Anlageberatung

Zertifikate - einen Blick wert

Seit dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007 stand vor allem ein Finanzprodukt im Fokus: Zertifikate. Verstärkt durch die Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008, wodurch auch hierzulande Anleger hohe Verluste hinnehmen mussten, kam es vermehrt zu Missverständnissen und Vorbehalten gegenüber dieser Anlageklasse. Diese wurde in den Medien häufig auch als "Teufelszeug" oder "Zockerpapiere" verschrien. Dabei wurde oftmals vergessen, dass Zertifikate im Vergleich zu anderen Finanzinstrumenten deutliche Vorteile bieten.

Bei Zertifikaten handelt es sich um eine vergleichsweise junge Anlageklasse. In Deutschland wurde das erste Zertifikat Anfang der neunziger Jahre emittiert. Seitdem wurde die Anlageklasse fortlaufend weiterentwickelt, und neue Strukturen und Anbieter kamen auf den Markt. Laut neuesten Angaben des Deutschen Derivate Verbands (DDV) beläuft sich das Gesamtvolumen des deutschen Zertifikatemarkts auf 97,1 Milliarden Euro, wobei der Großteil des investierten Volumens in die Kategorie der Anlagezertifikate fließt und nur ein geringer Anteil in Hebelprodukte investiert wird.

Mythos Zertifikate

Doch was sind eigentlich Zertifikate? Zertifikate sind Inhaberschuldverschreibungen, die von einer Emittentin - in der Regel einer Bank - ausgegeben werden. Aufgrund ihrer derivativen Komponente gehören sie zur Klasse der strukturierten Finanzprodukte. Erwirbt ein Anleger ein Zertifikat, so leiht er der Emittentin Geld und erhält dafür die Chance - auf verschiedene Weise und nach vorab definierten Modalitäten - an der Kursentwicklung eines oder mehrerer Basiswerte zu partizipieren. Als Basiswerte steht eine Vielzahl an Wertpapieren und Finanzprodukten zur Verfügung. So können unter anderem Aktien, Aktienkörbe, Indizes, Zinsen und Währungen als Bezugsobjekte dienen.

Der Einsatz von Zertifikaten eröffnet Anlegern somit die Möglichkeit, an der Kursentwicklung einer Vielzahl von Basiswerten teilzunehmen oder in ganze Märkte zu investieren - und das bereits mit geringem Kapitaleinsatz. Ohne Zertifikate wäre dies nur mit entsprechend großer Anstrengung und Kapitalausstattung möglich und gerade für Privatanleger kaum darstellbar.

Vielfältiges Produktangebot

Derzeit sind in Deutschland knapp 340 000 Zertifikate auf dem Markt. Das Spektrum reicht dabei von kapitalgeschützten Produkten über Teilabsicherungsprodukte bis hin zu chancenorientierten Zertifikaten ohne zusätzlichen Risikopuffer. Bei einem derart großen Angebot ist es für die Anleger nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Allerdings eröffnet diese Produktvielfalt auch die Möglichkeit, für jedes Chancen-Risiko-Profil, sämtliche Laufzeiten und jede Marktphase ein passendes Zertifikat zu finden. So können Anleger mit Hilfe von Zertifikaten nicht nur auf steigende Börsennotierungen setzen. Auch für seitwärts tendierende oder sinkende Kurse gibt es entsprechende Produktlösungen. Zur Orientierung und um schnell zum gewünschten Zertifikat zu gelangen, bieten neben den bekannten Finanzportalen auch nahezu alle Emittenten im Internet umfangreiche Suchmöglichkeiten sowie ausführliche Informationsangebote rund um das Thema Zertifikate an.

Vor einer Zertifikateanlage sollten sich Anleger zunächst eine eigene Marktmeinung zum Basiswert bilden sowie die Funktionsweise des Zertifikats und die mit der Anlage verbundenen Risiken genau studieren. Denn nur wer das Produkt vollständig verstanden hat, bleibt vor unliebsamen Überraschungen verschont, falls sich der Markt doch anders als erwartet entwickelt.

Bereits seit 1994 ist die WGZ Bank als Zertifikate-Emittentin aktiv. Als Zentralbank der Volks- und Raiffeisenbanken im Rheinland und Westfalen ist sie eingebettet in die genossenschaftliche Finanzgruppe. Die genossenschaftlichen Werte spiegeln sich seit jeher auch in ihrem Produktangebot wieder. So erfolgt die Emissionstätigkeit unter den Leitgedanken der Produktklarheit, Fairness und Verantwortung. Der Fokus liegt auf transparenten, nachvollziehbar strukturierten Produkten, die dem Kunden einen klaren Mehrwert bieten sollen. Dabei verzichtet die WGZ Bank ganz bewusst auf hochkomplexe Strukturen. Stattdessen konzentriert sie sich auf die jeweils sinnvollsten Produktstrukturen und emittiert ausschließlich Produkte auf gängige und hochliquide Basiswerte.

