Gespräch des Tages

Deutsche Bank - Eiszeit

Ganz Deutschland zittert und bibbert angesichts eisiger Minusgrade. Wer raus muss, mummelt sich ein, und sieht zu, dass er schnellstens wieder zurück in die Wärme kommt. Doch auch drinnen herrschen mitunter alles andere als Wohlfühltemperaturen: Beispiel Deutsche Bank. Für allzu große Freundlichkeit und Kameradschaft unter den Mitgliedern des engsten Führungskreises war und ist dieses Haus nicht bekannt. Doch die jüngste Bilanzpressekonferenz stellte sicher einen Höhepunkt dar. Es herrschte Eiszeit - auf höchstem Niveau und bei aller Professionalität. Dem im Mai scheidenden Vorstandschef Josef Ackermann war deutlich anzumerken, wie sehr es ihn ärgerte, die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht zu haben. Und der Schweizer machte auch keinen Hehl daraus, wem er dafür die Schuld gibt. Das Investmentbanking, Ertragsmaschine der Bank, hatte versagt und nicht geliefert. Gleich mehrfach musste Anshu Jain, Ackermanns Nachfolger, die Wange hinhalten und gute Miene zum bösen Spiel seines ehemaligen Förderers machen, auffällig oft und eindeutig schob Ackermann dem Investmentbanking den Schwarzen Peter zu. Gleichzeitig lobte der Schweizer das klassische Bankgeschäft, ein Ausdruck, den er so zuvor nur selten gebraucht hat, über Gebühr. Rekordergebnis, Ziele übererfüllt, erheblich gestärkt, ausgezeichnet, bemerkenswert, das sind nur einige der Formulierungen.

Nein, Josef Ackermann war mit diesem Abschied und mit den personellen Entwicklungen nicht zufrieden. Er hatte andere Pläne für eine Nachfolge als das Duo aus Jain und Jürgen Fitschen. Es ist schon ein Affront, dass Fitschen während der gesamten Pressekonferenz mit langer Fragerunde nicht ein einziges Mal das Wort von Ackermann erteilt bekommen hat. Und auch Risikovorstand Hugo Bänziger sah alles andere als glücklich und zufrieden aus. Dabei lief das vergangene Jahr doch gar nicht so schlecht für die Deutsche Bank. Sicherlich, das eigene Ziel von einem Vorsteuergewinn von zehn Milliarden Euro und einer Eigenkapitalrendite von jenseits der 15 wenn nicht gar 20 Prozent vor Steuern hat man deutlich verfehlt. Doch das ging auch anderen kapitalmarktabhängigen Instituten so. Unter dem Strich erzielte die Deutsche Bank ein Ergebnis von 5,4 Milliarden Euro vor Steuern und 4,3 Milliarden Euro nach Steuern. Das entspricht Wachstumsraten gegenüber dem Vorjahr von 36 Prozent und 86 Prozent. Und auch die Strategie der vergangenen Jahre beginnt sich auszuzahlen. Dank der Zukäufe von Sal. Oppenheim, ABN Amro und vor allem der Postbank steuern die klassischen Bereiche wie Privat- und Geschäftskunden, Wealth Management oder Transaction Banking inzwischen 56 Prozent des Gesamtergebnisses bei - 2009 waren es noch 32 Prozent, 2010 nur 29 Prozent. Im Investmentbanking hat Jain früher als die Wettbewerber angefangen, sich von regulatorisch belasteten Geschäftsfeldern zu verabschieden und Risiken abgebaut, was natürlich auch Erträge kostet. Die Deutsche Bank ist gut für die Zukunft positioniert. Das Institut hat eine gute Liquiditätssituation und keinerlei Fundingprobleme, nicht zuletzt dank der üppigen Einlagen der Postbank. Die Ära Ackermann ist also durchaus erfolgreich für die Deutsche Bank, trotz eines niedrigeren Aktienkurses als zu Beginn seiner Amtszeit und trotz gewaltiger Aktienrückkaufprogramme zur Erhöhung der Eigenkapitalrendite. Dafür musste dann am Kapitalmarkt später teuer über Nachranganleihen und Kapitalerhöhungen frisches Kapital geschaffen werden.

Es muss alsoetwas Persönliches sein, das Ackermann die Stimmung drückt. Es mag die Wertschätzung der Deutschen insgesamt für die in seinen Augen sehr gute Leistung sein. Aus dem Schlussatz seines Statements ist das jedenfalls herauszulesen: "Gemeinsam haben wir eine starke Bank gebaut. Darauf können wir alle stolz sein. Und darauf kann auch dieses Land stolz sein." Dabei müsste der Schweizer doch nach so vielen Jahren wissen, dass die Deutschen auf eine internationale Großbank mit all den Facetten der globalen Finanz- und Kapitalmärkte nicht stolz sein wollen. Selbst Unternehmen mit leichter verständlichen Produkten wie Autos oder Elektrogeräte tun sich da in der Imagebildung schwer. Dass Schlagzeilen über andauernde Rechtstreitigkeiten, für die die Bank übrigens bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr rund eine halbe Milliarde Euro aufgewendet hat und für kommende Belastungen rund eine Milliarde Euro zurückgestellt hat, dass zornige Kommunen und Produkte wie "Wetten auf den Tod" nicht zur Sympathiegewinnung beitragen ist selbstverständlich. Die Deutschen empfinden die Deutsche Bank nicht als nette Bank, Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken dagegen schon! Das sollte Ackermann aber nicht schmerzen, angesichts all seiner Verdienste um die Deutsche Bank und die deutschen Banken insgesamt. Wir wollen erst mal sehen, ob es die Nachfolger besser machen.

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