Produkte im Retail

Trends im Kreditgeschäft

Das Kreditgeschäft ist nach wie vor das bedeutendste Geschäftsfeld der befragten Institute, so das Ergebnis der Kreditstudie 2012 von PwC1). Der überwiegende Teil der Institute erwirtschaftet den größten Teil der Erträge aus dem Kreditgeschäft, während das Provisionsgeschäft noch nicht das von vielen gewünschte "zweite Standbein" als Ergebnis einer Diversifizierung werden konnte.

Die neuesten Zahlen zur Geschäftsentwicklung des Jahres 2011 zeigen daher auch für Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen, dass die Zinsüberschüsse den vierfachen Wert des Provisionsüberschusses in diesen Bankengruppen erreichen.

Diese Entwicklung ist auch begründet durch die Umsatzeinbrüche im Wertpapiergeschäft während der letzten Finanzkrise und die günstige Zinsstruktur für einen Ausbau der Zinserträge. Vor allem konnten aber die meisten Banken während der letzten Jahre das Kreditvolumen teilweise erheblich steigern. So konnte der Zinsertrag ausgebaut werden.

Intensiver Verdrängungswettbewerb erfordert Effizienzsteigerungen

Da das Kreditgeschäft für das Gesamtergebnis der Banken eine große Bedeutung hat, ist es besonders wichtig, dass dieses Geschäftsfeld effizient ist. Alle befragten Institute rechnen in den kommenden Jahren mit einem zum Teil erheblich steigenden Kreditbestand.

Rund ein Drittel der Institute erwartet für die private Baufinanzierung und den Firmenkundenkredit mit kleinen und mittelständischen Unternehmen eine Bestandssteigerung von zehn bis 20 Prozent während der nächsten drei Jahre. Bei den Konsumentenkrediten erwartet ein Viertel der Institute ein Bestandsplus in diesem Rahmen. Allerdings ist nicht zu erwarten, dass der Markt insgesamt diese Steigerungsraten hergeben wird.

Somit ist mit einem intensiven Verdrängungswettbewerb zu rechnen, der Folgen für das Geschäft haben wird. Die Margen werden weiterhin unter Druck bleiben und nur effiziente Institute werden einen größeren Handlungsspielraum für wettbewerbsfähige Konditionen haben. Damit auch künftig Erträge aus dem wichtigsten Geschäftsfeld erwirtschaftet werden können, ist es notwendig, die Effizienz zu steigern.

Geschäftsausweitung durch Ausbau der Vertriebskanäle

Interessant ist, wie die Pläne der Institute zur Ausweitung des Geschäfts gestaltet sind. Die Prozessoptimierung bleibt eine der wichtigsten Maßnahmen für alle Produkte. Hinzu kommt der Ausbau der Vertriebskanäle. Diese Maßnahme nennt nahezu jedes sechste Institut für alle drei vorgenannten Produkte. Neben dem klassischen Filialgeschäft sollen künftig technische Lösungen (zum Beispiel Internetplattformen) oder Dritte für ein größeres Volumen im Kreditgeschäft sorgen. Die scheinbar unbegrenzte Reichweite der technischen Lösung und die große Vertriebsstärke professioneller Vermittler wurden neben der Flexibilität dieser Vertriebskanäle als Motiv genannt. Für PwC liegt dies im Trend.

Dies ist auch in der allgemeinen Entwicklung des Verbraucherverhaltens unter Einbindung von technologischen Neuerungen zu beobachten. So können unabhängig von räumlichen Präferenzen Produkte verglichen und eine Kaufentscheidung getroffen werden. Folglich müssen auch die Banken derartige Angebote haben, gleichzeitig dürfen sie aber die Nähe zu ihren Kunden nicht verlieren.

Prozessoptimierung als Maßnahme für mittelfristige Kostensenkungen

In den vergangenen Jahren führten vor allem optimierte Prozesse zu Kostensenkungen. Rund die Hälfte der befragten Geldhäuser nannte Prozessoptimierung als wichtigste Maßnahme. Nach den Plänen der Institute wird sich auch künftig nichts daran ändern. Wir beobachten, dass noch lange nicht alle Potenziale ausgeschöpft sind beziehungsweise veränderte technische Optionen immer wieder neue Lösungen ermöglichen.

Besonders gut und effektiv lassen sich die Kosten im Bereich von Sach- und Verwaltungskosten senken. Daher fokussieren sich viele der befragten Häuser auf diesen Punkt. Jedes vierte Institut will in diesem Bereich tätig werden. Das Outsourcing ist dagegen weniger bedeutend: Kostensenkungen werden mit dieser Maßnahme nur selten ver bunden. Die Motive für ein Outsourcing sind eher Qualitätssteigerung oder Reduktion der hausinternen Administration.

