Im Gespräch

"Die diversen regulatorischen Maßnahmen üben Druck auf die Kreditvergabe aus"

Louis Hagen

Die Münchner Hyp hat 2014 in ihrem Stammgeschäft, der privaten Immobilienfinanzierung, rund 3,4 Milliarden Euro an Krediten vergeben. Sie ist der Partner für die Primärinstitute der genossenschaftlichen Bankengruppe. In der gewerblichen Finanzierung soll die Präsenz an einigen internationalen Kernmärkten gestärkt werden. Im Interview beschreibt der Vorstandssprecher der Bank, Dr. Louis Hagen, die Entwicklung der Rahmenbedingungen für die Bank und die Wettbewerbs- und Refinanzierungssituation. Intensiv diskutiert wird das Thema Regulierung, das für ein mittelständisches Institut wie die Münchener Hyp einen erheblichen Aufwand darstellt. Red.

I & F Vermissen Sie Ihren früheren ruhigen Job als Hauptgeschäftsführer des Verbandes deutscher Pfandbriefbanken (vdp) manchmal?

Ich bin nun seit mehr als fünf Jahren mit Freude im Vorstand der Münchener Hyp und das war bisher sehr spannend. Die Zeit beim vdp in Berlin möchte ich jedoch keinesfalls missen, auch die war alles andere als ruhig. Mein Nachfolger im vdp, Jens Tolckmitt, hat beileibe keinen gemütlichen Job. Beide Aufgaben sind aber nicht ganz vergleichbar. Verbände kümmern sich um die Gestaltung der Rahmenbedingungen und die Mitgliedsinstitute müssen sich unter diesen behaupten. Beispielsweise sind Gespräche des Verbands mit der Aufsicht eher abstrakter Natur. In der Bank sind die Gespräche mit der Aufsicht sehr viel direkter und es geht durchaus auch mal zur Sache.

I & F Welche Rolle spielt die Münchener Hypothekenbank in der genossenschaftlichen Finanz-Gruppe und wie sieht die Arbeitsteilung aus?

Unser Haus arbeitet in der langfristigen Immobilienfinanzierung Hand in Hand mit den Primärinstituten der genossenschaftlichen Bankengruppe zusammen. Wir bieten Finanzierungen, die die Primärbanken so oder nicht in dem Umfang anbieten wollen oder können. Dies sind beispielsweise lang laufende Finanzierungen, die wir günstig und fristenkongruent über den Pfandbrief refinanzieren können, oder Kredite mit besonderen Strukturen. Damit können die genossenschaftlichen Primärinstitute ihren Kunden die volle Palette der Immobilienfinanzierung anbieten und verhindern damit deren Abwanderung an die Konkurrenz. Über die Vermittlung der Finanzierungen generieren die Banken zudem Provisionserträge.

Darüber hinaus erfreuen sich unsere Pfandbriefe und ungedeckten Schuldverschreibungen bei den Primärbanken hoher Beliebtheit. Nicht zuletzt beteiligen sich die Primärinstitute des genossenschaftlichen Verbunds als Mitglieder an der Münchener Hyp. Dies sichert die strategische Ausrichtung unseres Instituts und beschert eine attraktive Dividende. Mehr als 75 Prozent des Kapitals der Münchener Hyp stammt aus der genossenschaftlichen Finanz-Gruppe.

I & F Sehen Sie Änderungen in der Struktur nach einer möglichen Fusion der DZ Bank/WGZ Bank, die ab 2017 denkbar erscheint?

Innerhalb des Verbundes ist immer viel denkbar. Ein Einfluss auf unsere Strategie besteht nicht. Unser Ziel ist es, unsere Ertragskraft nachhaltig zu steigern, gute Produkte zu bieten und eine ordentliche Rendite zu erwirtschaften. Wenn uns all dies gelingt, dann hat die Münchener Hyp für den Verbund immer einen Mehrwert.

I & F Wie sieht die Wettbewerbssituation in Ihrem Stammgeschäft, der privaten Wohnungsfinanzierung aus?

