "Vorabend des Ruhestandes" fast sechsmal so viel Vermögen auf wie ein vergleichbarer Mieterhaushalt. Dabei verfügen Haushalte mit selbst genutztem Wohneigentum nicht nur über den Wert ihrer Immobilie, sondern darüber hinaus auch über ein fast doppelt so hohes Geldvermögen wie vergleichbare Mieter.

Die Wissenschaftler erklären den riesigen Vorsprung der Eigentümerhaushalte mit dem unterschiedlichen Konsum- und Sparverhalten: Wer eigene vier Wände erwirbt, ist offenbar in den ersten 10 bis 15 Jahren weitgehend "immun" gegen den Reiz größerer Anschaffungen oder Konsumausgaben. Durch hohe Tilgungsbeiträge bei der Rückzahlung von Wohnungsbaudarlehen findet ein selbst auferlegtes "Zwangssparen" statt, das sich später auszahlt. Und diese hohe Spar neigung wird meistens beibehalten, sodass im Alter neben der größtenteils entschuldeten Immobilie noch zusätzlich ein stattliches Geldvermögen zur Verfügung steht.

Beliebt in Zeiten niedriger Zinsen

Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Niedrigzinssituation genießt die eigene Immobilie eine enorme Beliebtheit. So zeigt der Trendindikator 2016 von TNS Infratest, dass drei Viertel der Deutschen "Betongold" für die beste Geldanlage halten. Und ebenfalls drei Viertel der Befragten sehen Wohneigentum als sichere Altersvorsorge, für gut 60 Prozent ist es sogar die beste Möglichkeit zur Absicherung im Alter.

Dass die eigenen vier Wände zu Recht als beliebteste Altersvorsorge gelten, lässt sich im Übrigen auch mit harten Fakten belegen. Wie Empirica errechnet hat, müssen Eigentümer mit einer schuldenfreien Immobilie im Ruhestand nur noch 16 Prozent für das Wohnen aufbringen. Bei Mieterhaushalten schlagen die Wohnkosten hingegen fast mit einem Drittel des Haushaltsbudgets zu Buche.

Angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt

Während die Attraktivität von Wohneigentum unbestritten bleibt, hat sich die Marktsituation für Immobilieninteressenten erheblich verschärft. Aufgrund der hohen Nachfrage sind die Preise in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Dadurch ist für Normalverdiener der Einstieg in die eigenen vier Wände heute oft schwieriger als früher. Vor allem in den besseren Lagen der größeren Städte können sich nur noch Gutverdiener nach Wohneigentum umsehen. Hier bestimmen inzwischen deutsche und internationale Kapitalanleger die Preise auf den Immobilienmärkten, insbesondere im Segment der Eigentumswohnungen.

Eine Umfrage des Verbands der privaten Bausparkassen vom vergangenen Herbst legt nahe, dass Wohneigentum vor allem wegen der aktuellen Preisentwicklung als Sparziel an Bedeutung verloren habe. Dieses Ergebnis sollte allerdings nicht überinterpretiert werden. Zum einen hat die Sparneigung, die nicht auf kurzfristige Konsumziele, sondern auf längerfristige Vorsorge abzielt, aufgrund der Niedrigzinsphase in den vergangenen Jahren generell abgenommen. Zum anderen gibt es durchaus Umfragen, die in eine andere Richtung weisen. So ist laut Vermögensbarometer des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands die selbstgenutzte Immobilie derzeit das beliebteste Produkt für den Vermögensaufbau - und zwar mit einer deutlich höheren Zustimmung als noch vor zehn Jahren.

Eigenkapital und Zinssicherheit im Mittelpunkt

Ungeachtet aller Umfrageergebnisse steht jedoch außer Frage: Wer heute in die eigenen vier Wände ziehen möchte, ist mehr denn je auf ausreichendes Eigenkapital und rechtzeitiges Vorsparen angewiesen. Und darauf, sich die derzeit niedrigen Zinsen dauerhaft für eine planbare Finanzierung über einen langen Zeitraum zu sichern. Dass der Trend stark in Richtung zielgerichtetes Vorsparen für die eigenen vier Wände geht, belegt zum Beispiel das Neugeschäft der LBS Nord. Im vergangenen Jahr haben ihre Bausparer deutlich höheren Vertragssummen abgeschlossen. So stieg die durchschnittliche Bausparsumme um knapp zehn Prozent auf 32 848 Euro.

Zinssicherheit steht somit für Immobilieninteressenten im Mittelpunkt und führt zu einer steigenden Attraktivität von Bausparverträgen. Denn es ist nur eine Frage der Zeit, dass die umstrittene Nullzinspolitik der EZB, und damit auch die Niedrigzinsphase enden. Erste Anzeichen gibt es bereits: Seit Herbst 2016 stieg zum Beispiel der zehnjährige Euro Mid-Swap von 0,3 auf derzeit 0,8 Prozent. Auf langfristige Zinssicherheit setzen daher auch die LBS-Kunden, die sofort eine eigene Immobilie erwerben wollten.