Finanzielle Repression erfordert Umdenken

Besonders im derzeitigen Marktumfeld können Zertifikate einen Blick wert sein. Denn gerade in der aktuellen Niedrigzinsphase sehen sich Anleger mit dem Problem der "Finanziellen Repression" konfrontiert. Diese bezeichnet Eingriffe von Seiten des Staates oder der Notenbanken, mittels derer die Zinsen an den Kapitalmärkten künstlich niedrig gehalten werden mit dem Ziel, die Finanzierungskosten des Staates zu senken. Bei einer Inflationsrate über der Rendite von Staatsanleihen können Staaten so einen Teil ihre Schulden "weginflationieren". Diese Maßnahmen, wie beispielsweise der Kauf von Staatsanleihen durch die Notenbanken, sind besonders in der aktuellen Staatsschuldenkrise populär.

Um der Krise entgegenzuwirken und mit vergünstigten Krediten die Wirtschaft sowie das Konsumverhalten zu beleben, senkten viele Notenbanken - wie beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB), die Federal Reserve (Fed) und die Bank of England (BoE) - in den vergangenen Jahren zudem kontinuierlich die Zinsen. So hat die EZB seit 2008 den Hauptrefinanzierungssatz schrittweise von 4,25 auf 0,75 Prozent gesenkt. Die "Politik des billigen Geldes" der Notenbanken freut zwar den Häuslebauer bei der Kreditaufnahme, führt jedoch bei Anlegern zu Sorgenfalten.

Vor allem sicherheitsbewusste Anleger betroffen

Ein Blick auf die Inflationsrate verdeutlicht das Dilemma, von dem besonders sicherheitsbewusste Anleger betroffen sind. Zwar ist die Inflationsrate mit zwei Prozent im Jahresdurchschnitt 2012 und zuletzt 1,5 Prozent im Februar 2013 in Deutschland auf einem niedrigen Niveau. Dennoch ist mit Festgeld, Tagesgeld oder Bundesanleihen kaum ein Inflationsausgleich möglich. Preisbereinigt sowie nach Steuern und Kosten müssen viele Anleger sogar Negativzinsen in Kauf nehmen.

Das Resultat: Die Realvermögen der Anleger schrumpfen und es drohen Kaufkraftverluste. Und vorerst sind keine Anzeichen für ein Ende der Niedrigzinsphase in Sicht, sodass ein einfaches Aussitzen nicht sinnvoll erscheint. Anleger sind also gezwungen, ihre Anlagestrategie zu überdenken. Auf der anderen Seite beflügelt die lockere Geldpolitik der Notenbanken seit Monaten die Aktienmärkte. So konnte der Dax im vergangenen Börsenjahr fast 30 Prozent zulegen. Auch andere Indizes profitieren von der enormen Liquidität im Markt. Erst im März markierte der Dow Jones als wichtigster US-Aktienmarktindex ein neues Allzeithoch. Allerdings haben viele Privatanleger die Aktienrallye verpasst und stellen sich nun die Frage, ob ein Einstieg zu diesem Zeitpunkt noch lohnt. Zudem scheuen viele Anleger die mit einem Direktinvestment verbundenen Risiken.

Alternative zur Aktienanlage

Wer sein Vermögen vor Kaufkraftverlusten schützen will und nicht direkt in Aktien investieren möchte, kann bei Zertifikaten fündig werden. Zu den beliebtesten Zertifikaten zählen neben Kapitalschutzprodukten - wie beispielsweise strukturierte Anleihen - Produkte mit Teilabsicherung. Deren Besonderheit besteht darin, dass Kursverluste in einem bestimmten Rahmen abgefangen werden. Verluste entstehen erst, sobald die negative Kursentwicklung des Basiswerts über den jeweiligen Sicherheitspuffer hinausgeht.

