Für sie gibt es keinen Widerspruch zwischen modernen naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und den von Generation zu Generation weitergegebenen Traditionen. Beides weiß sie bei der Erzeugung ihrer trockenen und feinherben Rieslinge bestens miteinander zu verbinden. Dabei erzeugt Verena keine stromlinienförmigen Gewächse, sondern gewagte Weine mit ungewohnten Namen wie Terra Rossa (auf rotem Schiefer in der Lage Mehringer Zellerberg gewachsen) oder Primus (der beste trockene Riesling aus der Lage Trittenheimer Apotheke). An Rückgrat fehlt es Wein wie Winzerin jedenfalls nicht.
In der Zukunftsfähigkeit der Steillagen sieht Verena Clüsserath eine wesentliche Aufgabe. Dabei will sie die alten Bestände an Rieslingreben möglichst bewahren. Alte Reben sind die Voraussetzung für große Rieslingweine mit Tiefe, Spannkraft und Mineralität. Die wachsen in absoluten Spitzenlagen wie der Trittenheimer Apotheke oder dem Mehringer Zellerberg. Das Weingut ihrer Eltern ist ein hundertprozentiges Rieslinggut, das seit dreihundert Jahren die edle Rebsorte kultiviert. Noch kümmert sich Verena Clüsserath nur um Marketing, Export und Keller; voraussichtlich wird sie die Verantwortung ganz übernehmen. Und möglicherweise auch ihren Traum verwirklichen: das Gästehaus des Gutes als exklusives Kleinod für Liebhaber von gutem Wein und Essen auszubauen, mit Kochschule und kulinarischen Weinproben.
Verena Clüsserath ist gelernte Winzerin und hat in Geisenheim Weinbau und Önologie studiert. Ihre zahlreichen Prak tika absolvierte sie etwa bei den Bischöflichen Weingütern in Trier, bei Christmann in der Pfalz, Klaus Keller in Rheinhessen und bei D'Arenberg in Südaustralien. Rundum reizvoll findet sie den Winzerberuf, den sie von klein auf als abwechslungsreich und kreativ erlebt: das Arbeiten in und mit der Natur, die Pflege der herrlichen Landschaft und das Bestreben, den Weinbergen jedes Jahr die bestmöglichen Trauben zu entlocken, um daraus etwas ganz Eigenes zu kreieren.
Zum Beispiel den 2012er Mehringer Zellerberg Riesling Terra Rossa trocken, der ihr Lieblingswein ist. Seinen Namen verdankt er den Sandsteineinlagerungen, der roten Erde im Schiefersteilhang, auf dem er wächst. Die verleihen dem Riesling seine ungewöhnliche Aromenkombination aus elegant-feiner Mineralik und würzigpikanten Noten. Die leidenschaftliche Genießerin empfiehlt dazu würzige Gerichte von Pasta bis Meeresfrüchte oder nach zwei bis drei Jahren Flaschenreife auch ein saftiges Steak.
Weintipp aus der Zeitschrift:
FINE Das Weinmagazin - Special No.2
Hrsg. Ralf Frenzel Tre Torri Verlag
