Kirche und Immobilien

Immobilien-Kapitalanlage in der katholischen Kirche und Ethik

Eine traditionell langfristige und bei Beachtung gewisser Vorsichtsregeln auch sichere Kapitalanlage ist die Anlage in Immobilien. Politische Entwicklungen wie Enteignungen oder das Verbot, Immobilieneigentum zu besitzen, einmal außer Acht gelassen, hat sich die Immobilie über Jahrhunderte hinweg als ein gutes Instrument des Vermögenserhalts und als Quelle dauerhafter Erträge erwiesen.

Die historische Entwicklung hat gezeigt, dass ein Kapitalverzehr immer wieder durch Währungsverluste eingetreten ist, sei es durch schleichende Inflationen oder durch einschneidende Währungsreformen. Auch die relative Stabilität der Währungen in den letzten 50 Jahren, wie wir sie in den europäischen Staaten und im angloamerikanischen Raum erleben durften, bleibt von Währungsverlusten bedroht.

Immobilien als Inflationsschutz

Als Kuriosum ist zu vermerken, dass in den sechziger und siebziger Jahren das Wort Inflation in der bundesdeutschen Kreditwirtschaft offiziell nicht ausgesprochen werden durfte. Nicht zuletzt durch hohe Zinsen und hohe Tarifabschlüsse verzeichnete gerade diese Zeit hohe Preissteigerungsraten. Dies hatte andererseits positive Auswirkungen auf die Bewertung von Immobilien. Sofern seitens eines Staates keine Wertabschöpfung durch eine Inflationsausgleichsabgabe der Immobilieneigentümer stattfindet, profitiert der Immobilieneigentümer durch die Inflation in der Weise, dass ihm sein Vermögen wertmäßig erhalten bleibt. Hat er das Immobilienvermögen durch Kreditaufnahme ganz oder teilweise fremdfinanziert und kann er, soweit steuerpflichtig, steuerliche Abschreibungen geltend machen, verdient er doppelt über die durch den Währungsverfall wertmäßig verringerten Annuitäten und über Abschreibungen.

Vermögensträger der Kirchen, seien es solche der katholischen oder der evangelischen Kirche oder die anderer Glaubensgemeinschaften, investieren zunächst in Immobilien, die durch den Kultus, die Verwaltung oder auch zur Förderung der Gemeinschaft benötigt werden.2) Daneben gibt es eine Vielzahl von Immobilien, die im Dienst der allgemeinen Lebenshilfe stehen, insbesondere Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen, Bildungshäuser und Seniorenheime.

Während bei den erstgenannten Immobilien sich die Frage nach dem Ertrag des Kapitaleinsatzes nicht stellt, kann sie bei den zweitgenannten Immobilien durchaus angebracht sein. Hier leisten staatliche Stellen häufig dem Träger der Einrichtungen Zuschüsse auch dann, wenn eine angemessene Verzinsung des Trägerkapitals gerechnet wird. Dennoch sind diese Immobilien nicht als Instrumente kirchlicher Immobilien-Kapitalanlage anzusehen, da der Ertrag und auch die künftige Entwicklung ihres Wertes in hohem Maße fremdbestimmt sind.

Der eigentlichen Immobilien-Kapitalanlage kirchlicher Einrichtungen sind dagegen solche Immobilien zuzuordnen, die Gegenstand der Vermögenshaushalte kirchlicher Einrichtungen sind. Dies sind der Tradition nach land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, Erbbaurechte, die vor allem zur Erschließung neuer Siedlungsgebiete auf kirchlichen Grundstücken in der Zeit der großen Wohnungsnot nach 1945 bestellt wurden, aber auch noch heute bestellt werden, sowie Wohn- und Geschäftshäuser.3)

Diese Liegenschaften befinden sich in der Regel im unmittelbaren geographischen Umfeld vor allem von ortskirchlichen Institutionen. Ihr Bestand hat häufig eine lange historische Tradition.