Zu den Klassikern zählen neben Aktienanleihen vor allem Discount-Zertifikate. Bei Discount-Zertifikaten investiert der Anleger mit einem Rabatt in die Kursentwicklung des jeweiligen Basiswerts. Im Gegenzug ist die Teilnahme an Kurssteigerungen über einen festgelegten Höchstbetrag - auch Cap genannt - begrenzt, und wie bei allen Zertifikaten verzichtet der Anleger auf Erträge aus dem Basiswert. Die gezielte Wahl des Caps ermöglicht Anlegern, gemäß dem eigenen Risikoprofil zu investieren. Je höher dieser gewählt wird, umso offensiver wird das Produkt eingestuft und umgekehrt. Die Rückzahlung ist abhängig vom Schlusskurs des Basiswerts am Bewertungstag und erfolgt entweder zum Höchstbetrag oder zum anteiligen Basiswertkurs. Erst bei einem Kurs des Basiswerts unterhalb des Kaufpreises des Discount-Zertifikats entstehen Verluste. Der verbilligte Einstieg ermöglicht bereits bei einer Seitwärtsbewegung sowie bei leicht fallenden Kursen des Basiswerts eine attraktive Rendite.

Auch Express-Zertifikate können ihre Stärke in Seitwärtsmärkten ausspielen. Besonders in diesem Marktsegment konnte sich die WGZ Bank in den vergangenen Jahren mit ihrem Produktangebot etablieren. Laut Angaben des DDV konnte die WGZ Bank ihren Marktanteil kontinuierlich auf über 15 Prozent steigern. Express-Zertifikate eröffnen die Chance auf eine vorzeitige Rückzahlung zu 100 Prozent des Nominalbetrags zuzüglich eines Bonusbetrags. Notwendige Voraussetzung: Der Kurs des Basiswerts notiert an einem der in der Regel jährlichen Bewertungstage auf oder über einem zuvor definierten Auszahlungslevel. Ist dies nicht der Fall, entfällt die Zahlung des Bonusbetrags, das Zertifikat läuft weiter und im Folgejahr wiederholt sich die Vorgehensweise. Die Tilgung am Laufzeitende ist auch bei Express-Zertifikaten abhängig vom Kurs des jeweiligen Basiswerts. So kann das Zertifikat zum Nominalbetrag mit oder ohne Bonusbetrag oder zum anteiligen Basiswertkurs zurückgezahlt werden.

Ganz gleich, für welches Zertifikat sich ein Anleger entscheidet, die Rückzahlungshöhe richtet sich immer nach konkreten Regeln, die bereits bei der Auflegung des Zertifikats feststehen und in den Emissionsbedingungen festgehalten werden. Neben der Produktstruktur und der Marktentwicklung kann aber auch das Ausfallrisiko der Emittentin für die Rückzahlung entscheidend sein.

Bonität ein wichtiges Auswahlkriterium

Die Finanzkrise hat schmerzhaft aufgezeigt, dass Anleger bei der Produktauswahl nicht nur auf die Renditechancen achten sollten, sondern auch die mit der Anlage verbundenen Risiken, allen voran die Bonität der Emittentin, mit einbeziehen müssen. Rechtlich gesehen sind Zertifikate nichts anderes als Inhaberschuldverschreibungen. Mit dem Erwerb eines Zertifikats wird der Anleger demzufolge zum Gläubiger der Emittentin. Erhöht sich das Ausfallrisiko der Emittentin oder droht gar die Insolvenz, kann dies dazu führen, dass dem Anleger Verluste allein aufgrund des Zahlungsverzugs oder der Zahlungsunfähigkeit der Emittentin entstehen.

Als Indikatoren zur Beurteilung der Emittentenbonität können Anleger neben Ratings auch die Höhe der Credit Default Swaps - sofern vorhanden - oder Informationen über mögliche freiwillige Sicherungseinrichtungen heranziehen. Als Mitglied der genossenschaftlichen Finanzgruppe gehört die WGZ Bank der Sicherungseinrichtung des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) an, die ohne betragliche Begrenzung unter anderem die von den angeschlossenen Instituten ausgegebenen Inhaberschuldverschreibungen im Besitz von Kunden schützt.

Als Fazit lässt sich festhalten: In Zeiten niedriger Zinsen und hoher Aktienkurse eröffnen Zertifikate und strukturierte Anleihen neue Perspektiven. Aufgrund des umfangreichen Produktangebots werden Anleger in die Lage versetzt, das Verhältnis zwischen Rendite und Risiko selbst zu bestimmen. Je nach Produktausgestaltung kann mit einer defensiven Zertifikateanlage ein gewisses Maß an Sicherheit mit einer attraktiven Rendite verknüpft werden. Eine Grundregel der Geldanlage können aber auch Zertifikate nicht außer Kraft setzen: Eine höhere Rendite kann nur mit einem höheren Risiko erzielt werden. Daher sollten Anleger vor einer Investitionsentscheidung ihre Anlageziele definieren und bewusst Prioritäten setzen. Konkurrierende Ziele lassen sich mit einer gut durchdachten Diversifikation in Einklang bringen.

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