An dieser Stelle bietet es sich für die Banken an, Erfahrungen aus der Industrie zur Prozessoptimierung heranzuziehen und sich der Methoden, Verfahren und Ansätze zu bedienen.

Standardsoftware setzt sich durch

Bei der Nutzung der IT gewinnt Standardsoftware weiter an Bedeutung: Mittlerweile setzt über die Hälfte der Institute Standardsoftware für die verschiedenen

Prozesse im Kreditgeschäft ein. Die Institute haben erkannt, dass eine Differenzierung (Unterscheidung zum Wettbewerber) über IT nur an wenigen Stellen möglich ist und eine Kostensenkung durch Automatisierung mit Standardsoftware am ehesten gelingt.

Eigene Anwendungen werden daher vor allem für Rating- und Scoringsysteme verwandt, um die individuellen Besonderheiten der Institute besser abzubilden und sich hieraus eventuell ergebene Vorteile in der Konditionengestaltung nutzen zu können. So vertraut noch ungefähr ein Drittel der Institute bei diesen Prozessen noch auf eigene Anwendungen.

Verbreiteter Einsatz der elektronischen Kreditakte

Die elektronische Kreditakte setzt sich ebenfalls durch. Über 70 Prozent der befragten Institute setzen sie bereits ein und weitere 20 Prozent planen deren Einsatz. Die Vorteile liegen auf der Hand.

Einmal stehen die notwendigen Informationen zu jeder Zeit und an jedem Ort zur Verfügung,

und zum anderen kann auf lästige Aktentransporte und auf große Aktenlager verzichtet werden. Dies dürfte sich vor allem für Institute mit einer größeren räumlichen Distanz zwischen Markt und Marktfolge im Vergleich zum Aufwand von Datenerfassung und Systemkosten rechnen.

Die umfassende Abbildung des Kundenengagements am Bildschirm wird durch die Gewöhnung an die Elektronisierung des Arbeitsplatzes für die Belegschaft auch eine gewünschte Selbstverständlichkeit werden. Allerdings gibt es noch gewisse Hemmungen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sich an die alleinige Nutzung der elektronischen Kreditakte ohne parallele Verwendung von Papier zu gewöhnen.

Bearbeitungszeiten wurden verkürzt

Die Bearbeitungszeiten wurden bei allen Produkten kürzer, vor allem aber im Privatkundengeschäft. Fast 80 Prozent der Institute bearbeiten die private Baufinanzierung mittlerweile innerhalb von fünf Stunden. Der Konsumentenkredit wird von fast 90 Prozent der Institute innerhalb von einer Stunde bearbeitet(siehe Abbildung 1). Die Prozessoptimierungen und Automatisierungen der vergangenen Jahre tragen also Früchte. Den gewonnenen zeitlichen Freiraum bei den Beschäftigten konnten viele Institute nutzen, um die Betreuungsrelationen zu erhöhen und damit Effizienzsteigerungen zu realisieren(siehe Abbildung 2).

Die weiter vorhandene Heterogenität in den Betreuungsrelationen zeigt aber auch, dass sich diese Einsparungen nicht automatisch ergeben, sondern gezielt durch Managemententscheidungen herbeigeführt werden müssen. Hier besteht bei einigen Banken noch Optimierungspotenzial.

Oftmals erfolgte die Verbesserung der Betreuungsrelation in der Vergangenheit auch passiv: Das heißt das Mehrgeschäft der letzten Jahre wurde mit demselben Mitarbeiterbestand bearbeitet, da das Personal nicht analog zur Geschäftsentwicklung aufgestockt werden konnte.

Kürzere Durchlaufzeiten nur im Konsumentenkreditgeschäft

Die verkürzten Bearbeitungszeiten schlugen sich weitgehend nicht in verkürzten Durchlaufzeiten nieder, sodass kein Vorteil für den Kunden entstanden ist. Lediglich beim Konsumentenkredit erreichen jetzt fast 80 Prozent der Institute einen Durchlauf innerhalb eines Tages(siehe Abbildung 3).

Höhere Qualitätsanforderungen und aufwendigere Genehmigungsprozesse unter Einbindung zusätzlicher interner Stellen sowie eine höhere Arbeitsteilung mit Dritten (durch Einbindung von Vermittlern und Shared-Service-Centern) mit zusätzlichen (ineffizient gestalteten) Schnittstellen und oftmals damit verbundenen Systembrüchen, führten zu vermehrten Warte- und Liegezeiten.