Zweckbindungen in der Vermögensverwaltung

Dies betrifft insbesondere die land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke, deren grundbuchmäßige Bezeichnung auf die ursprüngliche Zweckbindung an bestimmte kirchliche Vermögensträger oder Stiftungen verweist. So gibt es in den Pfarreien den Fabrikfonds, der dem Unterhalt des Kirchengebäudes dient, den Kapellenfonds, durch den eine Kapelle zu unterhalten ist, oder den Pfarr- oder Vikariefonds, der dem Unterhalt des Inhabers der Pfarr- oder Vikariestelle zu dienen hat oder den Armenfonds, aus dem karitative Aufgaben zu erfüllen sind.

Die Verwaltung dieses Immobilienvermögens, das im weiteren Sinne kirchlichen Zwecken dient, hat auf der Grundlage von Vorschriften zu erfolgen, die allgemeine Gültigkeit für kirchliche Einrichtungen besitzen. Dies geschieht nicht im Gegensatz zum staatlichen Recht. Den Religionsgesellschaften wird vom Grundgesetz zugestanden, dass sie ihre Angelegenheiten selbstständig ordnen und verwalten im Rahmen der Schranken des für alle geltenden Gesetzes.4) Zudem werden vom Grundgesetz das Eigentum und andere Rechte der Religionsgesellschaften und religiösen Vereine an ihren für Kultus-, Unterrichts- und Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen Vermögen gewährleistet.5)

Im Rahmen der katholischen Kirche sind Rechtsgrundlagen für die Vermögensverwaltung die Vorschriften des kanonischen Rechts. Diese regeln zwar nicht, in welcher Form kirchliches Vermögen anzulegen ist, geben aber allgemeine Hinweise, wie bei der Anlage des kirchlichen Vermögens zu verfahren ist. Der Verwalter ist verpflichtet, sein Amt "mit der Sorgfalt eines guten Hausvaters zu erfüllen" (Can. 1284 - § 1 CIC).6) Eine wichtige Forderung hieraus ist, dass das vorhandene Vermögen ungeschmälert zu erhalten und ein angemessener Ertrag daraus zu sichern ist. Dies schließt stark risikobehaftete Investitionen weitgehend aus.

Neben Anlagen in Sparguthaben, Festgeldern und festverzinslichen Wertpapieren bietet sich die direkte oder mittelbare Immobilienanlage an. Bei vorhandenem Grundbesitz gilt bei Veräußerungen das Erfordernis der kirchenaufsichtsrechtlichen Genehmigung, die nur bei einem "gerechten Grund" erteilt wird, wie zum Beispiel "dringende Notwendigkeit, offenbarer Nutzen, Barmherzigkeit, Caritas oder ein anderer gewichtiger pastoraler Grund" (Can. 1293 - § 1 CIC). "Der aus einer Veräußerung erzielte Erlös ist entweder sicher zum Nutzen der Kirche anzulegen, oder gemäß den Veräußerungszwecken klug zu verwenden" (Can. 1294 - § 2 CIC).

Ursprünge der Aachener Grundvermögen

An diese Anforderungen knüpften Anfang der siebziger Jahre Überlegungen, als es darum ging, Erbbaurechte, die auf Kirchengrund bestellt waren und nur geringe Zinserträge brachten, durch besitzer zu mobilisieren oder, statt neue Erbbaurechte auszugeben, Kirchenland an Bauherren zu veräußern. Sofern eine Umschichtung in landwirtschaftlich genutzte Grundstücke weder möglich noch zweckmäßig erschien, bot sich eine Anlage in Immobilienfonds an. Dies hätten Geschlossene Immobilienfonds sein können.