Im vergangenen Jahr entfielen rund drei Viertel des Neugeschäfts beziehungsweise gut 3,4 Milliarden Euro auf diesen Geschäftszweig. Davon wurden rund 3,1 Milliarden Euro an Kunden in Deutschland vergeben, das weitere Neugeschäft an schweizerische Kunden. Der Wettbewerb in diesem Geschäftsfeld ist traditionell hart. Zuletzt zeigten sich vermehrt Versicherungen im Markt auf der Suche nach rentablen und sicheren Anlagemöglichkeiten. Die Digitalisierung hat die private Immobilienfinanzierung bisher nicht maßgeblich beeinflusst, aber dies gilt es aufmerksam zu beobachten. In der privaten Immobilienfinanzierung sind insbesondere die Bearbeitungskosten aufgrund der Kleinteiligkeit des Geschäfts ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Hier verfügen wir über effiziente Systeme und Entscheidungswege an denen wir permanent arbeiten, um uns zu verbessern.

I & F Haben Sie auf Schweizer Franken lautende Kredite gegeben?

Ja - aber nur an schweizerische Kunden. Wir haben mit der Schweizer Post-Finance eine Kooperation und bieten deren Kunden Immobilienkredite an. Ein Geschäft, das aufgrund gesetzlicher Vorgaben der Post-Finance selbst nicht möglich ist. Derzeit haben wir Kredite in einem Volumen von rund 3,3 Milliarden Schweizer Franken auf den Büchern. Aber wie gesagt, diese sind ausschließlich an schweizerische Privatkunden vergeben und stellen damit für die Kunden kein Währungsrisiko dar. Wir selbst sichern uns gegen die Währungsrisiken ab.

I & F Sehen Sie Gefahren durch das Eintreten neuer Spieler wie der sich neu aufstellenden Bausparkassen, die außerhalb des Kollektivs verstärkt finanzieren?

In der traditionellen langfristigen Immobilienfinanzierung nehmen wir sie nicht stärker wahr als bisher schon. Das liegt unter anderem an der Refinanzierung langfristiger Finanzierungen, die wir aufgrund der Pfandbriefrefinanzierung fristenkongruenter als Bausparkassen darstellen können. Wir sehen die Bausparkassen verstärkt bei der Finanzierung von Sanierungen und Renovierungen von Immobilien.

I & F Gewerbliche Immobilienfinanzierung - wie sieht die Wettbewerbssituation aus und wie wollen Sie dieses Geschäft strategisch weiterentwickeln?

Wir haben im letzten Jahr in Deutschland zirka eine Milliarde Euro gewerbliche Immobilien finanziert, das sind Büro-, Einzelhandels- und Logistikgebäude sowie Hotels und der gewerbliche Wohnungsbau. Im Ausland kamen etwa 300 Millionen Euro dazu.

Nach der Beendigung der durch die Finanzkrise ausgelösten "Schockstarre" haben sich einige Anbieter neu geordnet und sind wieder voll am Markt. Einige ausländische Banken tummeln sich wieder in dem Geschäft und auch von Versicherungen gibt es Konkurrenz. Der Wettbewerb hat sich verschärft und die Margen sind wieder geschrumpft.

Wir wollen die Präsenz an einigen internationalen Kernmärkten erhöhen und dort überwiegend beleihungsfähiges Geschäft generieren. Wir müssen uns auch sonst wie die anderen Wettbewerber den Marktgegebenheiten anpassen.

Unsere grundlegende konservative Risikostrategie wollen wir jedoch beibehalten, das heißt, beispielsweise weiterhin keine Projekt- und Bauträgerfinanzierungen. Wir genießen als mittelständisches Unternehmen einige Vorteile wie kurze Entscheidungswege und ein hohes Maß an Zuverlässigkeit. Das müssen wir ausbauen.

I & F Versicherungen treten verstärkt als Anbieter gewerblicher Immobilienfinanzierungen auf - sind sie Wettbewerber oder Partner?

Wir haben bisher keine Kooperationsvereinbarungen mit Versicherungen abgeschlossen und auch noch keine Konsortialfinanzierung mit einem Versicherer durchgeführt. Im Kerngeschäft der Münchener Hyp - gewerbliche Kredite - sind die Versicherungsunternehmen kaum wahrzunehmen.

I & F Wie sieht der Refinanzierungsmix aus - welche Rolle spielt der Pfandbrief noch?

