Institutionelles Asset Management für kirchliche Investoren

Christian Ferchland, Mitglied des Vorstands, Evangelische Bank, Kassel - Die Sicherheit von Geldanlagen spielt hierzulande nicht nur bei privaten, sondern auch bei institutionellen Anlegern eine besondere Rolle. Aber bei beiden Anlegergruppen gibt es eben auch Renditeerwartungen, bei Letzteren in der Altersvorsorge teils sogar als Renditeversprechen. Die Einsicht, dass ausreichende Erträge oft nur noch durch eine stärkere Inkaufnahme von Risiko und eine größere Diversifizierung der Anlagen zu erzielen sind, sieht der Autor bei den Investoren inzwischen weitverbreitet. Bei den Kunden seines eigenen Hauses registriert er zudem immer häufiger einen hohen Stellenwert der Nachhaltigkeit von Investments. Nicht zuletzt dank ihrem traditionellen Selbstverständnis bescheinigt er den Kirchenbanken an dieser Stelle einen großen Vertrauensbonus. (Red.)

Die kirchlichen Institutionen in Deutschland verfügen über ein Vermögen in Milliardenhöhe. Dieses wollen sie auch in einem sich verschärfenden Niedrigzinsumfeld ertragsbringend und gleichzeitig verantwortungsvoll investieren.

Mit rund 1,2 Millionen Beschäftigten bilden die evangelische und die katholische Kirche in Deutschland den zweitgrößten Arbeitgeber nach dem Staat. Allein zur Deckung ihrer Pensionsverpflichtungen verwalten sie ein geschätztes Vermögen im Milliardenbereich. Damit sind kirchliche Institutionen bedeutsame Akteure auf den Finanzmärkten. Zu der Anlegergruppe zählen neben den Landeskirchen, Kirchengemeinden und Kirchenkreisen auch die Wohlfahrtsorganisationen Diakonie und Caritas sowie ihnen angeschlossene Unternehmen, kirchennahe Stiftungen und Unternehmen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich. Allein die Evangelische Bank - als größte von insgesamt sieben Kirchenbanken in Deutschland - zählt 1 900 institutionelle Kunden.

Verbindung von Kirche und nachhaltigem Investment

Bei ihren Geldanlagen legen die kirchlichen Institutionen vor allem Wert auf Sicherheit und Wirtschaftlichkeit. Zugleich achten sie jedoch darauf, dass die Geldanlagen nicht im Widerspruch zu ihren christlich-ethischen Grundüberzeugungen stehen. Sie wollen ihre Gelder nicht in Unternehmen investiert wissen, die zum Beispiel mit der Produktion und dem Handel von Waffen ihr Geld verdienen oder menschenunwürdige Arbeitsverhältnisse in Entwicklungsländern verantworten. Auch die Finanzkrise hat bei den kirchlichen Investoren den Willen verstärkt, mit dem eigenen Kapital nachhaltiger zu wirtschaften und zugleich entsprechende Veränderungen im wirtschaftlichen und sozialen Geschehen zu bewirken.

Dabei ist die Verbindung von Kirche und nachhaltigem Investment keineswegs neu - vielmehr haben die Kirchen diese Anlageform wesentlich geprägt. So begann das Engagement für einen ethisch verantwortlichen Umgang mit kirchlichem Vermögen bereits im 18. Jahrhundert bei den Methodisten. Ihnen folgten die Quäker, die Investments in den Bereichen Sklaverei und Waffenherstellung vermieden.

Zudem versuchten sie, Geld nicht in sogenannten "sin stocks" - also Unternehmen der Alkohol-, Tabak- und Glückspielindustrie - anzulegen. Der Einzug des Ethikgedankens in das Fondsinvestment erfolgte schließlich im Jahr 1928 mit der Auflage des Pioneer Fund in Boston. Auch dieser war an den Anforderungen streng religiöser Gruppen ausgerichtet.

Auch in Deutschland gingen die Kirchen voran: Zwei der ersten, zu Beginn der neunziger Jahre aufgelegten nachhaltig ausgerichteten Investmentfonds lassen sich hier auf das Engagement einiger Landeskirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zurückführen. Laut einer aktuellen Umfrage der Fondsgesellschaft Union Investment zur nachhaltigen Geldanlage sind kirchliche Institutionen diejenige Investorengruppe, die den größten Wert auf eine sozial und ökologisch verantwortungsvolle Vermögensverwaltung legt.