Da man jedoch von einem wachsenden Kreis kirchlicher Anleger ausging und nicht einzelne Wohnungsprojekte mit hoher Fremdfinanzierung erwerben wollte, entschied man sich für die Konstruktion eines Offenen Immobilienfonds. Als ein solcher wurde Ende Mai 1974 der Aachener Grund-Fonds Nr. 1 durch die ein Jahr zuvor unter Beteiligung der (Erz-)Bistümer in Nordrhein-Westfalen und dem Bistum Trier gegründete Aachener Grundvermögen Kapitalanlagegesellschaft mbH in Köln aufgelegt. Bei der Anlegerstruktur zielte man seit Beginn auf eine möglichst breite Akzeptanz von zunächst ausschließlich kirchlichen Vermögensträgern wie Bistümer, Kirchengemeinden, Gemeindeverbände, Ordensgemeinschaften, kirchliche Vereine und kirchliche Stiftungen sowie Einrichtungen der Caritas.

In einer 1979 vom Verband der Diözesen Deutschlands herausgegebenen Empfehlung für die Verwaltung ortskirchlichen Grundvermögens (Merkblatt für den Grundstücksverkehr) ist unter VI. "Wiederanlage der Erlöse aus Grundstücksgeschäften" nach der Erörterung von Wiederanlagen in Grundvermögen deshalb auch unter 2. ausgeführt: "Eine andere Möglichkeit, die der Anlage in Grundstücken am nächsten kommt, ist der Erwerb von Anteilen an einem Immobilienfonds."7)

Seitens der evangelischen Kirche hat man sich ebenfalls seit den siebziger Jahren des Offenen Immobilienfonds in der Form eines Immobilien-Spezialfonds bedient, dessen Anleger vorwiegend Versorgungskassen aus dem evangelisch-kirchlichen Bereich sind.8) Später wurden bei dieser und auch bei anderen KAG weitere Spezialfonds für diesen Anlegerkreis aufgelegt. Auch die Aachener Grundvermögen hat Mitte der achtziger Jahre das verwaltete Immobilien-Sondervermögen um zwei Spezialfonds ergänzt, davon einer für eine kirchliche Zusatzversorgungskasse und ein weiterer für einen begrenzten Kreis kirchlicher Vermögensträger.

Seit 2003 wurde die Zahl der Immobilien-Spezialfonds um vier weitere ergänzt, davon einer für eine außenstehende Versicherungsgruppe, je ein weiterer für Kirchenbanken und für überwiegend kirchliche Vermögensträger und Ende 2006 ein Spezialfonds für die Anlage in Seniorenpflegeheimen. Diese zusätzlichen Aktivitäten haben dazu geführt, dass das insgesamt von der Aachener Grundvermögen verwaltete Immobilienfondsvermögen Ende 2006 ein Volumen von 1,7 Milliarden Euro erreicht hat. Hiervon entfallen 841,7 Millionen Euro auf den Aachener Grund-Fonds und 861,1 Millionen Euro auf sechs Spezialfonds.9)

Steuerfreiheit nur für Erträge aus inländischen Objekten

Formal unterscheiden sich der Aachener Grund-Fonds und die ebenfalls für kirchliche Institutionen verwalteten Spezialfonds nicht von anderen Immobilien-Publikums- oder Immobilien-Spezialfonds. Nach den Vertragsbedingungen, die dem von dem deutschen Investmentverband (BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V.) zusammen mit der Aufsicht, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (Ba Fin), entwickelten Muster entsprechen, hat sich die Aachener Grundvermögen alle Optionen der Anlage in Immobilien, in Beteiligungen an Immobiliengesellschaften, in liquiden Mitteln und im Einsatz von Derivaten mit Absicherungszweck10) vorbehalten, die auch für andere Offene Immobilienfonds nach dem Investmentgesetz gelten.

Die Anlage in ausländischen Immobilien ist jedoch begrenzt auf solche in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des EWR. In dem Verkaufsprospekt wird darauf hingewiesen, dass der Aachener Grund-Fonds als in Deutschland anlegender Offener Immobilienfonds konzipiert ist und eine Anlage im Ausland mit Rücksicht auf die nur bei inländischen Grundstücksinvestitionen steuerbefreiten kirchlichen Anleger wirtschaftlich nicht zweckmäßig erscheint.

