Deutsche Bank I

Tücken der Erwartungshaltung

Legt man die Diktion der Deutschen-Bank-Spitze bei der Präsentation der Jahreszahlen 2014 zugrunde, kann die noch laufende Strategiediskussion nicht auf einen Abschied vom Universalbankenmodell hinauslaufen. Mit Blick auf die - zumindest teils auch selbst geschürte - Aufregung rund um die Degradierung der traditionellen Bilanzpressekonferenz zu einem zahlenbasierten Telefonereignis wird die Bank allerdings im zweiten Quartal dieses Jahres schon etwas Elementares zu ihrer künftigen strategischen Ausrichtung liefern müssen. Sonst wäre - ob mit oder ohne die vermutete Befeuerung durch die Wettbewerber - eine viel zu große Erwartungshaltung aufgebaut worden. Immerhin hat die gewählte Art der Kommunikation dazu geführt, ein deutlich unter den Zielvorgaben bei der Antrittspressekonferenz des Führungsduos Jain/Fitschen im September 2012 liegendes Zwischenergebnis für das Berichtsjahr 2014 zumindest in der breiten Öffentlichkeit besser aussehen zu lassen als es tatsächlich ist.

Von einem überraschenden Gewinn und einem erheblichen Beitrag des Investmentbankings war zumindest hierzulande in der Bilanzberichterstattung 2014 die Rede. Bei dem Ergebnis vor Steuern von 3,116 (1,456) Milliarden Euro, so hat die Konzernspitze allerdings eingeräumt, gilt es positive und negative Nebenwirkungen zu berücksichtigen. So kann die Bank mit Blick auf das Ergebnis 2014 von Glück sagen, dass die Mühlen der Justiz so langsam mahlen und einige der größeren anstehenden Rechtsstreitigkeiten noch nicht abgeschlossen sind. Sonst hätten das vierte Quartal 2014 und damit der Jahresabschluss 2014 deutlich trüber ausgesehen. Bereits berücksichtigt ist aber mit überraschend hohen 450 Millionen Euro schon der Aufwand an Zahlungen und Rückstellungen für die gerichtlich verordnete Rückerstattung von Kreditbearbeitungsgebühren im Kerngeschäftsbereich Private and Business Clients. Gleichwohl wurden viele der selbst gesteckten Ziele vom Herbst 2012 auch im Jahr 2015 - also dem anstehenden Termin zur Erfolgsmessung - weit verfehlt.

Ohne Frage erreicht und sogar deutlich übererfüllt hat die Bank ihr Kapitalziel. Nicht zuletzt getrieben durch das Wechselspiel zwischen den zunehmend strengeren Anforderungen der Regulatoren und den Ansprüchen des Kapitalmarktes hat sie mit 11,7 Prozent schon per Stichtag 2014 deutlich die seinerzeit angepeilte 10-Prozent-Marke überschritten und dabei seit 2012 die Risikoaktiva um 84 Milliarden Euro reduziert. Als Plus zu verbuchen ist sicherlich auch die stärkere Ausgewogenheit der vier Kerngeschäftsfelder. In jedem der vier Geschäftsfelder darf die Bank ein Ergebnis vor Steuern von über einer Milliarde Euro vermelden, erstmals seit langem auch wieder für die strategisch neu ausgerichtete Deutsche Asset und Wealth Management.

Weit hinter allen Zielsetzungen zurück bleibt die Bank aber auf der Ertragsseite. Sowohl an der angepeilten Eigenkapitalrendite nach Steuern als auch auf der Kostenseite kann man ihr seit dem Aufrücken von Anshu Jain und Jürgen Fitschen an die Spitze des Hauses allenfalls bescheinigen auf dem richtigen Weg zu sein. Mit der von 0,5 Prozent und 1,2 Prozent auf nunmehr 2,7 Prozent gesteigerten Eigenkapitalrendite sowie der von 92,5 Prozent über 89,0 Prozent auf 86,7 Prozent gedrückten Aufwand-Ertrags-Relation wurden die Ziele (über 12 Prozent beziehungsweise unter 65 Prozent) meilenweit verfehlt. Und dieses Urteil muss man selbst dann aufrechterhalten, wenn man die Non-Core-Einheit ausblendet und allein die Kerngeschäftsfelder berücksichtigt. Dann verbessert sich die Eigenkapitalrendite nach Steuern nach der gewählten Berechnungsmethode zumindest auf 6,7 Prozent, aber die Aufwand-Ertrags-Relation von immer noch 78 Prozent kann selbst dann niemanden gefallen, wenn man die Effekte durch die Arbeit an der höheren Kapitalquote noch so wohlwollend berücksichtigt. All das hat in den vergangenen Jahren den Aktienkurs auf ein Niveau gedrückt, das viele Anteilseigner enttäuscht. Nicht zuletzt aus dieser Warte resultiert ein Handlungsdruck, der auch immer wieder durch Gedanken von Abspaltung und/oder Börsengang von Kerngeschäftsfeldern oder Spin-offs befeuert wird.

Dass die Kostenbasis zu hoch ist, hat das Führungsduo bei der Präsentation der Zahlen unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Eine konkrete Form der Arbeit daran ist offensichtlich die laufende Bonirunde, die in den ersten Februartagen schon ein Murren hervorgerufen hat. Doch die strategische Neujustierung wird sich dieser Kernfrage Kosten weit umfassender annehmen müssen. Noch ist die Bank mitten in dem Dilemma zwischen strategischer Selbstfindung, dem Druck der Regulatoren und der Erwartung der Kapitalmärkte an ein Haus mit seinen Ansprüchen.

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