Stärkere Inkaufnahme von Risiko und breitere Diversifizierung der Anlagen

Heute bringt die herausfordernde Situation an den Finanzmärkten gestiegene Anforderungen an eine nachhaltige und zugleich renditestarke Kapitalanlage mit sich. So setzen das sich verschärfende Niedrigzinsumfeld, die schwächelnde Weltwirtschaft sowie die zunehmenden Störeffekte geopolitischer Krisen den institutionellen Investoren in Deutschland zu. Nach einer Umfrage aus dem Herbst 2014 von Union Investment erwarten 43,5 Prozent der institutionellen Anleger, dass sie ihre für 2015 gesteckten Ertragsziele nicht erreichen werden. Die mittelfristige Perspektive sieht nicht besser aus. Für das Jahr 2018 rechnen ebenso viele Großanleger mit einer Zielverfehlung.

Diesem Fakt müssen sich auch kirchliche Investoren stellen, bei denen die Sicherheit üblicherweise einen hohen Stellenwert hat: Ausreichende Erträge sind nur noch durch eine stärkere Inkaufnahme von Risiko und eine breitere Diversifizierung der Anlagen zu erzielen. Verschärfend kommt hinzu, dass die Einnahmen- wie auch die Ausgabenseite bei kirchlichen Einrichtungen durch die demografische Entwicklung negativ beeinflusst wird. Hier sind die sinkende Zahl an Kirchenmitgliedern und damit sinkenden Kirchensteuereinnahmen sowie die rapide ansteigenden Pensionsverpflichtungen an erster Stelle zu nennen.

Aufgrund dieser Entwicklungen wird die Bedeutung der professionellen Anlageberatung sowie der Vermögensverwaltung für kirchliche Investoren weiter steigen. Angesichts der im heutigen Umfeld sehr komplexen Aufgabestellungen benötigen sie Unterstützung dabei, ihre Kapitalanlage breiter aufzustellen und neue Renditequellen zu erschließen. Dabei bietet sich eine Diversifikation nach Regionen, Assetklassen und Anlagekonzepten an. So kann etwa im Bereich der aktiv gemanagten Aktienmandate das Anlagespektrum um Small- und Mid-Cap-Mandate erweitert werden, wodurch sich auf lange Sicht überdurchschnittliche Risikoprämien und Zusatzerträge generieren lassen. Auch breit diversifizierte Portfolios an hochverzinslichen Unternehmensanleihen erfreuen sich zunehmender Beliebtheit bei den kirchlichen Investoren. Zu den weiteren Anlagealternativen zählen: globale Rentenmandate, alternative Investments wie Microfinance oder Infrastrukturinvestments, Immobilien sowie Multi-Asset-Strategien. Dabei ist ein aktives Risikomanagement im Rahmen der kundenspezifischen Risikotoleranz zu unterlegen.

Diversifikation mit Nachhaltigkeitsfilter

Auch im Rahmen einer solchen Diversifikation müssen Asset Manager für kirchliche Investoren in der Lage sein, die geforderten Nachhaltigkeitskriterien bei der Auswahl der Anlagen zu gewährleisten. Zur Anwendung kommen sogenannte Nachhaltigkeitsfilter, die zum Beispiel Unternehmen und Staaten als Emittenten von Wertpapieren ausschließen, die den Anforderungen an ein christlich-ethisches Investment nicht entsprechen. Um darüber hinaus Impulse für ein aktiv an ökologischen und sozialen Zielen ausgerichtetes Wirtschaften zu leisten, werden auch sogenannte Positivkriterien formuliert, die besonders nachhaltige Unternehmen bevorzugen.

Die gute Nachricht dabei: Nachhaltigkeit und gute Performance sind beim Asset Management kein Widerspruch. Die Erwartungen an die Performance im Vergleich zu klassischen Kapitalanlagen sind weder niedriger noch höher. So ergab im vergangenen Jahr eine Meta-Studie von Christian Klein, Professor für Unternehmensfinanzierung an der Universität Kassel: In den vergangenen Jahren zeigten 14 Analysen, dass nachhaltige Fonds langfristig aussichtsreicher sind. Demgegenüber wiesen nur sechs Untersuchungen konventionelle Portfolios als erfolgreicher aus. 15 Studien stellten keinen nennenswerten Unterschied in der Performance fest. Die Münchner Ratingagentur oekom research ermittelte im Jahr 2012: Ein Portfolio aus 300 Aktien von Firmen mit guter Nachhaltigkeitsbewertung erzielte in sieben Jahren 31 Prozent Rendite - im Marktdurchschnitt waren es vier Prozent weniger. Eine wichtige Voraussetzung ist jedoch auch hier - wie unter anderem die öffentlichkeitswirksame Insolvenz des Windkraft-Unternehmens Prokon zeigt -, dass das Vermögen breit gestreut wird.