Die Anlage in Deutschland erfolgt an traditionell in der weiteren Entwicklung gesicherten innerstädtischen Standorten in gewerblich genutzten Immobilien wie Geschäfts- und Bürogebäuden für Handel, Dienstleistungen und Verwaltung. Daneben werden gemischtgenutzte Wohn-/Geschäftshäuser erworben. Ebenfalls zulässig ist und auch praktiziert wird der Erwerb von Projektentwicklungen. Zur Vermeidung eines Projektentwicklungsrisikos werden die Immobilien erst nach Fertigstellung und weitgehender Vermietung übernommen.

Von dem gesamten Fondsvermögen des Aachener Grund-Fonds von 859,4 Millionen Euro11) waren 666,8 Millionen Euro oder 77,6 Prozent in Immobilien angelegt. Auf die Liquiditätsanlagen, die je hälftig in Bankguthaben bei inländischen Kreditinstituten und in inländischen festverzinslichen Wertpapieren unterhalten wurden, entfielen 201,9 Millionen Euro oder 23 Prozent. Das Immobilienvermögen ist in 133 Immobilien angelegt. Die Liegenschaften verteilen sich auf 54 Standorte. Die Zahl der Liegenschaften lässt bei einer durchschnittlichen Wertgröße von 5,0 Millionen Euro sowohl eine größenmäßige wie standortbezogen auch eine geographische Streuung erkennen.

Fokus auf Westdeutschland Die Verteilung der Standorte im Bundesgebiet, die im Jahresbericht in einer Schaukarte mit den geographischen Gebieten der katholischen (Erz-)Bistümer gezeigt wird, lässt, abgesehen von den Standorten Erfurt (zwei Liegenschaften) sowie Dresden (eine Liegenschaft) und Berlin (eine Liegenschaft)12), eine ausschließliche Fokussierung auf das Gebiet der früheren Bundesrepublik erkennen. Wie dem Rechenschaftsbericht weiter zu entnehmen ist, wird künftig die Zahl der Standorte verringert. Liegenschaften in Einzelhandelsnebenlagen mit skeptisch zu beurteilender Zukunftsperspektive sollen verkauft werden. Allein im Fondsgeschäftsjahr 2005/2006 sind 26 derartige Liegenschaften, davon 18 in einem Paket, veräußert worden. Inzwischen wurde Anfang 2007 ein weiteres Paket von 18 Liegenschaften verkauft.

Diese Anlagepolitik wird als Reaktion auf den Strukturwandel im Einzelhandel bezeichnet. Es sei eine Konzentration auf der Anbieterseite festzustellen, wo starke Filialbetriebe die inhabergeführten Einzelhandelsgeschäfte weitgehend verdrängt haben, als auch eine Konzentration bei den Lagen festzustellen, in denen ein erfolgreicher Einzelhandel stattfindet. Hier habe sich eine erhebliche Verdichtung auf wenige, frequenzstarke Straßenabschnitte vollzogen. Verlierer seien hier Einzelhandelsnebenlagen und Standorte mit geringer Einwohnerzahl oder schwacher Kaufkraft. Mit einer Umkehrung dieser Entwicklung wird nicht gerechnet.

Entsprechend diesen Überlegungen konzentrierten sich die Neuerwerbungen im Geschäftsjahr 2005/2006 auf Liegenschaften an starken innerstädtischen Einzelhandelsstandorten. Erworben wurden insgesamt sieben einzelhandelsorientierte Geschäftshäuser. Dieser Zukauf hat den Anteil der Nutzung durch Läden weiter auf 58,2 Prozent steigen lassen. Die Nutzung durch Büros liegt nur bei 29,9 Prozent. Diese Orientierung auf den innerstädtischen Einzelhandel unterscheidet den Aachener Grund-Fonds von fast allen konkurrierenden Offenen Immobilienfonds. Der Vorteil dieser spezialisierten Anlagestrategie liegt in einer verbesserten Marktposition. Es bewerben sich fast immer dieselben Filialisten um die innerstädtischen Standorte. Die Gesprächspartner sind bekannt. Frühzeitig werden die Expansionsleiter angesprochen und nach der Beurteilung von Standorten befragt.