Der Pfandbrief prägt uns, er ist unser traditionelles und attraktivstes Refinanzierungsinstrument. Rund drei Fünftel entfallen auf dieses Produkt. Die unbesicherte Mittelaufnahme läuft zu gut 60 Prozent über unsere Verbundpartner. Für unsere Primärbanken stellt die fehlende Eigenkapitalunterlegungspflicht, da es sich um Intragruppenforderungen handelt, dabei einen Vorteil dar.

I & F Sind nachhaltige Pfandbriefe eine Modeerscheinung oder rechnet sich diese Art der Refinanzierung auch wirtschaftlich?

Wir haben vergangenes Jahr erstmals einen sogenannten ESG (Umwelt, Soziales, Governance) Pfandbrief begeben. Wir erzielten damit die gleichen Konditionen wie mit einem traditionellen Hypothekenpfandbrief. Natürlich bedeutete so eine Erstemission einen höheren Aufwand, die Bank profitiert aber an vielen Stellen davon. So war es besonders erfreulich, dass mit dem ESG Pfandbrief zahlreiche neue Investoren gewonnen werden konnten und die Münchener Hyp sich einmal mehr als innovatives Kreditinstitut auszeichnen konnte. Es gibt heute eine Vielzahl von Investoren für nachhaltige Anlagen. Die Nachhaltigkeit eines Emittenten wird darüber hinaus für einige bedeutende Investoren immer wichtiger. Denen konnten wir zeigen, dass das Thema Nachhaltigkeit in unserem Kerngeschäft angekommen ist. Wir wollen deshalb das Produkt dauerhaft unseren Pfandbriefkäufern anbieten und auch weiter unsere Nachhaltigkeit befördern.

I & F Müssen Sie sich bei TLAC & Co. besonders anstrengen um die Käufer von unbesicherten Anleihen vor Bail-in zu schützen?

Selbstverständlich haben wir die Themen auf dem Radarschirm und werden uns darauf vorbereiten. Aber derzeit herrschen noch zu viele Unklarheiten, um konkrete Schritte zu unternehmen.

I & F Sie waren beim Comprehensive Assessment der EZB dabei - was halten Sie von Ihrem neuen Oberaufseher und der Arbeitsteilung mit BaFin und Bundesbank?

Das Comprehensive Assessment war extrem aufwendig und teuer für uns. Die internen Kosten mit eingerechnet, kamen wir auf eine Gesamtbelastung im oberen einstelligen Millionenbereich. Diese Kosten können wir nicht umlegen, folglich schlagen sie sich in unserer Ergebnisrechnung nieder. Es ist nicht leicht bei der Vielfalt der unterschiedlichen Aufsichtsusancen, die im Euroraum herrschen, zu einer einheitlichen Aufsicht zu kommen. Die EZB sucht noch nach gemeinsamen Standards und Methoden. Wir erwarten, dass bei aller Einheitlichkeit dennoch wie versprochen das Proportionalitätsprinzip eingehalten wird. Denn als kleines Institut unter den bedeutenden Instituten ist es nicht angemessen, dass wir die gleichen Anforderungen erfüllen müssen wie die großen Universalbanken. Die Aufgabenverteilung unter den beteiligten Aufsichtsbehörden im Joint Supervisory Team muss sich noch einspielen.

I & F Sie haben Ihre Kapitalbasis massiv verstärkt, indem schwächeres Eigenkapital (EK) in stärkeres EK umgewandelt wurde, und sie haben neues Kapital erhalten - wäre dies ohne den Druck des EZB AQR auch so leicht möglich gewesen?

Die Frage ist nicht, ob es so leicht möglich gewesen wäre, sondern ob es überhaupt nötig gewesen wäre. In unserer Kapitalplanung hatten wir konkrete Schritte geplant, um die nach der Kapitaladäquanzrichtlinie (CRR) nötigen Kapitalquoten bis 2019 zu erreichen. Dazu gehörten auch moderate Kapitalerhöhungen.

Wir waren dann im Herbst 2013 durchaus überrascht, dass wir von der Europäischen Zentralbank als "bedeutendes" Kreditinstitut eingestuft wurden und damit sogar eine höhere Quote bis zum Jahresende 2013, also quasi sofort, zu erreichen hatten. Im Nachhinein gesehen, hatte die für uns durchaus anspruchsvolle Eigenkapitalerhöhung auch etwas Gutes.

