Im Gespräch

"Das Retailgeschäft ist der ursprüngliche Kern der Nord-LB"

Die Nord-LB hat die Jahre der Finanzkrise relativ gut überstanden und im vergangenen Jahr sogar das beste Ergebnis aller Landesbanken erzielt: Welcher Anteil ist hier dem Geschäftsmodell insbesondere der Einbindung der Braunschweigischen Landessparkasse beizumessen?

Zum einen ist es gut, dass die Nord-LB ein starkes Retail-Segment hat, das jedes Jahr einen stabilen Wertbeitrag von rund 100 Millionen Euro liefert. Die Braunschweigische Landessparkasse hat im Retail-Bereich des Konzerns einen Anteil von rund einem Drittel. Neben dem positiven Aspekt der Funding-Seite für die Bank ist sicher auch zu erwähnen, dass wir vorrangig in der Landessparkasse jene 150 Azubis ausbilden, die dann überall in der Bank eingesetzt werden. Es ist gut, dass diese jungen Menschen über den unmittelbaren Kontakt mit Kunden in Beratungsgesprächen verfügen. Wir sind sozusagen die Kaderschmiede für die Nord-LB.

Wo hilft eine Retaileinheit der Mutter, an welchen Stellen kann die Mutter der unselbstständigen Tochter unter die Arme greifen?

Das ist ein Geben und Nehmen, aber zuallererst möchte ich "unselbstständig" durch teilrechtsfähig ersetzen. Einen Teil der Frage habe ich schon mit meiner ersten Antwort gegeben. Zum zweiten: Ohne Institutsgrenzen überwinden zu müssen hat die Landessparkasse Zugang zur kompletten Welt einer international tätigen Großbank mit all ihren Angeboten (Beteiligungen, Auslandsgeschäft, Investmentbanking, Research). Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil.

Wie ist die Abgrenzung im Geschäft geregelt? Gibt es Aufgaben, die einzig und allein der BLSK unterliegen? An welchen Stellen gibt es einen gemeinsamen Antritt?

Die Arbeitsteilung ist klar durch das Geschäftsgebiet der Braunschweigischen Landessparkasse vorgegeben, die in Südostniedersachsen an Sachsen-Anhalt im Osten, an Thüringen und Hessen im Süden und an Nordrhein-Westfalen im Weserbergland grenzt. Hier sind wir wie eine Großsparkasse in der Fläche an über 100 Standorten vertreten.

Außerhalb der heute zum Bundesland Niedersachsen gehörenden Gebiete des ehemaligen Braunschweiger Landes sind wir mit dem Private Banking in Hamburg und Hannover vertreten, betreuen dort das gehobene Anlagegeschäft der Landesbank, dessen Angebot identisch ist mit dem der Landessparkasse für dieses Segment und von der Landessparkasse produziert und gesteuert wird. Zudem haben wir in unseren Tochterbanken in Bremen und Luxemburg ein eigenständiges Retailgeschäft - die Banken fungieren aber auch als Produktlieferanten für die Landessparkasse.

Wie selbstständig ist die BLSK beispielsweise beim Risikomanagement?

In allen Fragen der Produktgestaltung, der Vertriebswege oder der Kundenorientierung sind wir selbstständig wie jede andere Sparkasse auch. Allerdings ist dort, wo das bilaterale Kreditgeschäft ein Marktvotum erfordert, immer die Nord-LB eingebunden.

Einige Sparkassen haben sich bereits mit Pfandbriefen direkt über den Kapitalmarkt refinanziert, andere planen dies. Gibt es diesbezüglich Überlegungen in Ihrem Haus?

Die BLSK bucht auf der Bilanz der Landesbank, die wiederum ist ein großer Emittent auf allen Assetklassen.

Wie hoch ist der Bestand an Einlagen und Kundenkrediten bei der BLSK, wie hat er sich in den vergangenen Jahren entwickelt und über welche Gewinnabführung darf sich die Nord-LB freuen?