Verfolgt man die Entwicklung von laufendem Ertrag und Wertsteigerung für den einzelnen Anleger des Aachener Grund-Fonds seit dessen Auflegung am 1. Juni 1974, so ergibt sich unter der weiteren Prämisse, dass die jährlichen Erträge nicht, wie in den überwiegenden Fällen, ausgeschüttet, sondern wiederangelegt wurden, eine Wertsteigerung von 611 Prozent. Diese Wertsteigerung ist voll verdient, da die Anleger kostenfrei von der Wiederanlagemöglichkeit Gebrauch machen können und kirchliche Institutionen als gemeinnützige Einrichtungen Erträge auch nicht zu versteuern haben. Es wurde schon ausgeführt, dass formal der Aachener Grund-Fonds allen anderen Offenen Immobilienfonds im Sinne des Investmentgesetzes und auch damit denen der Wettbewerber entspricht. Auch die kirchlichen Vorschriften zur Vermögensanlage sind in erster Linie formale Vorschriften über die Investition und eine mögliche Desinvestition mit einer deutlichen Präferenz der Immobilienanlage. Die Vorschriften, die sich vor allem mit den land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften befassen, verlangen erkennbar, dass eine Nutzung des Grundbesitzes bestimmten Regeln zu folgen hat. Grundstücke sollen so genutzt werden, wie es ihrer Art und Lage entspricht, das heißt Grundstücke mit gutem Nährboden sollen der Landwirtschaft zugänglich gemacht werden; Waldgrundstücke sollen nach den Grundsätzen einer guten Forstkultur bewirtschaftet und baureife Parzellen zur Bebauung freigegeben werden.13)

Zur Pacht wird ausgeführt, dass sie den wirtschaftlichen Verhältnissen entsprechend festzusetzen ist, das heißt "es sollen keine überhöhten Preise genommen, aber auch keine Beträge vereinbart werden, die unter dem Durchschnitt liegen."14) Diese Anforderungen lassen sich unschwer auf die Vermietung von gewerblich genutzten Liegenschaften transformieren. Das Handeln wie ein "guter Hausvater" ist als Forderung nach einer nachhaltigen Verwaltung zu verstehen. Was dies im Einzelnen zu bedeuten hat, dazu gibt es erkennbar keine Anweisungen kirchlicher Stellen.

Ethische Grundsätze

Die Fragestellung der Ethik im wirtschaftlichen Handeln ist jedoch in den letzten Jahren Gegenstand von Erörterungen und auch von Auswahlkriterien bei Vermögensanlagen im kirchlichen Raum geworden. Nicht bei Offenen Immobilienfonds, sondern bei Wertpapierfonds wird das Thema Ethikfonds von der deutschen Aufsicht zurückhaltend behandelt.15) Kirchliche Banken werben jedoch zunehmend mit Ethikfonds. 1993 wurde von Moraltheologen und Wirtschaftswissenschaftlern die Projektgruppe Ethisch-Ökologisches Rating gegründet, die praktikable Bewertungskriterien und -methoden entwickelt hat (Frankfurt-Hohenheimer Leitfaden). Die Einzelkriterien sind von der Ratingagentur Oekom-Research AG zu 200 Untersuchungskriterien zusammengefasst worden. Hiervon entfallen etwa 100 auf das Umweltrating und die restlichen auf das Sozial- und Kulturrating.16) Die Oekom Research AG vergibt ein A+ (oder Triple A) nur an Unternehmen, die absolut fortschrittlich sind im ökologischen und sozialen Bereich.17) Die Steyler Bank hat ergänzend eine rote Liste der Geschäftsfelder erstellt. Es wird in keinen Fall der roten Liste investiert, egal wie gut das Abschneiden beim Best-in-Class-Rating ist.18)