Wir konnten unseren Partnern und Eigentümern den Wert der Münchener Hyp präsentieren. Unsere Eigentümer haben uns unterstützt, wir konnten auch stille Beteiligungen erfolgreich in hartes Kernkapital wandeln und wir konnten neue Mitglieder gewinnen. Der genossenschaftliche Verbund hat sich dabei erneut als starke Gemeinschaft ausgezeichnet.

I & F Entspricht Ihre derzeitige Kapitalisierung Ihren Vorstellungen oder gibt es noch Handlungsbedarf?

Wir verfügen zum 31. Dezember 2014 über eine harte Kernkapitalquote von 12,5 Prozent, die Kernkapitalquote liegt bei 14,2 Prozent. Damit sind wir zufrieden und streben an, mittelfristig mit diesen Quoten zu operieren.

I & F Banken werden immer stärker reguliert - welche Auswirkungen hat dies auf den Charakter der Spezialinstitute wie eine Pfandbriefbank?

Wir sind als mittelständisch geprägtes Unternehmen überproportional von der Regulierungsthematik betroffen und haben enorme Belastungen zu tragen. Der Aufwand passt nicht zu einem risikoarmen Geschäftsmodell mit niedrigen Margen. Viele der neuen Regelungen sind nicht risikoadjustiert, sondern stellen rein auf

Volumen ab. Dazu gehört beispielsweise die Leverage Ratio. Hier gehen Politik und Aufsicht einen unnötigen Schritt zurück - weg von der bewährten risikoadjustierten Eigenkapitalunterlegung. Die Regulatorik zwingt damit zur Eingehung höherer Risiken zur Erzielung höherer Margen. Ich halte das für widersprüchlich. Daneben gibt es weitere Regelungen, die das langfristige risikoarme Geschäft bestrafen. Man gewinnt den Eindruck, dass es die Langfristkultur war, die die Immobilienkrisen in den USA oder Spanien hervorgerufen hat. Das Gegenteil ist der Fall.

I & F Wie belastet die Regulatorik die Langfristfinanzierung?

Die diversen regulatorischen Maßnahmen üben Druck auf die Kreditvergabe aus. Vor allem die Langfristfinanzierer werden durch die Leverage Ratio belastet. Auch Solvency II bringt Verschlechterungen, weil Versicherungsunternehmen beim Erwerb von langfristigen Bankschuldverschreibungen künftig mehr Eigenkapital vorhalten müssen. Neben der bankaufsichtlichen Regulatorik, gibt es aber noch weitere Belastungen, die einen negativen Einfluss auf unser langfristiges Geschäft haben können.

Zu nennen ist hierbei die Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Hier ist zu befürchten, dass die Begrenzung der Vorfälligkeitsentschädigung den bewährten Festzinskredit beseitigen wird. Letztendlich bleibt der Kreditwirtschaft dann nur das Ausweichen auf kurzfristige Darlehensvergabe, was nicht im volkswirtschaftlichen Sinne sein kann.

Enttäuschend beim Thema Regulatorik ist vor allem, dass auch die Institute bestraft werden, deren Produkte in der Finanzkrise keine Probleme bereiteten und die ohne Staatshilfen durch diese Zeit kamen.

I & F Was halten Sie von der Verteilung der Bankenabgabe auf die unterschiedlichen Sektoren, fühlen Sie sich fair behandelt?

Auch die europäische Bankenabgabe ist nicht risikoadjustiert, sondern stellt allein auf das Nominalvolumen auf der Passivseite ab. Gedeckte Einlagen werden von der Bemessungsgrundlage abgezogen, nicht jedoch Pfandbriefe. Diese sind nach den strengen Regeln des Pfandbriefgesetzes durch werthaltige Deckungsmassen abgesichert, sodass die Inanspruchnahme des Abwicklungsfonds mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen ist und müssen trotzdem voll angerechnet werden. Das ist vollkommen widersinnig. Bei der deutschen Bankenabgabe gab es zumindest eine Zumutbarkeitsgrenze, auch diese fehlt. Und schließlich soll die Bankenabgabe noch nicht einmal steuerlich absetzbar sein. Dies ist in seiner Zusammenschau unverhältnismäßig.

Zur Person Dr. Louis Hagen Sprecher des Vorstands, Münchener Hypothekenbank eG, München
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