Das Kundenvolumen liegt konstant bei gut elf Milliarden Euro, wovon auf Kredite und Darlehen 4,8 Milliarden Euro, auf Einlagen 4,6 Milliarden Euro, auf Depotvolumen 1,6 Milliarden Euro und 200 Millionen Euro vermitteltes Geschäft entfallen. In den letzten drei Jahren hat die BLSK für die Nord-LB im Deckungsbeitrag V rund 100 Millionen Euro erwirtschaftet. Übrigens profitiert auch die gesamte Re gion, in der wir tätig sind, von unserem Tun: Die Landessparkasse leistet mit einem Betrag von mehr als 65 Millionen Euro jährlich ihren Beitrag zur Wertschöpfung. Insgesamt trugen neben der Vergabe von Aufträgen an die einheimische Wirtschaft, hier besonders an das Handwerk und die beratenden Berufe, Gewerbesteuerzahlungen an die Kommunen und vor allem die Gehälter, die den (auch wiederum Steuern entrichtenden) Angestellten gezahlt werden, zur Stärkung der Kaufkraft in der Region bei.

Wie ist das vergangene Jahr 2011 für Ihr Haus gelaufen? Was waren die größten Überraschungen beziehungsweise Enttäuschungen?

Betriebswirtschaftlich haben wir 2011 ein sehr gutes Ergebnis erreicht. Die Vertriebsergebnisse entwickelten sich positiv. Die Landessparkasse trägt damit erneut zum Gesamtergebnis der Nord-LB bei. Das ist deshalb besonders bemerkenswert, weil wir uns 2011 nach vierjähriger Umbauphase vertrieblich und technisch völlig neu aufgestellt haben.

Mit der neuen Vertriebskonzeption, bestehend aus einer bedarfsgerechten Produktpalette und passgenauer Beratung, haben wir jetzt eine hochprofessionelle bankfachliche Begleitung mit konsequenter Kundenorientierung sichergestellt. Zudem wurden Landessparkasse und Nord-LB 2011 komplett auf eine völlig neue Informationstechnologie umgestellt. Beide Großprojekte erforderten viel Zeit und Einsatz der Mitarbeiter, die trotzdem das gute Betriebsergebnis des Vorjahres noch einmal verbessern konnten.

Warum veröffentlicht die BLSK eigentlich keine eigene Bilanz und GuV, wie es die Frankfurter Sparkasse tut?

Weil wir eine AIDA, also Anstalt in der Anstalt der Nord-LB sind, zwar im Markt rechtsfähig, aber auf die Bilanz der Nord-LB buchen. Der Erlaubnisträger ist die Bank.

Mit wem kann man Sie am ehesten vergleichen?

Eigentlich mit allen Großsparkassen; in Niedersachsen vergleichen wir uns mit den sogenannten "G5", das sind neben uns die Sparkassen Hannover, Hildesheim und Osnabrück sowie die Landessparkasse zu Oldenburg.

Müsste dieser Erfolg in Hannover/Braunschweig und auch in Frankfurt und Stuttgart die Diskussion um eine Vertikalisierung nicht beflügeln? Erwarten Sie weitere Übernahmen von Sparkassen durch Landesbanken?

Falsch! Ihre Frage geht von einem falschen Ansatz aus. Bei uns handelt es sich nicht um eine Vertikalisierung, sondern es ist umgekehrt. Der Ursprung der Nord-LB liegt in Braunschweig. 1765 wurde das Herzogliche Leyhaus gegründet, aus dem 1919 die Braunschweigische Staatsbank wurde, die 1970 als älteste Wurzel und stärkster Ast durch Fusion mit anderen Finanzinstituten Niedersachsens in der Nord-LB aufging. Insofern ist der ursprüngliche Kern der Nord-LB das Retailgeschäft -, und das bevorstehende 250-jährige Jubiläum wird folgerichtig 2015 in Braunschweig gefeiert.

Welche Ziele haben Sie für die BLSK?

Wir wollen uns als richtig gute Sparkasse im Markt etablieren. Da gibt es Vorbilder in der Sparkassen-Organisation. Unser Weg zur Festigung der Marktführerschaft wird über die konsequente Qualitätsführerschaft führen. Zudem sollen die Nord-LB und die dahinter stehenden Träger durch unseren stabilen Wertbeitrag dauerhaft Freude haben.

Wollen Sie eher neue Kunden gewinnen oder das Geschäft mit den Bestandskunden ausbauen?

Wir müssen das eine tun und dürfen das andere nicht lassen: Die Intensivierung der Bestandskunden hat allerdings Vorrang, jeder Neukunde ist herzlich willkommen.