Hier stellt sich die praktische Frage, inwieweit solche Überlegungen, die zugleich die Entwicklung der Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit fördern sollen, auch bei einer Immobilienanlage Platz greifen können. Da Investitionsschwerpunkt die innerstädtische Lage ist, leistet die Aachener Grundvermögen einen Beitrag zur Erhaltung und zur Aufwertung dieser gewachsenen Lagen. Hier besteht nicht die Gefahr, dass wie bei teilweise kurzlebigen Einkaufszentren in den Außenbezirken für Verkaufsflächen und benötigte Verkehrsflächen wertvolle Grünflächen versiegelt werden. Innenstädte sind Teil der Kultur eines Landes. Ihre attraktive Gestaltung schenkt der Kultur ihr unverwechselbares Gesicht. Bei innerstädtischen Projektentwicklungen achtet die Aachener Grundvermögen auf die sensible Einbindung in das bauliche und historische Umfeld. Zu den besonderen Akquisitions-Argumenten beim Vertrieb der Anteile des Aachener Grund-Fonds bei kirchlichen Vermögensträgern gehörte schon immer die Aussage, dass bei der Auswahl der Liegenschaften nur Nutzungen angestrebt werden, die sich mit den Anforderungen an die Verwaltung kirchlichen Vermögens vereinbaren lassen.19) Hier gibt es klare Fälle der Unvereinbarkeit, aber auch Grenzfälle, sei es im Bereich der Einzelhandels-, der Büro- oder auch der Wohnungsvermietung. Manches lässt sich mietvertraglich ausschließen. Es gibt jedoch nicht steuerbare Entwicklungen, die dem Vermieter keine Möglichkeit geben, das Mietverhältnis vorzeitig zu beenden. Es wäre zu eng, in einem solchem Fall gleich den Verkauf der Liegenschaft zu verlangen. Die Verwaltung ist dann gefordert, mit dem Mieter zu sprechen und Änderungen anzustreben.

Schon aus wirtschaftlichen Gründen empfehlen sich Maßnahmen zur Energieeinsparung. Sie werden auch praktiziert. Ebenso werden, nachdem ihre Gefährlichkeit erkannt ist, bestimmte Stoffe wie zum Beispiel Asbestschieferplatten bei Baumaßnahmen nicht mehr eingesetzt. Wenn aber Mieter, aus welchen Gründen auch immer, keine Energie einsparen und höhere Kosten und die Umweltbelastung in Kauf nehmen, lässt dies allein noch nicht den Rückschluss auf eine nicht ethische Immobilienanlage zu. Hier kommt es entscheidend darauf an, dass zwischen Vermieter und Mieter ein gutes langfristiges Vertrauensverhältnis besteht. Dies ist eine echte Managementaufgabe.

Auch kritische Fragen nach dem Sortiment sind gestattet, das in den innerstädtischen Einzelhandelslagen verkauft wird. Die Erfahrung hat gezeigt, dass gerade eine Einrichtung wie die Aachener Grundvermögen ihres Hintergrundes und des Langfristcharakters ihrer Investitionen wegen einen erheblichen Bonus bei den Mietern besitzt und zu überzeugen vermag. Ein Pfund, mit dem sich im allseitigen Interesse wuchern lässt. Ethik verwirklicht sich im Handeln.20)

Fußnoten

1) Vergleiche auch den früheren Aufsatz des Verfassers, Aachener Grund-Fonds: ein offener Immobili-en-Spezialfonds für Vermögensträger der katholischen Kirche, in: Der Langfristige Kredit 1986, Seite 380.

2) Im katholischen Kirchenrecht ist der Zweck des eigenen Vermögens insbesondere gebunden an die geordnete Durchführung des Gottesdienstes, die Sicherstellung des angemessenen Unterhalts des Klerus und anderer Kirchenbediensteter, die Ausübung der Werke des Apostolats und der Caritas, vor allem gegenüber den Armen - CIC Can. 1254 § 2.

