Wirtschaftspolitik II

Wer hat Angst ...

"Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?"

"Niemand!"

"Und wenn er kommt?"

"Dann laufen wir!"

Wie schön war das doch, wenn statt Geräteturnen oder 1000-Meter-Läufen im Sportunterricht Völkerball oder eben der "schwarze Mann" gespielt wurde. Der Mann war damals nie schwarz und auch kein Mann, sondern einer der Schülerinnen oder Schüler, der dann die anderen in einem begrenzten Feld fangen musste. Irgendwann waren die Fänger dann so stark, weil viele geworden, dass auch der flinkeste Mitspieler keine Chance mehr hatte und letztendlich eingefangen wurde.

Die Angst vor übermächtigen "Fängern" treibt offensichtlich auch die deutsche Bundesregierung um. Wie sonst ist der jüngste Vorstoß des Bundeswirtschaftsministeriums zu verstehen, die sogenannte Kontrollschwelle von 25 Prozent auf 15 Prozent abzusenken. Künftig soll also, so der Wunsch von Bundeswirtschaftsminister Altmaier, der Staat mittels Veto schon dann eingreifen dürfen, wenn ein Nicht-EU-Investor eine unmittelbare oder mittelbare Beteiligung von mindestens 15 Prozent der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen erwirbt, dass in wirtschaftlich besonders sensiblen Bereichen angesiedelt ist. Altmaier nennt hier verteidigungsrelevante Unternehmen, kritische Infrastrukturen oder Unternehmen im Bereich bestimmter anderer ziviler sicherheitsrelevanter Technologien. Deutsche Industriekonzerne und Mittelständler verdienen einen Großteil ihres Geldes in ausländischen Märkten, sind häufig sogar Markt- oder gar Weltmarktführer. Das weckt natürlich Begehrlichkeiten. Insbesondere die zunehmend aktiven Unternehmen, Beteiligungs- und Staatsfonds aus dem Reich der Mitte tun sich hier hervor.

Nicht immer schaut der Bund tatenlos zu. So wurde Ende Juli der Einstieg des chinesischen Staatskonzerns SGCC in die deutsche Energieversorgung verhindert, indem kurzerhand die deutsche Staatsbank KfW 20 Prozent am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz erwarb. Ein ordnungspolitischer Sünden-, aber wahrlich kein Einzelfall: Man erinnere sich nur an die IKB, EADS oder Air Berlin. Überall beteiligte sich die KfW. Allerdings aus Stabilitäts- und Sicherheitsinteressen und nicht zur Verteidigung deutschen Guts. Damit nicht genug: Anfang August untersagte die Regierung in Berlin dann die geplante Übernahme des westfälischen Werkzeugmaschinen-Herstellers Leifeld Metal Spinning durch Investoren aus der Volksrepublik. Das führte wohl dazu, den Plan von Altmaiers Vorgängerin Brigitte Zypries wieder hervorzuholen und nun konkret mit Leben zu füllen.

Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten: Der BDI warnt vor einer generellen Verschlechterung des Klimas für ausländische Investoren, auf deren Mittel Unternehmen aufgrund der geringen privaten Investitionen aber angewiesen sind. Auch stellt sich die Frage, was genau "wirtschaftlich besonders sensible Bereiche" sind, ob mit Investoren aus den USA, Kanada oder Japan ebenso verfahren wird wie mit chinesischen Anlegern oder ob EU-Beteiligungen, die von der Regelung explizit ausgenommen sind, generell weniger "gefährlich" sind? Folgen für den Absatz deutscher Unternehmen und die direkten Kapitalbeteiligungen in China sind ebenfalls nicht absehbar. Nicht zu vergessen: Die 30 Dax-Konzerne befinden sich laut aktueller Auswertung der Unternehmensberatung EY bereits mehrheitlich, genau zu 53,7 Prozent in ausländischer - wohlgemerkt nicht chinesischer - Hand. Und auch der Anteil ausländischer Investoren auf den deutschen Immobilienmärkten - über 50 Prozent bei Gewerbeimmobilien und zwischen 25 und 30 Prozent bei Wohnimmobilien - ist keineswegs mehr vernachlässigbar. Es bleiben auch nach Altmaiers Vorstoß viele Fragen.

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