Daher sind nach unserer Einschätzung einige Veränderungen im operativen Ablauf berechtigt eingeführt beziehungsweise umgesetzt worden, diese sind aber noch nicht in einem "eingespielten Zustand".

Die Industrialisierung der Prozesse wurde in den letzten Jahren ebenfalls vorangetrieben. Ein Kreditprozess gilt als industrialisiert, wenn die Wertschöpfungskette in klar abgegrenzte Teilaufgaben zerlegt ist und diese durch verschiedene Mitarbeiter bearbeitet werden. Jeder Einzelne bearbeitet also nur einen oder wenige Prozessschritte, wodurch Spezialisierungsvorteile der Beschäftigten genutzt und in kürzeren Bearbeitungszeiten umgesetzt werden können.

Vor allem im Prozess "Vertrag und Auszahlung" und in der Bestandsverwaltung wird verstärkt arbeitsteilig gearbeitet, während dies in Beratung und Vertrieb nur in geringerem Maße erfolgt. Generell ermöglicht die Industrialisierung vor allem im Privatkundengeschäft kürzere Bearbeitungszeiten als in generalistisch organisierten Instituten. Da die Industrialisierung innerhalb der Unternehmen auch meist gut organisiert und die Übergabe an den internen Schnittstellen oft gut gelöst wird, gelingt es diesen Instituten auch, entsprechend kürzere Durchlaufzeiten zu erzielen.

Die Vorteile der Spezialisierung überwiegen die Nachteile aus den vermehrten Schnittstellen beziehungsweise die Nachteile werden durch eine gute systemtechnische Unterstützung des Prozesses gering gehalten. Nach unseren Erkenntnissen muss es aber nicht immer eine große systemtechnische Lösung sein, um die Schnittstellen zu managen.

Zentralisierungstendenzen in der Marktbearbeitung

Die Marktbearbeitung erfolgt für alle Kreditarten noch mehrheitlich in den Filialen und Kopfstellen, jedoch zeigen sich auch Zentralisierungstendenzen in regional organisierten Instituten. So bearbeitet fast ein Drittel der Institute die private Baufinanzierung wieder marktseitig in der Zentrale, während dies 2008 nicht einmal zehn Prozent der Institute machten. Das ist eine Folge von höheren Anforderungen an Kompetenz und Qualität.

Daher werden die Berater in der Zentrale gebündelt, während die dezentralen Vertriebsstellen oft nur noch Servicearbeiten anbieten.

Interessant ist die Tendenz, dass auch für den Firmenkundenkredit mit kleinen und mittelständischen Unternehmen mittlerweile vereinzelt eine Marktbearbeitung durch Vermittler erfolgt, um die Reich -weite des eigenen Vertriebs zu ergänzen. Wir sehen hierin einen Trend, der auf Erfahrungen aus dem Kreditgeschäft mit Privatkunden aufbaut, und werden beobachten müssen, ob es zu einer ähnlichen Verlagerung der Vertriebsaktivitäten kommen wird.

Die Marktfolgebearbeitung erfolgt zwar weiterhin mehrheitlich in der Zentrale, die private Baufinanzierung wird jedoch wieder verstärkt in der Filiale abgewickelt. Hier sind die Argumente schnellere Reaktion auf Kundenanfragen und eine höhere Qualität durch die Berücksichtigung regionaler Besonderheiten.

Hiermit zeigt sich der Bedarf, einen Kunden fallabschließend in der Filiale zu beraten. In der Wartezeit für die Kreditentscheidung besteht sonst die Gefahr, dass der Kunde weitere Angebote einholt und der Abschluss bei einem Wettbewerber erfolgt.

Generell lassen sich keine automatischen Effizienzsteigerungen durch eine Zentralisierung nachweisen. Unsere Auffassung, dass erst die Optimierung und effiziente Industrialisierung der zentralisierten Prozesse den gewünschten Einspareffekt ergibt, sehen wir bestätigt.

Die Ergebnisse zur Auslagerung von Prozessen haben sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert. Durch interne Prozessoptimierungen verringern sich die Kostenvorteile gegenüber einer Auslagerung, und durch die Industrialisierung können neben Effizienz- auch Qualitätsnachteile in der Eigenfertigung abgebaut werden.

Vorteile aus der Auslagerung erreichen meistens den Kunden nicht

Daher hat sich der Trend zur Auslagerung in den letzten Jahren nicht weiter fortgesetzt. Lediglich beim Work Out konnte eine vermehrte Auslagerung beobachtet werden. Die positiven Effekte einer Auslagerung auf die Bearbeitungszeiten und damit auf die Perso-nalkosten sind aber weiterhin erkennbar.