Ein wichtiger Anbieter für das institutionelle Asset Management für kirchliche Investoren ist die Evangelische Bank eG. Das genossenschaftliche Finanzinstitut mit Hauptstellen in Kassel und in Kiel ist im Jahr 2014 aus dem Zusammenschluss der Evangelischen Darlehnsgenossenschaft eG (EDG) und der Evangelischen Kreditgenossenschaft eG (EKK) hervorgegangen. Als größte Kirchenbank in Deutschland beschäftigt es 500 Mitarbeiter und verfügt über eine Bilanzsumme von über 7 Milliarden Euro. Die Einlagen der Kunden stiegen 2014 um 2,2 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro. Das betreute Gesamtvermögen im Asset Management belief sich zum Ende 2014 auf 3,12 Milliarden Euro.

Orientierung an den Investmentleitlinien der EKD

Als Kirchenbank richtet die Evangelische Bank ihr nachhaltiges Geschäftsmodell nach den christlichen Werten aus. Dabei knüpft sie an die nachhaltige Ausrichtung ihrer Vorgängerinstitute an und setzt diese konsequent fort. Im Jahr 2014 wurde eines der beiden Vorgängerinstitute, die EKK, von der Zeitschrift "portfolio institutionell" zum besten nachhaltigen Investor gekürt. Die EDG erhielt den Prime Status des oekom research Corporate Ratings, das sowohl die Sozial- als auch die Umweltverträglichkeit der Bank einschließt. Unmittelbar nach dem Zusammenschluss der beiden Institute erhielt die Evangelische Bank die Zertifizierung nach EMAS plus (Eco-Management und Audit Scheme). Diese Zertifizierung bestätigt, dass die anspruchsvollen europäischen Nachhaltigkeitsstandards erfüllt wurden. Als Mitglied im "Arbeitskreis Kirchliche Investments" hat die Evangelische Bank einen maßgeblichen Beitrag bei der Erstellung des Leitfadens für die ethisch nachhaltige Geldanlage in der EKD geleistet.

Mit ihrem Handeln möchte die Evangelische Bank einen Beitrag zur Lösung wichtiger gesellschaftlicher Probleme wie dem Klimaschutz und der Gleichberechtigung leisten, aber auch Vorbild für ihre Kunden und Stakeholder sein, die sie ebenfalls zu einer nachhaltigen Geldanlage ermutigt. Dies geschieht unter anderem durch die Entwicklung spezieller Anlageprodukte und die Festlegung restriktiver Nachhaltigkeitsfilter für die Eigenanlagen der Bank. Letzteres bedeutet, dass neben den klassischen Anlagekriterien Rendite, Risiko und Liquidität auch Sozialverträglichkeit, Ökologie und Generationengerechtigkeit berücksichtigt werden. Dabei orientiert sich die Evangelische Bank in ihren Eigenanlagen an den Investmentleitlinien der EKD. Unterstützt wird der Investmentprozess durch Ausarbeitungen und Auswertungen der externen Agentur oekom research, die sich auf Nachhaltigkeitsresearch spezialisiert hat.

Bei der Titelauswahl werden zunächst Ausschlusskriterien berücksichtigt. Dazu zählen: Rüstung, Spirituosen, Tabakwaren, Glücksspiel, Verletzung der Menschenwürde, Pornographie, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit, gentechnisch verändertes Saatgut, Durchführung der Todesstrafe und Korruption.

