INSOLVENZEN

Weiter warten auf die Welle

Insolvenzen kleiner Unternehmen nehmen zu Quelle: Creditsafe

Eine als Folge der Covid-19-Pandemie erwartete Insolvenzwelle ist in Deutschland auch 2021 ausgeblieben. Das ergeben Auswertungen von Creditsafe Deutschland. Nachdem sich die Insolvenzzahlen bereits 2020 entgegen allen Erwartungen entwickelt hatten, lagen die Fallzahlen 2021 noch niedriger. Von Mai bis August hat sich die Kurve der monatlichen Insolvenzen zwar den Zahlen des Vorjahres angenähert, zum Anfang und Ende des Jahres 2021 sind sie niedriger denn je - auch im Vergleich zum Referenzjahr 2018 und dem Jahr 2019.

Immer noch ein verzerrtes Bild

Peer Hitschke, Risk Experte bei Creditsafe Deutschland, erklärt das mit einem immer noch verzerrten Bild, in dem sich die wirtschaftliche Instabilität der letzten zwei Jahre noch nicht in den Insolvenzzahlen widerspiegelt. Die staatlichen Hilfsmaßnahmen, Kredite und das Aussetzen der Insolvenzantragspflicht im Jahr 2020 bis April 2021 haben Auswirkungen darauf, wann die prognostizierte Pleitewelle in Deutschland eintreffen wird. Viele Unternehmen konnten sich durch die Gelder am Leben erhalten, leiden jedoch weiterhin unter den wirtschaftlichen Umständen.

Sorge bereitet ihm zufolge die wachsende Zahl der Zombie-Unternehmen. Dabei legt er die Definition von Adalet McGowan zugrunde, wonach Firmen als Zombies bezeichnet werden, die drei Jahre in Folge nicht dazu in der Lage sind, die Zinslast für Fremdkapital durch den eigenen Gewinn abdecken zu können, also nur noch von Krediten und Hilfsgeldern leben. Die letzte Auswertung von Creditsafe aus dem Jahr 2020 zeigte, dass die Anzahl dieser halbtoten Unternehmen von 9,8 auf 11,3 Prozent gestiegen ist. Angesichts der andauernd niedrigen Insolvenzzahlen geht Hitschke von einem weiteren Anstieg der Zombie-Rate aus. Die wirtschaftlichen Nachwehen der Hilfsmaßnahmen und Kredite machten sich in der Liquidität von Unternehmen bemerkbar. Das werde früher oder später erhebliche Auswirkungen haben, zumal ein Wiederanstieg der Zinsen den Druck auf solche Unternehmen natürlich verstärken würde.

Dass zu Beginn der Pandemie besonders mittlere und große Unternehmen zunehmend Insolvenz anmelden mussten, erklärt Creditsafe wiederum mit dem Eingriff des Staates: Während mittlere und große Betriebe nur einen zeitlichen Aufschub ihrer Schulden durch Kredite und Darlehen erhielten, konnten sich kleine Firmen von Soforthilfen mit direkter Auszahlung über Wasser halten. Zudem können kleinere Betriebe zu einem gewissen Grad flexibler auf veränderte Situationen reagieren, während Kurskorrekturen bei größeren Unternehmen eine Weile dauern. Zudem hat der weltweite Konjunkturrückgang die internationale Ausrichtung und damit wirtschaftliche Sicherheit großer Betriebe außer Kraft setzt.

Insolvenzen kleiner Unternehmen nehmen zu Quelle: Creditsafe

Erholung der Großen, Leiden der Kleinen

Im Jahr 2021 zeigten mittlere und große Unternehmen dennoch einen starken Rückgang der Insolvenzzahlen - sowohl im ersten als auch im zweiten Halbjahr. Im zweiten Halbjahr lag die Anzahl der Insolvenzen der Auswertung zufolge um 12,73 Prozent unter dem Niveau des Referenzjahres 2018. Parallel dazu stieg die Kurve bei den Kleinunternehmen jedoch seit Beginn des Jahres 2020 kontinuierlich an und lag im zweiten Halbjahr 2021 um 54,4 Prozent über dem Niveau von 2018. Diese Gegenbewegung lässt sich mit dem Auslaufen von staatlichen Förderungen sowie dem Ende der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht begründen. Weiterhin leiden besonders kleine Betriebe unter den jetzt erst ausgelaufenen Einschränkungen bei laufendem Geschäftsbetrieb. Dadurch vermelden viele einen verminderten Umsatz.

Creditsafe zieht daraus folgendes Fazit: Auch wenn die große Insolvenzwelle bisher ausgeblieben ist, bleibt sie doch weiterhin in Sicht. Denn zum einen ist die Pandemie trotz des im April in Kraft getretenen Auslaufens der meisten Auflagen längst nicht ausgestanden, und vieles wird von ihrem weiteren Verlauf abhängen. Gleichzeitig werden die Unternehmen mit der Ukraine-Krise und ihren Auswirkungen konfrontiert, die die Effekte der Normalisierung nach den Corona-bedingten Einschränkungen vielfach mehr als kompensieren. Insbesondere von den steigenden Energiekosten sind schließlich Unternehmen aller Branchen betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Sowohl die Inflation als auch Probleme mit Lieferketten werden zunehmend zu Risikofaktoren der wirtschaftlichen Stabilität. Und wenn Unternehmen dann noch Hilfsgelder wie Corona-Kredite zurückzahlen müssen, könnte es für viele Betriebe eng werden. Red.

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