Großbanken

Q3-Berichte: mehr Last als Lust

Für die Akteure an den Kapitalmärkten beziehungsweise Analysten sind unterjährige Ergebnisse und Entwicklungen von Kreditinstituten zweifellos von Bedeutung für kurzfristige Dispositionen und die Verfestigung des langfristigen Bildes. Auch die EZB-Bankenaufsicht will auf eine unterjährige Berichterstattung keinesfalls verzichten, um die (Risiko-)Lage einzelner Häuser sowie der gesamten Branche anhand zahlreicher Zeitreihen zeitnah und lückenlos zu verfolgen. In den beiden verbliebenen deutschen Großbanken dürfte die Quartalsberichterstattung derzeit eher als lästige Pflichtübung empfunden werden. Denn was will man der breiten Öffentlichkeit, den Medien und den eigenen Mitarbeitern nach dem Scheitern der lustlosen Sondierungsgespräche über eine Fusion und den inzwischen eingeleiteten Transformationsübungen schon an Erfolgen verkünden. Zur Erinnerung: Erst Anfang Juli hat die Deutsche Bank ihre "grundlegendste Transformation seit Jahrzehnten und eine tiefgreifende Restrukturierung ihres Geschäftsmodells" angekündigt. Und die Commerzbank hat das turnusmäßig anstehende Update ihrer Strategie erst drei Tage vor Ablauf des dritten Quartals erläutert. In diesen Zahlen für Q3 kann sich Letzteres überhaupt noch nicht widerspiegeln, in jenen der Deutschen Bank nur sehr bedingt.

Gleichwohl hat Christian Sewing den Q3-Bericht für einige Kernbotschaften an die Belegschaft genutzt. Er hat eine profitable Arbeit in der Kernbank gelobt, hat auf die Festlegung der Führungsteams und der Strukturen verwiesen, er begrüßt die Übertragung des Hedgefondsgeschäftes (Prime Finance) sowie des elektronischen Aktienhandels an die BNP Paribas, er registriert das sechste Quartal in Folge mit Zuwächsen der Kundenkredite im Privatkundengeschäft, er erfreut sich an einem gewachsenen Vermögen im Privatkundengeschäft und im Asset Management und er sieht nicht zuletzt die IT der Bank auf gutem Weg, die notwendigen Innovationen voranzutreiben und dennoch die Kosten wie geplant zu senken - alles freilich ohne die Belastungen des Umbaus.

Einfach ausblenden lassen sich die Restrukturierungskosten und die Aufwendungen für die Aufbaueinheit im Q3-Bericht-2019 jedoch nicht. Mit einem Verlust von 832 Millionen Euro beträgt der Swing gegenüber dem Vorjahreswert 1,061 Milliarden Euro und der Blick auf die binnen eines Jahres um satte 4 759 auf 89 958 Vollzeitkräfte geschrumpfte Belegschaft lässt vermuten, dass das an stehende Kostensenkungsprogramm trotz der beschworenen Hoffnungsschimmer die Unruhe unter den Mitarbeitern kaum wird dämpfen können.

Trotz eines gegenüber dem Vorjahr auf 294 (218) Millionen Euro verbesserten Q3-Konzernergebnisses dürfte in der Commerzbank der Unruhegrad unter den Mitarbeitern ähnlich hoch sein. Dass die Bank, angefangen von der angepeilten Digitalisierungsquote bis hin zur anvisierten Cost Income Ratio von 66 Prozent, einige der ursprünglichen Ziele des im Jahre 2016 aufgesetzten Strategieprogramms nicht würde erreichen können, hatte sich bereits abgezeichnet. Ähnlich wie bei der Deutschen Bank wirken die Erfolgsmeldungen der Q3-Berichterstattung 2019 beim Kunden- (141 000 neue Privatkunden) und Geschäftswachstum (Kredit- und Wertpapiervolumen um 4 Milliarden Euro gesteigert) ebenso bemüht wie die Erfolgsmeldungen bei den Kosten (1,62 nach 1,66 Milliarden Euro), beim Risikoergebnis (minus 114 nach minus 133 Millionen Euro) und der Netto-Eigenkapitalrendite von 4,4 Prozent. Denn nicht erst seit dem Ende September 2019 angekündigten Abbau von brutto 4 300 und netto 2 300 Vollzeitstellen sowie der beschlossenen Schrumpfung des Filialnetzes auf 800 hat sich in der Zentrale wie in den Regionen erhebliche Unsicherheit breitgemacht. Kurzum, bis hin zu wirklich vorzeigbaren Erfolgen auf breiterer Front bleibt die Berichterstattung in beiden deutschen Großbanken mehr Last als Lust.

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