Ergänzend zu diesen Ausschlusskriterien werden sogenannte Positiv- und Negativkriterien formuliert. Das bedeutet: Es wird nicht nur die Investition in unerwünschte Wertpapiere ausgeschlossen, sondern darüber hinaus das ökologisch und sozial verträgliche Wirtschaften gezielt gefördert. Anhand der festgelegten Ausschlusskriterien und der von oekom research zur Verfügung gestellten Auswertungstools ermitteltet die Evangelische Bank für jede der Anlageklassen (Staaten, Banken, Unternehmen) zunächst eine sogenannte Positivliste, in der sämtliche Emittenten enthalten sind, die gegen keines der Ausschlusskriterien verstoßen (Anlageuniversum).

Anschließend werden die zulässigen Unternehmen anhand eines Nachhaltigkeitsscorings, das aus den formulierten Positiv- und Negativkriterien hervorgeht, in eine Rangfolge (Best-in-class-Ansatz) gebracht, von denen schließlich die nachhaltigsten Unternehmen unter zusätzlicher Berücksichtigung ihrer Fundamentaldaten beim Anlageprozess bevorzugt behandelt werden (Kernuniversum). Aus den im Nachhaltigkeitsprozess ermittelten Emittenten des Kernuniversums setzt die Evangelische Bank die Eigenanlagestrategie und die daraus resultierenden Anlageentscheidungen um. Die Nachhaltigkeitskriterien werden zweimal jährlich vom Bereich Treasury gemeinsam mit dem Nachhaltigkeitsrat der Evangelischen Bank überprüft.

Beitrag zu nachhaltiger Entwicklungspolitik

Im Asset Management bietet die Evangelische Bank kirchlichen Investoren passend zu der an Nachhaltigkeitskriterien ausgerichteten Vermögensverwaltung neue und innovative Produkte an, die den gestiegenen Anforderungen der Investoren hinsichtlich Diversifizierung und Renditeerwartung gerecht werden. So wurde beispielsweise der EB Sustainable Multi Asset Fonds ins Leben gerufen. Der Publikumsfonds eröffnet Investoren erstmals die Möglichkeit, in ein breit diversifiziertes Portfolio mit verschiedenen Assetklassen zu investieren.

Dabei werden die Vermögenswerte innerhalb des Fonds mit einem durchgängigen Nachhaltigkeitsansatz verwaltet. Durch die Nutzung von Diversikationseffekten der verschiedenen Assetklassen - zum Beispiel Staats- und Unternehmensanleihen sowie Pfandbriefe, Aktien, Rohstoff-, Immobilien- und Private-Equity-Investments in erneuerbare Energieprojekte - wird ein ausgewogenes Portfolio geschaffen, welches die Risikominimierung der Streuung nutzt und gleichzeitig eine angemessene Renditeerwartung aufzeigt.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Evangelische Bank im Niedrigzinsumfeld kreative Lösungsansätze für ihre kirchlichen Investoren entwickelt, ist der EB Renewable Energy Fund - Emerging Markets. Dieser Fonds bietet institutionellen Anlegern und besonders Pensionskassen, Versicherungen und Versorgungswerken aus dem kirchlichen Umfeld die Chance, einen Beitrag an nachhaltiger Entwicklungspolitik in Entwicklungs- und Schwellenländern zu leisten. Der EB Renewable Energy Fund - Emerging Markets investiert direkt in erneuerbare Energien und Energieeffiziens vorhaben in den Entwicklungs- und Schwellenländern und beteiligt sich an den Projekten in Form von langfristigen Darlehen, Mezzanine- und Eigenkapitalfinanzierungen. Die DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH (eine Tochter der KfW Bankengruppe) - steht der Evangelischen Bank dabei als kompetenter Partner zur Seite.

Über die Anwendung von Nachhaltigkeitsfiltern und die Entwicklung nachhaltiger Finanzprodukte hinaus sieht die Evangelische Bank in dem kritischen Dialog mit den Unternehmen einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Nachhaltigkeit. Dieses sogenannte Engagement ist für die Kirchenbank der logische und konsequente nächste Schritt im Rahmen des Konzepts der nachhaltigen Kapitalanlage. Dabei ist es der Bank wichtig, dass über die klassischen Nachhaltigkeitsthemen hinaus auch christliche Werte eine Rolle spielen. Denn das Spezialfinanzinstitut ist dem kirchlich-diakonischen Umfeld nicht nur aufgrund seiner Gründungsgeschichte und seiner Kunden eng verbunden. Christliche Werte, die im Unternehmensleitbild fest verankert sind, leiten die Kirchenbank auch in ihrem ökonomischen Handeln.

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