Bei allen Produktarten werden die besten Bearbeitungszeiten mehrheitlich durch Institute mit Auslagerungen erreicht. Durch die zusätzliche, jedoch schwierig zu handhabende Schnittstelle kann dieser Vorteil aber meistens nicht in eine ver-besserte Durchlaufzeit der Kredite gegenüber Instituten ohne Auslagerung um-gesetzt werden und er reicht deshalb den Kunden nicht.

Daher gilt es, Auslagerungen sorgfältig durchzuführen und die Schnittstelle organisatorisch und systemtechnisch optimal zu gestalten, um auch Vorteile für den Kunden zu erzielen. Auch bei Auslagerungen sind Effizienzvorteile erst dann zu erreichen, wenn sich die Abläufe eingespielt haben.

Aktuelle Prozesskosten weiterhin kaum bekannt

Regulatorische Anforderungen und die Bemühungen um Prozessoptimierungen haben bei allen Instituten zu einer weitgehenden Dokumentation der Prozesse geführt. Nur in Einzelfällen sind die Prozesse nicht hinreichend dokumentiert.

Überraschend ist, dass die Kosten der einzelnen Prozesse jedoch kaum bekannt sind. Wir sind jedoch der Auffassung, dass dieses Wissen um die Kosten wesentlich ist. Denn in Zeiten härterer Konkurrenz mit erhöhtem Verdrängungswettbewerb muss auch ein Kampf über die Konditionen geführt werden können, ohne dass dadurch negative Ergebnisbeiträge erzielt werden.

Ein großer Teil der Institute misst zwar die Wirtschaftlichkeit der Prozesse und leitet auf dieser Basis Optimierungsmaßnahmen ein. Die Messung geschieht jedoch über grobe Kennzahlen oder Bearbeitungsstatus und nicht über eine (detaillierte) Prozesskostenrechnung. So messen die meisten Insti-tute die Neuanträge pro Tag und die Durchlauf- und Bearbeitungszeiten. Aber kaum ein Institut misst regelmäßig die anfallenden Kosten in den Prozessen oder der Produkte.

Entsprechend erhalten die Institute auch nur grobe Steuerungsimpulse und keine detaillierten Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Prozesse und Produkte oder Indikationen zu Preisuntergrenzen für einzelne Produkte. Wir sehen hier ein großes Potenzial für Effizienzsteigerungen und die Voraussetzung für eine Behauptung im intensiven Preiswettbewerb. Daher empfehlen wir den Banken auch an dieser Stelle, Erfahrungen aus der Industrie zur Prozesssteuerung und -optimierung heranzuziehen.

Die vergangene Finanzkrise hatte unterschiedliche Effekte auf die Strategien der Kreditinstitute hinsichtlich der Kreditvergabe und das Vertrauen der Kunden. Die meisten Institute änderten ihre Strategie zur Kreditvergabe während der letzten Finanzkrise nicht und verschärften auch nicht ihre Anforderungen an die Kreditvergabe.

Unterschiedliche Strategien der Institute in der letzten Finanzkrise

Im Privatkundengeschäft wurde aber einer regen Kundennachfrage von immerhin fast jedem sechsten Institut mit einer offensiveren Strategie begegnet, um sich im intensiven Wettbewerb um das Neugeschäft ohne Marktanteilsverluste zu behaupten.

Im Firmenkundengeschäft mit kleinen und mittelständischen Unternehmen wählte dagegen fast die Hälfte aller Institute restriktivere Strategien und verschärfte die Anforderungen, da Risiko und Refinanzierung höher und damit auch schwieriger waren.

Das Kundenvertrauen war nach Meinung der Institute während der Finanzkrise heterogen. Neben starken positiven Rückmeldungen der Kunden gab es oft auch einen Verlust des Kunden- ver-trauens. Trotz dieser Veränderung beim Kundenvertrauen sehen die Institute im Wesentlichen dennoch nur positive oder neutrale Effekte für ihr Neugeschäft.

Anmerkungen

1 PwC hat für die Kreditstudie 2012 Kreditinstitute in Deutschland aus dem genossenschaftlichen, dem öffentlich-rechtlichen und dem privaten Sektor zur Effizienz in den Kreditprozessen befragt. Die Geldhäuser sind im Wesentlichen Institute mit einer Bilanzsumme von bis zu 25 Milliarden Euro. und sie sind vor allem im Retailbanking verankert. Daher konzentrierte sich die Studie auch auf die Retailprodukte "private Baufinanzierung", "Konsumentenkredit" und "Firmenkundenkredit KMU".

Frank Mehlhorn , Direktor Bankenaufsicht , Bundesverband deutscher Banken e. V.
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