Wer sind die ärgsten Wettbewerber, und wie wollen Sie diesem Wettbewerb begegnen?

Die Volkswagen Bank mit Sitz in Braunschweig, die in unserem Geschäftsgebiet sechs Niederlassungen betreibt, spüren wir mit ihrer massiven Konditionspolitik schon sehr.

Derzeit testen wir im kurzen Zeitrahmen ein Gegenprodukt, auch um zu lernen, ob wir durch solche Maßnahmen noch stärker auf unsere qualitativ hochwertige Beratung aufmerksam machen und die gewonnenen Neukunden sowie das hinzugekommene Fresh-Money in dauerhafte Kundenbeziehungen transformieren können.

Gibt es eigentlich Klagen anderer Sparkassen aus der Region über die BLSK?

Nein! Wir haben ein gutes Einvernehmen. Wir pflegen ein ausgesprochen kollegiales Miteinander, stimmen uns bei Werbeauftritten ab, machen viele Dinge gemeinsam, zeigen Schulterschluss zum Beispiel bei unserem ATP-Turnier "Sparkassen open" und zahlreichen gesellschaftlichen Engagements für die Bürger in Südostniedersachsen.

Wie hoch ist die Verbundquote der BLSK? Höher als der Durchschnitt anderer Sparkassen?

Da wir im Braunschweiger Land die Besonderheit haben, dass die Öffentliche Versicherung zu 75 Prozent zum Nord-LB Konzern gehört, ist die Quote in beide Richtungen sehr hoch. 2010 haben wir die offensive Kooperation BLSK und ÖVBS ins Leben gerufen und verkaufen seitdem vice versa unsere Kernprodukte. Wir werden hier die Marktpotenziale noch intensiver ausschöpfen. Abseits dieser Besonderheit bewegen wir uns sicher im Landesdurchschnitt.

Von welchen Geschäftsfeldern versprechen Sie sich besonders viel, wo soll eher kürzer getreten werden?

Kürzer treten werden wir nirgends! Durch die DSGV-konforme Aufstellung wird unser Geschäft in allen Kundensegmenten eher intensiver. Ein Beispiel sind die Stiftungsmanager unseres Private Bankings, die gerade wieder von den Fuchsbriefen Exzellenz bescheinigt bekommen haben - als einzige im öffentlichrechtlichen Sektor! Wir haben sogar unsere eigene Stiftung Nord-LB-Öffentliche in die Lage versetzt, auch für andere Kundenstiftungen Beratung zu leisten - im Übrigen auch für andere Sparkassenstiftungen!

Die Braunschweigische Landessparkasse agiert heute als Sparkasse mit einer ausgeprägten kommunalen Verbundenheit, heißt es über das Haus. Wie agiert das Institut in der Kommunalfinanzierung gegenwärtig, und wird sich daran in Zukunft etwas ändern? Wird man auch dieses Geschäft künftig risiko- und margenorientierter steuern müssen?

Geschäftspolitisch sind wir doch wie eine kommunale Sparkasse aufgestellt, denen sind wir ja auch absolut vergleichbar. Wir machen viel mit den Gebietskörperschaften in unserem Geschäftsgebiet, deren Vertreter wir in unsere Gremien einbinden. Das ist gut und richtig so. Einen Rückzug wird es hier nicht geben!

Das Geschäftsgebiet ist klar eingegrenzt, gibt es Überlegungen, beispielweise über eine verstärkte Internetpräsenz neue Kundengruppen anzusprechen oder kann man aus dieser Eingrenzung nicht ausbrechen?

Die Sparkassenorganisation hat zwei Grundprinzipien, und da wollen wir nicht dran rütteln: Das eine ist die Subsidiarität, sie ist bei uns historisch bedingt anders gelaufen. Aus unseren Rechtsvorgängern ist 1970 die Nord-LB entstanden - umgekehrte Vertikalisierung, wir sprachen darüber.

Das zweite Prinzip ist das Regionalprinzip, das wird strikt eingehalten - hier gibt es keine Gemengelage. Die Braunschweigische Landessparkasse ist gut für unsere Region, für die Nord-LB und für die Sparkassenorganisation insgesamt.

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