3) Eine offizielle Statistik zum Grundbesitz der Einrichtungen der katholischen und evangelischen Kirche hat es zuletzt im Bereich der land- und forstwirtschaftlichen Flächen 1937 gegeben; siehe dazu Frerk, Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland, Aschaffenburg 2002, Seite 204; a.a. O. Seite 420, ein ausführliches Literaturverzeichnis zum Thema kirchliche Finanzen; siehe auch Lienemann, Die Finanzen der Kirche, Studien zur Struktur, Geschichte und Legitimation kirchlicher Ökonomie, München 1989; Martens, Wie reich ist die Kirche? Der Versuch einer Bestandsaufnahme in Deutschland, 2. Auflage, 1969.

4) Artikel 140 Grundgesetz i. V.m. Art. 137 Absatz 3 Satz 1 Weimarer Verfassung.

5) Art. 140 Grundgesetz i. V.m. Art. 138 Absazt 2 Weimarer Verfassung.

6) Codex Iuris Canonici (Codex des Kanonischen Rechts) von 1983, Lateinisch-deutsche Ausgabe, 2. Auflage, Kevelaer 1984.

7) Abgedruckt bei Emsbach, Rechte und Pflichten des Kirchenvorstandes, 9. Aufl., Köln 2006, Seite187.

8) Der Langfristige Kredit 1986, Seite 380: Defo-Immobilienfonds 1, der von der Defo - Deutsche Fonds für Immobilienvermögen GmbH, Frankfurt am Main, heute zugehörig zur Union Investment Gruppe, verwaltet wird. Gesellschafter der KAG sind heute die Union Asset Management Holding AG, Frankfurt am Main und die R + V Lebensversicherung a. G., Eltville am Rhein. Die Verwaltung aller Defo-Objekte erfolgt durch die Union Investment Real Estate AG. Es werden von der Defo zwei Spezialfonds verwaltet: Immobilienfonds 1 (vorrangig gewerblich genutzte Immobilien) und Immobilienfonds 2 (vorrangig wohnwirtschaftlich). Das am 31. Dezember 2006 verwaltete Gesamtvermögen belief sich auf 975,7 Millionen Euro.

9) Das erste Projekt wurde für den Spezialfonds für Seniorenwohnanlagen im Januar 2007 erworben, sodass dieser Fonds Ende 2006 noch über kein Fondsvermögen verfügte.

10) Der Verkaufsprospekt weist ausdrücklich darauf hin, dass von den Sicherungsmöglichkeiten einschließlich der Kurssicherungen von in Fremdwährung gehaltenen Vermögensgegenständen im Hinblick auf die ihnen innewohnenden Risiken nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates Gebrauch gemacht werden darf.

11) Zahlen jeweils zum Ende des Geschäftsjahres 2005/2006 am 30. September 2006.

12) Die Liegenschaft in Berlin wurden inzwischen veräußert.

13) Abschnitt I Nr. 2 Merkblatt für den Grundstücksverkehr, Herausgeber: Erzbischöfliches Generalvikariat Köln, und Empfehlungen für die Verwaltung ortskirchlichen Grundvermögens, Herausgeber: Verband der Diözesen Deutschlands, abgedruckt bei Emsbach, Rechte und Pflichten des Kirchenvorstandes, 9. Aufl., Köln 2006, Seite 184.

14) A.a. O., Abschnitt I Nr. 3.

15) Näheres Baur, Investmentgesetze, 2. Auflage, 1997, Einleitung I, Rdnr. 17; dort Hinweis auf das BAK-Schreiben vom 8. Juni1989, abgedruckt in: Beckmann/Scholtz/Vollmer, Investment-Handbuch 438 Nr. 46.

16) Steyler Bank, Broschüre: Die Ethik der Steyler Bank, St. Augustin, o. J.

17) a.a. O.

18) a.a. O.

19) Baur, Aachener Grund-Fonds: ein offener Immobilien-Spezialfonds für Vermögensträger der katholischen Kirche, siehe in: Der Langfristige Kredit 1986, Seite 382.

20) Zur Ethik siehe Heinemann, Ethik in: Heinemann (Herausg.), Die Philosophie im XX. Jahrhundert, 2. Auflage, Stuttgart 1963, Seite 450 ff, 467.

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