Staatliche Unterstützung von besonderer Bedeutung

Mit einem Volumen von 508,8 Millionen Euro entfiel im vergangenen Jahr bei der LBS Nord der größte Anteil der vermittelten Darlehen auf Vor- und Zwischenfinanzierungen. Bei diesen Finanzierungsmodellen profitieren die Kunden von den zinsgünstigen Konditionen und der Zinssicherheit bis zur letzten Rate - und das über lange Laufzeiten von rund 25 Jahren. Diese Vorteile der Bauspar-Kombifinanzierungen werden auch von der Stiftung Warentest immer wieder hervorgehoben.

In der heutigen Situation, bei steigenden Immobilienpreisen und perspektivisch zunehmenden Zinsen, ist es von besonderer Bedeutung, dass die Wohneigentumsbildung in Deutschland staatlich unterstützt wird. Das gilt vor allem für junge Familien, die sich unter diesen Bedingungen die eigenen vier Wände sonst nur schwer leisten könnten. Gerade für diese Gruppe hat die neue Wohnimmobilienkreditrichtlinie die Kreditvergabemöglichkeiten deutlich eingeschränkt.

Das bedeutet: Eigenkapital ist für die Finanzierung noch wichtiger geworden. Daher müssen auch die Vorsparprozesse stärker gefördert werden. Eine signifikante Anhebung von Einkommensgrenzen und Fördersätzen bei der Wohnungsbauprämie ist überfällig. Die Einkommensgrenzen sind seit 20 Jahren nicht mehr an die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung angepasst worden, sodass viele ehemals Berechtigte inzwischen aus der Förderung herausgewachsen sind - sogar Berufsanfänger.

Wohn-Riester gehört auf den Prüfstand

Dabei ist die Wirksamkeit dieser staatlichen Unterstützung offenkundig: Sie löst in hohem Maße freiwillige zusätzliche Sparprozesse aus und ist ein wichtiges wohnungspolitisches Instrument, um auch künftig breiten Schichten der Bevölkerung eine sichere Wohnungsbaufinanzierung zu ermöglichen. Um ein zusätzliches Signal gegen den drohenden Verfall der Sparbereitschaft im aktuellen Nullzinsumfeld zu setzen, sollten parallel die Einkommensgrenzen für die Arbeitnehmer-Sparzulage angehoben werden.

Darüber hinaus sind auch Verbesserungen bei Wohn-Riester erforderlich. Hier sollte der Rechnungszins beim Wohnförderkonto, das die geförderten Spar- und Tilgungsbeiträge erfasst, von zwei Prozent auf allerhöchstens ein Prozent abgesenkt werden. Mit Blick auf den Verfall der Kapitalmarktzinsen wäre auch eine Abschaffung der Verzinsung vertretbar. Außerdem sollten auch energetische Sanierungen in die Förderung einbezogen werden.

Der Staat muss dringend den Wohnungsbau ankurbeln - ohne dabei das übergeordnete, vermögenspolitische Ziel einer Verbesserung der Wohneigentumsquote aus dem Blick zu verlieren. Deshalb ist es wichtig, bei der Unterstützung des Wohnungsneubaus nicht einseitig den Mietwohnungsbau steuerlich zu fördern. Es muss auch alles dafür getan werden, die Selbstnutzer zu unterstützen. Denn diese Maßnahme entlastet die angespannten Wohnungsmärkte und stabilisiert gleichzeitig die Altersvorsorge, weil die Mehrheit der Bürger dadurch im Alter mietfrei wohnen kann. Zudem ließe sich auch die Wohnungsversorgung in Deutschland spürbar voranbringen.

Eigentumsförderung entlastet Wohnungsmarkt

Das hat eine neue Studie von Empirica eindrucksvoll nachgewiesen: Jedes neu bezogene Eigenheim verbessert durch die ausgelösten "Umzugsketten" im Durchschnitt die Wohnsituation von 3,3 Haushalten. Aktuell werden in der Bundesrepublik jährlich rund 100 000 Eigenheime gebaut. Das heißt: Von den frei werdenden Wohnungen profitieren mindestens 330 000 Haushalte. Es kann daher nur sinnvoll sein, den Wohneigentumserwerb durch direkte Zuschüsse zu unterstützen, ergänzt um eine starke familienpolitische Komponente. Von politischer Seite gibt es erste Vorschläge, wie Familien leichter Wohneigentum erwerben können. Ob sich die Koalitionäre noch in dieser Legislaturperiode auf ein Konzept verständigen werden, bleibt abzuwarten.

Der Autor Dr. Rüdiger Kamp, Vorsitzender des Vorstands, LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin - Hannover
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